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Ausweispflicht


Begriff und rechtliche Grundlagen der Ausweispflicht

Die Ausweispflicht bezeichnet die gesetzlich geregelte Verpflichtung, im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland ein amtliches Ausweisdokument zu besitzen und unter bestimmten Umständen auf Verlangen einer berechtigten Stelle vorzuzeigen oder auszuhändigen. Sie dient der Feststellung der Identität und spielt eine bedeutende Rolle in verschiedenen Rechtsgebieten, insbesondere im Ordnungs-, Polizei- und Meldewesen.

Gesetzliche Grundlagen der Ausweispflicht

Personalausweisgesetz (PAuswG)

Die zentrale Rechtsnorm für die Ausweispflicht stellt das Personalausweisgesetz (PAuswG) dar. Nach § 1 Abs. 1 PAuswG sind deutsche Staatsangehörige verpflichtet, ab Vollendung des 16. Lebensjahres einen gültigen Personalausweis zu besitzen, sofern sie keine der in § 1 Abs. 2 PAuswG genannten Ausnahmen erfüllen (beispielsweise Inhaber eines gültigen Reisepasses). Weiterhin regelt das Gesetz, dass der Personalausweis auf Verlangen einer dazu berechtigten Stelle vorzuzeigen oder auszuhändigen ist (§ 1 Abs. 1 PAuswG).

Passgesetz (PassG)

Das Passgesetz (PassG) betrifft im engeren Sinne die Ausstellung und den Besitz eines Reisepasses, welcher ebenfalls zur Erfüllung der Ausweispflicht herangezogen werden kann. Nach § 1 Abs. 2 PassG sind deutsche Staatsangehörige grundsätzlich verpflichtet, einen Pass zu besitzen, sofern sie das 16. Lebensjahr vollendet haben und sich längere Zeit außerhalb des Bundesgebiets aufhalten.

Weitere rechtliche Regelungen

Auch weitere Rechtsbereiche, wie das Aufenthaltsgesetz (AufenthG), das Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) und das Bundesmeldegesetz (BMG), kennen spezifische Vorschriften zur Identifikationspflicht und zum Nachweis der Identität.

Umfang und Inhalt der Ausweispflicht

Besitzpflicht (Ausweishalteplicht)

Die Besitzpflicht gemäß § 1 Abs. 1 PAuswG verpflichtet betroffene Personen, im Besitz eines gültigen Identifikationsdokuments zu sein. Verstöße gegen diese Pflicht können mit einem Bußgeld geahndet werden (§ 32 PAuswG).

Mitführpflicht und Vorzeigepflicht

Während in Deutschland keine generelle Mitführpflicht besteht, muss das Ausweisdokument auf Anforderung einer zur Kontrolle befugten Behörde (z. B. Polizei, Ordnungsamt) vorgezeigt werden können. In bestimmten Situationen, etwa bei Verwaltungsvorgängen oder besonderen polizeilichen Maßnahmen, ist die sofortige Vorlage erforderlich.

Ausnahmen und Sonderregelungen

Nicht verpflichtet zur Ausweisführung sind staatenlose Personen, Minderjährige unter 16 Jahren, Personen, die einen Reisepass besitzen und damit der Ausweispflicht genügen, sowie Personen, denen das Führen eines Ausweises aus gesundheitlichen Gründen unzumutbar ist. Für Personen mit Behinderung bestehen erleichterte Bedingungen und besondere Formen von Ausweisdokumenten (z. B. Schwerbehindertenausweis).

Kontrollbefugnisse und Identitätsfeststellung

Polizeirecht und Identitätskontrolle

Nach § 163b Strafprozessordnung (StPO) sowie landesrechtlichen Polizeigesetzen besteht für Behörden die Möglichkeit, die Identität anlassbezogen festzustellen. Dazu kann eine Verpflichtung bestehen, auf Verlangen ein Ausweisdokument vorzulegen. Eine Durchsuchung zur Auffindung des Ausweises ist zulässig, wenn die Person eine Mitwirkung verweigert oder sich nicht ausweisen kann.

Kontrolle durch private Stellen

Private Stellen, wie z. B. Banken, Mobilfunkanbieter oder Mietwagenfirmen, sind zur Identifikation im Rahmen gesetzlicher Vorgaben (z. B. aus dem Geldwäschegesetz – GWG) verpflichtet und dürfen die Vorlage eines Ausweises fordern.

Sanktionen und Ordnungswidrigkeiten

Bußgelder und Ordnungswidrigkeiten

Das Nichtbesitzen eines gültigen Ausweises oder die Weigerung, das Dokument vorzulegen, kann gemäß § 32 Abs. 1 PAuswG als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Die Höhe des Bußgelds beträgt bis zu 3.000 Euro. Bei vorsätzlicher Falschangabe von Personaldaten oder unerlaubter Verwendung eines fremden Dokuments kann unter Umständen auch eine Strafbarkeit nach dem Strafgesetzbuch (StGB) vorliegen.

Ausweispflicht und Datenschutz

Speicherung und Verarbeitung von Ausweisdaten

Die Erhebung und Verarbeitung der Ausweisdaten unterliegt den datenschutzrechtlichen Bestimmungen. Das Auslesen, Kopieren oder Scannen des Ausweises durch nicht hoheitliche Stellen ist datenschutzrechtlich problematisch und bedarf einer gesetzlichen Grundlage oder ausdrücklichen Einwilligung der betroffenen Person. Die Verwendung der Ausweisdaten ist grundsätzlich auf das notwendige Maß zu beschränken.

Internationale Aspekte der Ausweispflicht

Ausweispflicht in anderen Ländern

Die Regelungen zur Ausweispflicht unterscheiden sich in den Rechtsordnungen anderer Staaten mitunter erheblich. Während in einigen Ländern eine strikte grundsätzliche Mitführpflicht herrscht, beschränken andere Staaten die Verpflichtung auf einzelne Fallgestaltungen. In Mitgliedstaaten der Europäischen Union bestehen ebenfalls unterschiedliche Handhabungen hinsichtlich des Besitzes und der Vorlagepflicht von Ausweisdokumenten.

Praxisrelevanz und Bedeutung der Ausweispflicht

Die Ausweispflicht ist ein zentrales Element zur Sicherstellung der Identitätsfeststellung im Rechtsverkehr, im Bereich der öffentlichen Sicherheit und im täglichen Leben. Sie bildet die Grundlage für zahlreiche Rechtsgeschäfte und -akte, etwa bei der Kontoeröffnung, bei Meldevorgängen, im Straßenverkehr oder bei behördlichen Antragsverfahren.


Literatur und weiterführende Links

Personalausweisgesetz (PAuswG)
Passgesetz (PassG)
Strafprozessordnung (StPO)
Bundesmeldegesetz (BMG)
Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)
Geldwäschegesetz (GWG)
* Informationen des Bundesministeriums des Innern

Hinweis: Die jeweils geltende Rechtslage ist regelmäßig zu überprüfen, da sich gesetzliche Vorgaben ändern können.

Häufig gestellte Fragen

Wann und wem gegenüber besteht in Deutschland eine Ausweispflicht?

Die Ausweispflicht in Deutschland ist gesetzlich im Personalausweisgesetz (PAuswG) sowie im Passgesetz (PaßG) geregelt. Gemäß § 1 PAuswG besteht ab dem vollendeten 16. Lebensjahr die Verpflichtung, entweder einen gültigen Personalausweis oder einen Reisepass zu besitzen, soweit keine Ausnahme (etwa bei Besitz eines Diplomatenpasses oder ausländischer Ausweisdokumente im Fall von nicht deutschen Staatsangehörigen) greift. Die Pflicht beschränkt sich nach aktueller Rechtslage auf den Besitz, nicht jedoch auf das ständige Mitführen des Dokuments. Allerdings kann eine Mitführpflicht aus speziellen Rechtsvorschriften oder durch behördliche Aufforderung (z. B. bei Versammlungen, in bestimmten Gewerben wie Gaststätten oder bei polizeilichen Kontrollen) resultieren. Die Vorlagepflicht tritt ein, wenn amtliche Stellen – etwa Polizei, Meldebehörden oder Kontrollorgane – im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben zur Identitätsfeststellung berechtigt sind. Privatpersonen oder Unternehmen dürfen zwar um einen Ausweis bitten, jedoch besteht gegenüber nicht-hoheitlichen Stellen (z. B. Unternehmen, Vermietern) keine unmittelbare rechtliche Verpflichtung zur Vorlage, außer wenn dies durch spezielle Rechtsnormen (wie Geldwäschegesetz, Telekommunikationsgesetz) gefordert wird. Die Pflicht zur Vorlage und der Umgang mit Ausweisdaten sind zudem datenschutzrechtlich streng reguliert.

Was sind die rechtlichen Konsequenzen bei Verstößen gegen die Ausweispflicht?

Verstößt eine Person gegen die Pflicht, einen gültigen Ausweis zu besitzen, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße belegt werden kann. Nach § 32 PAuswG kann die zuständige Behörde ein Bußgeld bis zu 3.000 Euro verhängen, etwa wenn kein Ausweis beantragt oder ein abgelaufener Ausweis fortgesetzt verwendet wird. Bei Verweigerung der Ausweisvorlage gegenüber berechtigten Behörden kann außerdem ein Zwangsgeld oder im Extremfall eine zwangsweise Identitätsfeststellung (z. B. durch die Polizei) angeordnet werden. In Fällen der Ausweisfälschung oder des Missbrauchs von Ausweispapieren greifen strafrechtliche Vorschriften gemäß §§ 267 ff. StGB (insbesondere Urkundenfälschung). Wird ein Ausweisdokument verloren oder gestohlen, besteht zudem die Pflicht, dies unverzüglich der ausstellenden Behörde oder der Polizei zu melden, um einem Missbrauch vorzubeugen.

Gibt es Ausnahmen von der Ausweispflicht in Deutschland?

Ja, das Personalausweisgesetz sieht verschiedene Ausnahmen von der Ausweispflicht vor. So sind Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren nicht verpflichtet, einen Ausweis zu besitzen. Weiterhin besteht keine Ausweispflicht für Personen, die im Besitz eines gültigen Reisepasses sind, da dieser anstelle des Personalausweises als ausreichender Identitätsnachweis gilt. Ausgenommen sind zudem bestimmte Personen, etwa solche, die nach dem Melderecht von der Meldepflicht befreit sind (z. B. Diplomaten oder Angehörige von ausländischen Botschaften). Schwerkranke oder pflegebedürftige Personen können auf Antrag von der Ausweispflicht befreit werden, wenn ihnen der Gang zur Behörde unzumutbar ist. Für Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit kann es ebenfalls Besonderheiten geben, insbesondere wenn sie bereits in Besitz eines entsprechenden ausländischen Ausweises sind und sich überwiegend im Ausland aufhalten.

Müssen Personalausweis oder Reisepass immer mitgeführt werden?

Die deutsche Ausweispflicht erstreckt sich grundsätzlich nur auf den Besitz, nicht auf das dauerhafte Mitführen. Eine gesetzliche Mitführpflicht besteht nur in Ausnahmefällen, wie etwa für bestimmte Berufsgruppen (z. B. Bewachungsgewerbe nach § 18 BewachV, die ihren Ausweis im Dienst mitführen müssen) oder bei Teilnahme an besonderen Veranstaltungen (z. B. Großveranstaltungen mit erhöhter Sicherheitslage). Gleichwohl empfehlen staatliche Stellen das Mitführen eines Ausweises, da bei polizeilichen Kontrollen zur Identitätsfeststellung meist die sofortige Vorlage verlangt wird. Andernfalls kann eine Identitätsfeststellung durch Mitnahme zur Polizeidienststelle erfolgen. Eine Ausnahme gilt für Reisende innerhalb der EU, für die in der Regel ein Ausweisdokument mitzuführen ist, um die Identität an Grenzen oder bei Verkehrskontrollen nachzuweisen.

Wer ist zur Kontrolle und Einsichtnahme von Ausweisdokumenten berechtigt?

Zur Kontrolle und Einsichtnahme in Ausweisdokumente sind vorrangig hoheitliche Stellen befugt. Dazu gehören insbesondere Polizei- und Ordnungsbehörden, Zoll, Meldebehörden sowie bestimmte Kontrollorgane im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben (z. B. bei Grenzübertritten durch die Bundespolizei). Die Berechtigung leitet sich aus Landessicherheitsgesetzen, Polizeigesetzen, dem Passgesetz oder speziellen Vorschriften (z. B. § 111 OWiG bei Zeugenidentifikation) ab. Auch Behörden, die im Rahmen des Geldwäschegesetzes oder des Aufenthaltsgesetzes tätig sind, dürfen Ausweisdokumente verlangen. Private Unternehmen oder Privatpersonen dürfen grundsätzlich nur im Rahmen vertraglicher Beziehungen oder im Zuge gesetzlicher Vorschriften (z. B. Jugendschutz, Mietrecht, Telekommunikation) die Vorlage verlangen, haben aber keine hoheitlichen Zwangsbefugnisse.

Welche datenschutzrechtlichen Vorgaben gelten bei der Nutzung und Kopie von Ausweisdokumenten?

Der Umgang mit Ausweisdokumenten unterliegt in Deutschland strengen datenschutzrechtlichen Anforderungen. Gemäß Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) dürfen Daten aus Ausweisdokumenten nur erhoben werden, wenn eine gesetzliche Grundlage, ein berechtigtes Interesse oder die ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen besteht. Die bloße Datenspeicherung des Ausweisinhalts oder das Anfertigen von Kopien ist nur zulässig, wenn dies ausdrücklich gesetzlich erlaubt ist (z. B. nach Geldwäschegesetz oder TKG für Mobilfunkanbieter). Nach § 20 PAuswG ist das unbefugte Kopieren, Scannen oder Nachahmen des Ausweises zum Teil sogar untersagt; insbesondere dürfen nicht mehr Daten als notwendig digitalisiert oder gespeichert werden. Die Weitergabe oder Nutzung von Ausweisbildern ist nur unter strengen Voraussetzungen, insbesondere dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, zulässig. Verstöße können zu Bußgeldern und weiteren aufsichtsrechtlichen Maßnahmen führen.

Wie ist bei Verlust oder Diebstahl eines Ausweisdokuments rechtlich vorzugehen?

Geht ein Ausweis verloren oder wird gestohlen, besteht die gesetzliche Verpflichtung, dies unverzüglich der zuständigen Meldebehörde oder nächstgelegenen Polizeidienststelle anzuzeigen (§ 27 PAuswG). Die Anzeige dient dazu, einer missbräuchlichen Verwendung vorzubeugen und den Ausweis als ungültig zu melden. Bei elektronisch nutzbaren Personalausweisen sollte zudem die Online-Ausweisfunktion umgehend gesperrt werden, was telefonisch über im Ausweis hinterlegte Sperrnotrufnummern erfolgt. Anschließend muss ein neuer Ausweis beantragt werden, wobei die Verlustanzeige als Nachweis vorzulegen ist. Die Behörde prüft dabei auch die Identität der antragstellenden Person. Wird das verlorene Dokument später wiedergefunden, ist es an die Behörde zurückzugeben, da mit Ausstellung des neuen Dokuments das alte seine Gültigkeit verliert.