Legal Lexikon

Außenverhältnis


Definition und Grundlagen des Außenverhältnisses

Das Außenverhältnis ist ein zentraler Begriff im deutschen Zivilrecht, insbesondere im Gesellschaftsrecht, im Recht der Stellvertretung und im Schuldrecht. Es bezeichnet das Verhältnis zwischen einem Rechtssubjekt, wie etwa einer Gesellschaft oder einer Gesamthandsgemeinschaft, und außenstehenden Dritten. Während das sogenannte Innenverhältnis die Beziehung und Befugnisse innerhalb einer rechtlichen Gemeinschaft regelt, beschreibt das Außenverhältnis die Vertretungs- und Haftungsverhältnisse gegenüber Außenstehenden.

Im Außenverhältnis wird geregelt, in welchem Umfang und auf welche Weise eine Person oder eine Gesellschaft berechtigt ist, gegenüber Dritten zu handeln und Verpflichtungen einzugehen. Die genauen Regelungen hängen von der jeweiligen Rechtsform und dem betroffenen Rechtsgebiet ab.

Außerverhältnis im Gesellschaftsrecht

Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)

Im Rahmen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) regelt § 714 BGB das Außenverhältnis. Die Vertretung der Gesellschaft gegenüber Dritten steht grundsätzlich allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu, sofern im Gesellschaftsvertrag nichts Abweichendes bestimmt ist. Das Außenverhältnis zur GbR richtet sich daher nach der Vertretungsmacht und deren Umfang, wie sie im Vertrag fixiert oder durch das Gesetz vorgegeben ist.

Offene Handelsgesellschaft (OHG) und Kommanditgesellschaft (KG)

Bei der Offenen Handelsgesellschaft (OHG) ergibt sich das Außenverhältnis aus den §§ 125 ff. HGB. Jeder Gesellschafter ist grundsätzlich einzeln zur Vertretung verpflichtet, sofern keine abweichenden gesellschaftsvertraglichen Regelungen bestehen. Die Befugnis zur Vertretung umfasst dabei alle gerichtlichen und außergerichtlichen Handlungen, die der Gesellschaftszweck erfordert.

Für die Kommanditgesellschaft (KG) ist nach § 170 HGB ausschließlich der Komplementär zur Vertretung im Außenverhältnis befugt, während der Kommanditist von der Vertretung ausgeschlossen ist. Dritten gegenüber ist es in der Regel unerheblich, wenn im Innenverhältnis abweichende Regelungen getroffen wurden, sofern die Vertretungsmacht nicht in das Handelsregister eingetragen und öffentlich bekannt gemacht wurde.

Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)

Das Außenverhältnis der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) richtet sich nach § 35 GmbHG. Die Geschäftsführer vertreten die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Beschränkungen der Vertretungsmacht im Innenverhältnis – beispielsweise durch Geschäftsführungsanweisungen oder Gesellschafterbeschlüsse – wirken grundsätzlich nicht gegenüber Dritten, solange diese von den Beschränkungen keine Kenntnis haben.

Aktiengesellschaft (AG)

Für die Aktiengesellschaft sieht § 78 AktG vor, dass der Vorstand die Gesellschaft im Außenverhältnis vertritt. Ähnlich wie bei der GmbH sind interne Beschränkungen der Vertretungsmacht für das Außenverhältnis grundsätzlich bedeutungslos, sofern sie nicht im Handelsregister eingetragen sind oder dem Dritten nachweislich bekannt sind.

Stellvertretung: Das Außenverhältnis des Vertreters

Im Allgemeinen regelt das Außenverhältnis im Kontext der Stellvertretung die Rechtsbeziehungen zwischen Vertretenem, Vertreter und Drittem. Relevant sind hier vor allem die Normen der §§ 164 ff. BGB. Das Außenverhältnis bestimmt, ob und in welchem Umfang der Vertreter wirksam für und gegen den Vertretenen Rechtsgeschäfte mit Dritten abschließen kann. Die Vertretungsmacht im Außenverhältnis kann auf Rechtsgeschäft, Gesetz oder Rechtsprechung beruhen und ist von etwaigen Beschränkungen im Innenverhältnis zu unterscheiden.

Fehlt es an einer wirksamen Vertretungsmacht oder überschreitet der Vertreter seine Befugnisse im Außenverhältnis, sind die Willenserklärungen grundsätzlich schwebend unwirksam, bis eine Genehmigung durch den Vertretenen erfolgt.

Innenverhältnis und Außenverhältnis: Abgrenzung und Zusammenspiel

Das Innenverhältnis betrifft die internen Beziehungen und Kompetenzverteilungen, zum Beispiel zwischen Gesellschaftern oder zwischen einem Unternehmen und seinen Organen. Das Außenverhältnis beschreibt demgegenüber ausschließlich die rechtliche Beziehung zu Dritten (außerhalb der Gemeinschaft). Die beiden Verhältnisse können voneinander abweichen: So kann eine im Innenverhältnis beschränkte Vertretungsmacht im Außenverhältnis wirksam sein, wenn Dritte von der Beschränkung keine Kenntnis hatten.

Eine wichtige Auswirkung dieser Unterscheidung ergibt sich bei Haftungsfragen: Wird im Innenverhältnis gegen Weisungen oder Beschlüsse verstoßen, hat dies oft keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit von Geschäften im Außenverhältnis. Der handelnde Vertreter haftet gegebenenfalls im Innenverhältnis auf Ersatz, während das Rechtsgeschäft mit dem Dritten wirksam bleibt.

Außenverhältnis bei Gesamthandsgemeinschaften

Bei Gesamthandsgemeinschaften, wie der Erbengemeinschaft oder der Gütergemeinschaft im Familienrecht, bestimmt das Außenverhältnis, unter welchen Voraussetzungen einzelne Gesamthänder berechtigt sind, Rechte zu übertragen oder Verbindlichkeiten zu begründen. Im Regelfall ist gemeinschaftliches Handeln im Außenverhältnis erforderlich. Wird dies nicht beachtet, kann die Wirksamkeit von Geschäften zwischen der Gemeinschaft und einem Dritten eingeschränkt werden.

Bedeutung und Auswirkungen des Außenverhältnisses in der Praxis

Das Außenverhältnis hat eine hohe praktische Bedeutung für Geschäftsbeziehungen und die rechtliche Sicherheit bei Vertragsabschlüssen. Dritte Vertrauenspersonen werden durch gesetzliche Vermutungen und Eintragungen im Handelsregister geschützt (Grundsatz des öffentlichen Glaubens des Handelsregisters, § 15 HGB). Der Schutz des Rechtsverkehrs steht hierbei im Vordergrund.

Bei Verstößen gegen interne Beschränkungen bleibt das Geschäft im Außenverhältnis in der Regel wirksam, solange der Dritte die Beschränkung nicht kannte. Im Innenverhältnis können jedoch Ausgleichs- oder Schadensersatzansprüche entstehen.

Literatur und Quellen zum Außenverhältnis

Die Themen rund um das Außenverhältnis sind in zahlreichen Standardwerken des Zivil- und Gesellschaftsrechts sowie in Kommentaren zum BGB und HGB ausführlich behandelt. Als weiterführende Literatur empfehlen sich insbesondere die jeweiligen Abschnitte in:

  • Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Einführungen zu §§ 164 ff. BGB, §§ 705 ff. BGB
  • Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch (HGB) – Kommentierungen zu den §§ 125 ff., § 170 HGB
  • Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz (GmbHG) – §§ 35 ff. GmbHG
  • Hüffer/Koch, Aktiengesetz (AktG) – §§ 78 ff. AktG

Zudem bietet die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) vertiefte Einblicke in die praktische Anwendung und Auslegung des Begriffs Außenverhältnis.


Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über den Begriff Außenverhältnis im deutschen Recht, einschließlich seiner Erscheinungsformen im Gesellschaftsrecht, im Recht der Stellvertretung und im Schuldrecht. Die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenverhältnis sowie die praktischen Auswirkungen auf Vertretung und Haftung sind zentrale Themen.

Häufig gestellte Fragen

Wann ist ein Handeln eines Gesellschafters im Außenverhältnis wirksam?

Im Außenverhältnis bezieht sich die Wirksamkeit des Handelns eines Gesellschafters insbesondere darauf, ob und inwieweit dieser die Gesellschaft rechtlich verpflichten kann. Grundsätzlich bestimmt sich die Vertretungsmacht der Gesellschafter nach den gesellschaftsrechtlichen Regelungen, beispielsweise gemäß §§ 164 ff. BGB und § 714 BGB bei der GbR oder § 125 HGB bei der OHG. Ein Gesellschafter, der im Rahmen seiner Vertretungsmacht handelt, bindet dabei die Gesellschaft gegenüber Dritten unmittelbar. Ist der Gesellschafter hingegen nicht, nicht ausreichend oder falsch bevollmächtigt (fehlende Vertretungsmacht), kann das Geschäft für die Gesellschaft schwebend unwirksam oder sogar nichtig sein, es sei denn, eine Genehmigung wird nachträglich erteilt. Das Schutzinteresse Dritter kommt insoweit zum Tragen, als die im Handelsregister verlautbarten Vertretungsbefugnisse (bei OHG/KG/GmbH) nach außen verbindlich wirken. Einschränkungen der Vertretungsmacht, die lediglich im Innenverhältnis wirken, sind im Regelfall Dritten gegenüber unwirksam, solange sie nicht im Handelsregister eingetragen oder diesen besonders bekannt gemacht wurden.

Welche Bedeutung hat der gute Glaube des Dritten im Außenverhältnis?

Der gute Glaube des Dritten spielt im Außenverhältnis eine zentrale Rolle für den Schutz des Rechtsverkehrs. Im Regelfall darf ein Geschäftsgegner auf die im Handelsregister eingetragene Vertretungsbefugnis vertrauen (§ 15 HGB). Sofern ein Gesellschafter im Namen der Gesellschaft auftritt und entsprechend der verlautbarten Vertretungsregelungen handelt, ist für den Dritten in der Regel nicht erkennbar, ob ggf. intern die Vertretungsmacht beschränkt ist. Ein gutgläubiger Dritter kann sich somit auf die Rechtsscheinwirkung berufen, solange ihm keine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von einer Beschränkung der Vertretungsmacht vorzuwerfen ist. Insoweit schützt das Recht den Geschäftsgegner und fördert die Verkehrssicherheit.

Wie wirken Beschränkungen der Vertretungsmacht im Außenverhältnis?

Beschränkungen der Vertretungsmacht, die im Innenverhältnis (z. B. durch Gesellschaftsvertrag oder Beschluss) vereinbart werden, sind im Außenverhältnis grundsätzlich unwirksam, soweit sie nicht im Handelsregister eingetragen sind oder dem Dritten persönlich zur Kenntnis gebracht wurden. Dies gilt insbesondere für Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften. Der Zweck dieser Regelung besteht darin, die Rechtssicherheit für Dritte zu gewährleisten, die andernfalls jede interne Vereinbarung kennen müssten, um sicherzugehen, dass ein Vertreter auch tatsächlich handeln darf. Im Gesellschaftsvertrag abweichend vereinbarte Vertretungsregelungen entfalten erst dann Wirkung gegenüber Dritten, wenn diese entweder publiziert oder individuell bekannt gemacht wurden. In Ausnahmefällen kann die Gesellschaft jedoch bei grobem Missbrauch durch den Vertreter Schadensersatz geltend machen.

Welche Formvorschriften gelten im Außenverhältnis bei Gesellschaftsgeschäften?

Für das Außenverhältnis gelten die allgemeinen Formvorschriften des BGB sowie ggfs. spezielle gesellschaftsrechtliche Vorschriften. Grundsätzlich können Rechtsgeschäfte im Außenverhältnis formlos vorgenommen werden, es sei denn, eine besondere gesetzliche Formvorschrift (z. B. notarielle Beurkundung beim Grundstückskauf gemäß § 311b BGB) ist vorgesehen. Die Einhaltung dieser Formvorschriften ist Voraussetzung dafür, dass das Rechtsgeschäft wirksam wird und im Außenverhältnis auch gegenüber Dritten Geltung entfaltet. Bei der GmbH ist beispielsweise für die Übertragung von Geschäftsanteilen oder für bestimmte Beschlüsse der Gesellschafterversammlung eine notarielle Beurkundung erforderlich, was auch gegenüber Außenstehenden rechtliche Relevanz besitzt.

Wie haften die Gesellschafter im Außenverhältnis gegenüber Dritten?

Die Haftung der Gesellschafter gegenüber Dritten im Außenverhältnis richtet sich nach der jeweiligen Gesellschaftsform. Bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und der offenen Handelsgesellschaft (OHG) haften die Gesellschafter persönlich, unmittelbar und gesamtschuldnerisch mit ihrem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (§§ 128 HGB, 421 BGB). Bei der Kommanditgesellschaft (KG) haftet der Kommanditist dem Gläubiger bis zur Höhe seiner Hafteinlage, der Komplementär entsprechend der OHG-Regelungen. Bei einer GmbH oder AG ist die Haftung der Gesellschafter grundsätzlich auf die Einlage beschränkt (§ 13 Abs. 2 GmbHG). Dritte können im Außenverhältnis einzelne Gesellschafter direkt in Anspruch nehmen, wenn die Haftungsregelungen dies vorsehen. Die Haftungstatbestände werden nicht durch interne Vereinbarungen eingeschränkt, sofern sie nicht dem Dritten bekannt gegeben wurden oder aus dem Handelsregister hervorgehen.

Können Dritte gegen die Gesellschaft vorgehen, wenn Vertreter ohne Vertretungsmacht handeln?

Handelt ein Vertreter ohne erforderliche Vertretungsmacht, ist das Rechtsgeschäft im Außenverhältnis schwebend unwirksam (§ 177 Abs. 1 BGB). Die Gesellschaft kann den Vertrag nachträglich genehmigen, womit er wirksam wird. Verweigert die Gesellschaft die Genehmigung, haftet der handelnde Vertreter dem Dritten nach § 179 BGB grundsätzlich persönlich auf Erfüllung oder Schadensersatz (Vertrauensschaden), sofern dieser nicht wusste, dass keine Vertretungsmacht bestand. Der Schutz des Dritten wird ermöglicht, damit dieser sich nicht vollständig auf die Geschäftsleitung verlassen muss. Die Frage der Zurechenbarkeit und der Gutgläubigkeit ist für die rechtliche Beurteilung von zentraler Bedeutung.

Welche Auswirkungen hat ein Gesellschaftswechsel auf das Außenverhältnis?

Kommt es zu einem Wechsel in der Person der Gesellschafter, wird dies im Außenverhältnis regelmäßig erst mit der Bekanntgabe, insbesondere durch die Eintragung im Handelsregister, wirksam. Bis zur Eintragung eines Gesellschafterwechsels trägt die Gesellschaft das Risiko der Vertretung durch den ausgeschiedenen bzw. eingetretenen Gesellschafter. Gemäß § 15 HGB hat die Publizität des Handelsregisters erheblichen Einfluss auf das Außenverhältnis: Ein Dritter muss sich auf die dortigen Eintragungen verlassen können. Rechtshandlungen, die nach dem Wechsel vorgenommen werden, sind gegenüber Dritten erst dann verbindlich, wenn die Änderung im Handelsregister eingetragen oder dem Dritten persönlich bekanntgegeben wurde. Die Haftung für Altverbindlichkeiten richtet sich nach den gesellschaftsspezifischen Regelungen, zumeist haftet der eintretende Gesellschafter auch für bereits bestehende Verbindlichkeiten (§ 130 HGB bei der OHG).