Begriff und rechtlicher Rahmen der Außenprüfung
Die Außenprüfung ist ein wesentliches Instrument der deutschen Finanzverwaltung zur Überprüfung der steuerlichen Verhältnisse von Steuerpflichtigen. Sie dient dazu, die steuerlichen Angaben der Steuerpflichtigen unter Einbeziehung der tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen. Insbesondere Unternehmen, aber auch Selbständige und Freiberufler können von einer Außenprüfung betroffen sein. Die gesetzlichen Grundlagen finden sich überwiegend in der Abgabenordnung (AO), insbesondere in den §§ 193 bis 203 AO.
Gesetzliche Grundlagen und Zielsetzung
Rechtsgrundlagen
Die Durchführung und der Ablauf von Außenprüfungen sind in den §§ 193 bis 203 AO geregelt. Daneben existieren weitere spezialgesetzliche Regelungen, insbesondere im Einkommensteuergesetz (EStG), Körperschaftsteuergesetz (KStG), Umsatzsteuergesetz (UStG) sowie im Gewerbesteuergesetz (GewStG).
Ziel und Zweck
Ziel der Außenprüfung ist die Sicherung einer gleichmäßigen Besteuerung. Durch die Überprüfung der steuerlichen Sachverhalte beim Steuerpflichtigen vor Ort soll festgestellt werden, ob die Steuererklärungen, Steueranmeldungen oder andere steuerliche Angaben den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Die Außenprüfung stellt ein zentrales Element zur Vermeidung von Steuerhinterziehung und anderen Steuerstraftaten dar.
Ablauf und Durchführung der Außenprüfung
Auswahl der Prüfungsfälle
Die Auswahl der zu prüfenden Fälle obliegt der Finanzbehörde. Kriterien hierbei sind etwa die Unternehmensgröße, Branche, bisherige Prüfungen, Auffälligkeiten bei Steuererklärungen oder entdeckte Unregelmäßigkeiten. Die Entscheidung über den Beginn einer Außenprüfung liegt im Ermessen der Finanzbehörde.
Prüfungsanordnung
Die Prüfung wird durch eine sogenannte Prüfungsanordnung eröffnet (§ 196 AO). Diese enthält insbesondere
- die zu prüfenden Sachverhalte (Prüfungszeitraum, Steuern und Steuerarten),
- Beginn der Prüfung,
- Name der prüfenden Person,
- Hinweis auf die Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen.
Eine Prüfungsanordnung ist ein Verwaltungsakt und kann rechtlich angefochten werden, wobei ein Widerspruch grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung hat.
Durchführung am Prüfungsort
Die Außenprüfung erfolgt grundsätzlich in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen (§ 197 AO), kann jedoch bei Notwendigkeit auch im Finanzamt oder an anderen geeigneten Orten durchgeführt werden. Der Prüfungszeitraum erstreckt sich regelmäßig auf drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume, in Einzelfällen können jedoch auch längere oder kürzere Zeiträume geprüft werden.
Während der Außenprüfung obliegt es dem Steuerpflichtigen, sämtliche steuerlich relevanten Unterlagen, Bücher und Aufzeichnungen ordnungsgemäß vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. Die Mitwirkungspflichten sind in § 200 AO geregelt.
Prüfungsbericht und Reaktion
Nach Abschluss der Außenprüfung erstellt die Finanzbehörde einen Prüfungsbericht, in dem die wesentlichen Feststellungen dargestellt werden. Der Steuerpflichtige erhält Gelegenheit, zu den Feststellungen Stellung zu nehmen, bevor abschließende steuerliche Maßnahmen getroffen werden.
Im Regelfall kann die Außenprüfung zu einer Änderung der steuerlichen Festsetzungen führen, etwa zu einer Steuernachforderung oder einer Steuererstattung (§ 164 ff. AO).
Besondere Formen und Inhalte der Außenprüfung
Arten der Außenprüfung
- Regelmäßige Außenprüfung (Betriebsprüfung): Überprüfung von Buchführungen, Bilanzen, Steuererklärungen etc.
- Lohnsteuer-Außenprüfung: Überprüfung der korrekten Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber.
- Umsatzsteuer-Sonderprüfung: Spezielle Überprüfung der Umsatzsteuerverhältnisse zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten.
- Nachschau-Prüfungen: Kurze, unangekündigte Prüfungen zu besonderen Sachverhalten (z. B. Umsatzsteuer-Nachschau gem. § 27b UStG).
Prüfungsumfang und -zeitraum
Der Umfang der Außenprüfung bezieht sich auf bestimmte Steuerarten und Prüfungszeiträume, die in der Prüfungsanordnung genau festgelegt werden. Er kann bei Vorliegen von Verdachtsmomenten auch ausgeweitet werden (§ 194 AO).
Rechte und Pflichten im Rahmen der Außenprüfung
Mitwirkungspflichten
Der Steuerpflichtige ist verpflichtet, die Außenprüfung aktiv zu unterstützen (§ 200 AO). Dazu gehören:
- Vorlage von Geschäftsbüchern, Aufzeichnungen und Belegen,
- Duldung von Besichtigungen und Befragungen,
- Unterstützung bei elektronischer Datenzugang (z. B. durch Zugriffserlaubnis auf EDV-Systeme).
Eine Verletzung der Mitwirkungspflichten kann Zwangsmaßnahmen und Schätzungsbefugnisse der Finanzbehörde auslösen.
Rechtsmittel
Entscheidungen im Rahmen einer Außenprüfung können grundsätzlich mit Einspruch angefochten werden (§ 347 AO). Dies gilt insbesondere für die Prüfungsanordnung und die aufgrund der Prüfung ergehenden Steuerbescheide.
Verfahrensrechtliche Besonderheiten
Schlussbesprechung
Nach Beendigung der Prüfung findet regelmäßig eine Schlussbesprechung statt, in der die wesentlichen Ergebnisse mit dem Steuerpflichtigen besprochen werden (§ 201 AO).
Festsetzungs- und Feststellungsverjährung
Eine Außenprüfung unterbricht nach § 171 Abs. 4 AO die Festsetzungsfrist, solange die Prüfung andauert. Das hat erhebliche Bedeutung für die zeitliche Reichweite möglicher Steueränderungen.
Datenschutz und Verwertungsverbot
Erhobene Daten dürfen ausschließlich für steuerliche Zwecke verwendet werden. Eine anderweitige Verwertung ist nur im Rahmen gesetzlicher Vorschriften zulässig.
Sanktionen und Folgen der Außenprüfung
Steuerliche Konsequenzen
Die bedeutendste Folge einer Außenprüfung ist regelmäßig die Änderung der Steuerfestsetzungen auf Basis der erlangten Erkenntnisse. Das kann in Steuerforderungen, aber auch in Steuererstattungen münden.
Straf- und Bußgeldrechtliche Aspekte
Stellt die Außenprüfung steuerstrafrechtliche Auffälligkeiten oder Ordnungswidrigkeiten fest (z. B. Steuerhinterziehung, leichtfertige Steuerverkürzung), erfolgt in aller Regel eine Mitteilung an die Bußgeld- und Strafsachenstelle. Diese kann Ermittlungsverfahren einleiten.
Literatur und Weblinks
- Abgabenordnung (AO) – §§ 193 ff.
- Steuerberatungsgesetze und Verlautbarungen des Bundesfinanzministeriums
- Bundesministerium der Finanzen: Informationen zur Außenprüfung
- Fachpublikationen zur Betriebsprüfung und steuerlichen Außenprüfung
Dieser Artikel bietet eine umfassende und detaillierte Übersicht zur Außenprüfung, deren rechtliche Grundlagen, Ablauf, Folgen und Besonderheiten in Deutschland.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Außenprüfung?
Die rechtlichen Grundlagen für die Außenprüfung ergeben sich im Wesentlichen aus den Vorschriften der Abgabenordnung (AO), insbesondere aus den §§ 193 bis 203 AO. Diese Paragraphen regeln die Voraussetzungen, den Ablauf sowie die Befugnisse der Finanzbehörden im Rahmen der Außenprüfung. § 193 AO bestimmt insbesondere, bei welchen Steuerpflichtigen und unter welchen Umständen eine Außenprüfung angeordnet werden darf. Darüber hinaus ergeben sich weitere Regelungen aus den Einzelsteuergesetzen, wie etwa dem Einkommensteuergesetz (EStG), Umsatzsteuergesetz (UStG) oder Körperschaftsteuergesetz (KStG), soweit sie besondere Mitwirkungspflichten für Prüfungszwecke enthalten. Die Außenprüfungsordnung (BpO) konkretisiert in Verwaltungsvorschriften weitere Details zum Ablauf. Ferner sind auch Grundrechte zu berücksichtigen, beispielsweise das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus dem Grundgesetz (Art. 13 GG), die durch § 200 AO in Bezug auf das Betreten von Geschäftsräumen modifiziert werden. Somit ist die Außenprüfung in ein komplexes Geflecht verschiedener Vorgaben eingebettet, deren Einhaltung sowohl für die Finanzverwaltung als auch für die Steuerpflichtigen verbindlich ist.
Welche Rechte und Pflichten haben Steuerpflichtige während der Außenprüfung?
Steuerpflichtige haben im Rahmen einer Außenprüfung sowohl umfassende Mitwirkungspflichten als auch Schutzrechte. Zu den Pflichten zählt gemäß § 200 AO insbesondere die Vorlage der Bücher, Aufzeichnungen und Belege sowie die Erteilung von Auskünften an die Prüfer. Zu den Auskunftsverpflichtungen kann auch die Vorlage elektronisch geführter Unterlagen und Daten gehören (§ 147 Abs. 6 AO). Hinsichtlich ihrer Rechte dürfen Steuerpflichtige auf die Wahrung ihres Steuergeheimnisses bestehen (§ 30 AO) und haben Anspruch darauf, dass die Prüfung innerhalb angemessener Zeit und ohne unzulässige Störung der Betriebsabläufe durchgeführt wird (§ 198 AO). Während der Prüfung können sie sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Ferner besteht das Recht, Einwendungen gegen Prüfungsanordnungen zu erheben und bei Verstößen gegen Verfahrensvorschriften Rechtsmittel gegen die ergangenen Bescheide einzulegen. Allerdings dürfen Steuerpflichtige Auskünfte verweigern, sofern sie sich selbst oder nahe Angehörige der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung aussetzen würden (§ 393 Abs. 1 AO i.V.m. § 103 StPO).
Wie ist der Ablauf einer Außenprüfung rechtlich geregelt?
Der Ablauf einer Außenprüfung ist in der Abgabenordnung und ergänzenden Verwaltungsvorschriften detailliert vorgegeben. Zunächst wird die Außenprüfung durch eine schriftliche Prüfungsanordnung eröffnet, in der der Umfang, der Zeitraum und die Steuerarten genannt werden (§ 196 AO). Der Steuerpflichtige ist grundsätzlich rechtzeitig vor Prüfungsbeginn zu informieren, wobei eine Vorlaufzeit von zwei Wochen üblich ist (BpO). Die Prüfung findet sodann regelmäßig in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen zu den üblichen Geschäftszeiten statt (§ 197 AO). Während der Prüfung haben die Prüfer das Recht, Geschäftsräume zu betreten, Einsicht in Unterlagen zu nehmen und Mitarbeiter zu befragen (§§ 200, 201 AO). Nach Abschluss der Prüfung wird dem Steuerpflichtigen der sogenannte Prüfungsbericht zur Stellungnahme übermittelt. Nach einer eventuellen Erörterung der Prüfungsfeststellungen erlässt das Finanzamt gegebenenfalls geänderte Steuerbescheide, gegen die der Steuerpflichtige Einspruch einlegen kann (§ 347 AO). Näheres zum Verfahrensablauf regelt zudem die Betriebsprüfungsordnung.
Welche Mitwirkungspflichten bestehen im Rahmen der Außenprüfung?
Im Rahmen der Außenprüfung trifft den Steuerpflichtigen eine umfassende Mitwirkungspflicht (§ 200 AO), die insbesondere die Pflicht beinhaltet, dem Prüfer den Zutritt zu den prüfungsrelevanten Geschäftsräumen zu ermöglichen, sämtliche erforderlichen Geschäftsunterlagen, einschließlich digital gespeicherter Daten, vorzulegen und Auskünfte zu allen relevanten Sachverhalten zu erteilen. Die Mitwirkung erstreckt sich ebenfalls auf die Pflicht, Aufbewahrungspflichten nach § 147 AO einzuhalten. Darüber hinaus kann nach § 147 Abs. 6 AO verlangt werden, dass die elektronischen Daten in maschinell auswertbarer Form bereitgestellt werden. Sind Unterlagen nicht oder nur unvollständig vorhanden, drohen Schätzungen (§ 162 AO) sowie steuerstrafrechtliche Konsequenzen, falls Informationspflichten vorsätzlich oder leichtfertig verletzt werden. Die Mitwirkungspflicht hat jedoch eine Grenze: Niemand ist verpflichtet, Auskünfte zu erteilen, durch die er sich selbst oder Angehörige der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung aussetzen würde.
Welche Möglichkeiten des Rechtsschutzes bestehen gegen Maßnahmen während einer Außenprüfung?
Gegen Maßnahmen der Außenprüfung stehen dem Steuerpflichtigen unterschiedliche Rechtsbehelfe zur Verfügung. Die Prüfungsanordnung selbst stellt einen Verwaltungsakt dar und kann daher mittels Einspruch (§ 347 AO) und gegebenenfalls mit Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung (§ 361 AO) oder einstweiligen Rechtsschutz (§ 80 Abs. 5 VwGO) vor dem Finanzgericht angefochten werden. Im weiteren Verlauf können auch Maßnahmen, die während der Prüfung getroffen werden, – beispielsweise Durchsuchungen oder die Anordnung der Vorlage bestimmter Unterlagen – einer eigenen Anfechtung durch gerichtlichen Eilrechtsschutz unterliegen. Nach Abschluss der Prüfung und Änderung der Steuerbescheide können diese durch Einspruch und – falls notwendig – durch Klage vor dem Finanzgericht überprüft werden. Ferner besteht die Möglichkeit, sich über den Rechtsschutz vor Verwaltungsgerichten gegen unverhältnismäßige Maßnahmen der Finanzbehörden zu wehren. Im Rahmen des Grundrechtsschutzes können unter Umständen Verfassungsbeschwerden zum Bundesverfassungsgericht erhoben werden, wenn elementare Grundrechte verletzt wurden.
Inwieweit sind bei der Außenprüfung Datenschutz und Steuergeheimnis zu beachten?
Der Datenschutz und das Steuergeheimnis spielen bei der Außenprüfung eine zentrale Rolle. Die Finanzbehörden sind gemäß § 30 AO verpflichtet, das Steuergeheimnis zu wahren, das heißt, alle im Rahmen der Außenprüfung erlangten Kenntnisse und Unterlagen dürfen grundsätzlich nur für steuerliche Zwecke verwendet werden. Eine Weitergabe an andere Behörden oder Dritte ist nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen zulässig (z. B. bei Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung). Zudem unterliegen die Prüfer den Vorgaben des Datenschutzrechts, insbesondere der DSGVO und dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). So dürfen personenbezogene Daten nur im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen erhoben, verarbeitet und genutzt werden, und der Umfang der Datenerhebung muss durch den Prüfungszweck gerechtfertigt sein. Verstöße gegen Datenschutzvorgaben oder das Steuergeheimnis können zur Rechtswidrigkeit der erhobenen Daten und möglicherweise zu Straf- oder Disziplinarmaßnahmen gegen die verantwortlichen Amtsträger führen.
Können auch Privatpersonen einer Außenprüfung unterzogen werden?
Ja, auch Privatpersonen können grundsätzlich einer Außenprüfung unterzogen werden, sofern ein sachlicher Anlass gemäß § 193 AO vorliegt. In der Praxis sind vor allem sog. „große Außenprüfungen“, d.h. Betriebsprüfungen, bei Unternehmen üblich, aber auch Privatpersonen mit besonders hohen Einkünften oder komplexen Vermögensverhältnissen (z.B. Personen mit erheblichem Immobilienbesitz, Beteiligungen oder ausländischen Einkünften) können in den Fokus einer Außenprüfung geraten. Bei Privatpersonen spricht man dann von einer sogenannten Wohnsitzprüfung oder einer „Geldverkehrsrechnung“, wobei die Grundrechte, insbesondere das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG, eine besondere Schutzwirkung entfalten. Ein Betreten von Privatwohnungen ist grundsätzlich nur mit richterlicher Anordnung zulässig (§ 200 Abs. 1 S. 2 AO). Der Umfang der Prüfung, die Art der verlangten Unterlagen sowie der Datenschutz unterliegen hierbei besonders strengen gesetzlichen Voraussetzungen.