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Ausschließung von der Erbfolge


Begriffsdefinition und Grundlagen der Ausschließung von der Erbfolge

Die Ausschließung von der Erbfolge beschreibt im Erbrecht die Situation, in der eine Person von der gesetzlichen oder gewillkürten Erbfolge ausgeschlossen wird und somit keinerlei Erbrechte im Nachlass des Erblassers erhält. Eine Ausschließung von der Erbfolge kann entweder durch gesetzliche Vorschriften oder durch entsprechende erbrechtliche Verfügungen erfolgen. Die Gründe und Voraussetzungen sowie die Wirkungen einer solchen Ausschließung sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) umfassend geregelt und weisen vielfältige Facetten auf.

Gesetzliche Erbfolge und deren Ausschluss

Gesetzliche Grundlagen

Die gesetzliche Erbfolge tritt gemäß §§ 1924 ff. BGB ein, wenn keine letztwillige Verfügung, also kein Testament oder Erbvertrag, vorliegt. Grundsätzlich sind die Verwandten des Erblassers und der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner erbberechtigt. Die gesetzliche Erbfolge kann jedoch durch verschiedene Ereignisse und Gestaltungen aufgehoben oder modifiziert werden.

Gründe für den Ausschluss von der gesetzlichen Erbfolge

Erbunwürdigkeit (§§ 2339 f. BGB)

Bestimmte schwerwiegende Verfehlungen gegen den Erblasser führen zur sogenannten Erbunwürdigkeit (§ 2339 BGB). Eine erbunwürdige Person wird rückwirkend von der Erbfolge ausgeschlossen. Zu den wichtigsten Tatbeständen gehören:

  • Straftaten gegen den Erblasser (z. B. Tötung, Mordversuch)
  • Arglistige Täuschung oder Drohung zur Errichtung, Änderung oder Aufhebung eines Testaments
  • Urkundenfälschung an einem Testament

Die Feststellung der Erbunwürdigkeit erfolgt in der Regel auf Antrag durch ein Gericht.

Ausschluss kraft gesetzlicher Vorschrift

Das Gesetz sieht weitere Ausschlussgründe vor, beispielsweise bei ungeborenen oder nichtigen Erben oder bei Wirksamkeit eines Vorerbvertrags, in dem der Erbe nicht bedacht ist.

Ausschließung von der Erbfolge durch Verfügung von Todes wegen

Enterbung durch Testament oder Erbvertrag

Der Erblasser kann durch eine letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag) eine oder mehrere bestimmte Personen ausdrücklich oder stillschweigend von der Erbfolge ausschließen. Dies wird als Enterbung bezeichnet. Ein erbrechtlich wirksames Testament kann sowohl einzelne Erben bestimmen als auch bestimmte Personen explizit oder implizit von der Erbfolge ausschließen, indem sie nicht als Erben genannt werden.

Rechtsfolgen der Enterbung

Eine enterbte Person wird bei der Erbteilung nicht als Erbe berücksichtigt. Ist der Enterbte jedoch pflichtteilsberechtigt (etwa ein Abkömmling, Ehegatte oder Elternteil), bleibt der Pflichtteilsanspruch gemäß §§ 2303 ff. BGB bestehen, sofern keine Pflichtteilsentziehung nach § 2333 BGB vorliegt.

Ausschluss vom Pflichtteil

Pflichtteilsberechtigte und Pflichtteilsanspruch

Der Pflichtteil dient als Mindestbeteiligung naher Angehöriger am Nachlass und kann grundsätzlich nur unter engen gesetzlichen Voraussetzungen entzogen werden. Hierzu sieht das Gesetz in § 2333 BGB Gründe für eine Pflichtteilsentziehung vor, die einen vollständigen Ausschluss vom Nachlass ermöglichen:

  • Schwere Straftaten gegen den Erblasser oder dessen nahe Angehörige
  • Verletzung der gesetzlichen Unterhaltspflicht mit strafbaren Handlungen

Die Pflichtteilsentziehung muss ausdrücklich und unter Angabe des Grundes in der letztwilligen Verfügung angeordnet werden. Unberechtigte oder ungenügend begründete Entziehungen sind unwirksam.

Wirkung der Pflichtteilsentziehung

Ist die Pflichtteilsentziehung wirksam, verliert die betreffende Person jeglichen Anspruch auf den Nachlass, auch in Form des Pflichtteils.

Form und Anfechtung der Ausschließung von der Erbfolge

Formvorschriften

Für den Ausschluss von der Erbfolge per letztwilliger Verfügung gelten die strengen Formvorschriften der §§ 2231 ff. BGB. Formmängel führen zur Unwirksamkeit der Verfügung und somit ggf. zur Anwendung der gesetzlichen Erbfolge.

Anfechtung und Feststellung

Die Ausschließung von der Erbfolge kann unter bestimmten Voraussetzungen angefochten werden, insbesondere bei Irrtum, Zwang, Drohung oder arglistiger Täuschung (§ 2078, § 2079 BGB). Auch die Feststellung der Erbunwürdigkeit erfolgt nicht automatisch, sondern bedarf der gerichtlichen Geltendmachung durch einen Beteiligten.

Unterschiede zwischen Enterbung, Pflichtteilsentziehung und Erbunwürdigkeit

Die Begriffe Enterbung, Pflichtteilsentziehung und Erbunwürdigkeit sind klar voneinander abzugrenzen:

  • Enterbung: Schließt von der gesetzlichen und gewillkürten Erbfolge aus, lässt aber Pflichtteilsanspruch bestehen.
  • Pflichtteilsentziehung: Entzieht den Pflichtteilsanspruch aus wichtigem Grund.
  • Erbunwürdigkeit: Führt rückwirkend zum vollständigen Verlust aller Erbrechte, inklusive Pflichtteilsanspruch.

Praktische Bedeutung und Anwendungsfälle

Die Ausschließung von der Erbfolge ist rechtlich bedeutsam zur Wahrung des Willens des Erblassers, zur Sanktionierung schweren Fehlverhaltens oder zur Vermeidung familiärer Konflikte im Zusammenhang mit der Nachlassaufteilung. In der Praxis kommt ihr besondere Relevanz bei der Nachgestaltung komplexer Vermögensnachfolgen und Streitigkeiten im Erbfall zu.

Zusammenfassung

Die Ausschließung von der Erbfolge umfasst verschiedene originär geregelte Möglichkeiten, einen gesetzlichen oder testamentarischen Erben ganz oder teilweise vom Nachlass auszuschließen. Dies kann durch ausdrückliche erbrechtliche Verfügung (Enterbung und Pflichtteilsentziehung) oder durch objektiv feststellbare Umstände (Erbunwürdigkeit) erfolgen. Für sämtliche Fallkonstellationen gelten hoch anzusetzende gesetzliche Anforderungen, deren Einhaltung im Einzelfall prüfungsbedürftig ist, um rechtliche Sicherheit für alle Beteiligten zu gewährleisten.

Häufig gestellte Fragen

Wer kann von der Erbfolge ausgeschlossen werden und unter welchen Voraussetzungen?

Vom Gesetzgeber her können sowohl gesetzliche als auch testamentarische Erben von der Erbfolge ausgeschlossen werden. Grundsätzlich gilt, dass der Erblasser im Rahmen seiner Testierfreiheit durch testamentarische Verfügung oder durch einen Erbvertrag frei bestimmen kann, wen er als Erben einsetzt oder von der Erbfolge ausschließt („Enterbung“). Dabei kann jede natürliche oder juristische Person einbezogen oder ausgeschlossen werden, sofern keine zwingenden erb- oder familienrechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Ein Ausschluss kann explizit erfolgen, indem der Erblasser im Testament den Ausschluss einer bestimmten Person von der Erbfolge anordnet, oder auch durch die Einsetzung anderer Personen als Alleinerben, wodurch die nicht Bedachten faktisch ausgeschlossen werden. Zu beachten ist jedoch, dass bestimmten nahen Angehörigen, wie Kindern oder Ehegatten, trotz Ausschluss ein Anspruch auf den Pflichtteil verbleibt (§ 2303 BGB). Solche Pflichtteilsberechtigten können nur in besonderen Ausnahmefällen vollständig von der Erbfolge ausgeschlossen werden, und zwar durch eine wirksame Pflichtteilsentziehung gemäß § 2333 ff. BGB, welche strenge gesetzliche Voraussetzungen voraussetzt, wie etwa schwere Verfehlungen gegenüber dem Erblasser.

Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es, eine Person von der gesetzlichen Erbfolge auszuschließen?

Das deutsche Erbrecht sieht mehrere Möglichkeiten vor, eine Person von der gesetzlichen Erbfolge auszuschließen. Die häufigste Methode ist die Errichtung eines Testaments, in welchem der Erblasser den gesetzlichen Erben ausdrücklich enterbt oder andere zu Erben einsetzt, sodass gesetzliche Erben nicht mehr im Wege der gesetzlichen Erbfolge zum Zuge kommen (§ 1938 BGB). Alternativ kann ein Erbvertrag geschlossen werden, in dem sämtliche Erbfolgeangelegenheiten rechtsverbindlich geregelt werden. Eine weitere Möglichkeit ist der Erbverzichtsvertrag, bei dem ein möglicher Erbe gegen Zahlung einer Abfindung seinen Erb- und Pflichtteilsanspruch vertraglich niederlegt (§ 2346 ff. BGB). In seltenen Fällen kann auch die Möglichkeit bestehen, einen Erben durch Anfechtung einer letztwilligen Verfügung von der Erbfolge auszuschließen, insbesondere wenn Testierunfähigkeit oder Täuschung vorlag. Schließlich regelt das Gesetz auch, dass Erben, die sich nach § 2339 BGB als erbunwürdig erwiesen haben, kraft Gesetzes von der Erbfolge ausgeschlossen werden.

Wie verhält es sich mit dem Pflichtteilsanspruch nach einer Enterbung?

Wird eine pflichtteilsberechtigte Person, wie etwa ein Abkömmling, der Ehegatte oder der eingetragene Lebenspartner des Erblassers, testamentarisch von der Erbfolge ausgeschlossen oder nicht bedacht, bleibt ihr dennoch der Anspruch auf den Pflichtteil gemäß § 2303 BGB. Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils und ist ein reiner Geldanspruch gegen die Erben, der unverzichtbar ist, solange keine wirksame Pflichtteilsentziehung vorliegt. Der Erblasser kann den Pflichtteilsanspruch nur unter strengen gesetzlichen Voraussetzungen, etwa bei schweren Straftaten oder groben Pflichtverletzungen des Pflichtteilsberechtigten (§ 2333 BGB), entziehen. Der bloße Ausschluss von der Erbfolge im Testament bewirkt daher keine vollständige Enterbung im Sinne eines Verlustes auch des Pflichtteils.

Wann ist eine Ausschließung von der Erbfolge (Enterbung) unwirksam?

Eine Ausschließung von der Erbfolge ist unwirksam, wenn sie formnichtig erfolgt, etwa weil das Testament formunwirksam errichtet wurde (§§ 2231, 2247 BGB), oder wenn die Ausschließung gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstößt. Auch eine unzulässige Pflichtteilsentziehung, die nicht auf den im Gesetz genannten Gründen basiert oder nicht ordnungsgemäß im Testament begründet wird, bleibt unwirksam und der Pflichtteilsanspruch bleibt bestehen. Des Weiteren kann die Enterbung durch gerichtliche Anfechtung unwirksam werden, wenn der Testierende bei Abfassung des Testaments testierunfähig war oder der Erbe durch Drohung, Täuschung oder Irrtum ausgeschlossen wurde (§§ 2078 ff. BGB). Im Fall der Erbunwürdigkeit (§ 2339 BGB) erfolgt ein Ausschluss von der Erbfolge kraft Gesetzes, wobei dies durch Urteil festgestellt werden muss.

Welche rechtlichen Folgen hat die Erbunwürdigkeit in Bezug auf die Erbfolge?

Stellt ein Gericht die Erbunwürdigkeit fest, so ist die betreffende Person gemäß § 2345 BGB von der Erbfolge ausgeschlossen, als hätte sie den Erbfall nicht erlebt. Erbunwürdigkeit kann beispielsweise vorliegen, wenn der Erbe den Erblasser vorsätzlich oder widerrechtlich getötet oder an einer Testamentsfälschung beteiligt war (§ 2339 BGB). Die Erbunwürdigkeit betrifft sowohl gesetzliche als auch testamentarische Erben, allfällige Pflichtteilsansprüche entfallen ebenfalls. Die Feststellung der Erbunwürdigkeit erfolgt im Wege einer Klage durch einen anderen Erben und muss binnen eines Jahres nach Kenntnis der Umstände geltend gemacht werden. Die Vermögensnachfolge wird so gestaltet, als wäre der Erbunwürdige niemals berufen gewesen.

Wie kann der Ausschluss von der Erbfolge im Erbvertrag geregelt werden?

Im Erbvertrag kann der Erblasser bestimmte Personen verbindlich von der Erbfolge ausschließen. Da der Erbvertrag eine vertragliche Bindung darstellt, sind darin getroffene Regelungen für beide Seiten grundsätzlich bindend und nicht einseitig änderbar (§ 2289 BGB). Neben Einsetzung von Erben können Negativelemente, wie die ausdrückliche Enterbung bestimmter Familienmitglieder, vereinbart werden. Auch im Erbvertrag unterliegen Pflichtteilsentziehungen besonderen gesetzlichen Restriktionen und müssen ausreichend begründet werden. Der Erbvertrag muss zwingend notariell beurkundet werden (§ 2276 BGB), andernfalls ist er nichtig.

Was ist der Unterschied zwischen Ausschluss von der Erbfolge und Pflichtteilsentziehung?

Der Ausschluss von der Erbfolge („Enterbung“) bedeutet, dass eine Person nicht mehr Erbe wird, weder gesetzlich noch durch Testament. Jedoch steht nahen Angehörigen in der Regel weiterhin ein Pflichtteilsanspruch zu. Die Pflichtteilsentziehung hingegen stellt eine verschärfte Form der Enterbung dar, bei der nicht nur die Erbenstellung, sondern auch der Anspruch auf den Pflichtteil entzogen wird. Dies ist nur unter engen Bedingungen möglich, beispielsweise bei schweren Straftaten oder schweren Verfehlungen des Pflichtteilsberechtigten gegenüber dem Erblasser (§ 2333 BGB). Die Pflichtteilsentziehung muss stets im Testament ausdrücklich verfügt und begründet werden, da sie ansonsten unwirksam bleibt. Die inhaltlichen und formalen Anforderungen an eine Pflichtteilsentziehung sind damit deutlich strenger als beim Ausschluss von der Erbfolge.