Begriff und Definition der Ausschließlichen Wirtschaftszone
Die Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ, englisch: Exclusive Economic Zone, EEZ) bezeichnet gemäß dem Seerecht ein küstenstaatliches Meeresgebiet außerhalb des Küstenmeers bis zu einer Entfernung von höchstens 200 Seemeilen (ca. 370,4 km) von der Basislinie der Küste. Die AWZ ist im internationalen Recht vor allem durch das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ, englisch: United Nations Convention on the Law of the Sea, UNCLOS) von 1982 umfassend geregelt.
In der AWZ hat der Küstenstaat bestimmte souveräne Rechte und Hoheitsbefugnisse zur wirtschaftlichen Nutzung, zur Erkundung und zum Schutz der natürlichen Ressourcen im Wasser, am Meeresboden und im Meeresuntergrund. Im Gegensatz dazu bleibt die Zone außerhalb des Küstenmeeres internationales Gewässer, insbesondere hinsichtlich der Freiheit der Schifffahrt, des Überflugs und des Legens von Unterseekabeln.
Rechtsgrundlagen der Ausschließlichen Wirtschaftszone
Völkerrechtliche Grundlagen
Die ausschließliche Wirtschaftszone ist völkerrechtlich international durch Teil V des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 geregelt. Die maßgeblichen Artikel für die AWZ sind Artikel 55 bis 75 SRÜ.
Artikel 55 SRÜ definiert die Zone als ein Seegebiet außerhalb des Küstenmeeres, auf das die Bestimmungen dieses Teils Anwendung finden.
Artikel 57 SRÜ legt die äußere Begrenzung der AWZ auf höchstens 200 Seemeilen ab den Basislinien fest, von denen das Küstenmeer gemessen wird.
Nationale Rechtsumsetzung
Deutschland hat die Vorschriften des Seerechtsübereinkommens durch das Gesetz über die Ausdehnung der Hoheitsbefugnisse auf die ausschließliche Wirtschaftszone der Bundesrepublik Deutschland in der Nordsee und in der Ostsee (AWZ-Gesetz) in nationales Recht umgesetzt. Weitere Länder setzen die Regelungen des SRÜ individuell durch nationale Gesetze um.
Rechtliche Stellung und Souveränitätsrechte in der AWZ
Souveräne Rechte
Gemäß Artikel 56 SRÜ stehen dem Küstenstaat in der AWZ folgende souveräne Rechte zu:
- Erkundung und Ausbeutung, Erhaltung und Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen – sowohl lebender (zum Beispiel Fischbestände) als auch nicht lebender Ressourcen (wie Erdöl, Erdgas, Mineralien) des Meeresbodens und -untergrunds, sowie des darüber liegenden Wassers.
- Wirtschaftliche Nutzung der Zone, einschließlich Energieerzeugung durch Wasser, Strömungen und Winde.
Hoheitsgewalt
Ebenfalls gewährt werden Hoheitsbefugnisse in Bezug auf:
- Errichtung und Nutzung künstlicher Inseln, Anlagen und Bauwerke
- Wissenschaftliche Meeresforschung
- Schutz und Bewahrung der Meeresumwelt
Beschränkung der Hoheitsgewalt
Die AWZ ist keine Erweiterung des staatlichen Hoheitsgebiets. Außerhalb der ausdrücklich gewährten Rechte bleiben die Meeresflächen internationales Gewässer, sodass insbesondere folgende Freiheiten aller Staaten uneingeschränkt bestehen bleiben (Artikel 58 SRÜ):
- Freiheit der Schifffahrt
- Freiheit des Überflugs
- Freiheit des Verlegens von Kabeln und Rohrleitungen
Andere Staaten sind jedoch zur gebührenden Rücksichtnahme auf die Rechte des Küstenstaats verpflichtet.
Abgrenzung zu anderen Seezonen
Küstenmeer und Hohe See
Das Küstenmeer erstreckt sich bis zu 12 Seemeilen vor der Basislinie; hier nimmt der Küstenstaat die vollständige Souveränität wahr.
Die Hohe See beginnt jenseits der 200-Seemeilen-Grenze oder dort, wo keine AWZ beansprucht wird. Sie steht grundsätzlich allen Staaten zur Nutzung offen.
Festlandsockel
Der Festlandsockel kann sich über die 200-Seemeilen-Grenze hinaus erstrecken, insbesondere wenn die natürliche Verlängerung des Landgebiets weiter reicht. Am Festlandsockel besitzt der Küstenstaat ausschließlich das Recht zur Erkundung und Ausbeutung der Bodenschätze (Artikel 77 SRÜ), unabhängig vom Bestehen einer AWZ.
Grenzziehung und Konfliktlösung
Abgrenzung zwischen Staaten
Kollidieren sich überschneidende AWZ-Ansprüche benachbarter Küstenstaaten oder liegt die entfernteste Küste näher als 400 Seemeilen auseinander, bedarf es einer Maritimen Grenzziehung. Diese erfolgt, im Falle fehlender Einigung, häufig nach der Äquidistanzmethode (gleicher Abstand der Grenzlinie zu den Küstenstaaten), kann jedoch völkervertraglich abweichend geregelt werden.
Internationale Streitbeilegung
Streitigkeiten bezüglich der AWZ-Grenzen werden nach Maßgabe des Kapitels XV SRÜ durch Schiedsgerichte, den Internationalen Seegerichtshof oder auf diplomatischem Wege gelöst.
Nutzungsmöglichkeiten und Pflichten in der AWZ
Wirtschaftliche Nutzung
Der Küstenstaat kann verschiedene Nutzungsrechte wirtschaftlich ausüben:
- Fischerei, Aquakultur: Zugelassen sind nationale und gegebenenfalls durch Fischereiabkommen geregelte ausländische Fischereitätigkeiten.
- Rohstoffgewinnung: Exploitation von Öl, Gas und anderen Bodenschätzen am Meeresgrund
- Energiegewinnung: Errichtung von Offshore-Windparks, Gezeitenkraftwerken und sonstigen maritimen Energieanlagen
Schutzpflichten
Der Küstenstaat ist verpflichtet, die Meeresumwelt zu schützen und zu bewahren (Artikel 56 Abs. 1 lit. b SRÜ). Internationale Standards und Abkommen, etwa zum Schutz von Meeressäugern oder gegen Verschmutzung, sind zu berücksichtigen.
Wissenschaftliche Meeresforschung
Forschungsvorhaben durch andere Staaten in der AWZ bedürfen grundsätzlich der Zustimmung des Küstenstaats. Der Küstenstaat kann Auflagen machen, etwa im Hinblick auf Umwelt- und Ressourcenschutz.
Rechtliche Kontroversen und Besonderheiten
Überwachung und Durchsetzung
Der Küstenstaat ist befugt, Verstöße (z. B. unerlaubte Fischerei, Umweltdelikte) in der AWZ zu verfolgen und zu sanktionieren. Dazu sind Seeüberwachungseinheiten, Zoll und Einzelgesetze teilweise entsprechend nationaler Gesetzgebung ausgestaltet.
Ausnahmefälle und Sonderregime
- Enklaven und Überlappungen: In Situationen, in denen Inseln, Außengebiete oder überlappende Ansprüche existieren, werden spezifische völkerrechtliche Übereinkünfte und Schiedssprüche herangezogen.
- Meeresschutzgebiete: Staaten können in ihrer AWZ Meeresschutzgebiete ausweisen, deren rechtliche Wirkung jedoch dem internationalen Recht entsprechen muss.
Zusammenfassung und Bedeutung der Ausschließlichen Wirtschaftszone
Die ausschließliche Wirtschaftszone ist ein zentrales Element des modernen internationalen Seerechts. Sie gewährt den Küstenstaaten weitreichende wirtschaftliche Souveränitätsrechte bei gleichzeitiger Fortgeltung elementarer Freiheiten der internationalen Seefahrt und des Überflugs. Die AWZ trägt entscheidend zur nachhaltigen Nutzung und zum Schutz der Weltmeere bei und besitzt insbesondere für ressourcenreiche Regionen und wirtschaftliche Aktivitäten auf See globale Bedeutung. Die völkerrechtlichen Regelungen gewährleisten ein ausgewogenes System zwischen nationalen Interessen und gemeinschaftlicher Nutzung der Meere.
Weiterführende Literatur
- United Nations Convention on the Law of the Sea (UNCLOS), Teil V, Artikel 55 ff.
- Gesetz über die Ausdehnung der Hoheitsbefugnisse auf die ausschließliche Wirtschaftszone der Bundesrepublik Deutschland (AWZ-Gesetz)
Siehe auch
- Festlandsockel
- Küstenmeer
- Hohe See
- Seerechtsübereinkommen (SRÜ/UNCLOS)
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Regelungen gelten für die Nutzung von Ressourcen in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ)?
Die Nutzung der natürlichen Ressourcen in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) unterliegt vorrangig dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ/UNCLOS, 1982), welches den Staaten exklusive Rechte zur Erforschung, Ausbeutung, Erhaltung und Bewirtschaftung lebender und nichtlebender Ressourcen in einem Bereich von bis zu 200 Seemeilen (ca. 370 Kilometer) ab der Basislinie einräumt. Innerhalb der AWZ hat der Küstenstaat das souveräne Recht, Fischerei, Meeresbodenbergbau, Energiegewinnung aus Wasser, Strömung und Wind sowie die biologische Forschung zu gestatten, zu regulieren oder zu beschränken. Diese Rechte dürfen allerdings nicht die Rechte und Pflichten anderer Staaten beeinträchtigen – so bleibt die Freiheit der Schifffahrt, Überflugrechte oder das Verlegen von Unterseekabeln und Pipelines weiterhin gewährleistet, sofern diese Tätigkeiten mit den Rechtsvorschriften des Küstenstaates und den Bestimmungen des UNCLOS in Einklang stehen. Nationale Gesetze können die Nutzung der Ressourcen weiter ausgestalten, dürfen jedoch die internationalen Regelungen nicht unterlaufen.
Inwieweit kann ein Küstenstaat in der AWZ die Errichtung von Anlagen und Bauwerken durch andere Staaten untersagen?
Das Recht zur Genehmigung, zum Bau und zur Nutzung künstlicher Inseln, Anlagen und Bauwerke in der AWZ steht ausschließlich dem betreffenden Küstenstaat zu. Gemäß Artikel 60 des Seerechtsübereinkommens kann der Küstenstaat nicht nur den Bau genehmigen oder ablehnen, sondern auch Vorschriften zu Lage, Sicherheitszonen, Betrieb und Umweltschutz erlassen. Andere Staaten dürfen solche Bauwerke nur mit Zustimmung des Küstenstaates errichten. Widerrechtlich errichtete Anlagen kann der Küstenstaat entfernen lassen. Der Küstenstaat ist zudem verpflichtet, diese Bauten auf nautischen Karten bekanntzumachen und die International Maritime Organization (IMO) sowie weitere Staaten darüber zu informieren. Die Regelungen stellen sicher, dass etwa Windparks, Forschungsstationen oder Förderplattformen nicht ohne Zustimmung des jeweiligen Küstenstaates in deren AWZ entstehen.
Welche Zuständigkeit besitzt ein Küstenstaat hinsichtlich des Umweltschutzes in seiner AWZ?
Das Seerechtsübereinkommen überantwortet dem Küstenstaat weitreichende Befugnisse zur Verhinderung, Verminderung und Kontrolle von Verschmutzungen der Meeresumwelt in seiner AWZ. Diese Zuständigkeit umfasst die Ergreifung nationaler Maßnahmen und die Festlegung von Regeln im Rahmen internationaler Übereinkommen. Der Küstenstaat ist beispielsweise berechtigt, Emissionsgrenzwerte, Schutzgebiete, Genehmigungspflichten für das Einbringen von Schadstoffen sowie Präventionsmaßnahmen für Ölunfälle und Meeresverschmutzung durch Schiffe oder Anlagen festzulegen. International bleibt er zur engen Kooperation mit anderen Staaten verpflichtet und muss sicherstellen, dass seine Maßnahmen internationalen Standards, etwa aus MARPOL und anderen Umweltabkommen, entsprechen. Bei Verstößen gegen Umweltschutzauflagen in seiner AWZ kann der Küstenstaat Sanktionen und verwaltungsrechtliche Maßnahmen gegen verantwortliche Schiffe oder Unternehmen verhängen.
Können andere Staaten in der AWZ telekommunikationstechnische Unterseekabel und -pipelines verlegen?
Grundsätzlich sieht das Seerechtsübereinkommen vor, dass alle Staaten das Recht haben, in den AWZ anderer Staaten Unterseekabel und -pipelines zu verlegen. Allerdings sind dabei einige rechtliche Schranken zu beachten: Der Küstenstaat hat das Recht, Bedingungen etwa zum Schutz von Meeresumwelt, Schifffahrt und bestehenden Anlagen festzulegen sowie zu bestimmen, durch welche Sektoren der AWZ Kabel und Pipelines verlaufen dürfen. Zudem kann er Umweltverträglichkeitsprüfungen verlangen und technische Vorschriften erlassen. Die Baumaßnahmen dürfen die Nutzungsrechte des Küstenstaates und die Rechte anderer Nutzer (z. B. Fischerei, Schifffahrt) nicht beeinträchtigen. Streitigkeiten über Kabel- und Pipelinebau werden meistens im Dialog, nötigenfalls auch in internationalen Gerichtsverfahren gelöst.
Welche Maßnahmen kann ein Küstenstaat gegen unbefugte wirtschaftliche Aktivitäten in seiner AWZ unternehmen?
Stellen Behörden eines Küstenstaates fest, dass natürliche oder juristische Personen ohne Genehmigung wirtschaftliche Aktivitäten in der AWZ vornehmen – zum Beispiel illegale Öl- oder Gasausbeutung, Fischerei oder Sandabbau -, sind sie ermächtigt, hoheitliche Maßnahmen wie Kontrolle, Festsetzung, Abschleppung und Beschlagnahme von Schiffen sowie Bestrafung der Verantwortlichen einzuleiten. Der Küstenstaat hat nach internationalen Vorgaben das Durchsetzungsrecht, um die Einhaltung seiner Vorschriften zu sichern. Dabei kann es sich um Bußgelder, Lizenzentzug, Hafenzugangsbeschränkungen oder gerichtliche Verfahren handeln. Zivil- und strafrechtliche Sanktionen stützen sich auf nationale Gesetze, die im Einklang mit internationalen Vorgaben stehen müssen. Internationale Streitbeilegungsmechanismen wie der Internationale Seegerichtshof können in Fällen anhaltender Uneinigkeit angerufen werden.
Besteht eine Pflicht zur friedlichen Nutzung der AWZ und wie wird diese gewährleistet?
Ja, alle Staaten sind gemäß Artikel 88 und 301 des Seerechtsübereinkommens verpflichtet, die AWZ ausschließlich zu friedlichen Zwecken zu nutzen. Jede Androhung oder Anwendung von Gewalt, die mit den Grundsätzen der UN-Charta unvereinbar ist, ist auch in der AWZ verboten. Kriegsschiffe dürfen durchfahren, solange sie friedlich und im Einklang mit den allgemeinen Regeln handeln. Militärische Aktivitäten anderer Staaten in der AWZ sind rechtlich umstritten; während einige Staaten diese zulassen, sehen andere darin eine Beeinträchtigung ihrer Souveränität. Strittige Sachverhalte werden meist diplomatisch, teils aber auch durch internationale Gerichtsentscheidungen geklärt.
Wie ist die Zuständigkeit für Strafverfolgung und Zivilklagen in der AWZ geregelt?
Für Sachverhalte mit Bezug auf wirtschaftliche oder umweltrechtliche Aspekte in der AWZ ist in erster Linie der Küstenstaat zuständig. Das bezieht sich auf Strafverfolgung bei unerlaubter Ressourcennutzung, Ordnungswidrigkeiten oder Umweltdelikten. Nationale Gerichte oder Behörden sind damit befugt, Ermittlungen anzustellen, Verfahren zu eröffnen und Urteile zu fällen. Allerdings bleibt für bestimmte Sachverhalte – etwa bei Schadensfällen mit grenzüberschreitender Wirkung oder gegen Schiffe, die unter fremder Flagge fahren – die internationale Gerichtsbarkeit oder Kooperation relevant, z. B. durch Heranziehen des Internationalen Seegerichtshofs oder Schiedsgerichte. In Zivilsachen, etwa bei Umweltschäden, bestehen oft besondere Verfahren zur Streitbeilegung auf Grundlage internationaler Abkommen.