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Ausschließliche Wirtschaftszone

Begriff und Abgrenzung der Ausschließlichen Wirtschaftszone

Die Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) ist ein seerechtlich definierter Meeresbereich, der sich jenseits und an die Hoheitsgewässer eines Küstenstaats anschließt. In der AWZ stehen dem Küstenstaat besondere Nutzungsrechte und bestimmte Hoheitsbefugnisse zu, ohne dass der Bereich Teil seines Staatsgebiets wird. Sie dient der wirtschaftlichen Nutzung der Meeresressourcen und der Regelung damit verbundener Tätigkeiten. Die AWZ ist vom Küstenmeer (Hoheitsgewässer) und der Hohen See abzugrenzen und steht in einem eigenständigen Verhältnis zum Festlandsockel.

Räumlicher Umfang und Abgrenzung

Ausgangspunkt der Vermessung

Die AWZ beginnt an der seewärtigen Grenze des Küstenmeers. Als Ausgangslinie gelten in der Regel die Normalbaselines entlang der Küste (Niedrigwasserlinie); unter bestimmten Küstenverhältnissen können gerade Basislinien herangezogen werden.

Breite und äußere Grenze

Die AWZ kann bis zu 200 Seemeilen von den Ausgangslinien seewärts reichen. Innerhalb dieser Zone übt der Küstenstaat die ihm zustehenden Nutzungsrechte und Schutzbefugnisse aus. Seewärts der AWZ beginnt grundsätzlich die Hohe See, sofern nicht ein erweiterter Festlandsockel einschlägig ist.

Grenzziehung zwischen Nachbarstaaten

Überlappen die potenziellen AWZ-Ansprüche benachbarter oder gegenüberliegender Staaten, erfolgt die Abgrenzung durch Vereinbarung. Üblich ist die Orientierung an einer mittleren Linie, die von den Küsten beider Staaten jeweils gleich weit entfernt ist. Besondere geographische oder sonstige relevante Umstände können zu abweichenden Linienführungen führen.

Rechtsstellung und Befugnisse des Küstenstaats

Souveräne Rechte und begrenzte Hoheitsbefugnisse

Der Küstenstaat hat in der AWZ souveräne Rechte zur Erkundung, Nutzung, Erhaltung und Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen in den Gewässern, am Meeresboden und im Meeresuntergrund. Hinzu treten funktionale Befugnisse, etwa zur Errichtung und Nutzung künstlicher Inseln und Anlagen, zur Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind sowie zum Meeresschutz. Diese Rechte sind zweckgebunden; die AWZ ist kein Teil des Staatsgebiets.

Lebende und nicht lebende Ressourcen

Zu den lebenden Ressourcen zählen insbesondere Fischbestände und andere Meeresorganismen. Nicht lebende Ressourcen umfassen mineralische Vorkommen am Meeresboden und im Untergrund. Der Küstenstaat kann Fang- und Förderquoten festlegen, Nutzungen genehmigen und Bedingungen bestimmen, um Bestände nachhaltig zu bewirtschaften und Vorkommen zu schützen.

Energieerzeugung und sonstige wirtschaftliche Nutzung

Der Küstenstaat kann die Nutzung von Wind, Wellen und Strömungen genehmigen und regeln (z. B. Offshore-Windparks). Auch andere wirtschaftliche Tätigkeiten, die unmittelbar mit der Nutzung der Zone zusammenhängen, können gesteuert werden, einschließlich begleitender Dienstleistungen und Logistik.

Gewährleistungs- und Kontrollbefugnisse

Zur Durchsetzung seiner Rechte kann der Küstenstaat Inspektionen durchführen, technische Anforderungen festlegen, Lizenzen erteilen oder versagen und Verstöße sanktionieren, soweit sie die Ressourcenbewirtschaftung, Anlagen, Umweltschutz oder ähnliche AWZ-bezogene Sachverhalte betreffen. Diese Befugnisse sind im Lichte der Rechte anderer Staaten und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auszuüben.

Forschung und Datenerhebung

Meereswissenschaftliche Forschung in der AWZ unterliegt grundsätzlich der Zustimmung des Küstenstaats. Dieser darf die Forschung fördern, regeln oder bei bestimmten Voraussetzungen untersagen. Kommerzielle Datenerhebung, die auf Ressourcen gerichtet ist, kann besonderen Genehmigungsregeln unterliegen.

Rechte anderer Staaten in der AWZ

Freiheit der Schifffahrt und des Überflugs

Andere Staaten behalten in der AWZ die Freiheit der Schifffahrt und des Überflugs sowie die Freiheit des Baus und Betriebs seetüchtiger Fahrzeuge, unter Beachtung der Rechte und Regelungen des Küstenstaats. Diese Freiheiten ähneln denen auf Hoher See, sind aber mit der Pflicht verbunden, die berechtigten Interessen des Küstenstaats angemessen zu berücksichtigen.

Unterwasserkabel und -pipelines

Alle Staaten dürfen Unterseekabel und -pipelines durch die AWZ verlegen und betreiben. Der Küstenstaat kann den Verlauf in Bezug auf Meeresbodenanlagen und Umweltschutz koordiniert regeln und angemessene Maßnahmen zum Schutz der Meeresumwelt und der Sicherheit ergreifen.

Militärische Aktivitäten

Militärische Durchfahrten und Übungen in der AWZ sind Gegenstand unterschiedlicher staatlicher Praxis. Weit verbreitet ist die Auffassung, dass solche Aktivitäten zulässig sind, sofern sie die Rechte des Küstenstaats achten und internationale Sicherheits- und Umweltschutzstandards berücksichtigen.

Umweltschutz in der AWZ

Präventions- und Reaktionspflichten

Der Küstenstaat hat die Aufgabe, Meeresverschmutzung zu verhüten, zu verringern und zu überwachen. Dazu gehören Regelungen für Schifffahrt, Fischerei, Offshore-Anlagen, Emissionen und Abfälle sowie Pläne zur Unfallverhütung und -bekämpfung.

Internationale Zusammenarbeit und Standards

Umweltschutz in der AWZ orientiert sich an international vereinbarten Grundsätzen und technischen Normen. Staaten arbeiten insbesondere bei überregionalen Gefahren, Wanderfischbeständen und Notfällen zusammen, um wirksame und kohärente Schutzmaßnahmen sicherzustellen.

Infrastruktur und Anlagen

Bau, Betrieb und Sicherheitszonen

Der Küstenstaat kann künstliche Inseln, Anlagen und Bauwerke genehmigen und betreiben lassen. Um diese Einrichtungen dürfen Sicherheitszonen eingerichtet werden, in denen die Navigation eingeschränkt ist. Üblich ist ein Sicherheitsradius bis zu 500 Metern, soweit es die Sicherheit erfordert.

Stilllegung und Räumung

Außer Betrieb genommene Anlagen sind so zu räumen oder zu sichern, dass Sicherheit der Schifffahrt, Umweltschutz und andere rechtmäßige Nutzungen nicht beeinträchtigt werden. Markierung und Bekanntmachung solcher Objekte sind Bestandteil der Verkehrssicherheit.

Durchsetzung und Streitbeilegung

Kontrolle, Inspektion und Sanktionierung

Der Küstenstaat kann zur Durchsetzung seiner AWZ-Regeln Schiffe anhalten, kontrollieren und bei Verstößen Maßnahmen ergreifen. Eingriffe müssen sich auf AWZ-bezogene Materien beziehen (z. B. Fischerei, Ressourcen, Umweltschutz) und verhältnismäßig sein. Flaggenstaaten behalten eigene Zuständigkeiten, insbesondere für rein schifffahrtsbezogene Angelegenheiten.

Streitbeilegung

Grenzziehungen und Kompetenzkonflikte werden vorrangig durch bilaterale oder regionale Vereinbarungen gelöst. Stehen Einigungen aus, kommen anerkannte internationale Verfahren der Streitbeilegung in Betracht, darunter Schiedsverfahren und spezialisierte internationale Institutionen.

Verhältnis zum Festlandsockel

Überschneidungen

Der Festlandsockel betrifft den Meeresboden und -untergrund bis zum natürlichen Rand der Landmasse. Er kann sich über die 200-Seemeilen-Grenze hinaus erstrecken, sofern geologische Voraussetzungen vorliegen. Die AWZ und der Festlandsockel überschneiden sich innerhalb von 200 Seemeilen teilweise inhaltlich, bleiben aber rechtlich getrennte Konzepte.

Erweiterter Festlandsockel

Bei Vorliegen entsprechender Bedingungen kann ein Staat einen erweiterten Festlandsockel beanspruchen. Dies berührt nicht die Wasser- und Luftraumrechte der AWZ, betrifft aber die Rechte an mineralischen Ressourcen des Meeresbodens jenseits von 200 Seemeilen.

Praxisbeispiele und typische Konstellationen

Fischereimanagement

Typisch sind Fangquoten, Lizenzsysteme und technische Auflagen, um Bestände zu erhalten und illegale Fischerei zu unterbinden. Internationale Abstimmung ist wichtig, wenn Bestände über Zonen hinweg wandern.

Rohstoffe und Energie

Erkundung und Förderung von Öl, Gas und anderen Ressourcen sowie der Ausbau von Offshore-Windparks sind zentrale Nutzungen. Umwelt- und Sicherheitsanforderungen prägen die Genehmigungspraxis.

Meeresforschung

Forschungsfahrten in der AWZ werden häufig nach vorheriger Anzeige oder Genehmigung durchgeführt. Die Ergebnisse können Auflagen zur Datenweitergabe oder Beteiligung nationaler Einrichtungen unterliegen.

Häufig gestellte Fragen

Was unterscheidet die Ausschließliche Wirtschaftszone vom Küstenmeer?

Das Küstenmeer ist Teil des Staatsgebiets, in dem der Küstenstaat nahezu vollständige Hoheitsgewalt ausübt. Die AWZ ist kein Staatsgebiet, sondern ein Seegebiet mit zweckgebundenen Nutzungsrechten und bestimmten Befugnissen, insbesondere zur Ressourcenbewirtschaftung und zum Umweltschutz.

Wie weit reicht die AWZ und ab wo wird sie gemessen?

Die AWZ kann bis zu 200 Seemeilen von den Ausgangslinien der Küste reichen. Ausgangspunkt sind in der Regel die Niedrigwasserlinie oder rechtmäßig festgelegte gerade Basislinien.

Welche Rechte hat der Küstenstaat in der AWZ?

Er verfügt über souveräne Rechte zur Erkundung, Nutzung, Erhaltung und Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen sowie Befugnisse zur Errichtung und Nutzung von Anlagen, zur Energieerzeugung und zum Schutz der Meeresumwelt.

Dürfen fremde Schiffe und Flugzeuge die AWZ frei nutzen?

Ja, die Freiheit der Schifffahrt und des Überflugs bleibt bestehen, vorbehaltlich der berechtigten Regelungen des Küstenstaats in Bezug auf Ressourcen, Anlagen, Sicherheit und Umweltschutz.

Wie werden Grenzen zwischen benachbarten AWZs festgelegt?

Üblicherweise durch Vereinbarung der betroffenen Staaten. Oft dient eine mittlere Linie als Ausgangspunkt, die bei besonderen Umständen angepasst werden kann.

Welche Regeln gelten für Unterseekabel und Pipelines?

Alle Staaten dürfen sie verlegen und betreiben. Der Küstenstaat kann den Verlauf koordinieren und Schutzmaßnahmen festlegen, etwa zum Umweltschutz oder zur Sicherheit bestehender Anlagen.

Ist Meeresforschung in der AWZ genehmigungspflichtig?

In der Regel ja. Der Küstenstaat kann Forschung genehmigen, regeln oder unter bestimmten Voraussetzungen untersagen, insbesondere wenn sie Ressourcen betrifft oder Sicherheits- und Umweltschutzinteressen berührt.