Begriff und Grundlagen: Ausscheiden eines Gesellschafters
Das Ausscheiden eines Gesellschafters bezeichnet in der Rechtswissenschaft und im Gesellschaftsrecht das Ende der Mitgliedschaft einer Person in einer Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft. Das Ausscheiden kann durch verschiedene gesetzlich geregelte oder vertraglich vorgesehene Gründe wie Kündigung, Tod, Ausschluss, Übertragung des Geschäftsanteils oder Insolvenz erfolgen. Die rechtlichen Folgen und Abläufe richten sich nach der jeweiligen Gesellschaftsform sowie den getroffenen Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag und den gesetzlichen Vorgaben.
Formen und Gründe des Ausscheidens
Ordentliche und außerordentliche Kündigung
Ordentliche Kündigung
Gesellschafter können entsprechend dem Gesellschaftsrecht unter Einhaltung bestimmter Fristen ordentlich kündigen. Bei Gesellschaften des bürgerlichen Rechts (GbR) regelt § 723 BGB die Kündigungsmöglichkeiten, während bei der Offenen Handelsgesellschaft (OHG) § 131 HGB maßgeblich ist. In Kommanditgesellschaften (KG) und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) finden sich entsprechende Bestimmungen im HGB und GmbHG.
Außerordentliche Kündigung (wichtiger Grund)
Ein wichtiger Grund zur sofortigen Beendigung der Gesellschafterstellung liegt vor, wenn dem kündigenden Gesellschafter die Fortsetzung der Gesellschaft bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Beispiele hierfür sind grobe Pflichtverletzungen anderer Gesellschafter, Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder tiefgreifende Zerwürfnisse.
Tod eines Gesellschafters
Das Ausscheiden durch Tod ist insbesondere bei Personengesellschaften wie GbR, OHG und KG relevant. Bei solchen Gesellschaften sieht das Gesetz grundsätzlich ein Ausscheiden des verstorbenen Gesellschafters vor. Allerdings kann im Gesellschaftsvertrag eine Fortsetzungsklausel, Eintrittsklausel oder eine Nachfolgeklausel vereinbart sein, wonach die Gesellschaft mit den Erben oder bestimmten Dritten fortgesetzt wird.
Ausschluss eines Gesellschafters
Ein Gesellschafter kann aus wichtigem Grund durch Beschluss ausgeschlossen werden. Die Voraussetzungen hierfür ergeben sich aus dem Gesetz oder dem Gesellschaftsvertrag. Typische Ausschlussgründe sind grobe Pflichtverletzungen, erheblicher Vertrauensbruch oder eine nachhaltige Beeinträchtigung der Gesellschaftszwecke. Der Ausschluss erfolgt häufig durch Mehrheitsbeschluss der übrigen Gesellschafter.
Übertragung von Geschäftsanteilen
Bei Kapitalgesellschaften, wie der GmbH oder der Aktiengesellschaft (AG), erfolgt das Ausscheiden oftmals durch Übertragung der Anteile. Die Bedingungen und Formalitäten sind im GmbHG beziehungsweise AktG geregelt. Eine Abtretung bedarf bei der GmbH nach § 15 GmbHG der notariellen Beurkundung.
Insolvenz
Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters kann bei Personengesellschaften zum Ausscheiden des betroffenen Gesellschafters führen. In Kapitalgesellschaften bleibt die Gesellschafterstellung in der Regel trotz Insolvenz bestehen, es sei denn, der Gesellschaftsvertrag sieht eine abweichende Regelung vor.
Rechtliche Folgen des Ausscheidens
Auseinandersetzungsanspruch
Mit dem Ausscheiden entsteht regelmäßig ein Anspruch auf Abfindung. Die Höhe bestimmt sich nach der im Vertrag vereinbarten oder, falls keine Regelung vorhanden, gesetzlichen Bewertungsmethode (§§ 738, 739 BGB). Die Gesellschaft muss dem ausscheidenden Gesellschafter seinen Anteil am Gesellschaftsvermögen auszahlen.
Haftung nach dem Ausscheiden
Bei Personengesellschaften besteht nach §§ 160, 161 HGB eine Nachhaftung für Verbindlichkeiten, die zum Zeitpunkt des Ausscheidens bereits begründet wurden. Die gesetzliche Nachhaftungsfrist beträgt in der Regel fünf Jahre ab Bekanntmachung des Ausscheidens im Handelsregister.
Kontinuität der Gesellschaft
Das Ausscheiden eines Gesellschafters kann entweder zur Auflösung der Gesellschaft führen oder – falls vertraglich vorgesehen – zu ihrer Fortsetzung mit den verbleibenden Gesellschaftern („Fortsetzungsklausel“). Die genauen Regelungen bestimmen sich nach Gesellschaftsrecht und Gesellschaftsvertrag.
Besonderheiten nach Gesellschaftsform
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
In der GbR führt das Ausscheiden eines Gesellschafters nach § 727 BGB grundsätzlich zur Liquidation der Gesellschaft, sofern keine Fortsetzungsklausel vereinbart ist. Eine Abfindung steht dem ausscheidenden Gesellschafter nach § 738 BGB zu.
Offene Handelsgesellschaft (OHG) und Kommanditgesellschaft (KG)
Bei der OHG und KG bewirken die §§ 131 ff. HGB ein Ausscheiden, können aber im Gesellschaftsvertrag durch Fortsetzungs- und Einziehungsklauseln modifiziert werden. Die Nachhaftung ergibt sich aus §§ 160, 161 HGB.
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
Das Ausscheiden bei der GmbH vollzieht sich regelmäßig durch Übertragung des Geschäftsanteils oder Kaduzierung (Zwangsausschluss). Abweichende Regelungen, beispielsweise zu Einziehung oder zwangsweiser Abtretung, können gesellschaftsvertraglich vereinbart sein.
Aktiengesellschaft (AG)
Das Ausscheiden eines Aktionärs als Gesellschafter erfolgt ausschließlich durch Veräußerung der Aktien. Ein Ausschluss des Aktionärs ist allenfalls im Rahmen aktienrechtlicher Strukturmaßnahmen (Squeeze-out; §§ 327a ff. AktG) möglich.
Abwicklung und Gestaltungshinweise
Abfindungsregelungen
Da das Gesetz zur Höhe der Abfindung nur Rahmenvorgaben macht, ist eine präzise Regelung im Gesellschaftsvertrag ratsam. Dies beugt späteren Auseinandersetzungen und aufwendigen Bewertungsdiskussionen vor.
Gestaltung von Fortsetzungsklauseln
Fortsetzungsklauseln verhindern die Auflösung der Personengesellschaft beim Ausscheiden eines Gesellschafters. Dabei bieten Eintritts-, Nachfolgeklauseln oder einfache Fortsetzungsklauseln unterschiedliche rechtliche Möglichkeiten, die individuell auf die jeweilige Gesellschaft abgestimmt werden sollten.
Veröffentlichungspflichten und Handelsregisteranmeldungen
Bei Handelsgesellschaften ist das Ausscheiden eines Gesellschafters zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden (§ 143 HGB für OHG und KG, § 40 GmbHG für die GmbH). Die fristgerechte Anmeldung dient auch dazu, die Nachhaftung einzuschränken und Gläubigerschutzinteressen zu berücksichtigen.
Fazit
Das Ausscheiden eines Gesellschafters ist ein vielschichtiger Vorgang im Gesellschaftsrecht, dessen rechtliche Folgen maßgeblich von Gesellschaftsform, gesellschaftsvertraglichen Regelungen und den Umständen des Ausscheidens abhängen. Sorgfältig gestaltete Gesellschaftsverträge und die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben sind entscheidend für eine reibungslose Abwicklung und zur Vermeidung von Streitigkeiten. Der Eintrag im Handelsregister, die Gestaltung von Abfindungs- sowie Fortsetzungsklauseln und die Beachtung von Nachhaftungsregelungen sind zentrale Elemente, um die Interessen aller Beteiligten angemessen zu berücksichtigen.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Schritte sind beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Gesellschaft zu beachten?
Beim Ausscheiden eines Gesellschafters sind diverse rechtliche Schritte zu beachten, die sowohl im Gesellschaftsvertrag als auch im Gesetz, insbesondere im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und Handelsgesetzbuch (HGB), geregelt sein können. Zunächst ist die schriftliche Mitteilung des Ausscheidens an die Gesellschaft und die übrigen Gesellschafter erforderlich, sofern der Gesellschaftsvertrag nicht eine besondere Form vorsieht. Im Anschluss müssen die Bedingungen des Ausscheidens geklärt werden, wie etwa etwaige Abfindungsansprüche, die Berechnung des Abfindungsguthabens und der Stichtag des Ausscheidens. Darüber hinaus ist zu beachten, dass das Ausscheiden häufig zum Wegfall der Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnisse führt. Gegebenenfalls sind Änderungen im Handelsregister anzumelden, falls es sich um eine eingetragene Gesellschaft handelt (z.B. GmbH, OHG). Zudem müssen etwaige Zustimmungserfordernisse beachtet werden, so dass unter Umständen sämtliche Gesellschafter oder eine qualifizierte Mehrheit dem Ausscheiden zustimmen müssen. Darüber hinaus können vertragliche Wettbewerbsverbote nachwirken, deren Einhaltung rechtlich zu prüfen ist. Schließlich ist die Gesellschaft verpflichtet, gegenüber Dritten, etwa Geschäftspartnern und Banken, über das Ausscheiden des Gesellschafters zu informieren, um Rechtsnachteile zu vermeiden.
Was geschieht mit den Geschäftsanteilen des ausscheidenden Gesellschafters?
Die Behandlung der Geschäftsanteile hängt maßgeblich von der Rechtsform der Gesellschaft und den Regelungen im Gesellschaftsvertrag ab. In einer GmbH werden die Anteile in der Regel entweder von der Gesellschaft selbst eingezogen (sogenannte Einziehung), von den verbleibenden Gesellschaftern übernommen oder an Dritte verkauft, soweit dies der Gesellschaftsvertrag gestattet. Häufig ist zur Übertragung der Geschäftsanteile die Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich. In einer Personengesellschaft (z.B. GbR oder OHG) wächst der Anteil des ausscheidenden Gesellschafters grundsätzlich den übrigen Gesellschaftern zu, sofern nichts anderes vereinbart wurde. Der ausscheidende Gesellschafter verliert damit sämtliche Rechte und Pflichten aus der Gesellschaft. Die Übertragung der Anteile muss je nach Gesellschaftsform unter Umständen notariell beurkundet und im Handelsregister eingetragen werden. Zudem sind etwaige gesetzliche Vorkaufsrechte der verbleibenden Gesellschafter zu berücksichtigen.
Wie wird die Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters rechtlich berechnet?
Die Höhe und Berechnung der Abfindung richten sich in erster Linie nach den gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen. Fehlen solche Regelungen, gelten die gesetzlichen Vorschriften. Üblicherweise ist als Berechnungsgrundlage der Verkehrswert des Gesellschaftsanteils maßgeblich, der unter Berücksichtigung von Aktiva und Passiva der Gesellschaft sowie stiller Reserven ermittelt wird. Bei der GmbH ist häufig ein sogenannter „modifizierter Ertragswert“ oder eine Bewertung nach dem IDW S1 Standard üblich. Bei Personengesellschaften wird das Gesellschaftsvermögen zum Zeitpunkt des Ausscheidens festgestellt und der Anteil des jeweiligen Gesellschafters berechnet. Darüber hinaus können im Gesellschaftsvertrag Abschläge oder Zuschläge vereinbart sein, etwa für das Vorliegen einer außerordentlichen Kündigung oder bestimmte steuerliche Sachverhalte. Strittig ist mitunter, ob auch Goodwill oder immaterielle Werte in die Abfindungsberechnung einfließen. In Zweifelsfällen empfiehlt sich die Einbindung eines unabhängigen Sachverständigen zur Bewertung.
Welche gesetzlichen Kündigungsfristen gelten beim Ausscheiden aus einer Gesellschaft?
Die gesetzlichen Kündigungsfristen variieren je nach Gesellschaftsform. Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) kann jeder Gesellschafter die Gesellschaft grundsätzlich mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Geschäftsjahres kündigen, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt (§ 723 BGB). Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ist jederzeit möglich und bedarf keiner Frist. Für eine Offene Handelsgesellschaft (OHG) gelten ähnliche Regelungen gemäß §§ 131 ff. HGB, wobei auch hier der Gesellschaftsvertrag abweichende Fristen vorsehen kann. Bei der GmbH & Co. KG oder GmbH ist das Ausscheiden regelmäßig nur im Rahmen einer Anteilsübertragung, Einziehung oder im Falle des Todes/Auflösung möglich; es bestehen keine gesetzlichen Kündigungsrechte, es sei denn, mit einem wichtigen Grund. Die Details hierzu sind im Gesellschaftsvertrag zu regeln, da andernfalls strenge Außenhaftungsregeln greifen können.
Welche Haftungsregelungen gelten nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters?
Nach dem Ausscheiden haftet der Gesellschafter in der Regel für die bis zum Zeitpunkt seines Ausscheidens begründeten Verpflichtungen der Gesellschaft fort. Bei einer GbR oder OHG bleibt der ausgeschiedene Gesellschafter gemäß § 160 HGB für alle während seiner Zugehörigkeit zur Gesellschaft begründeten Verbindlichkeiten noch fünf Jahre nach seinem Ausscheiden subsidiär haftbar. Eine entsprechende Regelung besteht auch für die Kommanditgesellschaft (KG). Bei der GmbH besteht grds. keine Nachhaftung, sofern die Geschäftsanteile ordnungsgemäß übertragen wurden. Sofern der ausscheidende Gesellschafter jedoch zuvor noch Geschäftsführungsvollmacht hatte oder Garantien übernommen hat, sind vertragliche Haftungsübernahmen möglich. Es empfiehlt sich daher, sämtliche eventuell offenen Verpflichtungen im Rahmen des Ausscheidens vertraglich zu regeln und die Haftung – soweit rechtlich zulässig – zu beschränken.
Welche Mitteilungspflichten bestehen gegenüber Behörden und Dritten beim Ausscheiden eines Gesellschafters?
Das Ausscheiden eines Gesellschafters ist bei bestimmten Gesellschaftsformen, insbesondere bei GmbH, OHG und KG, dem Handelsregister unverzüglich mitzuteilen – meist durch die Geschäftsführer bzw. geschäftsführende Gesellschafter. Bei der GbR besteht keine Registerpflicht, doch kann eine Eintragung im Gesellschaftsregister freiwillig erfolgen. Darüber hinaus sind finanzielle Außenstellen wie Banken, Geschäftspartner, Steuerberater und im Fall von Berufsgenossenschaften oder Kammern die entsprechenden Institutionen zu informieren, um eine Aktualisierung der Verfügungs- und Vertretungsberechtigungen zu veranlassen. Je nach Bereich (z.B. öffentliche Aufträge, Subventionen) können zusätzliche Melde- und Nachweispflichten bestehen. Dies ist vor allem zum Schutz des ausscheidenden Gesellschafters und zur Wahrung der Interessen der Gesellschaft von Bedeutung.
Welche Besonderheiten gelten bei Tod eines Gesellschafters?
Im Todesfall eines Gesellschafters gelten die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags, die häufig eine Fortführungsklausel, Nachfolgeklausel oder eine Abfindungsregel für Erben enthalten. In Personengesellschaften kann der Gesellschaftsvertrag vorsehen, dass die Gesellschaft mit den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt wird (sog. Fortsetzungsklausel) oder dass die Erben in die Gesellschaft eintreten können. Ist nichts geregelt, wird die Gesellschaft aufgelöst, es sei denn, es besteht mindestens ein weiterer Gesellschafter (§ 727 BGB, § 131 HGB). Bei der GmbH gehen die Gesellschaftsanteile per Erbgang auf die Erben über, es sei denn, der Gesellschaftsvertrag sieht Abtretungs- oder Einziehungsklauseln vor. Die Erben müssen sich häufig einer Gesellschafterversammlung stellen, in der über ihre Aufnahme entschieden wird. Zudem sind steuerliche und erbrechtliche Besonderheiten zu beachten, insbesondere im Hinblick auf die Bewertung des Anteils und die Erbschaftssteuer.