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Aussage, falsche


Begriff und rechtliche Einordnung der „falschen Aussage“

Die falsche Aussage stellt einen zentralen Begriff des deutschen Straf- und Prozessrechts dar. Sie bezeichnet die objektiv unrichtige oder wahrheitswidrige Behauptung von Tatsachen, die vor einer zur Wahrheit verpflichtenden Stelle – typischerweise einem Gericht oder einer anderen zur Abnahme von Eiden bestellten staatlichen Stelle – im Rahmen einer Zeugen- oder Sachverständigenaussage erfolgt. Die Lehre unterscheidet verschiedene Tatbestandsvarianten, abhängig davon, ob es sich um Aussagen vor Gericht, unter Eid oder im Ermittlungsverfahren handelt.


Gesetzliche Grundlagen der falschen Aussage

Strafbarkeit nach dem Strafgesetzbuch

Im Strafgesetzbuch (StGB) ist die falsche Aussage insbesondere in den §§ 153 ff. StGB geregelt. Die wichtigsten Tatbestände lauten:

  • § 153 StGB – Falsche uneidliche Aussage: Erfasst wissentliche unwahre Aussagen von Zeugen oder Sachverständigen vor Gericht.
  • § 154 StGB – Meineid: Betrifft die vorsätzliche falsche Aussage unter Eid.
  • § 160 StGB – Falsche Verdächtigung
  • § 161 StGB – Fahrlässiger Falscheid; fahrlässige falsche uneidliche Aussage

Weitere relevante Normen sind beispielsweise im Strafprozessrecht (StPO) zu finden.

Betroffene Personenkreise

Strafbar machen sich nur solche Personen, die zur Wahrheit verpflichtet sind, insbesondere:

  • Zeugen
  • Sachverständige
  • Parteien in bestimmten Verfahren (z. B. im Familienrecht)

Nicht strafbar ist nach ständiger Rechtsprechung dagegen die bewusst falsche Aussage des Beschuldigten im eigenen Strafprozess. Hier gilt die „Selbstbelastungsfreiheit“, die es Angeklagten erlaubt, auch die Unwahrheit zu sagen, ohne sich dadurch strafbar zu machen.


Tatbestand und Abgrenzungen

Merkmale einer falschen Aussage

Wesentliche Merkmale sind:

  1. Objektive Unrichtigkeit: Die getätigte Aussage muss inhaltlich mit dem tatsächlichen Geschehen nicht übereinstimmen.
  2. Wissen und Wollen (Vorsatz): Die falsche Angabe muss wissentlich (bei § 153 StGB) erfolgen. Grobe Fahrlässigkeit genügt in Ausnahmefällen, beispielsweise bei § 161 StGB.
  3. Zur Wahrheit verpflichtete Situation: Die Aussage muss im Rahmen einer Vernehmung vor einem zuständigen Gericht oder Magistrat erfolgen.

Abgrenzung zu anderen Straftatbeständen

Abzugrenzen ist die falsche Aussage etwa von:

  • Falscher Versicherung an Eides statt (§ 156 StGB): Betrifft außerhalb von Gerichten abgegebene unwahre Erklärungen.
  • Falsche Verdächtigung (§ 164 StGB): Wenn jemand wissentlich eine andere Person rechtswidrig wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verdächtigt.

Verfahrensrechtliche Besonderheiten

Aussagepflicht und Zeugnisverweigerungsrechte

Wer als Zeuge geladen wird, ist grundsätzlich zur Aussage verpflichtet (§ 48 StPO). Es gibt jedoch Ausnahmen:

  • Zeugnisverweigerungsrecht (§§ 52 ff. StPO): Bestimmte Angehörige des Beschuldigten dürfen die Aussage verweigern.
  • Auskunftsverweigerungsrecht (§ 55 StPO): Niemand muss sich selbst belasten.

Wer trotz Aussagepflicht eine falsche Aussage tätigt, erfüllt in der Regel den Tatbestand des § 153 StGB.

Belehrungspflicht

Damit eine Aussage strafrechtlich relevant ist, muss die zur Abnahme berechtigte Stelle vor der Vernehmung in aller Regel über die Wahrheitspflicht belehren. Eine unterlassene Belehrung kann die Verwertbarkeit der Aussage und somit die Strafbarkeit beeinflussen.


Strafmaß und Rechtsfolgen

Für die falsche uneidliche Aussage gemäß § 153 StGB sieht das Gesetz Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor. Beim Meineid (§ 154 StGB) reicht das Strafmaß von mindestens einem Jahr bis zu 15 Jahren. Milderungsgründe wie Geständnis, Reue oder besondere Umstände im Einzelfall können sich auf die Strafe reduzieren.

Zudem ist im Zusammenhang mit einer erfolgten strafrechtlichen Verurteilung eine Eintragung ins Führungszeugnis sowie ggf. berufsrechtliche Konsequenzen möglich.


Auswirkungen der falschen Aussage im Zivil- und Strafverfahren

Zivilverfahren

Eine vorsätzlich falsche Aussage im Zivilprozess kann nicht nur eine strafrechtliche Ahndung nach sich ziehen, sondern auch zur Nichtigkeit von Urteilen führen, sofern diese Aussage prozessentscheidend war.

Strafverfahren

Im Strafverfahren kann eine falsche Zeugenaussage zur Verurteilung Unschuldiger führen. In solchen Fällen sind Revisions- und Wiederaufnahmemöglichkeiten zu prüfen. Werden falsche Aussagen nachträglich aufgeklärt, drohen neben strafrechtlichen Folgen auch Schadensersatzansprüche.


Verfolgbarkeit und Verjährung

Falsche Aussagen – gleich ob eine uneidliche oder eidliche Aussage – unterliegen der Strafverfolgung durch die Staatsanwaltschaft. Die Verfolgungsverjährung hängt vom jeweiligen Strafmaß ab, beträgt aber regelmäßig mindestens fünf Jahre. Die Verjährung beginnt mit dem Tag der Falschaussage.


Präventive Maßnahmen und Korrekturmöglichkeiten

Berichtigung einer falschen Aussage

Wer bei einer gerichtlichen Vernehmung zunächst falsch ausgesagt hat, kann seine Aussage vor Abschluss der Vernehmung oder spätestens vor Schluss der Hauptverhandlung berichtigen (§ 158 StGB) und strafmindernde Konsequenzen erreichen. Die rechtzeitige Richtigstellung kann zur Straflosigkeit führen, wenn die Unwahrheit freiwillig eingeräumt wird.

Belehrung und Aufklärung

Gerichte und Behörden sind verpflichtet, Zeugen und Sachverständige eindringlich über ihre Wahrheitspflicht aufzuklären und auf die strafrechtlichen Folgen einer falschen Aussage hinzuweisen. Diese Belehrung dient der Prävention von falschen Aussagen und der Sicherung des Strafverfahrens.


Internationale Vergleiche und Bedeutung der falschen Aussage

In vielen Rechtsordnungen weltweit ist die strafbare falsche Aussage ein zentraler Pfeiler der Justiz, da sie das Fundament der Wahrheitsfindung im Prozess betrifft. Sanktionen variieren, die Grundstruktur ähnelt jedoch dem deutschen Recht: Die falsche Aussage im gerichtlichen Verfahren stellt eine erhebliche Straftat dar, deren Ahndung dem Schutz des Rechtsstaats und der Justiz dient.


Fazit

Die falsche Aussage ist ein besonders geschütztes Rechtsgut, dessen Verletzung erhebliche strafrechtliche, zivilrechtliche und verfahrensrechtliche Konsequenzen hat. Durch klare gesetzliche Vorgaben, umfangreiche Belehrungspflichten und differenzierte Tatbestände wird sowohl dem fairen Prozess als auch der individuellen Verantwortung der Aussagepflichtigen Rechnung getragen. Die rechtzeitige Richtigstellung einer Falschaussage sowie die Inanspruchnahme bestehender Aussageverweigerungsrechte sind zentrale Präventionsmechanismen, die dem Schutz der Beteiligten wie dem Rechtsfrieden im Verfahren dienen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei einer falschen Aussage vor Gericht?

Eine falsche Aussage vor Gericht stellt grundsätzlich eine strafbare Handlung dar, die je nach nationalem Rechtssystem unterschiedlich streng geahndet wird. Im deutschen Strafrecht ist insbesondere zwischen Falschaussage (§ 153 StGB) und Meineid (§ 154 StGB) zu unterscheiden. Eine Falschaussage begeht, wer als Zeuge oder Sachverständiger vor Gericht oder einer anderen zur eidlichen Vernehmung zuständigen Stelle bewusst falsch aussagt, auch wenn kein Eid geleistet wurde. Die Strafe hierfür kann von Geldstrafe bis zu mehrjährigen Freiheitsstrafen reichen. Tritt die Falschaussage im Rahmen eines Eides auf (also „Meineid“), drohen sogar noch deutlich höhere Strafen: Bis zu fünfzehn Jahre Freiheitsstrafe sind möglich. Zudem kann das Gericht weitere Maßnahmen verhängen, zum Beispiel die Aberkennung von Rechten oder die Androhung berufsrechtlicher Konsequenzen. Es müssen stets Vorsatz und Bewusstsein über die Unrichtigkeit der Aussage festgestellt werden; eine bloße Irrtumsäußerung ist nicht strafbar. Die Folgen einer falschen Aussage können auch zivilrechtliche Schadensersatzansprüche oder den Verlust des Zeugenstatus umfassen.

Wann ist eine Aussage rechtlich als „falsch“ anzusehen?

Rechtlich betrachtet gilt eine Aussage als „falsch“, wenn sie objektiv nicht der Wahrheit entspricht und der Aussagende sich der Unwahrheit bewusst ist. Maßgeblich ist, dass die Unrichtigkeit sich auf den Gegenstand der Vernehmung bezieht und für das Verfahren erheblich ist. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Aussage mündlich oder schriftlich abgegeben wird. Entscheidend ist zudem der subjektive Tatbestand: Die Falschaussage muss vorsätzlich, also mit Wissen und Wollen, erfolgen. Fahrlässige oder versehentliche Falschaussagen werden in der Regel nicht strafrechtlich verfolgt. Im Zweifelsfall muss das Gericht die Falschheit und die Kenntnis des Aussagenden umfassend prüfen; unterschiedliche Erinnerungen oder fehlerhafte Wahrnehmungen allein genügen für eine Strafbarkeit nicht.

Welche Verpflichtungen bestehen für Zeugen hinsichtlich der Wahrheitspflicht?

Zeugen sind von Gesetzes wegen verpflichtet, in Gerichtsverfahren die Wahrheit zu sagen. Im deutschen Recht ist diese Pflicht in § 153 StPO (Strafprozessordnung) sowie in entsprechenden Vorschriften anderer Prozessordnungen geregelt. Die Wahrheitspflicht gilt sowohl für die gerichtliche als auch für die staatsanwaltschaftliche Vernehmung. Zeugen werden vor ihrer Aussage in der Regel ausdrücklich auf die Wahrheitspflicht und die möglichen strafrechtlichen Folgen einer Falschaussage hingewiesen. Verstöße gegen diese Pflicht ziehen unmittelbare Konsequenzen nach sich, beginnend bei der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens bis hin zur Verurteilung zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe. Es bestehen jedoch auch Ausnahmen, beispielsweise das Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen (z. B. Verwandtschaftsverhältnis zum Angeklagten) oder das Auskunftsverweigerungsrecht, wenn man sich selbst belasten könnte.

Wer prüft und entscheidet, ob eine Aussage tatsächlich falsch ist?

Die Prüfung, ob eine Aussage rechtlich als falsch einzustufen ist, obliegt alleine dem zuständigen Gericht. Im Strafverfahren ermittelt die Staatsanwaltschaft zunächst bei Verdacht auf eine Falschaussage und wertet die Beweise aus. Anschließend prüft das Gericht im Hauptverfahren, ob die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt und die Behauptungen widerlegt sind. Dabei werden Zeugen, Urkunden sowie weitere Beweismittel herangezogen, um die objektive Unrichtigkeit und die subjektive Täuschungsabsicht festzustellen. Die Feststellung erfolgt nach den Regeln der freien Beweiswürdigung (§ 261 StPO), wobei keine formalen Beweisregeln existieren. Es kann vorkommen, dass die Beurteilung schwierig ist, insbesondere, weil es sich häufig um Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen handelt. Im Zweifelsfall gilt der Grundsatz „in dubio pro reo“, also im Zweifel für den Angeklagten.

Gibt es Ausnahmen von der Strafbarkeit der falschen Aussage?

Ja, das Gesetz kennt bestimmte Ausnahmefälle, in denen eine Falschaussage nicht strafbar ist. Dazu gehören insbesondere Aussagen in Verfahren, bei denen der Zeuge ein umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht hat (z. B. enge Familienangehörige des Angeklagten). Auch kann sich ein Zeuge auf das Recht der Selbstbelastungsfreiheit berufen; macht er in diesem Rahmen falsche Angaben zur eigenen Entlastung, so wird dies unter bestimmten Voraussetzungen nicht verfolgt. Weiterhin gibt es nachträgliche Straffreiheit unter bestimmten Bedingungen: Wenn der Täter freiwillig und rechtzeitig vor Abschluss des Gerichtsverfahrens die Unwahrheit seiner Aussage offenbart, kann unter Umständen auf eine Strafe verzichtet werden (§ 158 StGB). Schließlich erstreckt sich die Strafbarkeit nicht auf bloße Erinnerungslücken oder missverständliche Aussagen ohne Täuschungsvorsatz.

Welche Rolle spielt der Vorsatz bei der Strafbarkeit einer falschen Aussage?

Der Vorsatz ist ein zentrales Element der Strafbarkeit einer falschen Aussage. Strafrechtlich relevant ist nur die vorsätzliche Falschaussage, das heißt, der Aussagende muss sich der Unwahrheit seiner Aussage bewusst sein und das Ziel verfolgen, die Strafverfolgungsbehörden oder das Gericht in die Irre zu führen. Ein fahrlässiges Handeln, also eine unbeabsichtigte Unwahrheit, ist in den meisten Rechtsordnungen (so auch in Deutschland) nicht strafbar. Der Vorsatz muss vom Gericht zweifelsfrei festgestellt werden, was oftmals problematisch ist, da die innere Einstellung des Tatsubjekts schwer nachzuweisen ist. Häufig erfolgt dieser Nachweis indirekt durch Widersprüche, frühere Aussagen, Zeugenaussagen und Indizienbeweise. Liegt kein Vorsatz – sondern beispielsweise eine Verwechslung, ein Erinnerungsfehler oder Missverständnis vor – entfällt die Strafbarkeit wegen falscher Aussage.

Wie kann man sich gegen den Vorwurf der falschen Aussage verteidigen?

Der Vorwurf der falschen Aussage kann erhebliche strafrechtliche und berufliche Konsequenzen nach sich ziehen, weshalb eine effektive Verteidigung unerlässlich ist. Zunächst empfiehlt sich die umgehende Konsultation eines im Strafrecht erfahrenen Rechtsanwalts. In der Verteidigung wird geprüft, ob wirklich eine objektiv falsche Aussage vorliegt und ob der notwendige Vorsatz nachgewiesen werden kann. Es wird häufig auch argumentiert, dass eine Aussage aufgrund eines Irrtums, fehlerhafter Erinnerung oder mangelnder Verständlichkeit nicht vorsätzlich falsch getätigt wurde. Hierbei spielen entlastende Umstände wie Stress, außergewöhnliche emotionale Situationen oder Verständnisprobleme eine wesentliche Rolle. Weiterhin kann die Frage relevant sein, ob ein Zeugnisverweigerungsrecht bestand oder die Aussage unter verbotenem Druck erfolgt ist. In einigen Fällen kann auch eine nachträgliche Berichtigung zur Straffreiheit führen. Die Beweislast liegt grundsätzlich bei der Staatsanwaltschaft, sodass immer der Grundsatz der Unschuldsvermutung beachtet wird.