Legal Wiki

Wiki»Legal Lexikon»Strafrecht»Aussage, falsche

Aussage, falsche

Begriff und Einordnung: Aussage, falsche

Der Begriff „Aussage, falsche“ bezeichnet das bewusste und willentliche Mitteilen unwahrer Tatsachen in einem förmlichen Verfahren, in dem eine Pflicht zur wahrheitsgemäßen Aussage besteht. Typisch ist die Situation einer Vernehmung vor Gericht oder vor einem staatlichen Untersuchungsgremium. Ziel der Strafbarkeit ist der Schutz der Wahrheitsfindung und damit der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege. Nicht jede Unrichtigkeit erfüllt diesen Begriff: Erfasst wird nur das vorsätzliche Abweichen von der Wahrheit in einem Kontext, in dem die Wahrheitspflicht rechtlich verankert ist.

Voraussetzungen der Strafbarkeit

Kontext einer Aussage

Eine falsche Aussage im strafrechtlichen Sinn setzt einen institutionell geregelten Rahmen voraus, in dem Zeugen, Sachverständige oder Dolmetscher verbindlich vernommen werden. Dazu zählen insbesondere gerichtliche Verfahren sowie förmliche Vernehmungen vor staatlichen Stellen mit Aussage- und Wahrheitspflicht. Außerhalb solcher Verfahren bleibt eine Unwahrheit rechtlich regelmäßig ohne die hier behandelten speziellen Folgen.

Personenkreis

Täter einer falschen Aussage können Personen sein, die zur wahrheitsgemäßen Aussage berufen sind, insbesondere Zeugen, Sachverständige und Dolmetscher. Die als Beschuldigte oder Angeklagte vernommene Person ist nicht zur Wahrheit verpflichtet und macht sich durch Unwahrheiten in eigener Sache wegen falscher Aussage grundsätzlich nicht strafbar; andere Delikte können gleichwohl einschlägig sein, etwa wenn dadurch Dritte zu Unrecht belastet werden.

Tathandlung und Falschheit

Erforderlich ist eine inhaltlich falsche Tatsachenbekundung. Falsch ist eine Aussage, wenn sie mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt. Die Falschheit kann auch durch bewusste Auslassungen entstehen, wenn dadurch ein insgesamt unzutreffendes Bild erzeugt wird. Werturteile sind regelmäßig nicht erfasst, soweit sie nicht Tatsachen behaupten oder voraussetzen.

Subjektive Seite

Vorausgesetzt ist Vorsatz, also das Wissen um die Unrichtigkeit und der Wille, gleichwohl so auszusagen. Ein bloßer Erinnerungsfehler, ein Irrtum oder Unsicherheit ohne Billigung der Unwahrheit genügt nicht. Zweifel an der Richtigkeit müssen offengelegt werden; wer dies erkennt, aber dennoch als sicher darstellt, handelt vorsätzlich.

Formen der falschen Aussage

Uneidliche falsche Aussage

Die uneidliche falsche Aussage liegt vor, wenn in einem förmlichen Verfahren ohne Eidesleistung bewusst falsch ausgesagt wird. Sie betrifft typischerweise Zeugen, Sachverständige oder Dolmetscher vor Gericht, die zur Wahrheit verpflichtet sind, auch wenn kein Eid abgenommen wurde.

Meineid (eidliche falsche Aussage)

Beim Meineid wird eine Aussage unter Eid bewusst falsch abgegeben. Durch die feierliche Bekräftigung unter Eid wird das Unrecht als besonders schwer gewertet. Entsprechend sind die rechtlichen Folgen regelmäßig gravierender als bei der uneidlichen Falschaussage.

Falsche Versicherung an Eides statt

Außerhalb der förmlichen Vernehmung kann die Abgabe einer unwahren „Versicherung an Eides statt“ strafbar sein. Diese Form betrifft typischerweise schriftliche Erklärungen gegenüber einer Behörde oder einem Gericht, die an die Stelle eines Eides treten.

Verwandte Konstellationen: Falsche Verdächtigung und Vortäuschung

Wer eine andere Person wider besseres Wissen einer Straftat bezichtigt oder eine Straftat vortäuscht, erfüllt einen anderen, eigenständigen Straftatbestand. Diese Delikte schützen vor allem die Unversehrtheit von Personen vor ungerechtfertigter Strafverfolgung und die Ressourcen der Strafverfolgungsorgane.

Abgrenzungen

Unwahrheit außerhalb förmlicher Verfahren

Unrichtige Angaben im Alltag oder in zivilen Auseinandersetzungen ohne Aussagepflicht begründen keine falsche Aussage im hier behandelten Sinn. Sie können jedoch andere Konsequenzen haben, etwa vertragliche, deliktsrechtliche oder persönlichkeitsrechtliche.

Erinnerungsfehler und Unsicherheiten

Wer sich irrt oder unsicher ist und dies zu erkennen gibt, handelt nicht vorsätzlich. Der Unterschied zur falschen Aussage liegt im inneren Willen: Vorsätzlich handelt, wer die Unwahrheit kennt oder sie zumindest billigend in Kauf nimmt und dennoch als wahr darstellt.

Aussageverweigerungsrechte

Die Rechtsordnung kennt Konstellationen, in denen die Aussage verweigert werden darf, etwa bei drohender Selbstbelastung oder bei bestimmten Näheverhältnissen. Wo eine wirksame Befreiung von der Aussage- oder Wahrheitspflicht besteht, entfällt die Grundlage für die Strafbarkeit wegen falscher Aussage; unrichtige Bekundungen bleiben gleichwohl rechtlich problematisch, wenn sie andere Delikte berühren.

Rechtsgüter und Zweck der Strafbarkeit

Durch die falsche Aussage wird die Wahrheitsermittlung gefährdet. Geschützt wird das Vertrauen in die Integrität staatlicher Verfahren, die auf verlässliche Tatsachen angewiesen sind. Der erhöhte Unrechtsgehalt bei Eidesleistungen ergibt sich aus der beabsichtigten besonderen Verbindlichkeit gegenüber Gericht und Öffentlichkeit.

Rechtsfolgen

Strafen und Nebenfolgen

Die falsche Aussage wird mit empfindlichen Sanktionen belegt. Der gesetzliche Strafrahmen variiert je nach Form: Beim Meineid ist er regelmäßig deutlich höher als bei der uneidlichen Falschaussage. Neben Freiheitsstrafen kommen prozessuale Folgewirkungen und berufsrechtliche Konsequenzen in Betracht, insbesondere für Sachverständige und Dolmetscher.

Strafzumessungskriterien

Für die Höhe der Strafe sind unter anderem Bedeutung des Verfahrens, Tragweite der Unwahrheit, Dauer und Intensität der Falschaussage, Beweggründe, der Grad des Vorsatzes sowie etwaige Korrekturen von Aussagen maßgeblich. Eine freiwillige und rechtzeitige Richtigstellung kann in der Strafzumessung berücksichtigt werden.

Verjährung

Die Verfolgung falscher Aussagen unterliegt der Verjährung. Deren Dauer richtet sich nach der Schwere der Tatvariante; bei eidlichen Falschaussagen ist sie grundsätzlich länger als bei uneidlichen. Beginn und Ruhen der Fristen richten sich nach allgemeinen Grundsätzen.

Verfahrensrechtliche Aspekte

Belehrungen und Vereidigung

Vor der Vernehmung erfolgt üblicherweise eine Belehrung über die Rechte und Pflichten, einschließlich der Wahrheitspflicht und der Folgen von Falschaussagen. Eine Vereidigung ist nicht in jedem Verfahren vorgesehen. Ob eine Belehrung ordnungsgemäß war, kann für die Beurteilung des Verschuldens bedeutsam sein.

Beweis der Falschheit

Ob eine Aussage falsch war, wird im jeweiligen Verfahren mit den dort vorgesehenen Beweismitteln festgestellt. Häufig geht es um die Rekonstruktion von Abläufen, Plausibilitätsprüfungen, Abgleich mit objektiven Spuren und Aussagen anderer Personen. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Aussage und das damalige Wissen des Aussagenden.

Beteiligung Dritter

Auch die Verleitung oder Unterstützung zu einer falschen Aussage kann rechtlich erfasst sein. Die Verantwortung kann sich daher nicht nur für die aussagende Person, sondern unter Umständen auch für Initiatoren, Anstifter oder Helfer ergeben.

Internationale und historische Aspekte

In vielen Rechtsordnungen gilt die bewusste Unwahrheit in förmlichen Verfahren als schwerwiegendes Unrecht. Historisch entwickelte sich eine abgestufte Reaktion: Je stärker die Verbindlichkeit einer Aussage symbolisch und normativ verdichtet ist (etwa unter Eid), desto strenger sind üblicherweise die Konsequenzen.

Häufig gestellte Fragen zum Thema Aussage, falsche

Wer kann Täter einer falschen Aussage sein?

Erfasst sind Personen, die in einem förmlichen Verfahren zur wahrheitsgemäßen Aussage berufen sind, vor allem Zeugen, Sachverständige und Dolmetscher. Beschuldigte oder Angeklagte sind in eigener Sache nicht zur Wahrheit verpflichtet und fallen regelmäßig nicht unter diesen Tatbestand.

Ist das Lügen vor Gericht immer strafbar?

Nein. Strafbar ist die bewusste Unwahrheit durch Personen mit Wahrheitspflicht. Die in eigener Sache vernommene Person ist davon ausgenommen. Unwahrheiten können jedoch andere Delikte berühren, insbesondere wenn Dritte zu Unrecht belastet oder Verfahren behindert werden.

Worin liegt der Unterschied zwischen uneidlicher falscher Aussage und Meineid?

Bei der uneidlichen falschen Aussage wird ohne Eid bewusst falsch ausgesagt. Beim Meineid erfolgt die Falschaussage unter Eid. Der Unrechtsgehalt und die rechtlichen Folgen sind beim Meineid deutlich höher, da der Eid die besondere Verbindlichkeit der Aussage unterstreicht.

Welche Bedeutung hat die Belehrung über Rechte und Pflichten vor der Aussage?

Die Belehrung dient der Klarstellung der Wahrheitspflicht und der möglichen Konsequenzen. Ob und in welchem Umfang belehrt wurde, kann für die Bewertung des Vorsatzes und der Schuld von Bedeutung sein. Eine fehlende oder unzureichende Belehrung kann Auswirkungen auf die rechtliche Einordnung haben.

Reicht eine teilweise oder auslassende Darstellung für eine falsche Aussage aus?

Ja, wenn durch bewusstes Weglassen wesentlicher Umstände ein insgesamt unzutreffendes Bild entsteht. Entscheidend ist, ob die Darstellung den Gesamteindruck der Wahrheit verfälscht und dies erkannt sowie in Kauf genommen wurde.

Welche Folgen hat eine nachträgliche Berichtigung oder Richtigstellung?

Eine freiwillige und rechtzeitige Korrektur kann strafmildernd berücksichtigt werden. Maßgeblich ist, ob die Richtigstellung geeignet ist, den entstandenen Schaden für die Wahrheitsfindung zu begrenzen und in welchem Stadium des Verfahrens sie erfolgt.

Verjährt die Strafbarkeit wegen falscher Aussage?

Ja. Falsche Aussagen unterliegen der Verjährung. Die Frist richtet sich nach der Schwere der konkreten Tatvariante; bei eidlichen Falschaussagen ist sie tendenziell länger als bei uneidlichen. Der Beginn der Frist knüpft grundsätzlich an die Beendigung der Tat an.