Auslandsrenten in der betrieblichen Altersversorgung im Arbeitsrecht
Begriff und Abgrenzung der Auslandsrente in der betrieblichen Altersversorgung
Der Begriff Auslandsrente bezeichnet im arbeitsrechtlichen Kontext der betrieblichen Altersversorgung (bAV) eine Rentenleistung, die durch einen Arbeitgeber im Rahmen betrieblicher Versorgungszusagen zugesichert oder erbracht wird, wenn der Leistungsempfänger im Ausland wohnhaft ist oder während des Erwerbslebens im Ausland beschäftigt war. Die Thematik der Auslandsrenten stellt besondere arbeitsrechtliche, steuerrechtliche sowie sozialversicherungsrechtliche Anforderungen an Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Versorgungseinrichtungen.
Insbesondere ist eine Abgrenzung zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie zu privaten Auslandsvorsorgemodellen erforderlich. Im Folgenden wird auf die betriebliche Altersversorgung im arbeitsrechtlichen Zusammenhang eingegangen.
Rechtsgrundlagen der betrieblichen Auslandsrente
BetrAVG und internationale Vorschriften
Die betriebliche Altersversorgung (bAV) in Deutschland wird maßgeblich durch das Betriebsrentengesetz (BetrAVG) geregelt. Auslandsrenten begründen sich regelmäßig auf einer Versorgungszusage im Sinne des § 1 BetrAVG, wobei – je nach Einzelfall – auch Vorschriften des europäischen und nationalen Kollisionsrechts zur Anwendung kommen. Bei Entsendung von Arbeitnehmern oder bei dauerhaft im Ausland lebenden ehemaligen Arbeitnehmern sind ergänzend internationale Vorschriften und bilaterale Abkommen zu berücksichtigen.
Anwendung des internationalen Arbeits- und Sozialversicherungsrechts
Die Qualifikation einer Versorgung als Auslandsrente hängt maßgeblich von folgenden Kriterien ab:
- Arbeitgeber- und Arbeitnehmerstatus während der Erwerbsphase: Wurde die Zusage während einer Auslandstätigkeit im Rahmen einer Entsendung getroffen, oder handelt es sich um einen dauerhaft im Ausland aktiven Mitarbeiter?
- Wohnort zum Zeitpunkt des Rentenbezugs: Zahlt der ehemalige Arbeitgeber die Leistung an eine Person mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland?
- Anwendbares Recht: Nach der Rom-I-Verordnung (EU) und dem Internationalen Privatrecht (IPR) entscheidet sich die Anwendbarkeit deutschen Rechts sowie gegebenenfalls ausländischer Rechtssysteme.
Voraussetzungen und Gestaltung der betrieblichen Auslandsrente
Erteilung der Versorgungszusage
Eine betriebliche Auslandsrente erfordert regelmäßig eine ausdrückliche Versorgungszusage des Arbeitgebers. Diese Zusage muss eindeutig regeln, inwieweit Versorgungsanwartschaften auch bei dauerhafter oder vorübergehender Auslandstätigkeit erworben, fortgeführt und im Leistungsfall ausgezahlt werden.
- Direktzusage: Der Arbeitgeber erteilt die Zusage unmittelbar.
- Durchführungswege: Direktversicherungen, Unterstützungskassen, Pensionskassen oder Pensionsfonds.
Unverfallbarkeit und Mitnahme
Nach § 1b BetrAVG werden Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung auch bei einem Wechsel des Arbeitsortes oder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter bestimmten Voraussetzungen unverfallbar. Dies gilt unabhängig davon, ob der ehemalige Arbeitnehmer oder Versorgungsempfänger im In- oder Ausland lebt.
Entsendung von Arbeitnehmern
Im Rahmen einer Entsendung kann die Auslandsrente Bestandteil von Entsendeverträgen sein. Es ist zu regeln, welche Anwartschaften während des Auslandseinsatzes entstehen, wie sie geschützt werden und welches Sozialversicherungsrecht Anwendung findet.
Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung
Steuerrechtliche Aspekte
Die Besteuerung betrieblicher Auslandsrenten ist komplex und richtet sich nach dem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und dem Wohnsitzland des Leistungsempfängers. Grundsätzlich können folgende Besteuerungsszenarien auftreten:
- Beschränkte Steuerpflicht: Bei Wohnsitz im Ausland unterliegt die betriebliche Rente in Deutschland regelmäßig der beschränkten Steuerpflicht, sofern keine abweichenden DBA-Regelungen greifen.
- Doppelbesteuerung: Das DBA kann vorsehen, dass der Staat der Auszahlung oder der Wohnsitzstaat besteuert. Vorsorge ist geboten, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden.
Sozialversicherungsrechtliche Stellung
Die sozialversicherungsrechtliche Behandlung der Auslandsrente richtet sich nach den jeweiligen Abkommen zwischen Deutschland und dem Aufenthaltstaat des Rentenempfängers sowie den relevanten EU-Verordnungen, insbesondere für Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraums oder der Schweiz. Innerhalb der EU finden die Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und 987/2009 Anwendung.
Schutz und Auszahlung im internationalen Kontext
Sicherung der Anwartschaften
Der Schutz betrieblicher Anwartschaften im grenzüberschreitenden Kontext unterliegt den Vorgaben der Portabilitätsrichtlinie (EU) 2014/50/EU sowie des BetrAVG. Demnach dürfen Anwartschaften bei Austritt aus dem Unternehmen – auch ins Ausland – nicht schlechter gestellt, gekürzt oder einbehalten werden.
Auszahlung und Übertragbarkeit
Die Auszahlung der betrieblichen Auslandsrente kann durch Überweisung auf ein Auslandskonto erfolgen. Hierbei sind sowohl etwaige Einschränkungen des § 2 BetrAVG als auch ausländische Devisenbestimmungen und Steuervorschriften zu beachten. Die Portabilität umfasst ferner den grenzüberschreitenden Übertrag von Versorgungskapital innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums.
Beendigung und Anpassung der betrieblichen Auslandsrente
Anpassungsprüfung
Gemäß § 16 BetrAVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, alle drei Jahre eine Anpassungsprüfung der laufenden Betriebsrenten vorzunehmen, diese Pflicht kann auch bei im Ausland lebenden Rentnern gelten, sofern deutsches Recht maßgeblich ist.
Einseitige Änderungen und Widerruf
Der Widerruf oder die einseitige Reduzierung betrieblicher Auslandsrenten ist gesetzlich nur in engen Grenzen möglich und setzt insbesondere eine wirksame Anpassungsklausel oder Änderungsvorbehalte voraus. Auch im Ausland lebende Rentner genießen vollen Schutz gegen unzulässige Kürzungen.
Rechtsfolgen bei Streitigkeiten
Gerichtsstand und Zuständigkeit
Streitigkeiten um betriebliche Auslandsrenten sind entsprechend § 46c ArbGG in der Regel vor den deutschen Arbeitsgerichten zu verhandeln, sofern die Zusage deutschem Recht unterliegt. Die internationale Zuständigkeit richtet sich nach der Brüssel Ia-Verordnung (EU 1215/2012) und ergänzenden nationalen Vorschriften.
Durchsetzung im Ausland
Die Vollstreckbarkeit eines arbeitsgerichtlichen Urteils aus Deutschland im Ausland richtet sich nach den Vorschriften über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (z.B. Brüssel Ia-Verordnung innerhalb der EU, ansonsten einschlägige Staatsverträge).
Zusammenfassung
Auslandsrenten aus betrieblicher Altersversorgung sind von hoher praktischer Bedeutung. Sie unterliegen komplexen rechtlichen, steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Regelungen, die sowohl nationale als auch internationale und europarechtliche Vorschriften einbeziehen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten die Gestaltung von Zusagen, den Schutz der Anwartschaften und die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Folgen bei Auslandstätigkeit oder Auslandsaufenthalt frühzeitig und sorgfältig planen. Eine kompetente, fallbezogene Vertragsgestaltung ist in diesem Bereich entscheidend, um die Interessen aller Beteiligten zu wahren und Rechtsnachteile zu vermeiden.
Häufig gestellte Fragen
Wie wirkt sich ein Auslandsaufenthalt auf den Anspruch aus einer betrieblichen Altersversorgung aus?
Ein Auslandsaufenthalt kann erhebliche Auswirkungen auf Ansprüche aus einer betrieblichen Altersversorgung haben, da arbeitsrechtliche und steuerrechtliche Rahmenbedingungen länderübergreifend variieren. Grundsätzlich bleibt der Anspruch auf eine unverfallbare betriebliche Altersversorgung auch während eines längeren Auslandsaufenthalts oder einer Beschäftigung im Ausland bestehen, sofern das Arbeitsverhältnis zum deutschen Arbeitgeber fortbesteht. Wenn jedoch ein Arbeitnehmer von einem deutschen Unternehmen zu einer ausländischen Tochtergesellschaft entsandt wird („Entsendung“), greifen häufig spezielle Entsendevereinbarungen, die regeln, wie die betriebliche Altersversorgung behandelt wird. Zudem können internationale Sozialversicherungsabkommen einen Einfluss auf die Anrechenbarkeit von Auslandszeiten für die spätere Betriebsrente haben. Bei einem endgültigen Wechsel zu einem ausländischen Arbeitgeber besteht regelmäßig kein Rechtsanspruch auf spätere Betriebsrentenansprüche aus dem deutschen System; erworbene Ansprüche bleiben nur insoweit erhalten, wie sie unverfallbar sind, d.h., die Unverfallbarkeitsfristen nach § 1b BetrAVG erfüllt wurden.
Welche Auswirkungen hat ein Arbeitgeberwechsel ins Ausland auf bereits erworbene Betriebsrentenanwartschaften?
Wechselt ein Arbeitnehmer für eine neue Tätigkeit zu einem Arbeitgeber außerhalb Deutschlands, kommt es hinsichtlich bestehender Betriebsrentenanwartschaften auf den Grad der Unverfallbarkeit an. Nach den Vorgaben des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) bleiben Anwartschaften aus einer Direktzusage, Unterstützungskasse, Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds dann erhalten, wenn die Voraussetzungen der Unverfallbarkeit (u.a. Mindestzugehörigkeitsdauer und Alter) erfüllt wurden. Ein späterer Wechsel ins Ausland führt nicht zum Verlust dieser Ansprüche; sie ruhen jedoch bis zum Rentenantritt. Übertragungsrechte, wie die Mitnahme von Wertguthaben zu einer Versorgungseinrichtung im Ausland, bestehen nach deutschem Recht grundsätzlich nicht, es sei denn, dies ist explizit im Versorgungsplan oder bilateralen Abkommen geregelt. Häufig kann die Auszahlung der unverfallbaren Anwartschaft als Kapitalbetrag erfolgen, sofern dies die Versorgungszusage vorsieht. Steuerliche Aspekte sind länderspezifisch zu berücksichtigen.
Wie werden Leistungen aus einer deutschen betrieblichen Altersversorgung im Ausland besteuert?
Die Besteuerung von Leistungen aus einer deutschen betrieblichen Altersversorgung im Ausland ist von der jeweiligen Länderzuordnung und Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abhängig. Deutschland behält sich regelmäßig das Besteuerungsrecht an den ausgezahlten Rentenleistungen vor, sofern der Angestellte weiterhin in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. Bei Wohnsitzverlagerung ins Ausland entscheidet das steuerrechtliche DBA zwischen Deutschland und dem neuen Wohnsitzstaat, welches Land das Besteuerungsrecht innehat. Viele Abkommen sehen das Besteuerungsrecht für staatliche Sozialversicherungs- und betriebliche Renten grundsätzlich im Wohnsitzstaat vor – mit Ausnahme sogenannter Beamtenpensionen. Arbeitnehmer müssen daher sowohl die Steuerpflicht in Deutschland als auch eventuelle Besteuerungen im Ausland prüfen, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Zudem bestehen Melde- und Nachweispflichten gegenüber deutschen und ausländischen Finanzbehörden.
Gibt es einen Anspruch auf Übertragung der betrieblichen Altersvorsorge bei Arbeitsplatzwechsel ins EU-Ausland?
Nach der EU-Mobilitätsrichtlinie (RL 2014/50/EU) und ihrer Umsetzung im deutschen Betriebsrentengesetz besteht kein automatischer Anspruch auf Übertragung (Portabilität) der betrieblichen Altersversorgung bei Wechsel zu einem Arbeitgeber im EU-Ausland. Zwar ist der Erwerb und Erhalt von Anwartschaften unionsrechtlich geschützt, jedoch schafft die Richtlinie keine Verpflichtung der Arbeitgeber, ein übertragenes Versorgungskapital auf ein ausländisches Altersvorsorgesystem zu übertragen. Vielmehr bleibt es im deutschen Versorgungssystem bestehen und wird erst bei Eintritt des Versorgungsfalls ausgezahlt. Einzige Ausnahme sind innerstaatliche Regelungen, tarifliche Abmachungen oder bilaterale Betriebsvereinbarungen, die eine begrenzte Übertragung ermöglichen.
Können deutsche Betriebsrenten auch an Rentner im Ausland gezahlt werden?
Ja, die Auszahlung deutscher betrieblicher Rentenleistungen an Rentner mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland ist grundsätzlich zulässig. Die meisten betrieblichen Versorgungsträger ermöglichen die Zahlung an ausländische Konten, allerdings können hierbei Gebühren für Auslandsüberweisungen und längere Bearbeitungszeiten entstehen. Der Rentner ist verpflichtet, aktuelle Wohnsitz- und Bankdaten sowie ggf. Lebensbescheinigungen regelmäßig nachzuweisen. Darüber hinaus sind bei Auslandsauszahlungen regelmäßig steuerliche Aspekte und Meldepflichten zu beachten. Es gibt keine gesetzliche Pflicht zur Auszahlung in bestimmten Landeswährungen, maßgeblich ist die vertragliche Vereinbarung mit dem Versorgungsträger.
Welche Nachweise müssen Rentenempfänger im Ausland erbringen?
Rentenempfänger im Ausland müssen in regelmäßigen Abständen – meist einmal jährlich – eine sogenannte Lebensbescheinigung oder Lebensnachweis erbringen. Diese dient dazu, einen fortlaufenden Rentenbezug zu rechtfertigen und unberechtigte Zahlungen zu verhindern. Die Lebensbescheinigung muss in der Regel von einer amtlichen Stelle (z.B. Gemeinde, Konsulat, Notar) im Gastland bestätigt werden. Die Nichtvorlage der Bescheinigung kann zur Aussetzung der Rentenzahlung führen. Zusätzlich ist eine unverzügliche Mitteilung von Veränderungen in persönlichen oder Bankdaten an den Versorgungsträger erforderlich, ebenso wie die Meldung von Änderungen des steuerlichen Status.
Was passiert mit betrieblicher Altersversorgung im Todesfall während eines Auslandsaufenthalts?
Tritt während eines Auslandsaufenthalts des Versicherten der Todesfall ein, gelten für die betriebliche Altersversorgung grundsätzlich die im jeweiligen Versorgungsplan oder Zusagevertrag formulierten Hinterbliebenenregelungen. Je nach Versorgungsträger (Direktversicherung, Pensionskasse, u.a.) kann eine Auszahlung als Witwen-/Witwerrente, Waisenrente oder ggf. eine Einmalauszahlung (Sterbegeld) erfolgen. Entscheidend ist dabei, dass begünstigte Hinterbliebene ihren Anspruch zweifelsfrei nachweisen können und die Auslandsadresse klar hinterlegt ist. Hinsichtlich der Auszahlung ins Ausland gelten die gleichen Formalitäten wie bei der Rentenzahlung; steuerrechtlich sind die Bedingungen sowohl in Deutschland als auch im Aufenthaltsland der Hinterbliebenen zu prüfen.
Welche arbeitsrechtlichen Mitwirkungspflichten bestehen bei Auslandstätigkeiten in Bezug auf die betriebliche Altersversorgung?
Bei Auslandstätigkeiten trifft den Arbeitnehmer eine erweiterte Mitwirkungspflicht, die insbesondere die umgehende Information an den Arbeitgeber und den Versorgungsträger über Auslandsentsendungen, Aufenthaltsänderungen oder Statusänderungen umfasst. Dies ist notwendig, um zu klären, ob und in welchem Umfang das deutsche Betriebsrentensystem fortgeführt wird, ggf. Zusatzvereinbarungen getroffen werden müssen (z.B. Erhalt von Ansprüchen während der Entsendung, Anpassung von Beiträgen, Verzicht auf Teile von Ansprüchen etc.). Kommt der Arbeitnehmer diesen Pflichten nicht oder verspätet nach, kann dies zu Leistungsverzögerungen, Leistungsausschlüssen oder sogar zum Verlust von Ansprüchen führen. Auch die rechtzeitige Vorlage ausländischer Nachweise über Tätigkeiten, Kunden- oder Beschäftigungsbescheinigungen kann erforderlich sein, um Versorgungszeiten korrekt zu dokumentieren.