Definition und rechtliche Einordnung des Auslandsführerscheins
Ein Auslandsführerschein ist eine durch eine zuständige Behörde eines ausländischen Staates ausgestellte Fahrerlaubnis. Diese berechtigt dazu, auf dessen Hoheitsgebiet Kraftfahrzeuge zu führen. Die rechtliche Anerkennung und Nutzung eines solchen Führerscheins außerhalb des Ausstellungsstaates wird sowohl durch internationale als auch nationale Regelungen bestimmt.
Rechtliche Grundlagen und internationale Abkommen
Internationale Verkehrsabkommen
Die grenzüberschreitende Anerkennung und Nutzung von Auslandsführerscheinen wird im Wesentlichen durch internationale Abkommen geregelt. Zu den bedeutendsten zählen:
Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr (1968)
Das Wiener Übereinkommen standardisiert die gegenseitige Anerkennung von Führerscheinen zwischen den Vertragsstaaten. Es legt Mindestanforderungen an die Ausstellung, die Gestaltung und die Gültigkeit von Führerscheinen fest und bestimmt, unter welchen Voraussetzungen ein Auslandsführerschein im Hoheitsgebiet eines anderen Staates genutzt werden darf.
Genfer Abkommen über den Straßenverkehr (1949)
Als Vorgänger des Wiener Übereinkommens regelt das Genfer Abkommen ebenfalls die gegenseitige Anerkennung von Führerscheinen, wobei die Regelungen des Wiener Abkommens in einigen Vertragsstaaten Vorrang genießen.
Richtlinien und Verordnungen auf EU-Ebene
Richtlinie 2006/126/EG („3. EU-Führerscheinrichtlinie“)
Innerhalb der Europäischen Union regelt die Richtlinie 2006/126/EG die Ausstellung, Anerkennung und Umtausch von Führerscheinen. Führerscheine, die von einem Mitgliedstaat ordnungsgemäß ausgestellt wurden, werden innerhalb der gesamten Union gegenseitig anerkannt.
Anerkennung in EWR-Staaten
Durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) werden die Regelungen der Führerscheinrichtlinien auch auf Island, Liechtenstein und Norwegen angewandt.
Voraussetzungen zur Anerkennung eines Auslandsführerscheins in Deutschland
Grundsätzliche Anerkennungspflicht
Nach § 29 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) ist ein von einem EU- oder EWR-Mitgliedstaat ausgestellter Führerschein grundsätzlich in Deutschland gültig. Führerscheine aus Drittstaaten können im Regelfall für sechs Monate nach Begründung des ordentlichen Wohnsitzes in Deutschland verwendet werden (§ 28 FeV).
Ausstellungen außerhalb der EU/EWR
Bei Führerscheinen aus Staaten, die nicht dem EU/EWR-Raum angehören, ist nach Ablauf von sechs Monaten in Deutschland ein Pflichtumtausch in eine deutsche Fahrerlaubnis erforderlich, wenn weiterhin in Deutschland gefahren werden soll. Dabei ist unter Umständen eine Umschreibung ohne erneute Fahrerlaubnisprüfung möglich, sofern der Ausstellungsstaat auf einer entsprechenden Positivliste aufgeführt ist.
Gültigkeit und Beschränkungen
Die Anerkennung eines Auslandsführerscheins ist an mehrere Voraussetzungen gebunden. Dazu zählen:
- Die Fahrerlaubnis muss gültig und nicht entzogen sein.
- Der Inhaber darf zum Erwerbszeitpunkt keinen ordentlichen Wohnsitz in Deutschland gehabt haben (§ 28 Abs. 4 FeV).
- Der Führerschein muss im Original vorliegen.
Sollte ein Führerschein im Ausland lediglich zum Zweck des Erwerbs einer Fahrberechtigung erlangt worden sein, um die nationale Fahrerlaubnisregelung zu umgehen („Führerscheintourismus“), ist eine Anerkennung in Deutschland in der Regel ausgeschlossen.
Umschreibung und Umtausch eines Auslandsführerscheins
Voraussetzungen und Ablauf
Für die Umschreibung eines nicht-EU/EWR-Auslandsführerscheins in eine deutsche Fahrerlaubnis sind regelmäßig folgende Unterlagen erforderlich:
- Gültiger Auslandsführerschein im Original
- Übersetzung bzw. internationale Version des Führerscheins
- Nachweis über den ordentlichen Wohnsitz
- Biometrisches Passfoto
- Sehtestbescheinigung
- ggf. Nachweis über Teilnahme an Erste-Hilfe-Kurs
Ob eine theoretische und praktische Fahrprüfung erforderlich wird, hängt vom Staat ab, der die Fahrerlaubnis ursprünglich erteilt hat.
Entzug und Aberkennung der Fahrberechtigung ausländischer Führerscheine
Entzug in Deutschland
Berechtigungen, die mit einem Auslandsführerschein verbunden sind, können auch in Deutschland entzogen werden, wenn sich der Inhaber innerhalb des deutschen Hoheitsgebiets eines schwerwiegenden Verkehrsverstoßes schuldig macht. Eine solche Maßnahme erfolgt durch Verwaltungs- oder Strafbehörden und betrifft im Wesentlichen die Fahrberechtigung zum Führen von Fahrzeugen im Inland. Der Auslandsführerschein als Dokument bleibt jedoch (mit Ausnahme konfiskatorischer Maßnahmen) bestehen.
Sperrwirkung und erneute Anerkennung
Nach einem Entzug entsteht eine sogenannte Sperrfrist, während der kein neuer Führerschein in Deutschland erworben werden kann. Auch die Nutzung eines im Ausland neu erworbenen Führerscheins ist innerhalb dieser Frist im Inland nicht gestattet (§ 28 Abs. 4 Satz 3 FeV, § 69a StGB).
Besonderheiten einzelner Staaten und Bereiche
Führerscheine von Drittstaaten
Der Umfang der gegenseitigen Anerkennung hängt stark von bilateralen und internationalen Vereinbarungen zwischen Deutschland (bzw. dem jeweiligen Land) und dem Ausstellerstaat ab. Für einzelne Drittstaaten bestehen erleichterte Umschreibungsmodalitäten, wenn der Ausbildungsstandard als mit deutschen Anforderungen vergleichbar anerkannt ist.
Internationaler Führerschein
Der Internationale Führerschein stellt keinen eigenständigen Führerschein dar, sondern ist eine durch die nationale Fahrerlaubnisbehörde ausgestellte Übersetzung und Ergänzung zum nationalen Führerschein. Er ist in vielen Staaten außerhalb der Europäischen Union für temporäre Fahrten erforderlich und immer in Verbindung mit dem nationalen Ausweis gültig.
Zusammenfassung
Der Auslandsführerschein ist ein rechtskritischer Begriff, der eine Vielzahl von nationalen und internationalen Regelungen umfasst. Die Anerkennung, der Umtausch und der Verlust der Fahrberechtigung unterliegen strengen gesetzlichen Vorgaben, die sowohl den Wohnsitz als auch den Ausstellungsstaat und den Zweck des Erwerbs berücksichtigen. Insbesondere wegen der unterschiedlichen Regelungslagen zwischen EU/EWR-Staaten und Drittstaaten ist eine genaue Prüfung im Einzelfall notwendig.
Verweise
- Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV)
- Straßenverkehrsgesetz (StVG)
- Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr (1968)
- EU-Richtlinie 2006/126/EG
- Genfer Abkommen über den Straßenverkehr (1949)
Häufig gestellte Fragen
Wird ein im Ausland erworbener Führerschein in Deutschland anerkannt?
Ein im Ausland erworbener Führerschein wird in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen anerkannt. Grundlage hierfür ist insbesondere die EU-Führerscheinrichtlinie sowie das nationale Fahrerlaubnisrecht, vor allem §§ 28-30 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Führerscheine aus Mitgliedstaaten der EU bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) werden grundsätzlich gegenseitig anerkannt. Das bedeutet: Personen, die rechtmäßig einen Führerschein in einem EU/EWR-Staat erworben haben, dürfen damit grundsätzlich in Deutschland Kraftfahrzeuge führen, sofern der Führerschein gültig ist und keine Sperrfrist nach deutschem Recht besteht. Gleichwohl gibt es Ausnahmen, unter anderem bei einem Wohnsitzprinzip (gewöhnlicher Aufenthalt während der Führerscheinausstellung muss im Ausstellungsland gelegen haben) sowie bei bestimmten Fahrerlaubnisklassen (z.B. im Zusammenhang mit Berufskraftfahrern). Führerscheine aus Drittstaaten, also außerhalb von EU/EWR, werden in Deutschland grundsätzlich nur für sechs Monate ab Wohnsitznahme anerkannt; danach ist eine Umschreibung erforderlich. Dabei sind eventuell theoretische und praktische Prüfungen notwendig, abhängig vom Ausstellungsstaat und ggf. bestehenden bilateralen Anerkennungsabkommen.
Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei der Nutzung eines „führerschein-Tourismus“ zum Erwerb eines Auslandsführerscheins?
Der sogenannte „Führerschein-Tourismus“ bezeichnet den Versuch, die in Deutschland geltenden Voraussetzungen für den Erwerb der Fahrerlaubnis – etwa eine Sperrfrist oder den Nachweis der Fahreignung – zu umgehen, indem im Ausland ein Führerschein erworben wird. Rechtlich problematisch wird dieser Weg, wenn der Erwerb nicht den Vorschriften des Ausstellungsstaates entspricht (z.B. kein gewöhnlicher Aufenthalt, sogenannte „Wohnsitzregel“ aus Art. 9 Abs. 1 der EU-Führerscheinrichtlinie) oder wenn in Deutschland eine rechtskräftige Fahrerlaubnissperre besteht. Ein so erschlichener Auslandsführerschein wird in Deutschland nicht anerkannt, und das Fahren im öffentlichen Straßenverkehr gilt als Fahren ohne Fahrerlaubnis, was gemäß § 21 StVG strafbar ist. Zur Überprüfung werden z.B. die Angaben auf dem Führerschein und Nachweise über den Aufenthalt im Ausstellungsland herangezogen. Gerichte und Behörden bewerten Fälle individuell und erkennen insbesondere missbräuchlich erworbene Auslandsführerscheine nicht automatisch an.
Welche Formalitäten müssen bei der Umschreibung eines ausländischen Führerscheins beachtet werden?
Die Umschreibung eines ausländischen Führerscheins erfolgt nach den Regelungen der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Bei Führerscheinen aus Drittstaaten, die nicht zur EU/EWR gehören, muss ein Antrag bei der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde gestellt werden. Für die Umschreibung sind in der Regel folgende Unterlagen vorzulegen: gültiger ausländischer Führerschein (Original und ggf. Übersetzung durch einen vereidigten Übersetzer), ein Nachweis über den ordentlichen Wohnsitz in Deutschland, aktueller Personalausweis oder Reisepass und ein biometrisches Lichtbild. Abhängig vom Ausstellungsland kann die Ablegung einer theoretischen und/oder praktischen Fahrerlaubnisprüfung verlangt werden. Bestimmte Staaten sind in Anlage 11 FeV aufgeführt; Führerscheine aus diesen Ländern können teilweise ohne weitere Prüfungen umgeschrieben werden. Ob eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) erforderlich ist, richtet sich nach dem Einzelfall (z.B. bei bestehenden Eignungszweifeln oder im Zusammenhang mit Sperrfristen).
Gibt es Unterschiede zwischen EU- und Nicht-EU-Führerscheinen bezüglich ihrer Anerkennung in Deutschland?
Ja, es bestehen signifikante Unterschiede. Führerscheine aus EU- bzw. EWR-Staaten werden grundsätzlich gegenseitig anerkannt, unterliegen aber dem Wohnsitzprinzip und bestimmten Mindestanforderungen (Fahrerlaubnisklassen, Befristungen, ggf. Zusatzangaben). Ein deutscher Wohnsitzinhaber darf mit einem EU-Führerschein unbefristet in Deutschland fahren, solange er gültig ist und keine Sperrfrist besteht. Für Führerscheine aus Drittstaaten (Nicht-EU/EWR) gilt: Nach Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes in Deutschland ist das Fahren mit dem ausländischen Führerschein grundsätzlich für sechs Monate erlaubt. Danach muss eine Umschreibung erfolgen, die häufig theoretische und praktische Prüfungen erfordert, sofern mit dem Ausstellungsstaat kein spezielles Abkommen vorliegt. Außerdem wird geprüft, ob der Führerschein rechtmäßig und im Rahmen eines ordentlichen Aufenthalts im Ausstellungsstaat erworben wurde. Die Nichtbeachtung dieser Regelungen führt zum Fahren ohne Fahrerlaubnis und ist strafbar.
Welche Auswirkungen hat eine deutsche Fahrerlaubnissperre auf die Anerkennung eines Auslandsführerscheins?
Ist gegen eine Person in Deutschland eine Entziehung der Fahrerlaubnis mitsamt einer Sperrfrist für die Wiedererteilung verhängt worden, darf eine im Ausland – auch innerhalb der EU – während der Sperrfrist erworbene Fahrerlaubnis in Deutschland grundsätzlich nicht genutzt werden. Die Sperre entfaltet gemäß § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB und §§ 28 ff. FeV ihre Wirkung auch gegenüber einer im Ausland neu erworbenen Fahrerlaubnis. Ein Fahren mit einem solchen Führerschein gilt als Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG) und kann strafrechtlich verfolgt werden. Die Sperre bezieht sich indes nur auf das Fahren innerhalb Deutschlands; im Ausland kann der ausländische Führerschein grundsätzlich genutzt werden, sofern keine anderweitigen Einschränkungen bestehen.
Welche Dokumente sind bei einer Kontrolle in Deutschland mitzuführen, wenn man mit einem Auslandsführerschein fährt?
Wird in Deutschland mit einem ausländischen Führerschein gefahren, sind in jedem Fall der Führerschein im Original mitzuführen. Bei Nicht-EU/EWR-Führerscheinen ist – sofern dieser nicht in deutscher Sprache ausgestellt ist – zusätzlich eine amtlich beglaubigte Übersetzung oder ein internationaler Führerschein erforderlich (§ 29 FeV). Ferner kann bei längeren Aufenthalten der Nachweis verlangt werden, dass der Führerschein rechtmäßig während eines ordentlichen Aufenthalts im Ausstellerstaat erworben wurde (z.B. Meldebescheinigung). Berechtigungsklassen, Gültigkeitsdaten und eventuelle Auflagen (z.B. Sehhilfenpflicht) müssen klar erkennbar sein. Bei Nichtbeachtung kann die Weiterfahrt untersagt oder eine Ordnungswidrigkeit angezeigt werden.
Muss bei einem Umzug nach Deutschland der ausländische Führerschein ausgetauscht werden?
Ob ein Umtausch erforderlich ist, hängt vom Ursprungsland des Führerscheins ab. Bei Inhabern eines EU/EWR-Führerscheins besteht in der Regel keine unmittelbare Pflicht, den Führerschein umzutauschen – er bleibt bis zum Ablaufdatum anerkannt und nutzbar. Bestimmte Vorschriften können einen Umtausch dennoch erforderlich machen, z.B. bei Ablauf der Gültigkeit, bei Namensänderung oder Erreichen eines bestimmten Alters (je nach Herkunftsland). Führerscheine aus Drittstaaten (Nicht-EU/EWR) berechtigen sechs Monate ab Wohnsitzbegründung in Deutschland zum Fahren, danach muss zwingend eine Umschreibung erfolgen, um weiterhin am deutschen Straßenverkehr teilnehmen zu dürfen. Dabei können Prüfungen und Nachweise erforderlich sein, abhängig davon, ob zwischen Deutschland und dem Ausstellungsstaat ein entsprechendes Abkommen besteht. Erfolgt keine Umschreibung, gilt das Fahren nach Ablauf der sechs Monate als Fahren ohne Fahrerlaubnis.