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Auslandsaufenthalt und Steuerpflicht


Auslandsaufenthalt und Steuerpflicht

Der Themenkomplex „Auslandsaufenthalt und Steuerpflicht“ umfasst sämtliche rechtlichen und steuerlichen Fragen, die bei einem (vorübergehenden oder dauerhaften) Aufenthalt einer natürlichen Person im Ausland auftreten. Maßgeblich ist insbesondere, wann und in welchem Umfang Personen, die sich vorübergehend oder dauerhaft außerhalb des Heimatstaates aufhalten, in Deutschland oder einem anderen Staat der Einkommen- oder Vermögensteuer unterliegen. Dabei stehen die Begriffe Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt, unbeschränkte und beschränkte Steuerpflicht sowie Doppelbesteuerungsabkommen im Zentrum.

Grundlagen der Steuerpflicht

Unbeschränkte und beschränkte Steuerpflicht

Nach deutschem Steuerrecht wird zwischen der unbeschränkten und der beschränkten Steuerpflicht unterschieden.

  • Unbeschränkte Steuerpflicht: Gemäß § 1 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) sind natürliche Personen, die im Inland (Deutschland) einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, mit ihrem Welteinkommen in Deutschland steuerpflichtig. Das umfasst sämtliche Einkünfte, unabhängig davon, ob sie im Inland oder Ausland erzielt werden.
  • Beschränkte Steuerpflicht: Personen, die keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, aber inländische Einkünfte erzielen (z.B. aus Vermietung, Kapitalanlagen oder Arbeitseinkommen), unterliegen in Bezug auf diese Einkünfte der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 4 EStG.

Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt

  • Wohnsitz (§ 8 AO): Ein Wohnsitz besteht dort, wo eine Person eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass die Wohnung beibehalten und benutzt wird.
  • Gewöhnlicher Aufenthalt (§ 9 AO): Der gewöhnliche Aufenthalt wird dort begründet, wo sich eine Person nicht nur vorübergehend aufhält, in der Regel ab einer ununterbrochenen Anwesenheit von mehr als sechs Monaten.

Die Aufgabe oder Beibehaltung eines Wohnsitzes in Deutschland ist insbesondere bei längeren Auslandsaufenthalten steuerlich von entscheidender Bedeutung.

Auswirkungen eines Auslandsaufenthalts auf die Steuerpflicht

Dauerhafter versus temporärer Auslandsaufenthalt

  • Temporärer Aufenthalt (z.B. Auslandssemester, Entsendung): Besteht der Wohnsitz in Deutschland fort, bleibt die unbeschränkte Steuerpflicht erhalten. Für im Ausland erzielte Einkünfte kann es jedoch zu einer Doppelbesteuerung kommen, die über Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) vermieden oder gemildert wird.
  • Dauerhafter Aufenthalt / Auswanderung: Bei Aufgabe des Wohnsitzes und WEGFALL des gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland endet grundsätzlich die unbeschränkte Steuerpflicht. Bestehen bleiben kann in bestimmten Fällen die beschränkte Steuerpflicht, wenn weiterhin inländische Einkünfte erzielt werden.

Melderechtliche Voraussetzungen

Die melderechtliche Abmeldung aus Deutschland ist für die Beendigung des Wohnsitzes steuerlich relevant, ersetzt aber nicht die erforderliche tatsächliche Aufgabe der Wohnung. Das Finanzamt prüft, ob die Wohnung tatsächlich nicht mehr für eine dauerhafte Nutzung zur Verfügung steht.

Steuerliche Behandlung der Auslandseinkünfte

Grundsatz der Welteinkommensbesteuerung

Unbeschränkt Steuerpflichtige müssen ihr weltweites Einkommen in der Steuererklärung angeben. Zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen bestehen zwischenstaatliche Abkommen.

Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)

DBA regeln, in welchem Land bestimmte Einkünfte besteuert werden. Dabei gibt es verschiedene Methoden:

  • Freistellungsmethode: Einkünfte werden im Quellenstaat besteuert und im Wohnsitzstaat freigestellt.
  • Anrechnungsmethode: Im Ausland gezahlte Steuer wird auf die inländische Steuer angerechnet.

Besonderheiten bei Wegzug aus Deutschland

Wegzugsbesteuerung (§ 6 AStG)

Verlässt eine in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Person mit wesentlichen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften (mindestens 1 % nach § 17 EStG) das Inland, wird ein fiktiver Veräußerungsgewinn besteuert (Wegzugsbesteuerung). Ziel ist es, die Besteuerung stiller Reserven vor Verlagerung ins Ausland sicherzustellen.

Sondervorschriften für Arbeitnehmerentsendungen

Bei Auslandsentsendungen bleiben häufig der Wohnsitz und die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland bestehen. Die Besteuerung richtet sich nach dem einschlägigen DBA und dem nationalen Steuerrecht des Tätigkeitsstaates.

Steuerliche Pflichten bei Auslandsaufenthalten

Erklärungspflichten

Auch bei Aufenthalten im Ausland sind unbeschränkt Steuerpflichtige zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet, in der die weltweiten Einkünfte anzugeben sind.

Mitwirkungspflichten

Personen mit Bezug zum Ausland sind verpflichtet, gegenüber dem Finanzamt alle relevanten Angaben zum Auslandsaufenthalt und zu ausländischen Einkünften zu machen. Bei der Verletzung dieser Pflichten drohen Nachveranlagungen und Steuerstrafverfahren.

Steuerpflicht im Ausland

Ob und in welchem Umfang eine Person im Ausland steuerpflichtig wird, richtet sich nach dem nationalen Recht des jeweiligen Aufenthaltsstaates. Maßgeblich ist, ob ein steuerlicher Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt oder Einkunftsquellen im Ausland vorliegen. In den meisten Staaten gelten vergleichbare Prinzipien wie im deutschen Recht.

Fallbeispiele

Beispiel 1: Temporäre Entsendung

Ein Arbeitnehmer wird für sechs Monate nach Frankreich entsandt, bleibt jedoch in Deutschland gemeldet. Die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland bleibt bestehen, die in Frankreich erzielten Einkünfte werden im Rahmen des DBA Deutschland-Frankreich behandelt.

Beispiel 2: Dauerhafte Auswanderung

Eine Person verlegt ihren Hauptwohnsitz dauerhaft nach Spanien und löst den Wohnsitz in Deutschland vollständig auf. Die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland endet, es verbleibt eine beschränkte Steuerpflicht, sofern noch inländische Einkünfte bestehen.


Literatur und weiterführende Vorschriften

Einkommensteuergesetz (EStG)
Abgabenordnung (AO)
Außensteuergesetz (AStG)
Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit verschiedenen Staaten


Der Begriff „Auslandsaufenthalt und Steuerpflicht“ erfasst umfassend die steuerlichen Auswirkungen von Wohnsitzverlagerungen, Regelungen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung sowie die besonderen Pflichten und Konsequenzen für Personen mit internationalem Lebensmittelpunkt.

Häufig gestellte Fragen

Muss ich mein Welteinkommen in Deutschland versteuern, wenn ich für längere Zeit im Ausland lebe?

Ob Ihr gesamtes Welteinkommen in Deutschland steuerpflichtig ist, hängt maßgeblich von Ihrem steuerlichen Wohnsitz beziehungsweise Ihrem gewöhnlichen Aufenthalt gemäß § 1 Abs. 1 EStG (Einkommensteuergesetz) ab. Besteht in Deutschland weiterhin ein Wohnsitz oder halten Sie sich gewöhnlich in Deutschland auf, bleiben Sie unbeschränkt steuerpflichtig und müssen grundsätzlich Ihr gesamtes weltweites Einkommen in der deutschen Steuererklärung angeben. Wenn Sie hingegen weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, endet in der Regel die unbeschränkte Steuerpflicht, es sei denn, besondere Vorschriften greifen, wie etwa beim sogenannten § 2 AStG (Außensteuergesetz, erweiterte beschränkte Steuerpflicht). Es sind zudem bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zu prüfen, die eine Doppelbesteuerung vermeiden und zu abweichenden Zuteilungen des Besteuerungsrechts führen können. Eine Abmeldung aus Deutschland führt nicht automatisch zum Wegfall der Steuerpflicht, falls weiterhin wesentliche inländische Interessen bestehen oder ein sogenannter Mittelpunkt der Lebensinteressen im Inland verbleibt. Daher ist die individuelle Prüfung unter Einbeziehung aller örtlichen und sachlichen Umstände sowie der maßgebenden DBA unerlässlich.

Was sind die wichtigsten Meldepflichten gegenüber deutschen Finanzbehörden bei einem Auslandsaufenthalt?

Bei einem längerfristigen Auslandsaufenthalt bestehen umfassende Meldepflichten gegenüber deutschen Behörden. Zunächst ist bei einer Wohnsitzaufgabe die Abmeldung beim Einwohnermeldeamt vorgeschrieben. Aus steuerlicher Sicht ist insbesondere relevant, das zuständige Finanzamt über die Verlegung des Wohnsitzes ins Ausland zu informieren. Dies kann insbesondere dann Auswirkungen auf Ihre Steuererklärungspflicht und die Besteuerung Ihres Einkommens haben. Falls weiterhin inländische Einkünfte bestehen, bleibt neben der unter Umständen bestehenden beschränkten Steuerpflicht in Deutschland auch die Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung für diese Einkünfte bestehen. Darüber hinaus kann es bei einer vertraglichen Übernahme einer Tätigkeit im Ausland erforderlich sein, dies im Rahmen der Lohnsteueranmeldung dem Finanzamt zu melden. Auch bei Übertragungen von Vermögenswerten ins Ausland sind, insbesondere im Zusammenhang mit § 6 AStG (Wegzugsbesteuerung), zusätzliche Melde- und Anzeigepflichten zu beachten. Verstöße gegen diese Mitwirkungspflichten können als Ordnungswidrigkeiten oder gar als Steuerhinterziehung geahndet werden.

Welche steuerlichen Pflichten bestehen bei Beibehaltung eines Wohnsitzes in Deutschland während des Auslandsaufenthalts?

Wird ein Wohnsitz in Deutschland behalten – zum Beispiel durch das Fortbestehen einer eigenen Wohnung -, bleibt gemäß § 8 AO (Abgabenordnung) meist die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht bestehen, unabhängig davon, wie viel Zeit tatsächlich im Ausland verbracht wird. Das bedeutet, sämtliche weltweiten Einkünfte müssen in Deutschland erklärt und unterliegen grundsätzlich der deutschen Besteuerung. Dies kann insbesondere dann einschlägig werden, wenn noch Familienangehörige oder eine eigene Immobilie (wohnungsmäßiger Wohnsitz) im Inland vorhanden ist. Gleichzeitig können durch ausländische Einkünfte in manchen Fällen auch Steueranrechnungen oder Freistellungen nach einem eventuell bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen beansprucht werden. Der bloße Aufenthalt im Ausland genügt nicht für eine Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht; entscheidend ist, ob der Wohnsitz tatsächlich und rechtlich effektiv im Ausland verlegt und in Deutschland vollständig aufgegeben wurde.

Wie wirkt sich ein Doppelbesteuerungsabkommen auf meine Steuerpflicht bei Einkünften im In- und Ausland aus?

Ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) basiert auf bilateralen Verträgen zwischen Deutschland und einem anderen Staat. Sie regeln, welches Land für welche Einkünfte das Besteuerungsrecht hat und sollen eine doppelte Besteuerung derselben Einkünfte verhindern. Welche Einkünfte in welchem Land besteuert werden und ob gegebenenfalls eine Anrechnung oder Freistellung erfolgt, richtet sich nach dem jeweiligen Abkommen und der Einkunftsart (z.B. unselbständige Arbeit, selbständige Tätigkeit, Rente, Kapitalvermögen). So kann etwa das Besteuerungsrecht für Arbeitslohn im Tätigkeitsstaat liegen, während Dividenden meist im Ansässigkeitsstaat zu versteuern sind – es gibt jedoch zahlreiche Sonder- und Ausnahmeregelungen. Die DBA sind vorrangig gegenüber nationalem Recht zu beachten. Bei komplexen Sachverhalten ist die Hinzuziehung eines Steuerberaters ratsam, da die konkreten Bestimmungen des betreffenden DBA sowie jeweils einschlägige Begriffsdefinitionen (z.B. Lebensmittelpunkt oder „Ansässigkeit“) den Ausschlag geben.

Welche Konsequenzen hat die sogenannte Wegzugsbesteuerung im Zusammenhang mit einem Auslandsaufenthalt?

Die Wegzugsbesteuerung (§ 6 AStG) kommt dann zum Tragen, wenn eine natürliche Person, die in Deutschland mindestens zehn Jahre unbeschränkt steuerpflichtig war, ihren Wohnsitz ins Ausland verlegt und dabei wesentliche Beteiligungen an Kapitalgesellschaften (mindestens 1 % innerhalb der letzten fünf Jahre) hält. Bei einem Wegzug werden latente, noch nicht realisierte Wertsteigerungen dieser Beteiligungen fiktiv als Veräußerungsgewinn behandelt und besteuert, obwohl tatsächlich noch kein Verkauf stattgefunden hat. Diese Regelung soll vermeiden, dass stillen Reserven steuerfrei ins Ausland verlagert werden. In bestimmten Fällen kann eine Stundung der Steuer beantragt werden, etwa bei Wegzug innerhalb der EU/EWR. Weiters sind umfassende Dokumentations- und Mitwirkungspflichten zu beachten; auch hier kann ein Verstoß zu erheblichen steuerlichen und strafrechtlichen Konsequenzen führen.

Muss ich als sogenannter Grenzgänger besondere steuerrechtliche Vorschriften beachten?

Grenzgänger – also Personen, die in einem Land leben und in einem anderen arbeiten – unterliegen speziellen steuerrechtlichen Regelungen, die sich regelmäßig aus dem jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen der betroffenen Staaten ergeben. Typischerweise bestimmt ein DBA für Grenzgänger, in welchem Land das Arbeitseinkommen zu versteuern ist, wobei es insbesondere für Berufspendler in Nachbarstaaten spezielle Grenzgängerregelungen gibt. Beispielsweise sieht das DBA Deutschland-Schweiz vor, dass der Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht für die Einkünfte erhält, aber ein Teil des Arbeitslohnes dem Wohnsitzstaat zusteht. Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer sind verpflichtet, die steuerlichen Vorgaben zur Lohnsteuer entsprechend zu befolgen und regelmäßig Nachweise zur Erwerbstätigkeit und zum Wohnsitz zu erbringen. Fehlerhafte oder unterlassene Meldungen können erhebliche steuerliche Nachforderungen sowie Bußgelder oder Strafen nach sich ziehen.

Welche Besonderheiten gelten bei der Besteuerung von Rentenbezügen im Ausland?

Für Renten gilt seit 2005 das sogenannte nachgelagerte Besteuerungsprinzip. Bezieht ein ehemaliger in Deutschland steuerpflichtiger Rentner seine Altersversorgung im Ausland, muss er prüfen, ob und wie diese Rente in Deutschland zu versteuern ist. Das DBA zwischen Deutschland und dem Aufenthaltsstaat des Rentners bestimmt, ob das Besteuerungsrecht Deutschland oder dem Ausland zusteht. Regelmäßig ist die deutsche gesetzliche Rentenversicherung für in Deutschland erworbene rentenversicherungspflichtige Zeiten im Heimatstaat steuerpflichtig, dabei kommt es jedoch auf die genaue Gestaltung und das Besteuerungsrecht im jeweiligen DBA an. Die Renten aus der gesetzlichen deutschen Rentenversicherung bleiben daher oftmals im Inland steuerpflichtig, selbst wenn der Rentner im Ausland lebt. Daneben sind auch etwaige Quellensteuern oder steuerliche Pflichten im Gastland zu beachten. Die korrekte steuerliche Behandlung erfordert häufig die Prüfung beider Steuerrechtsordnungen und gegebenenfalls Hinzuziehung eines Experten.