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Ausländische Streitkräfte


Begriff und Definition der Ausländischen Streitkräfte

Ausländische Streitkräfte sind militärische Einheiten und Verbände, die unter der Führung eines anderen Staates als dem Aufenthaltsstaat stehen und sich im Rahmen internationaler Abkommen, Stationierungsrechte oder temporärer Einsätze im Hoheitsgebiet eines fremden Staates aufhalten. Die rechtlichen Rahmenbedingungen ihres Aufenthalts und ihrer Tätigkeiten ergeben sich in der Regel aus zwischenstaatlichen Verträgen, speziellen Gesetzen sowie den einschlägigen völkerrechtlichen Bestimmungen.

Die genaue Ausgestaltung der Rechte und Pflichten ausländischer Streitkräfte richtet sich dabei nach den jeweiligen zwischenstaatlichen Vereinbarungen sowie nach nationalen Gesetzen des Empfangsstaats. In Deutschland sind insbesondere das Aufenthaltsrecht, das NATO-Truppenstatut sowie ergänzende Verträge und innerstaatliche Regelungen maßgeblich.


Rechtsgrundlagen für den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte

Völkerrechtliche Rahmenbedingungen

Truppenstatute

Das wichtigste Regelungsinstrument für den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte stellen sogenannte Truppenstatute dar. In Europa ist insbesondere das 1951 geschlossene „Abkommen über die Rechtsstellung der Truppen der NATO-Staaten“ (NATO-Truppenstatut – NATO SOFA) grundlegend. Es enthält detaillierte Bestimmungen zu Aufenthalt, Status, Disziplinargewalt, Gerichtsbarkeit, Steuer- und Zollbefreiungen sowie zu Schadensersatzregelungen.

Sonstige völkerrechtliche Verträge

Neben dem NATO-Truppenstatut gibt es bilaterale Zusatzabkommen, sogenannte „Truppen-Zusatzabkommen“, die die allgemeinen Regelungen der multilateralen Statute ergänzen und an die nationale Rechtslage anpassen – etwa das „Vertrag zur Regelung über Fragen, die sich aus dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland ergeben“ (Truppenvertrag).

Einzelne Staaten verfügen zudem über Sondervereinbarungen, etwa für Truppen, die im Rahmen von UN-Friedensmissionen nach Resolutionen des Sicherheitsrates tätig sind (Status-of-Forces Agreements, SOFAs der Vereinten Nationen).

Nationale Rechtsgrundlagen in Deutschland

Aufenthaltsrechtliche Regelungen

Die Stationierung oder der zeitweilige Aufenthalt ausländischer Streitkräfte erfordert keine klassische Aufenthaltsgenehmigung nach nationalem Aufenthaltsrecht. Rechte und Pflichten leiten sich unmittelbar aus den völkerrechtlichen Verträgen ab. Das Aufenthaltsgesetz findet regelmäßig keine Anwendung auf ausländische Streitkräfte oder deren Begleitpersonal (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG).

Steuerliche und zollrechtliche Privilegien

Die in den einschlägigen Statuten vorgesehenen Steuer- und Zollbefreiungen sind im deutschen Steuerrecht gesetzlich abgesichert (§ 2 Abs. 3 UStG, Art. 14 NATO-SOFA). Gleiches gilt für die Einfuhr von persönlichem Gepäck und Ausrüstung.

Ergänzende strafrechtliche Bestimmungen

Das Truppenstatut und die Zusatzabkommen enthalten detaillierte Vorschriften über gerichtliche Zuständigkeiten („Gerichtsbarkeit“). Für Handlungen im Dienst sind grundsätzlich die Gerichte des Entsendestaates zuständig; für Straftaten außerhalb des Dienstes kommt unter bestimmten Voraussetzungen auch die Gerichtsbarkeit des Empfangsstaates zur Anwendung.


Status und Rechte ausländischer Streitkräfte

Rechtlicher Status

Ausländische Streitkräfte genießen typischerweise einen besonderen rechtlichen Status, der sie von anderen Ausländern unterscheidet. Hauptsächlich betrifft dies eine partielle Immunität von der nationalen Gerichtsbarkeit, Regelungen zum Disziplinarrecht, Steuerbefreiungen sowie besondere Befugnisse beim Betreten und Nutzen militärischer Liegenschaften.

Personenbezogener Geltungsbereich

Der Status umfasst nicht nur militärisches Personal, sondern in der Regel auch zivile Begleitpersonen sowie die nächsten Familienangehörigen, sofern sie dem Haushalt des Dienstleistenden angehören.

Gerichtsbarkeit und Immunität

Für Diensthandlungen genießen Angehörige ausländischer Streitkräfte in der Regel Immunität gegenüber strafrechtlicher, zivilrechtlicher und verwaltungsrechtlicher Verfolgung durch den Aufnahmestaat. Hiervon ausgenommen sind gewisse Delikte außerhalb des Dienstes („außerhalb der dienstlichen Tätigkeit“).

Disziplinar- und Aufsichtsbefugnisse

Die Entsendestaaten behalten das Recht, ihr Personal nach eigenen Maßstäben zu beaufsichtigen und gegebenenfalls disziplinarisch zu ahnden. Der Empfangsstaat stellt in der Regel die erforderliche Unterstützung („Amtshilfe“) zur Verfügung.


Pflichten und Grenzen ausländischer Streitkräfte

Einhaltung des Rechts des Aufenthaltsstaates

Obwohl ausländische Streitkräfte über weitgehende Privilegien verfügen, sind auch sie verpflichtet, die Gesetze des Standortstaates zu beachten. Insbesondere betreffen dies Straßenverkehrsregeln, Umweltschutzauflagen und baurechtliche Vorgaben bei der Nutzung militärischer Einrichtungen.

Haftung und Schadensersatz

Bei durch Angehörige ausländischer Streitkräfte verursachten Schäden gegenüber Dritten gelten besondere Schadensersatzregelungen, die im Truppenstatut sowie in den nationalen Ausführungsgesetzen niedergelegt sind. In der Regel haftet der Entsendestaat oder eine von ihm eingerichtete Stelle („Entschädigungsfonds“).

Beschränkungen der Einsatzmöglichkeiten

Der Einsatzbereich ausländischer Streitkräfte ist regelmäßig durch die jeweiligen Abkommen auf bestimmte Zwecke, etwa Ausbildung, Übung, Transport oder Bündnisverteidigung, beschränkt. Die eigenständige Ausübung exekutiver Hoheitsgewalt (z. B. Polizeieinsätze) ist grundsätzlich ausgeschlossen, sofern nicht ausdrücklich vertraglich geregelt.


Ausländische Streitkräfte im deutschen Recht

Anwendungsbereich im Grundgesetz

Das Grundgesetz erlaubt im Rahmen von Verteidigungsbündnissen die Stationierung ausländischer Streitkräfte auf deutschem Boden (Art. 87a, 24 Abs. 2 GG). Einzelheiten werden durch Bundesgesetze und auf Grundlage der Ratifikation internationaler Abkommen konkretisiert.

Ausführungsgesetze und Verwaltungspraxis

Zur Umsetzung völkerrechtlicher Verpflichtungen bestehen im deutschen Recht besondere Gesetze (z. B. Gesetz über die Befreiung von Abgaben bei Truppenstationierungen, Truppenaufenthaltsgesetz) und Verwaltungsvorschriften, etwa für das Ermöglichen von Bauvorhaben oder das Einrichten von Truppenübungsplätzen.


Bedeutung und Praxisbeispiele

Stationierung ausländischer Streitkräfte in Deutschland

Deutschland ist auf Basis des NATO-Truppenstatuts einer der wichtigsten Standorte für verbündete ausländische Streitkräfte, insbesondere der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und Frankreichs. Die Stationierungsrechte werden regelmäßig angepasst und umfassen Standorte auf dem gesamten Bundesgebiet.

Temporäre Aufenthalte und gemeinsame Übungen

Neben ständiger Stationierung finden regelmäßig temporäre Aufenthalte, etwa zur Teilnahme an internationalen Übungen oder Manövern, statt. Auch hier kommen regelmäßig die Bestimmungen des NATO-Truppenstatuts und ergänzender Abkommen zur Anwendung.


Literaturhinweise und weiterführende Quellen

  • Abkommen über die Rechtsstellung der Truppen der NATO-Staaten (NATO-Truppenstatut vom 19. Juni 1951)
  • Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut vom 3. August 1959 (BGBl. 1961 II S. 1183)
  • Lutz, Dieter: Das Truppenstatut und seine Ausführungsgesetze, in: Handbuch des internationalen und europäischen Rechts
  • BeckOK Ausländerrecht, zu § 1 AufenthG, Stand der Kommentierung
  • Bundesministerium der Verteidigung: Stationierung von ausländischen Streitkräften in Deutschland (aktuelle Informationen und Statistiken)

Zusammenfassung:
Ausländische Streitkräfte sind ein rechtlich klar umrissener Begriff, dem weitreichende völkerrechtliche und nationale Vorschriften zugrunde liegen. Die Rechte und Pflichten ergeben sich aus internationalen Abkommen, insbesondere dem NATO-Truppenstatut, und werden durch nationale Gesetze konkretisiert. Zur Sicherstellung des Bündnisschutzes, der Zusammenarbeit und des Schutzes der Truppenangehörigen ist ein differenziertes und detailliertes System von Privilegien, Zuständigkeiten und Haftungsregelungen geschaffen worden.

Häufig gestellte Fragen

Unterliegen ausländische Streitkräfte in Deutschland ausschließlich dem Gaststaatlichen Recht oder gelten spezielle Regelungen?

Grundsätzlich unterliegen ausländische Streitkräfte, die sich im Rahmen völkerrechtlicher Übereinkommen – insbesondere des NATO-Truppenstatuts (NATO SOFA) sowie der Zusatzvereinbarungen dazu – in Deutschland aufhalten, nicht ausschließlich deutschem Recht. Vielmehr findet ein spezielles völkerrechtliches Regime Anwendung, das zahlreiche abweichende Bestimmungen gegenüber dem inländischen Recht vorsieht. Hierzu gehören insbesondere Immunitäten und Privilegien für Dienstangehörige der entsandten Streitkräfte, Sonderregelungen zur Gerichts- und Verwaltungshoheit sowie spezifische Verfahren für straf- und zivilrechtliche Angelegenheiten. Beispielsweise ist für bestimmte dienstbezogene Handlungen in erster Linie der Entsendestaat straf- sowie disziplinarrechtlich zuständig. Dennoch bleibt das Recht des Aufnahmestaates grundsätzlich anwendbar, sofern das NATO-Truppenstatut und daraus folgende Vereinbarungen keine abweichenden Regelungen treffen. So ist für außerhalb des Dienstes begangene Straftaten oftmals die deutsche Gerichtsbarkeit zuständig, wobei gegenseitige Informations- und Kooperationspflichten zwischen den Staaten bestehen.

Welche besonderen Bestimmungen gelten für Verkehrsunfälle, an denen Angehörige ausländischer Streitkräfte beteiligt sind?

Bei Verkehrsunfällen mit Beteiligung von Angehörigen ausländischer Streitkräfte greifen die besonderen Regelungen des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut. Während der Dienstfahrt stehen die Betroffenen in den meisten Fällen unter der Gerichtsbarkeit des Entsendestaates, es sei denn, die Handlungen sind gegen den Gaststaat selbst oder dessen Bürger gerichtet. Außerhalb des Dienstes können deutsches Straf- und Zivilrecht zur Anwendung kommen. Haftungs- sowie Schadenersatzfragen werden durch ein Ablösungsprinzip geregelt: Anstelle der ausländischen Streitkraft tritt in zivilrechtlichen Fällen regelmäßig der Entsendestaat bzw. dessen Behörden ein, um Ansprüche zu befriedigen. Zudem bestehen sogenannte Abwicklungseinrichtungen, die das Verfahren erleichtern. Straftaten wie fahrlässige Körperverletzung werden entsprechend den Regeln der beiderseitigen Strafrechtshoheiten verfolgt, wobei der Vorrang der Gerichtsbarkeit im Einzelfall zwischen Entsende- und Empfangsstaat abzustimmen ist.

Wie ist das Arbeitsrecht bei zivilen Ortskräften, die für ausländische Streitkräfte arbeiten, geregelt?

Zivile Ortskräfte, die im Auftrag ausländischer Streitkräfte in Deutschland tätig sind, unterliegen gemäß Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut grundsätzlich deutschem Arbeitsrecht. Dies umfasst insbesondere das Arbeitsschutzrecht, das Kündigungsschutzgesetz sowie tarifvertragliche Regelungen. Allerdings erfolgen einzelne Ausnahmen im Hinblick auf das kollektive Arbeitsrecht und die betriebliche Mitbestimmung, da Truppenangehörige nicht als normale Arbeitgeber im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes gelten. Auch Arbeitsverträge werden in der Regel unter dem Vorbehalt des Aufenthalts der entsendeten Streitkräfte geschlossen und enthalten oft spezielle Regelungen zu Versetzungen, Kündigung und Entschädigungen im Fall einer Reduzierung der Streitkräfte.

Welche steuerrechtlichen Ausnahmen gelten für ausländische Streitkräfte und deren Angehörige?

Angehörige ausländischer Streitkräfte und des zivilen Gefolges sind unter bestimmten Voraussetzungen von der direkten und indirekten Besteuerung durch den deutschen Staat befreit. Dies umfasst insbesondere die Einkommensteuer auf Bezüge aus der Tätigkeit für den Entsendestaat sowie die Mehrwertsteuerbefreiung beim Erwerb von Waren und Dienstleistungen für den persönlichen Gebrauch oder dienstliche Zwecke im Rahmen der jeweiligen Stationierungsbestimmungen. Die Steuerfreiheit erstreckt sich jedoch nicht auf in Deutschland erzielte Einkünfte aus anderen, nicht dienstbezogenen Tätigkeiten. Unternehmen, die im Auftrag ausländischer Streitkräfte arbeiten, können von spezifischen Erleichterungen, etwa bei der Umsatzsteuer, profitieren, sofern die Leistungen unmittelbar für die Truppeneinheit erbracht werden.

Wie verhält es sich mit der Gerichtsbarkeit bei Straftaten außerhalb des Dienstes?

Begeht ein Angehöriger einer ausländischen Streitkraft außerhalb des dienstlichen Zusammenhangs eine Straftat, sieht das NATO-Truppenstatut vor, dass in diesen Fällen grundsätzlich die Gerichtsbarkeit des Aufnahmestaates, also der deutschen Strafverfolgungsbehörden und Gerichte, vorrangig ist. Ausnahmen bestehen, wenn der Entsendestaat ein eigenes Interesse geltend macht oder besondere Sensitivez vorliegt, zum Beispiel bei sicherheitspolitisch relevanten Sachverhalten. Die Übernahme der Strafverfolgung durch den Entsendestaat erfolgt üblicherweise durch einen förmlichen Antrag an die deutschen Behörden. Die Entscheidung darüber liegt im Ermessen des Empfangsstaates, der dieser Bitte entsprechen kann, jedoch nicht muss. In jedem Fall sind umfangreiche Mitwirkungs- und Informationspflichten beider Staaten bei der strafrechtlichen Behandlung zu beachten.

Welche Besonderheiten bestehen beim Eigentum und bei der Nutzung von Liegenschaften durch ausländische Streitkräfte?

Liegenschaften, die ausländischen Streitkräften zur Verfügung gestellt werden, verbleiben in der Regel im Eigentum des deutschen Staates oder privater Dritter und werden auf Basis stationierungsrechtlicher Verträge zur Nutzung überlassen. Für bauliche Maßnahmen, Veränderungen oder Rückgaben gelten besondere Genehmigungs- und Entschädigungsverfahren, die unter Mitwirkung sowohl deutscher Behörden als auch der Streitkräfte des Entsendestaates stehen. Die Umwelthaftung und -sanierung nach der Rückgabe richten sich nach spezifischen Regelungen innerhalb der Stationierungsabkommen und können von deutschem Umweltrecht abweichen. Gleiches gilt für das Enteignungsverfahren, sollte neues Gelände für militärische Zwecke benötigt werden.

Unterliegen Angehörige ausländischer Streitkräfte der deutschen Meldepflicht und dem Ausländerrecht?

Angehörige ausländischer Streitkräfte genießen statusbedingt weitreichende Privilegien im Zusammenhang mit dem deutschen Ausländer- und Meldewesen. Sie sind gemäß dem Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut grundsätzlich von der allgemeinen Meldepflicht und den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes befreit. Auch die Ausstellung von deutschen Aufenthaltstiteln entfällt. Stattdessen erfolgt eine Identifikation und Statusfeststellung durch Ausweisdokumente des Entsendestaates sowie spezielle Bescheinigungen, die von den zuständigen Militärbehörden ausgestellt werden. Familienangehörige und ziviles Gefolge profitieren in weiten Teilen von denselben Ausnahmeregelungen, soweit sie im Rahmen des Stationierungsstatuts anerkannt sind.