Definition und Abgrenzung: Ausländische Einkünfte aus Arbeitsverhältnissen
Ausländische Einkünfte im Zusammenhang mit Arbeitsverhältnissen bezeichnen Einkünfte, die eine inländische oder im Ausland ansässige Person durch eine nichtselbständige Tätigkeit erzielt, deren ursächlicher Zusammenhang zu einem ausländischen Staat besteht. Der Begriff ist insbesondere im Rahmen des internationalen Steuerrechts und des Doppelbesteuerungsrechts relevant.
Im deutschen Einkommensteuerrecht werden ausländische Einkünfte unter Anknüpfung an § 34d Einkommensteuergesetz (EStG) sowie § 49 EStG definiert. Handelt es sich um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sind insbesondere die Tätigkeits-, Ansässigkeits- und Quellenstaaten von Bedeutung. Nicht erfasst werden dabei Einkünfte aus selbständigen Tätigkeiten oder anderen Einkunftsarten.
Steuerliche Grundsätze der Besteuerung ausländischer Einkünfte aus Arbeitsverhältnissen
Unbeschränkte und beschränkte Steuerpflicht
In Deutschland unterscheidet das Einkommensteuerrecht zwischen unbeschränkt und beschränkt steuerpflichtigen Personen gemäß §§ 1 Abs. 1 ff. EStG. Eine in Deutschland ansässige Person ist grundsätzlich mit ihren Welteinkünften, das heißt auch mit im Ausland erzielten Arbeitslohn, in der Bundesrepublik steuerpflichtig (unbeschränkte Steuerpflicht). Bei beschränkt steuerpflichtigen Personen wird ausschließlich das inländische Einkommen erfasst (§ 49 EStG).
Einkünfteermittlung und Anknüpfungstatbestände
Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit werden nach § 19 EStG erfasst. Für die Zuordnung zu ausländischen Einkünften ist wesentlich, wo die Tätigkeit physisch ausgeübt wird sowie wer der Arbeitgeber ist. Ausländische Einkünfte liegen insbesondere vor, wenn die Arbeit außerhalb Deutschlands verrichtet und die Vergütung hierfür aus dem Ausland gezahlt wird.
Grundsatz der Territorialität
Deutschland folgt im Steuerrecht dem Prinzip der Territorialität, ergänzt durch das Welteinkommensprinzip. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit werden grundsätzlich dem Tätigkeitsstaat zugeordnet. Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten ist das sogenannte Tätigkeitsstättenprinzip nach OECD-Musterabkommen und bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen maßgeblich.
Doppelbesteuerungsabkommen und Vermeidung der Doppelbesteuerung
Rechtliche Grundlagen
Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) regeln, welcher Staat das Besteuerungsrecht in Bezug auf ausländische Einkünfte von Arbeitnehmern erhält. Grundlage hierfür ist meist Art. 15 OECD-Musterabkommen (Tätigkeitsortprinzip). Im Grundsatz steht das Besteuerungsrecht dem Staat zu, in dem die Arbeitsleistung tatsächlich erbracht wird.
Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
Freistellungsmethode
Bei Anwendung der Freistellungsmethode werden im Ansässigkeitsstaat, beispielsweise Deutschland, die ausländischen Einkünfte von der Besteuerung ausgenommen, können jedoch unter dem Progressionsvorbehalt (§ 32b EStG) berücksichtigt werden.
Anrechnungsmethode
Die im Ausland auf die Einkünfte gezahlte Steuer wird auf die heimische Steuer angerechnet (§ 34c EStG), sodass eine Doppelbesteuerung vermieden wird. Die konkrete Methode ergibt sich aus dem jeweiligen Abkommen.
Besonderheiten bei Grenzgängern und Auslandstätigkeitserlass
Für Grenzgänger, die in einem Staat wohnen und im anderen Staat arbeiten, gelten oftmals besondere Regelungen innerhalb der DBAs. Zusätzlich ist der sogenannte Auslandstätigkeitserlass relevant, der für bestimmte Auslandsentsendungen Steuerfreistellungen vorsieht.
Sozialversicherungsrechtliche Aspekte
Grundsatz der Sozialversicherungspflicht
Neben steuerlichen Fragen ist die sozialversicherungsrechtliche Behandlung bei ausländischen Einkünften relevant. Nach EU-Sozialversicherungsrecht sowie bilateralen Abkommen kann die Versicherungspflicht in mehreren Staaten auftreten. Maßgeblich ist hier oftmals ebenfalls der Ort der Tätigkeit oder das Entsendeland.
Entsendung und A1-Bescheinigung
Wird ein Arbeitnehmer von einem deutschen Arbeitgeber ins Ausland entsandt, kann unter bestimmten Voraussetzungen das deutsche Sozialversicherungsrecht weitergelten. Die A1-Bescheinigung dient hierbei als Nachweis. Fehlt eine solche Regelung, unterliegt der Arbeitnehmer den Vorschriften des Einsatzortes.
Lohnsteuerliche Behandlung ausländischer Einkünfte aus Arbeitsverhältnissen
Abzugsverfahren und Erklärungsobliegenheiten
Arbeitgeber müssen bei inländischen Beschäftigungsverhältnissen Lohnsteuer einbehalten. Bei ins Ausland entsandten Arbeitnehmern kann dieser Abzugsmechanismus entfallen, sofern der Lohn ausländischer Steuer unterliegt. Der Arbeitnehmer muss entsprechende ausländische Einkünfte in seiner Einkommensteuererklärung angeben.
Nachweis- und Dokumentationspflichten
Für die steuerliche Berücksichtigung ausländischer Einkünfte sind geeignete Nachweise erforderlich, beispielsweise ausländische Steuerbescheide, Verdienstbescheinigungen oder Arbeitsverträge. Das Finanzamt kann Nachweise zur steuerlichen Anrechnung oder Freistellung verlangen.
Praktische Beispiele
Beispiel 1: In Deutschland ansässiger Arbeitnehmer – zeitweise Tätigkeit im Ausland
Ein deutscher Entwicklungsingenieur arbeitet für 8 Monate seines Kalenderjahres bei einer Tochtergesellschaft in Frankreich. Die Vergütung dieses Zeitraums sind ausländische Einkünfte, da die Tätigkeit tatsächlich in Frankreich verrichtet wird. Die Steuerpflicht regelt sich nach dem deutschen-französischen DBA, meist durch Freistellung mit Progressionsvorbehalt.
Beispiel 2: Grenzgängerregelung
Eine Pflegekraft wohnt in Deutschland, arbeitet jedoch täglich in der Schweiz. Hier greifen spezielle Grenzgängerregelungen des deutschen-schweizerischen DBA, die sowohl steuerliche als auch sozialversicherungsrechtliche Aspekte berücksichtigen.
Übersicht relevanter Rechtsvorschriften und internationale Regelungen
Zentrale Rechtsquellen
- § 19 EStG (Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit)
- § 34c, § 32b, § 34d EStG (ausländische Einkünfte, Progressionsvorbehalt, Anrechnung)
- § 1, § 49 EStG (unbeschränkte und beschränkte Steuerpflicht)
- Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 15 OECD-Musterabkommen
- Auslandstätigkeitserlass
- Europäische Sozialversicherung (VO (EG) Nr. 883/2004)
- Entsendegesetzgebung und A1-Bescheinigung
Zusammenfassung
Ausländische Einkünfte aus Arbeitsverhältnissen beinhalten sämtliche nichtselbständige Einkünfte, die eine steuerlich relevante Beziehung zu einem ausländischen Staat aufweisen. Die Behandlung dieser Einkünfte ist von zahlreichen Faktoren abhängig, darunter der Ort der Arbeitsausübung, Ansässigkeit des Arbeitnehmers, der Sitz des Arbeitgebers sowie einschlägige Doppelbesteuerungsabkommen. Neben den steuerlichen Aspekten spielen auch sozialversicherungsrechtliche Aspekte eine bedeutende Rolle. Eine sorgfältige Prüfung der individuellen Umstände und der geltenden Rechtsvorschriften ist erforderlich, um Steuerpflichten und Doppelbesteuerung korrekt zu ermitteln und zu vermeiden.
Häufig gestellte Fragen
Wie werden ausländische Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Deutschland besteuert?
Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, also dem klassischen Arbeitsverhältnis, die im Ausland erzielt werden, unterliegen grundsätzlich der deutschen Einkommensteuer, sofern der Steuerpflichtige in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig ist (Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland gem. § 1 EStG). Für die Vermeidung einer Doppelbesteuerung bestehen in der Regel Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und dem ausländischen Staat. Diese Abkommen regeln, welchem Staat das Besteuerungsrecht zusteht. Wird das Besteuerungsrecht dem Tätigkeitsstaat zugewiesen, erfolgt in der deutschen Steuererklärung meist ein Freistellungsverfahren nach der sogenannten Freistellungsmethode (§ 50d EStG i.V.m. Art. 15 OECD-MA). In besonderen Fällen wird das Anrechnungsverfahren genutzt, bei dem die im Ausland gezahlte Steuer auf die deutsche Steuerschuld angerechnet wird (§ 34c EStG). Zu beachten ist außerdem die Anwendung des Progressionsvorbehalts (§ 32b EStG): Während die ausländischen Einkünfte selbst steuerfrei bleiben, erhöhen sie den Steuersatz, der auf das restliche in Deutschland zu versteuernde Einkommen angewandt wird.
Welche Nachweispflichten bestehen gegenüber dem Finanzamt bei ausländischen Lohneinkünften?
Steuerpflichtige müssen dem Finanzamt alle ausländischen Einkünfte vollständig und wahrheitsgemäß angeben und die zugehörigen Unterlagen beibringen. Im Falle ausländischer Arbeitslöhne sind insbesondere Gehaltsabrechnungen, Arbeitsverträge, Nachweise über Aufenthalt und Tätigkeitszeiten im Ausland sowie Steuerbescheinigungen oder Steuerbescheide aus dem Tätigkeitsstaat vorzulegen. Bei bestimmten Staaten müssen die Nachweise mit einer amtlichen Übersetzung – häufig auch beglaubigt – eingereicht werden. Die Finanzämter verlangen hierbei ggf. zusätzliche Nachweise, um das Besteuerungsrecht korrekt zu prüfen, z. B. Entsendungsbescheinigungen, Abordnungsunterlagen oder Sozialversicherungsnachweise. Es empfiehlt sich, frühzeitig mit dem Finanzamt Kontakt aufzunehmen, wenn spezifische Unterlagen gefordert werden könnten. Eine verspätete oder unvollständige Offenlegung kann zu Nachfragen, Rückfragen oder sogar steuerlichen Nachteilen führen.
Wie werden Sozialversicherungsbeiträge im Zusammenhang mit ausländischen Einkünften behandelt?
Sozialversicherungsbeiträge werden steuerlich unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob sie im In- oder Ausland gezahlt wurden und ob ein Sozialversicherungsabkommen zwischen den Staaten existiert. Wird ein Arbeitnehmer für eine Tätigkeit ins Ausland entsendet, bleibt er in der Regel für eine bestimmte Zeit weiterhin in der deutschen Sozialversicherungspflicht, sofern ein entsprechendes Abkommen vorliegt (z. B. innerhalb der EU oder mit Staaten mit Sozialversicherungsabkommen). Die im Ausland gezahlten Sozialversicherungsbeiträge können mitunter, wie die inländischen Beiträge, steuermindernd als Sonderausgaben angenommen werden (§ 10 EStG). Dies hängt jedoch von der Anerkennung der jeweiligen Versicherungsträger und dem Nachweis der Zahlungen ab. Ohne Abkommen kann es zu Problemen bei der Anerkennung kommen, sodass eine steuerliche Berücksichtigung möglicherweise entfällt.
Wann greift der Progressionsvorbehalt bei ausländischen Einkünften?
Der Progressionsvorbehalt findet bei der deutschen Besteuerung Anwendung, wenn bestimmte ausländische Einkünfte – wie Arbeitslohn, der aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens im Ausland besteuert wird – nach nationalem Recht zwar steuerbefreit sind, aber dennoch den Steuersatz für das übrige, in Deutschland steuerpflichtige, Einkommen beeinflussen. Das bedeutet, dass die ausländischen Einkünfte bei der Ermittlung des durchschnittlichen Steuersatzes berücksichtigt werden, auf den das übrige inländische Einkommen erhoben wird (§ 32b EStG). Diese Regelung führt zu einer höheren Besteuerung des in Deutschland verbleibenden steuerpflichtigen Einkommens, insbesondere bei hohen ausländischen Einkünften.
Welche Besonderheiten gelten bei kurzfristigen Auslandseinsätzen?
Bei kurzfristigen Tätigkeiten im Ausland besteht oftmals weiterhin ein Besteuerungsrecht Deutschlands, soweit der Arbeitnehmer im betreffenden Kalenderjahr nicht mehr als 183 Tage im ausländischen Staat anwesend ist und der Arbeitslohn nicht von einem im Tätigkeitsstaat ansässigen Arbeitgeber oder für eine ausländische Betriebsstätte gezahlt wird (Art. 15 Abs. 2 OECD-MA, oft übernommen in DBAs). Deutschland darf in diesem Fall grundsätzlich das Einkommen voll besteuern. Diese 183-Tage-Regel ist jedoch abhängig von der genauen Formulierung des jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens, weshalb immer eine Einzelfallprüfung erforderlich ist. Fällt ein Arbeitnehmer unter diese Regelung, müssen die ausländischen Einkünfte als Teil des Welteinkommens vollständig in der deutschen Steuererklärung angegeben werden.
Wie wird die Steuerpflicht bei mehreren ausländischen Arbeitsverhältnissen behandelt?
Hat ein Steuerpflichtiger parallel oder nacheinander mehrere Arbeitsverhältnisse in unterschiedlichen ausländischen Staaten, muss für jedes einzelne Arbeitsverhältnis geprüft werden, ob und nach welchen Kriterien das Einkommen in Deutschland zu versteuern ist. Entscheidend sind jeweils die Vorschriften des jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens. Es ist möglich, dass für einzelne Staaten das Besteuerungsrecht vollständig beim Tätigkeitsstaat und für andere beim Wohnsitzstaat liegt. Entsprechende Nachweise, wie Aufenthaltsbescheinigungen, Arbeitsverträge und Bestätigungen der jeweiligen Arbeitgeber, sind jeweils getrennt vorzulegen. Dabei ist auf eine ordnungsgemäße Zuordnung der Arbeitszeiträume und -orte zu achten.
Was ist bei der Währungsumrechnung ausländischer Einkünfte zu beachten?
Einkünfte, die in einer fremden Währung erzielt wurden, müssen für die Besteuerung in Deutschland zwingend in Euro umgerechnet werden (§ 8 Abs. 1 EStG). Maßgeblich ist hierfür grundsätzlich der im Zeitpunkt des Zuflusses geltende amtliche Devisenkurs. Für den Jahresabschluss oder bei regelmäßigen Zahlungen kann alternativ der von der Deutschen Bundesbank veröffentlichte durchschnittliche Jahreswechselkurs genutzt werden, sofern dies zu einer vereinfachten Ermittlung führt und keine erheblichen Schwankungen während des Jahres bestehen. Der gewählte Umrechnungskurs und die zugrundeliegenden Berechnungen müssen dokumentiert und im Zweifel dem Finanzamt dargelegt werden. Fehlerhafte Umrechnungen können zu Steuernachforderungen führen.