Ausländische Einkünfte aus Arbeitsverhältnissen: Begriff und Einordnung
Ausländische Einkünfte aus Arbeitsverhältnissen sind Vergütungen aus nichtselbständiger Arbeit, die einem anderen Staat zugeordnet werden als dem Staat, in dem die betroffene Person ansässig ist oder in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat. Maßgeblich ist regelmäßig der Ort, an dem die Arbeit tatsächlich ausgeübt wird (Tätigkeitsstaat). Arbeiten Beschäftigte zeitweise oder dauerhaft im Ausland, können Lohn und Gehaltsbestandteile ganz oder anteilig als ausländische Einkünfte gelten. Dies betrifft unter anderem Gehalt, Boni, Abfindungen, geldwerte Vorteile, Aktienoptionen und Reisekostenersatz, soweit sie in Zusammenhang mit der im Ausland ausgeübten Tätigkeit stehen.
Die rechtliche Einordnung dient der Bestimmung, in welchem Staat Steuer- und Sozialabgaben anfallen und wie eine doppelte Belastung vermieden wird. Grundlage sind innerstaatliche Regelungen, bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen sowie Sozialversicherungsabkommen und Koordinierungsvorschriften.
Anknüpfungspunkte der Besteuerung
Ansässigkeit und Steuerpflicht
Die steuerliche Zugehörigkeit einer Person richtet sich nach Ansässigkeit und gewöhnlichem Aufenthalt. Bei unbeschränkter Steuerpflicht umfasst die inländische Besteuerung grundsätzlich das Welteinkommen, also auch ausländische Einkünfte. Bei beschränkter Steuerpflicht erfasst die Besteuerung nur inländische Einkünfte. Doppelbesteuerungsabkommen ordnen Einkünfte zwischen Ansässigkeits- und Tätigkeitsstaat zu und regeln, wie Doppelbesteuerung vermieden wird.
Arbeitsortprinzip (Tätigkeitsstaat)
Für nichtselbständige Arbeit gilt vorrangig das Arbeitsortprinzip: Der Staat, in dem die Arbeitsleistung physisch erbracht wird, erhält regelmäßig ein Besteuerungsrecht. Werden Tätigkeiten in mehreren Staaten ausgeübt, erfolgt eine zeitanteilige Zuordnung der Vergütung (z. B. nach Arbeitstagen). Homeoffice-Tage im Ausland gelten dabei als im Homeoffice-Staat geleistete Arbeit.
Aufenthaltsdauer und 183-Tage-Regel in Abkommen
Viele Abkommen enthalten eine zeitbezogene Zuweisungsregel (häufig als 183-Tage-Regel bezeichnet). Danach verbleibt das Besteuerungsrecht für kurzfristige Auslandstätigkeiten unter bestimmten Voraussetzungen beim Ansässigkeitsstaat.
Typische Voraussetzungen
Wesentliche Kriterien sind die Anzahl der Aufenthaltstage im Tätigkeitsstaat innerhalb eines festgelegten Zeitraums, die Frage, wer wirtschaftlich als Arbeitgeber gilt, und ob eine Zahlstelle oder feste Einrichtung im Tätigkeitsstaat eingebunden ist. Werden die Voraussetzungen nicht erfüllt, steht das Besteuerungsrecht dem Tätigkeitsstaat zu.
Konzernentsendung und wirtschaftlicher Arbeitgeber
Bei konzerninternen Einsätzen kann der wirtschaftliche Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat liegen, selbst wenn der formale Vertrag bei einer anderen Konzerngesellschaft besteht. In solchen Fällen kann die zeitbezogene Ausnahme nicht greifen und das Tätigkeitsland erhält das Besteuerungsrecht.
Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
Freistellung mit Progressionsvorbehalt
Häufig werden im Tätigkeitsstaat besteuerte Lohneinkünfte im Ansässigkeitsstaat von der Steuer freigestellt, aber zur Bestimmung des Steuersatzes berücksichtigt. Dadurch fließen ausländische Einkünfte in die Berechnung der individuellen Progression ein, ohne erneut versteuert zu werden.
Anrechnungsmethode
Alternativ kann der Ansässigkeitsstaat die ausländische Steuer auf die inländische Steuer anrechnen. Die Anrechnung ist regelmäßig begrenzt auf die auf diesen Teil des Einkommens entfallende inländische Steuer.
Besonderheiten der Lohn- und Einkommensteuer
Lohnsteuerabzug, Quellensteuer und Registrierung
Übt eine Person Arbeit im Ausland aus, kann der Tätigkeitsstaat einen Lohnsteuerabzug verlangen. Dies kann eine Registrierung des Arbeitgebers oder der Zahlstelle im Tätigkeitsstaat auslösen. Fehlt eine inländische Zahlstelle, erfolgt die Erhebung oft über eine Quellensteuer oder über eine persönliche Veranlagung im Tätigkeitsstaat. Parallel können im Ansässigkeitsstaat Erklärungspflichten bestehen, wobei die Doppelbesteuerungsvermeidungsmethoden zur Anwendung kommen.
Grenzgänger
Für Grenzgänger existieren mit einigen Nachbarstaaten besondere Abkommen. Sie ordnen das Besteuerungsrecht abweichend zu, häufig an den Wohnsitzstaat, knüpfen dies jedoch an enge Voraussetzungen, insbesondere regelmäßige Rückkehr und begrenzte Tätigkeitstage außerhalb des Grenzgebiets. Werden Schwellenwerte überschritten, kann das Tätigkeitsland das Besteuerungsrecht erhalten.
Remote Work und grenzüberschreitendes Homeoffice
Arbeit im Homeoffice außerhalb des Arbeitgebersitzstaats gilt als im Homeoffice-Staat ausgeübt. Dadurch entsteht dort grundsätzlich ein Besteuerungsrecht. Bei dauerhaften Konstellationen kann ein Risiko für die Begründung einer betrieblichen Präsenz des Arbeitgebers im Ausland entstehen, was zusätzliche Steuer- und Lohnabzugspflichten im Homeoffice-Staat auslösen kann.
Abfindungen, Boni, Aktienoptionen und mehrjährige Vergütungen
Einmalvergütungen und variable Komponenten werden regelmäßig dem Zeitraum und den Orten der zugrunde liegenden Tätigkeit zugeordnet. Mehrjährig erarbeitete Boni oder Mitarbeiterbeteiligungen werden entsprechend der Erwerbs- und Vesting-Phasen auf die betroffenen Staaten aufgeteilt. Abfindungen werden je nach Ausgestaltung dem Tätigkeitsstaat zugeordnet, in dem die anspruchsbegründende Tätigkeit ausgeübt wurde, oder dem Staat, in dem das Arbeitsverhältnis zuletzt bestand.
Reisekosten, Spesen und geldwerte Vorteile
Erstattungen und Sachbezüge, die im Zusammenhang mit der Auslandsarbeit stehen (z. B. Unterkunft, Verpflegung, Firmenwagen, Umzugskosten), sind nach lokalem Steuerrecht und Abkommensregeln einzuordnen. Oft entscheidet der Tätigkeitsort über die steuerliche Behandlung.
Sonderfälle: Transportpersonal, öffentliche Hand, Künstler und Sportler
Für Besatzungen in der internationalen Beförderung, Mitarbeitende im öffentlichen Dienst sowie für künstlerische und sportliche Tätigkeiten sehen Abkommen häufig abweichende Zuweisungsregeln vor. Das Besteuerungsrecht kann dabei speziell festgelegt oder zwischen Ansässigkeits- und Tätigkeitsstaat geteilt sein.
Sozialversicherung bei Auslandsbeschäftigung
Grundprinzipien der Zuordnung
Die Zuordnung zur Sozialversicherung folgt anderen Regeln als die Steuer. Grundsätzlich gilt das Beschäftigungsortprinzip: Sozialversicherungspflicht entsteht in dem Staat, in dem die Arbeit tatsächlich ausgeübt wird. Für grenzüberschreitende Beschäftigte existieren jedoch Koordinierungsvorschriften und Abkommen, die Abweichungen erlauben.
EU/EWR/Schweiz: Koordinierung und Entsendung
Innerhalb der EU, des EWR und der Schweiz koordinieren einheitliche Vorschriften die Zuständigkeit. Bei befristeter Entsendung bleibt die Zuständigkeit häufig im Entsendestaat, nachzuweisen durch eine A1-Bescheinigung. Bei Tätigkeit in mehreren Staaten gelten besondere Regeln, die auf die wesentlichen Arbeitsanteile und den Wohnsitz abstellen.
Abkommen mit Drittstaaten und Staaten ohne Abkommen
Mit zahlreichen Drittstaaten bestehen bilaterale Sozialversicherungsabkommen, die einzelne Zweige (zum Beispiel Rente oder Krankenversicherung) koordinieren. Ohne Abkommen kann es zu Doppelbeiträgen kommen, wenn sowohl der Heimat- als auch der Tätigkeitsstaat Beiträge erheben.
Beiträge, Meldungen und Leistungsansprüche
Je nach Zuständigkeit sind Beiträge im betreffenden System zu entrichten. Dies kann Meldepflichten der Arbeitgeberseite im Ausland auslösen. Leistungsansprüche richten sich nach dem Recht des zuständigen Systems; Koordinierungsregeln sorgen für Anrechnung von Zeiten und vermeiden Lücken.
Entsendung, Versetzung und lokale Anstellung
Entsendung
Bei Entsendungen bleibt das ursprüngliche Arbeitsverhältnis bestehen, die Tätigkeit wird vorübergehend im Ausland erbracht. Abkommen können steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten vorsehen. Entscheidend sind Dauer, Weisungsbefugnis und Kosten- bzw. Lohnträgerschaft.
Versetzung und Local Hire
Bei dauerhafter Versetzung oder lokaler Anstellung im Ausland verlagert sich die Zuordnung regelmäßig vollständig in den Tätigkeitsstaat. Dies betrifft sowohl die Lohnbesteuerung als auch die Sozialversicherung, sofern keine Koordinierungsvorschrift entgegensteht.
Betriebsstättenrisiko und Arbeitgeberbegriff
Dauert die Auslandspräsenz an und wird sie organisatorisch dem Arbeitgeber zugerechnet, kann eine steuerliche Präsenz im Ausland begründet werden. Dies führt im Tätigkeitsstaat zu zusätzlichen Verpflichtungen. Für die einkommensteuerliche Zuweisung ist zudem maßgeblich, wer wirtschaftlich als Arbeitgeber auftritt und die Vergütung trägt.
Dokumentation, Nachweise und zeitliche Zuordnung
Aufenthaltstage und Tätigkeitsorte
Die Zuweisung von Besteuerungsrechten und die Anwendung zeitbezogener Regeln setzen genaue Aufzeichnungen über Aufenthaltstage und Tätigkeitsorte voraus. Reisetage werden je nach Abkommen unterschiedlich gewertet.
Bescheinigungen und Nachweise
Für die Steuer- und Sozialversicherungszuordnung sind Nachweise wie Ansässigkeitsbestätigungen, A1-Bescheinigungen und lohnbezogene Unterlagen erforderlich. Sie dienen der Vermeidung von Doppelbelastungen und der Anerkennung von Freistellungen oder Anrechnungen.
Aufteilung von Vergütungsbestandteilen
Bei mehreren Tätigkeitsstaaten ist eine sachgerechte Aufteilung der Vergütung erforderlich. Häufig dienen Arbeitstage als Aufteilungsmaßstab. Für mehrjährige Vergütungen kommt es auf den Zeitraum der Leistungserbringung an.
Typische Fallkonstellationen
Kurzfristige Projektarbeit im Ausland
Bei kurzzeitigen Auslandseinsätzen kann das Besteuerungsrecht unter den Voraussetzungen von Abkommen beim Ansässigkeitsstaat verbleiben. Werden Schwellenwerte oder weitere Kriterien überschritten, erhält der Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht.
Grenzpendeln mit regelmäßiger Rückkehr
Für Grenzpendler gelten je nach Nachbarstaat besondere Regelungen, die das Besteuerungsrecht abweichend zuteilen und an die Einhaltung spezifischer Rückkehr- und Tätigkeitskriterien anknüpfen.
Remote Work aus dem Ausland für einen inländischen Arbeitgeber
Dauerhaftes Arbeiten aus dem Ausland führt regelmäßig zu einem Besteuerungsrecht des Aufenthaltsstaats für die entsprechenden Arbeitstage und kann dort zusätzliche Arbeitgeberpflichten auslösen.
Führungskraft mit globaler Tätigkeit und Bonus
Bei globaler Tätigkeit werden Boni nach den Orten der zugrunde liegenden Leistungserbringung anteilig zugeordnet. Abkommen regeln die Verteilung der Besteuerungsrechte und die Vermeidung der Doppelbesteuerung.
Häufig gestellte Fragen
Wann gelten Lohnzahlungen als ausländische Einkünfte aus Arbeitsverhältnissen?
Sie gelten als ausländische Einkünfte, wenn die Arbeitsleistung physisch im Ausland erbracht wird oder wenn Abkommen die Zuordnung dem Ausland zuweisen. Maßgeblich ist der Tätigkeitsort, nicht allein der Sitz des Arbeitgebers oder die Zahlstelle.
Welche Rolle spielt die 183-Tage-Regel?
Die 183-Tage-Regel in Abkommen ordnet kurzfristige Auslandstätigkeiten häufig dem Ansässigkeitsstaat zu, wenn bestimmte Voraussetzungen zur Aufenthaltsdauer, zum wirtschaftlichen Arbeitgeber und zur Zahlstelle im Tätigkeitsstaat erfüllt sind. Werden diese nicht erfüllt, besteuert der Tätigkeitsstaat.
Wie werden Boni, Abfindungen und Aktienoptionen im Auslandsbezug zugeordnet?
Solche Vergütungen werden in der Regel dem Zeitraum und den Staaten zugeordnet, in denen die zugrunde liegende Tätigkeit erbracht wurde. Mehrjährige Komponenten werden entsprechend ihrer Erwerbs- und Vesting-Phasen verteilt.
Gilt Homeoffice im Ausland als im Ausland ausgeübte Arbeit?
Ja. Homeoffice-Tage im Ausland gelten als dort erbrachte Arbeit. Das kann im Homeoffice-Staat ein Besteuerungsrecht sowie lohnsteuerliche und sozialversicherungsrechtliche Verpflichtungen auslösen.
Wie wird Doppelbesteuerung bei ausländischen Lohneinkünften vermieden?
Abkommen sehen vor allem die Freistellungsmethode (häufig mit Progressionsvorbehalt) oder die Anrechnungsmethode vor. Welche Methode gilt, ergibt sich aus dem jeweiligen Abkommen und dem innerstaatlichen Recht.
Welche Besonderheiten bestehen für Grenzgänger?
Grenzgängerregelungen weisen das Besteuerungsrecht abweichend zu, meist an den Wohnsitzstaat, und knüpfen dies an enge Voraussetzungen wie regelmäßige Rückkehr und begrenzte Tätigkeitstage außerhalb des Grenzgebiets.
Wie wird die Sozialversicherung bei Auslandsbeschäftigung bestimmt?
Grundsätzlich gilt das Beschäftigungsortprinzip. Innerhalb der EU, des EWR und der Schweiz sowie mit einzelnen Drittstaaten regeln Koordinierungsvorschriften und Abkommen Ausnahmen, etwa bei Entsendungen, nachweisbar durch entsprechende Bescheinigungen.
Können Arbeitgeberpflichten im Ausland entstehen?
Bei Ausübung von Arbeit im Ausland können Registrierung, Lohnsteuerabzug, Beitragsmeldungen und weitere Pflichten im Tätigkeitsstaat anfallen. Dies betrifft insbesondere dauerhafte oder umfangreiche Tätigkeiten und Konstellationen mit wirtschaftlicher Arbeitgeberfunktion im Ausland.