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Ausländische Arbeitnehmer


Begriff und Anwendungsbereich von „Ausländische Arbeitnehmer“

Der Begriff ausländische Arbeitnehmer bezeichnet Personen, die eine Staatsangehörigkeit besitzen, die sich von derjenigen des Beschäftigungsstaates unterscheidet, und dort eine unselbständige Erwerbstätigkeit ausüben. In Deutschland wird hierbei insbesondere zwischen Arbeitnehmern aus EU-Mitgliedstaaten, EWR-Staaten und Drittstaaten unterschieden. Die rechtliche Behandlung ausländischer Arbeitnehmer ist durch nationale sowie supranationale Regelwerke geprägt und umfasst Regelungen zum Arbeitsmarktzugang, zur Erwerbstätigkeit, zum Aufenthaltsrecht und zu arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften.


Rechtlicher Rahmen

Aufenthaltsrechtliche Voraussetzungen

Aufenthaltstitel und Arbeitserlaubnis

Ausländische Arbeitnehmer aus sogenannten Drittstaaten – das sind Staaten außerhalb der EU und des EWR – benötigen für die Aufnahme einer Beschäftigung in Deutschland regelmäßig einen Aufenthaltstitel, der eine Erwerbstätigkeit ausdrücklich erlaubt (§ 4a AufenthG). Die häufigsten Aufenthaltstitel für Erwerbszwecke sind:

  • Blaue Karte EU (§ 18b Abs. 2 AufenthG)
  • Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung (§ 18a, § 18b, § 18d AufenthG)
  • Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthG)
  • ICT-Karte für unternehmensinterne Transfers (§ 19 AufenthG)

Vor Arbeitsaufnahme ist zudem die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erforderlich, es sei denn, eine gesetzliche Ausnahmeregelung greift oder ein Freizügigkeitsrecht besteht.

Arbeitnehmer aus EU-/EWR-Staaten

Für Unionsbürger gilt die Arbeitnehmerfreizügigkeit nach § 2 FreizügG/EU i.V.m. Art. 45 AEUV. Hierdurch haben Staatsangehörige der EU- und EWR-Staaten grundsätzlich freien Zugang zum Arbeitsmarkt und unterliegen keinen besonderen Beschränkungen hinsichtlich des Aufenthalts oder der Aufnahme einer Tätigkeit.


Arbeitsmarktzugang und Beschäftigungserlaubnis

Vorrangprüfung und Zustimmungsverfahren

Bei der Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen prüft die Bundesagentur für Arbeit, ob für die beabsichtigte Tätigkeit bevorrechtigte Arbeitnehmer – etwa Deutsche, EU- oder EWR-Bürger – zur Verfügung stehen (Vorrangprüfung gemäß § 39 Abs. 2 AufenthG). Insbesondere für hochqualifizierte Tätigkeiten, Engpassberufe und Auszubildende bestehen jedoch erleichterte Bedingungen oder Ausnahmen von der Vorrangprüfung.

Entsendungen und Grenzgänger

Bei Entsendung durch einen im Ausland ansässigen Arbeitgeber sind zusätzliche Regelungen zu beachten, insbesondere die Entsenderichtlinie (Richtlinie 96/71/EG) und das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG). Grenzgänger, die grenzüberschreitend tätig sind, unterliegen teilweise anderen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen.


Arbeitsrechtliche Stellung

Geltung des Arbeitsrechts

Ausländische Arbeitnehmer unterliegen im Beschäftigungsstaat grundsätzlich denselben arbeitsrechtlichen Bestimmungen wie inländische Arbeitnehmer. Dazu zählen insbesondere:

  • Arbeitsschutzgesetze (z.B. Arbeitszeitgesetz, Mutterschutzgesetz)
  • Mindestlohngesetz
  • Kündigungsschutzgesetz
  • Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen, sofern anwendbar

Nach deutschem Recht verbietet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eine Diskriminierung wegen der nationalen oder ethnischen Herkunft. Entgeltgleichheit und gleiche Arbeitsbedingungen sind zu gewährleisten.

Sozialversicherung

Arbeitnehmer aus EU-/EWR-Staaten und der Schweiz sind im Rahmen der europäischen Koordination (VO [EG] 883/2004) in der deutschen Sozialversicherung pflichtversichert, sofern das Beschäftigungsverhältnis in Deutschland ausgeübt wird. Für Drittstaatsangehörige gilt das deutsche Sozialversicherungsrecht grundsätzlich ebenfalls, wenn sie in Deutschland arbeiten, vorbehaltlich anderweitiger Regelungen durch Sozialversicherungsabkommen.


Besondere Regelungen und Herausforderungen

Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen

Für bestimmte reglementierte Berufe ist eine Anerkennung der im Ausland erworbenen Qualifikationen notwendig (§ 3 BQFG). Dies betrifft unter anderem Gesundheitsberufe, das Lehramt und Ingenieurberufe. Die Anerkennungsverfahren werden von den jeweils zuständigen Stellen nach dem Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz durchgeführt.

Diskriminierungsschutz und Gleichbehandlung

Arbeitnehmer mit ausländischer Staatsbürgerschaft haben Anspruch auf Gleichbehandlung im Arbeitsverhältnis (§ 1 AGG). Benachteiligungen aufgrund der Herkunft sind unzulässig. Auch im Hinblick auf Tarifbindung und betriebliche Beteiligungsrechte besteht kein Unterschied zu deutschen Arbeitnehmern, sofern die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind.

Besonderheiten bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses hat bei ausländischen Arbeitnehmern oft auch aufenthaltsrechtliche Konsequenzen. Der Wegfall des Arbeitsplatzes kann zum Verlust des Aufenthaltstitels führen, sofern dieser an das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses geknüpft ist. Es bestehen jedoch zum Teil Übergangsfristen zur Arbeitsplatzsuche (§ 20 AufenthG).


Sonderformen: Saisonarbeit, Werkverträge und Gastarbeit

Saisonbeschäftigte

Für Saisonkräfte, etwa in der Landwirtschaft oder der Gastronomie, gibt es spezielle Regelungen hinsichtlich der Aufenthalts- und Beschäftigungserlaubnis (§ 19c Abs. 1 AufenthG, § 15d BeschV). Die Beschäftigung ist zeitlich begrenzt und unterliegt besonderen Vorgaben.

Werkvertragsarbeitnehmer

Bei der Beschäftigung im Rahmen von Werkverträgen gelten die Regularien zur Arbeitnehmerüberlassung (§ 1 AÜG), sofern die Voraussetzungen einer Arbeitnehmerüberlassung vorliegen.

Historischer Kontext: Gastarbeiter

Der Begriff Gastarbeiter bezeichnete insbesondere Arbeitnehmer aus dem Ausland, die im Rahmen von Anwerbeabkommen (z.B. mit Italien, der Türkei, Griechenland) in den 1950er bis 1970er Jahren zeitlich befristet nach Deutschland kamen. Inzwischen werden diese Beschäftigungsformen durch umfangreiche rechtliche Regelungen abgelöst.


Internationale Abkommen und supranationale Regelungen

Europäische Union

Im Binnenmarkt der EU ist die Arbeitnehmerfreizügigkeit ein Grundpfeiler. Sie betrifft sowohl den Zugang zum Arbeitsmarkt als auch die Anerkennung von Berufsqualifikationen, den Sozialversicherungsschutz und die Niederlassungsfreiheit (Art. 45 ff. AEUV).

Bilaterale Abkommen

Mit zahlreichen Staaten bestehen bilaterale Abkommen, etwa über Sozialversicherung oder die Entsendung von Arbeitnehmern, wie z.B. das deutsch-türkische Sozialversicherungsabkommen.


Praxisrelevante Aspekte

Meldepflichten und Arbeitsschutz

Arbeitgeber haben vor Beginn der Beschäftigung zu prüfen, ob ein erforderlicher Aufenthaltstitel vorliegt und gegebenenfalls eine Anmeldung bei den zuständigen Ausländerbehörden vorzunehmen. Die Einhaltung von Mindestarbeitsbedingungen und Arbeitsschutzstandards wird durch verschiedene Kontrollbehörden überwacht.

Sanktionen bei Verstößen

Verstöße gegen arbeits- oder aufenthaltsrechtliche Vorschriften (etwa unerlaubte Beschäftigung oder Scheinarbeitsverhältnisse) können zu erheblichen Sanktionen führen, darunter Bußgelder, strafrechtliche Konsequenzen und aufenthaltsrechtliche Maßnahmen (z.B. Ausweisung des Arbeitnehmers).


Literatur und weiterführende Informationen

  • Aufenthaltsgesetz (AufenthG)
  • Fachkräfteeinwanderungsgesetz
  • Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
  • Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG)
  • Mindestlohngesetz (MiLoG)
  • EU-Richtlinien und Verordnungen zur Freizügigkeit

Mit dieser ausführlichen Darstellung werden die rechtlichen Grundlagen und spezifischen Fragestellungen zum Begriff „ausländische Arbeitnehmer“ umfassend erläutert. Arbeitgeber und Arbeitnehmer erhalten so einen fundierten Überblick über die vielfältigen Rechtsquellen und praktischen Anforderungen im Umgang mit ausländischen Beschäftigten im deutschen Arbeitsrecht.

Häufig gestellte Fragen

Was muss ein deutscher Arbeitgeber rechtlich beachten, wenn er ausländische Arbeitnehmer einstellen möchte?

Vor der Einstellung eines ausländischen Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber zwingend prüfen, ob die betreffende Person über die erforderlichen Aufenthaltstitel und Arbeitserlaubnisse verfügt. Staatsangehörige aus EU-/EWR-Staaten und der Schweiz genießen grundsätzlich Arbeitnehmerfreizügigkeit und benötigen keine Arbeitserlaubnis. Für Drittstaatsangehörige ist vor Beschäftigungsaufnahme ein Aufenthaltstitel mit dem Zusatz „Erwerbstätigkeit gestattet“ oder eine entsprechende Arbeitserlaubnis erforderlich, meistens in Form eines Aufenthaltstitels nach dem Aufenthaltsgesetz (§ 18a, § 18b, § 19c AufenthG). Der Arbeitgeber ist verpflichtet, sich die entsprechenden Dokumente vorlegen zu lassen und deren Gültigkeit sowie Rechtmäßigkeit zu prüfen und zu dokumentieren. Im Falle einer Beschäftigung ohne ordnungsgemäße Aufenthaltserlaubnis drohen erhebliche Bußgelder und strafrechtliche Konsequenzen. Außerdem sind alle üblichen arbeitsrechtlichen Regelungen – wie etwa Mindestlohn, Arbeitszeiterfassung oder Arbeitsschutz – auch für ausländische Arbeitnehmer einzuhalten.

Welche Meldepflichten bestehen für ausländische Arbeitnehmer?

Deutsche Arbeitgeber müssen ausländische Arbeitnehmer wie deutsche Arbeitnehmer bei den zuständigen Institutionen anmelden. Dazu zählt insbesondere die Anmeldung bei der Sozialversicherung über die Sozialversicherungsträger sowie die Lohnsteueranmeldung beim Finanzamt. Zudem besteht für Arbeitgeber die Verpflichtung, die Daten der Beschäftigten im Lohnkonto zu dokumentieren. Für bestimmte Herkunftsländer (Nicht-EU/EWR/Schweiz) gilt eine weitere Informationspflicht gegenüber der Bundesagentur für Arbeit, vor allem wenn der Aufenthaltstitel an bestimmte Auflagen oder Bedingungen geknüpft ist. Ebenso müssen Arbeitnehmer mit einer Aufenthaltserlaubnis ihren eigenen Wohnsitz beim Bürgeramt anmelden, was der Arbeitgeber prüfen sollte.

Welche arbeitsrechtlichen Besonderheiten gelten für ausländische Arbeitnehmer?

Grundsätzlich genießen ausländische Arbeitnehmer denselben arbeitsrechtlichen Schutz wie deutsche Arbeitnehmer, darunter beispielsweise Kündigungsschutz, Anspruch auf Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und das Recht auf einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Allerdings kann es Besonderheiten geben, wenn die Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis an Bedingungen geknüpft ist, z. B. Beschäftigung nur in bestimmten Branchen, bei bestimmten Arbeitgebern oder in Teilzeit. Arbeitgeber müssen diese Auflagen kennen und streng einhalten. Für entsandte Arbeitnehmer aus dem Ausland gelten zudem die Massgaben des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG), insbesondere in Bezug auf Mindestentgelte und Arbeitsbedingungen.

Welche Folgen drohen bei einer illegalen Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern?

Werden ausländische Arbeitnehmer ohne gültigen Aufenthaltstitel oder Arbeitserlaubnis beschäftigt, begehen Arbeitgeber eine Ordnungswidrigkeit, die mit empfindlichen Geldbußen geahndet werden kann – im Einzelfall bis zu 500.000 Euro. Bei wiederholten oder systematisch angelegten Verstößen kann auch eine Strafbarkeit nach § 95 Aufenthaltsgesetz oder § 266a StGB (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt) vorliegen. Zudem kann ein gesetzlicher Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgen und im Fall der Entdeckung muss der Arbeitgeber gegebenenfalls Sozialversicherungsbeiträge und Steuern nachzahlen. Auch für den ausländischen Arbeitnehmer selbst kann die illegale Beschäftigung weitreichende Konsequenzen wie Ausweisung oder ein Beschäftigungsverbot nach sich ziehen.

Welche Regelungen gelten hinsichtlich der Sozialversicherung?

Für ausländische Arbeitnehmer gilt grundsätzlich eine Sozialversicherungspflicht, sofern sie in Deutschland beschäftigt werden. Sie unterliegen damit der deutschen Kranken-, Pflege-, Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherungspflicht, soweit keine Ausnahme nach dem europäischen oder bilateralen Sozialversicherungsabkommen vorliegt (z.B. bei Entsendung mit A1-Bescheinigung). Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer rechtzeitig und ordnungsgemäß bei allen relevanten Sozialversicherungsträgern anmelden. Bei Verstößen drohen Nachzahlungen sowie Bußgelder. Für Grenzgänger oder entsandte Arbeitnehmer gelten je nach Herkunftsland und Dauer der Beschäftigung besondere Regelungen, die im Einzelfall sorgfältig zu prüfen sind.

Welche Vorgaben existieren bei der Entlohnung von ausländischen Arbeitnehmern?

Ausländische Arbeitnehmer haben Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn sowie unter Umständen auf branchenspezifische Mindestlöhne nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) oder dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Diskriminierende Unterschiede in der Bezahlung aufgrund der Herkunft sind nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ausdrücklich verboten. Die Vergütung muss den gleichen Vorgaben und Sätzen entsprechen wie bei vergleichbaren deutschen Arbeitnehmern. Auch steuerrechtliche Vorgaben (z.B. Steueridentifikationsnummer, Lohnsteuerabzug) müssen eingehalten werden. Bei Verstößen drohen Sanktionen durch das Zollamt (Finanzkontrolle Schwarzarbeit).

Müssen Qualifikationen und Abschlüsse aus dem Ausland anerkannt werden?

Je nach Berufsfeld ist die Anerkennung ausländischer Qualifikationen und Abschlüsse rechtlich vorgeschrieben, insbesondere bei reglementierten Berufen wie Ärzt:innen, Ingenieur:innen, Rechtsanwält:innen, Pflegekräften oder Lehrkräften. Das Anerkennungsverfahren erfolgt über spezielle Behörden und Kammern und richtet sich nach dem Gesetz über die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen (Anerkennungsgesetz, BQFG) sowie ggf. branchenspezifischen Landesregelungen. Der Nachweis einer erfolgreichen Anerkennung ist für die Erteilung von Aufenthaltstiteln zur Erwerbstätigkeit erforderlich. Arbeitgeber sollten sich vor Vertragsabschluss über den Stand der Anerkennung informieren und entsprechende Unterlagen einfordern.