Ausländerwahlrecht, kommunales – Begriff und Einordnung
Unter dem kommunalen Ausländerwahlrecht versteht man die rechtliche Möglichkeit von Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit, an Wahlen und gegebenenfalls Abstimmungen auf kommunaler Ebene teilzunehmen oder für kommunale Vertretungen zu kandidieren. Kommunalwahlen betreffen die Selbstverwaltung der Gemeinden, Städte und Landkreise. In Deutschland ist dieses Wahlrecht primär für Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union vorgesehen. Für Staatsangehörige aus Staaten außerhalb der Europäischen Union besteht in Deutschland derzeit kein allgemeines kommunales Wahlrecht.
Das kommunale Ausländerwahlrecht ist vom Wahlrecht auf Landes- und Bundesebene abzugrenzen. Es bezieht sich ausschließlich auf die lokale Ebene und umfasst typischerweise die Wahl von Gemeinde- oder Stadträten, Kreistagen sowie – je nach örtlicher Struktur – Bezirksvertretungen oder vergleichbaren Gremien.
Rechtsrahmen und Systematik
Die Ausgestaltung des kommunalen Ausländerwahlrechts ergibt sich aus einem Zusammenspiel von verfassungsrechtlichen Grundsätzen, unionsrechtlichen Vorgaben sowie landesrechtlichen Regelungen zur Durchführung der Kommunalwahlen. Der grundsätzliche Anknüpfungspunkt von Wahlrechten ist die Staatsangehörigkeit. Eine unionsrechtlich begründete Ausnahme besteht für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, die ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat haben: Sie sind auf kommunaler Ebene weitgehend den Staatsangehörigen gleichgestellt. Die Details der Wahlverfahren, Fristen, Unterlagen und Gremienzuständigkeiten regeln die Länder.
Geltungsbereich in Deutschland
In Deutschland umfasst das kommunale Ausländerwahlrecht insbesondere die Teilnahme von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern an Kommunalwahlen am Wohnsitz. Dies betrifft Gemeinden, Städte, Kreise und in einigen Stadtstaaten auch untergeordnete Verwaltungseinheiten mit kommunalvertretender Funktion. Drittstaatsangehörige – also Personen, die nicht die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates besitzen – sind in Deutschland derzeit nicht zu kommunalen Wahlen zugelassen. Das kommunale Ausländerwahlrecht erstreckt sich nicht auf Landtags- oder Bundestagswahlen.
Vergleichende Perspektive
Einige europäische Staaten gewähren unter bestimmten Voraussetzungen auch Drittstaatsangehörigen das kommunale Wahlrecht. In Deutschland ist eine solche Erweiterung bislang nicht umgesetzt. Gleichwohl wird auf politischer Ebene regelmäßig über eine Öffnung diskutiert, die rechtlich eine Änderung der maßgeblichen Grundlagen voraussetzen würde.
Inhalt des Wahlrechts
Aktives Wahlrecht (Stimmabgabe)
Das aktive Wahlrecht umfasst das Recht, bei kommunalen Wahlen die Stimme abzugeben. Es setzt die Zugehörigkeit zur wahlberechtigten Personengruppe, ein bestimmtes Mindestalter und einen Wohnsitz in der jeweiligen Kommune voraus. Zudem ist in der Regel eine Mindestdauer des Aufenthalts am Ort vorgesehen. Unionsbürgerinnen und Unionsbürger nehmen an den Kommunalwahlen ihres Wohnsitzes unter denselben Stimmrechtsgrundsätzen teil wie deutsche Staatsangehörige: Allgemeinheit, Unmittelbarkeit, Freiheit, Gleichheit und Geheimheit der Wahl. Mehrfachabstimmungen sind ausgeschlossen.
Betroffene Körperschaften und Gremien
Das kommunale Ausländerwahlrecht bezieht sich auf die Vertretungskörperschaften der Gemeinden und Landkreise. Je nach Bundesland können darunter fallen:
– Gemeinderäte, Stadträte oder Stadtverordnetenversammlungen
– Kreistage
– Bezirks- oder Ortsteilvertretungen, sofern ihnen eine kommunalvertretende Funktion zukommt
Wahlmodalitäten
Die konkreten Wahlmodalitäten – etwa Stimmzählverfahren, Kumulieren und Panaschieren, Stimmzettelgestaltung sowie die Gliederung in Wahlbereiche – sind landesrechtlich unterschiedlich geregelt. Für wahlberechtigte Unionsbürgerinnen und Unionsbürger gelten nach Eintragung in das Wählerverzeichnis dieselben Modalitäten wie für deutsche Wahlberechtigte.
Passives Wahlrecht (Kandidatur)
Das passive Wahlrecht ist das Recht, sich um ein Mandat in einer kommunalen Vertretung zu bewerben. Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sind in Deutschland grundsätzlich für kommunale Vertretungen wählbar. Für bestimmte hauptamtliche Leitungsämter der kommunalen Exekutive können besondere Eignungsvoraussetzungen gelten, die eine Staatsangehörigkeitserfordernis vorsehen. Die genauen Zulassungsvoraussetzungen, Fristen und Verfahrenswege für Wahlvorschläge bestimmen die Länder.
Teilnahmevoraussetzungen und Verfahren
Eintragung in das Wählerverzeichnis
Voraussetzung für die Stimmabgabe ist die Eintragung in das Wählerverzeichnis der Kommune. Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, die erstmals an einer Kommunalwahl in Deutschland teilnehmen möchten, müssen sich regelmäßig vorab registrieren lassen. Nach erfolgter Ersteintragung erfolgt die Führung im Wählerverzeichnis bei fortbestehendem Wohnsitz in der Regel fortlaufend. Die Eintragung setzt einen Wohnsitz im Wahlgebiet sowie das Erfüllen der wahlrechtlichen Alters- und Fristanforderungen voraus.
Nachweise und Fristen
Für Registrierung und Wahlteilnahme sind personenbezogene Basisdaten erforderlich. Die Einzelheiten zu Fristen, Antragswegen und ggf. beizubringenden Nachweisen richten sich nach dem Landesrecht und den organisatorischen Vorgaben der zuständigen Wahlbehörden. Maßgeblich ist der Stichtag, zu dem das Wählerverzeichnis erstellt oder abgeschlossen wird.
Schutzprinzipien und Wahlorganisation
Kommunalwahlen unterliegen Grundprinzipien wie Geheimheit, Freiheit, Gleichheit und Unmittelbarkeit der Wahl. Die Wahlorgane führen Wählerverzeichnisse, versenden Wahlbenachrichtigungen, richten Wahllokale ein und überwachen die ordnungsgemäße Durchführung. Wahlprüfung, Einspruchsmöglichkeiten und die Feststellung des amtlichen Endergebnisses sind rechtlich vorgegeben.
Beschränkungen und Ausschlüsse
Typische Beschränkungen ergeben sich aus:
– Nichtvorliegen der Staatsangehörigkeitsvoraussetzung (insbesondere Drittstaatsangehörige in Deutschland)
– Nichterreichen des Mindestalters oder der erforderlichen Mindestaufenthaltsdauer
– Fehlen der Eintragung im Wählerverzeichnis
– Wahlrechtsausschlüssen, die gesetzlich für besondere Fälle vorgesehen sind
– Verbot mehrfacher Stimmabgabe bei Wohnsitzen in mehreren Kommunen oder Staaten
Wahlen, Abstimmungen und sonstige Beteiligungsformen
Viele Länder sehen neben Wahlen auch direktdemokratische Verfahren auf kommunaler Ebene vor, etwa Bürgerbegehren und Bürgerentscheide. Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sind in der Regel einbezogen, sofern die landesrechtlichen Bestimmungen die Teilnahme an die kommunale Wahlberechtigung knüpfen. Drittstaatsangehörige sind üblicherweise nicht beteiligt. Daneben existieren in einigen Kommunen Gremien wie Integrations- oder Migrationsräte; deren Bestellung folgt besonderen Regelungen und ist vom allgemeinen kommunalen Wahlrecht zu unterscheiden.
Abgrenzungen
Das kommunale Ausländerwahlrecht ist strikt von Wahlrechten auf Landes- und Bundesebene getrennt. Es begründet kein Stimmrecht für Landtags- oder Bundestagswahlen. Ebenfalls abzugrenzen sind Wahlen oder Berufungen zu beratenden Gremien, die speziell auf die Interessen von zugewanderten Einwohnerinnen und Einwohnern ausgerichtet sind; diese besitzen keinen Status allgemeiner Kommunalwahlen.
Aktuelle Entwicklungen und Diskussion
In Deutschland wird wiederkehrend über eine Ausweitung des kommunalen Wahlrechts auf Drittstaatsangehörige diskutiert. Eine solche Änderung setzt voraus, dass die maßgeblichen rechtlichen Grundlagen entsprechend angepasst werden. Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union hat dazu geführt, dass britische Staatsangehörige ohne weitere EU-Staatsangehörigkeit in Deutschland nicht mehr in den Kreis der unionsrechtlich wahlberechtigten Personen fallen. Politische und rechtliche Debatten betreffen zudem Detailfragen der Kandidaturrechte, der Einbindung in direktdemokratische Verfahren und der Ausgestaltung von Ausschluss- und Fristenregelungen.
Häufig gestellte Fragen
Wer gilt im Kontext des kommunalen Ausländerwahlrechts als „Ausländer“?
Als „Ausländer“ gelten Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sind Ausländer im staatsrechtlichen Sinn, genießen aber auf kommunaler Ebene besondere, unionsrechtlich begründete Wahlrechte. Drittstaatsangehörige sind Personen, die weder die deutsche noch die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates besitzen.
Dürfen Unionsbürgerinnen und Unionsbürger in Deutschland an Kommunalwahlen teilnehmen?
Ja. Unionsbürgerinnen und Unionsbürger mit Wohnsitz in einer deutschen Kommune sind auf kommunaler Ebene in der Regel wahlberechtigt und können – nach Eintragung in das Wählerverzeichnis und Erfüllung der üblichen Alters- und Aufenthaltsvoraussetzungen – ihre Stimme abgeben. Sie werden damit in den kommunalen Wahlakt weitgehend einbezogen.
Haben Drittstaatsangehörige kommunales Wahlrecht in Deutschland?
Derzeit besteht für Drittstaatsangehörige in Deutschland kein allgemeines kommunales Wahlrecht. Eine Erweiterung würde rechtliche Änderungen auf übergeordneter Ebene erfordern. In anderen Ländern können teils abweichende Regelungen gelten.
Können Unionsbürgerinnen und Unionsbürger in Deutschland für kommunale Mandate kandidieren?
Grundsätzlich ja. Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sind in Deutschland in der Regel auch passiv wahlberechtigt und damit für Sitze in kommunalen Vertretungen wählbar. Für bestimmte kommunale Leitungsämter können besondere Zugangsvoraussetzungen gelten, die eine Staatsangehörigkeitserfordernis vorsehen.
Gilt das kommunale Ausländerwahlrecht auch für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide?
Häufig ja, sofern die landesrechtlichen Bestimmungen die Teilnahme an die kommunale Wahlberechtigung knüpfen. In diesen Fällen sind Unionsbürgerinnen und Unionsbürger einbezogen. Drittstaatsangehörige sind grundsätzlich nicht beteiligt, sofern keine besonderen Regelungen bestehen.
Wie wird eine doppelte Stimmabgabe verhindert?
Die Wahlteilnahme setzt die Eintragung in das Wählerverzeichnis der Kommune voraus. Eine Stimmabgabe ist nur einmal zulässig; mehrfaches Wählen – etwa bei mehreren Wohnsitzen oder in verschiedenen Staaten – ist ausgeschlossen. Wahlorganisation und Verzeichnisführung sind darauf ausgelegt, Mehrfachstimmabgaben zu verhindern.
Welche Folgen hatte der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU?
Britische Staatsangehörige ohne weitere EU-Staatsangehörigkeit fallen seit dem Austritt nicht mehr unter die unionsrechtlichen Wahlberechtigungen. Ein kommunales Wahlrecht in Deutschland besteht für sie daher grundsätzlich nicht mehr, soweit keine andere Grundlage greift.
Welche Änderungen werden diskutiert?
Diskutiert werden insbesondere eine mögliche Öffnung des kommunalen Wahlrechts für Drittstaatsangehörige sowie Detailfragen zur Ausgestaltung von Kandidaturrechten und direktdemokratischen Beteiligungsformen. Eine Umsetzung setzt Änderungen der maßgeblichen rechtlichen Grundlagen voraus.