Begriff und rechtliche Einordnung der Ausländersicherheitsleistung
Die Ausländersicherheitsleistung ist ein im deutschen Recht verankerter Mechanismus, der es deutschen Gerichten und Behörden ermöglicht, von Ausländerinnen und Ausländern, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland haben, eine Sicherheit für potenzielle Prozess- oder Verwaltungskosten zu verlangen. Die Regelung dient dem Schutz der Prozessgegner und des Staates vor dem Risiko, dass Kosten nicht beigetrieben werden können, wenn sich die Zahlungspflichtigen der deutschen Gerichtsbarkeit entziehen.
Die Rechtsgrundlagen und Anwendungsbereiche der Ausländersicherheitsleistung sind vorrangig in den Zivilprozessordnungen sowie teils in Verwaltungs- und Steuerverfahren geregelt.
Rechtliche Grundlagen
Zivilprozessordnung (ZPO)
Die maßgeblichen Regelungen zur Ausländersicherheitsleistung finden sich in den §§ 110 ff. Zivilprozessordnung (ZPO). Nach § 110 Abs. 1 ZPO kann von einer klagenden Partei, die ihren Wohnsitz nicht im Inland hat, verlangt werden, eine Sicherheit für die Kosten des Rechtsstreits zu leisten (sogenannte Prozesskostensicherheit).
Voraussetzungen
- Fehlender inländischer Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt: Die klagende Partei muss eine Person sein, die weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich der ZPO hat.
- Antrag des Beklagten: Die Ausländersicherheitsleistung wird nur auf Antrag des Beklagten angeordnet.
- Nichtanerkennung von Urteilen im Ausland: Die Pflicht entfällt, wenn bestehende völkerrechtliche Verträge oder Verordnungen (z. B. das Brüsseler Übereinkommen oder Brüssel-Ia-Verordnung) die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen sicherstellen.
Höhe und Form der Sicherheit
Das Gericht bestimmt nach Ermessen die Höhe der zu leistenden Sicherheit. Diese soll die voraussichtlich entstehenden Prozesskosten (Gerichts- und Anwaltskosten inklusive etwaiger Auslagen) abdecken. Die Sicherheitsleistung kann in verschiedener Form erbracht werden, etwa durch
- Hinterlegung von Geldbeträgen,
- Bürgschaften,
- Bankgarantien.
Ausnahmen von der Sicherheitsleistungspflicht
Nicht alle ausländischen Klägerinnen und Kläger sind zur Sicherheitsleistung verpflichtet. Die ZPO und internationale Abkommen sehen bestimmte Ausnahmen vor:
- Gegenseitigkeit: Wenn im Herkunftsstaat des Klägers auch deutsche Staatsangehörige ohne Einschränkung prozessieren können, entfällt die Pflicht zur Sicherheitsleistung. Dies wird durch völkerrechtliche Abkommen oder bilaterale Verträge geregelt.
- Anerkennung und Vollstreckbarkeit von Urteilen: Besteht aufgrund internationaler Vorschriften (insbesondere europäische Regelungen) ein uneingeschränkter Zugang zur Anerkennung und Vollstreckung deutscher Urteile im Ausland, entfällt die Verpflichtung.
- Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich der Verordnung: Für Staatsangehörige von EU-Mitgliedstaaten mit Wohnsitz innerhalb der Union entfällt regelmäßig die Pflicht zur Sicherheitsleistung aufgrund der Brüssel-Ia-Verordnung.
Verfahren und praktische Durchführung
Beantragung und gerichtliche Entscheidung
Ein Antrag auf Anordnung einer Ausländersicherheitsleistung kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden. Über den Antrag entscheidet das Gericht durch Beschluss. Gegen die Anordnung ist ein Rechtsmittel in Form der sofortigen Beschwerde gemäß § 567 ZPO möglich.
Folgen bei Nichtleistung der Sicherheit
Erbringt die klagende Partei die angeordnete Sicherheit nicht innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist, kann das Gericht die Klage als unzulässig abweisen. Dies führt dazu, dass der Prozess nicht fortgeführt und über die Sache nicht entschieden wird.
Ausländersicherheitsleistung im Verwaltungs- und Steuerrecht
Auch außerhalb des Zivilprozesses finden sich Regelungen zur Ausländersicherheitsleistung, etwa im Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) oder der Abgabenordnung (AO), wenn Gebühren- oder Kostenerstattungsansprüche zu sichern sind. Die Voraussetzungen und das Verfahren entsprechen im Wesentlichen den zivilprozessualen Vorgaben, können jedoch im Detail abweichen. Ziel bleibt der Schutz der öffentlichen Hand oder des Prozessgegners vor einem Ausfall der Kostenerstattung.
Auswirkungen durch völkerrechtliche und europäische Abkommen
Die Bedeutung der Ausländersicherheitsleistung hat sich durch den Ausbau internationaler Abkommen und europäischer Harmonisierung erheblich verändert. Insbesondere im Verhältnis zu Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) ist das Erfordernis der Sicherheitsleistung weitgehend entfallen. Weitere völkerrechtliche Verträge, wie beispielsweise das Haager Übereinkommen über den Zivilprozess, haben die Geltung der Sicherheitsleistungspflicht zusätzlich eingeschränkt.
Rechtsfolgen und Bedeutung in der Praxis
Die Anordnung einer Ausländersicherheitsleistung hat erhebliche praktische Auswirkungen, da sie den Zugang ausländischer Klägerinnen und Kläger zu deutschen Gerichten finanziell erschweren kann. Sie dient jedoch dem berechtigten Interesse der Kostensicherung und ist ein anerkanntes Instrument zum Ausgleich von Vollstreckungsrisiken bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten.
Zusammenfassung
Die Ausländersicherheitsleistung ist ein bedeutsames Instrument des deutschen Verfahrensrechts zum Schutz der Kostenerstattungsansprüche gegen ausländische Klägerinnen und Kläger. Sie ist in der ZPO ebenso wie punktuell im Verwaltungs- und Steuerrecht geregelt, jedoch durch internationale und europäische Vereinbarungen vielfach eingeschränkt. Ihre praktische Bedeutung besteht insbesondere noch im Verhältnis zu Drittstaaten außerhalb der EU und des EWR.
Literatur und weiterführende Vorschriften
- §§ 110 ff. ZPO (Zivilprozessordnung)
- Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 (Brüssel Ia)
- Haager Übereinkommen über den Zivilprozess von 1954
- Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
- Abgabenordnung (AO)
Dieser Artikel erläutert umfassend die rechtlichen Grundlagen, Ausnahmen, Verfahren und aktuellen Entwicklungen zur Ausländersicherheitsleistung und bietet eine fundierte Grundlage für die vertiefende Recherche im deutschsprachigen Rechtswesen.
Häufig gestellte Fragen
Wann wird eine Ausländersicherheitsleistung im deutschen Recht angeordnet?
Die Ausländersicherheitsleistung wird im deutschen Recht angeordnet, wenn im Rahmen eines Gerichtsprozesses oder bei Verwaltungsverfahren ein ausländischer Kläger oder Beklagter auftritt und Zweifel bestehen, dass im Fall eines negativen Urteils die Zahlung von Prozesskosten, Kosten des Gegners oder eventueller Schadensersatzansprüche von diesem befriedigt werden können. Die Sicherungsanordnung basiert insbesondere auf §§ 110 ff. ZPO (Zivilprozessordnung), die sogenannte „Kostensicherheit fremder Kläger“ regeln. In Ausländerfällen kann entweder das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag der Gegenpartei eine Ausländersicherheitsleistung anordnen, wobei regelmäßig Staaten, die ein internationales Abkommen mit der Bundesrepublik Deutschland über die gegenseitige Befreiung von Sicherheitsleistungen wegen Prozesskosten abgeschlossen haben, ausgenommen sind. Der Hintergrund liegt vor allem in der Vollstreckungsunsicherheit jenseits deutscher Hoheitsgrenzen; das deutsche Recht möchte verhindern, dass Kosten im Inland nicht durchgesetzt werden können.
Welche Parteien können von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung betroffen sein?
Von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung betroffen sind typischerweise die Kläger, die keinen Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder Geschäftsbetrieb im Inland oder in der Europäischen Union bzw. einem Vertragstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) haben. Die Verpflichtung kann aber im Ausnahmefall nach richterlicher Entscheidung auch gegenüber einem Beklagten ausgesprochen werden, etwa bei Widerklagen oder besonderen Konstellationen, wenn diese Partei sich auf Einreden oder Ansprüche beruft, die Prozesskosten entstehen lassen. Auch juristische Personen mit Sitz im Ausland können betroffen sein. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung ist der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Klage.
Welche Formen kann die Sicherheitsleistung annehmen und wie erfolgt die Hinterlegung?
Die Sicherheitsleistung kann grundsätzlich in unterschiedlichen Formen erbracht werden, die im Gesetz konkret benannt sind. Sie erfolgt regelmäßig als Hinterlegung eines Geldbetrages bei der Gerichtskasse, der dem zu sichernden Betrag entspricht. Grundsätzlich ist aber auch die Stellung einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft oder die Hinterlegung von Wertpapieren im Sinne des § 234 BGB möglich. Die genaue Art der Leistung richtet sich nach den Anordnungen des Gerichts und dem Sicherungsbedürfnis. Die Hinterlegung muss so ausgestaltet sein, dass der gesicherte Anspruch schnell, sicher und bedingungslos realisierbar ist-also insbesondere keine Rechtsunsicherheiten hinsichtlich der Abrufbarkeit oder Verwertbarkeit bestehen.
Gibt es Ausnahmen oder Befreiungen von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung?
Es bestehen verschiedene Ausnahmen und Befreiungen, die insbesondere durch völkerrechtliche Verträge oder europarechtliche Regelungen begründet sind. Bürger von Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraums oder solcher Staaten, mit denen ein bilaterales oder multilaterales Abkommen zur Befreiung von Sicherheitsleistungen geschlossen wurde, sind von der Verpflichtung befreit. Ebenfalls besteht eine Ausnahme, wenn das Vermögen des Ausländers im Inland hinreichend sicher erscheint oder insbesondere bei Klagen des Ausländers, für die eine öffentliche Rechtsschutzbedürftigkeit, wie z.B. bei Unionsbürgerrechten, anerkannt wird. In Einzelfällen kann das Gericht zudem auf Antrag auf die Sicherheitsleistung verzichten, insbesondere wenn die Durchsetzung der Kosten im Ausland voraussichtlich gewährleistet ist.
Wie wird die Höhe der Sicherheitsleistung bestimmt und kann sie nachträglich angepasst werden?
Die Höhe der Sicherheitsleistung bemisst sich nach den voraussichtlichen Kosten des Rechtsstreits, zu denen unter anderem Gerichtskosten, Kosten für Zeugen und Sachverständige sowie die Kosten der anwaltlichen Vertretung der Gegenseite zählen. Die genaue Höhe legt das Gericht fest, häufig unter Zugrundelegung eines Kostenfestsetzungsbeschlusses auf Grundlage der vorgetragenen Streitwerte und zu erwartenden Verfahrensschritte. Sollten sich die Prozesskosten im Verlauf des Verfahrens verändern-beispielsweise durch Klageerweiterung, Prozesskostenhilfe oder den Eintritt weiterer Parteien-kann das Gericht die Sicherheitsleistung nachträglich erhöhen oder absenken. Umgekehrt kann die bereits erbrachte Sicherheit, sofern sie den aktuellen Bedarf übersteigt, teilweise freigegeben werden.
Welche Rechtsfolgen hat die Nichtleistung der Ausländersicherheitsleistung?
Unterbleibt die fristgerechte Leistung der angeordneten Sicherheit, so sieht das deutsche Recht schwerwiegende prozessuale Konsequenzen vor: Insbesondere kann das Gericht auf Antrag die Klage als unzulässig abweisen (§ 113 ZPO). Das Gericht setzt hierbei regelmäßig eine angemessene Frist zur Erbringung der Sicherheit und weist auf die Konsequenzen ausdrücklich hin. Die Wirkung erstreckt sich ausschließlich auf diejenige Partei, die zur Leistung verpflichtet ist; andere Parteien oder verbundene Verfahren bleiben hiervon unberührt. Geleistete Sicherheiten können im Übrigen nach endgültigem Verfahrensabschluss zurückgefordert werden, soweit sie nicht zur Kostendeckung herangezogen wurden.
Wie wird die Freigabe oder Rückzahlung der Sicherheitsleistung geregelt?
Die Freigabe oder Rückzahlung der Ausländersicherheitsleistung erfolgt nach Beendigung des Verfahrens oder sobald das Sicherungsinteresse entfällt, beispielsweise wenn dem Sicherungsnehmer ein vollstreckbarer Kostenfestsetzungsbeschluss gegen den Ausländer vorliegt oder feststeht, dass keine Kosten mehr zu erwarten sind. Die Freigabe erfolgt auf gerichtlichen Beschluss hin und wird meist nach Antragstellung bei der zuständigen Gerichtskasse vollzogen. Die Partei, die die Sicherheit geleistet hat, hat einen Rechtsanspruch auf Rückgabe der Sicherheitsleistung, soweit sie nicht vom Gegner oder Gericht zur Begleichung von Kosten herangezogen werden musste. Ist die Sicherheit durch Bürgschaft erbracht worden, wird die Originalbürgschaftsurkunde herausgegeben oder der Bürge schriftlich von seiner Verpflichtung entbunden.