Ausländersicherheitsleistung: Begriff, Zweck und Einordnung
Die Ausländersicherheitsleistung bezeichnet eine Sicherheitsleistung, die von Personen oder Unternehmen ohne inländischen Wohnsitz oder Sitz verlangt werden kann, um voraussichtliche Verfahrenskosten abzusichern. Der Begriff begegnet vor allem im Zivilprozess, kann aber auch in anderen Rechtsbereichen eine Rolle spielen. Ziel ist es, die Kostenerstattung gegenüber Beteiligten zu sichern, deren Vermögen sich im Ausland befindet und deren Inanspruchnahme im Inland erschwert sein kann.
Synonyme und nahe Begriffe sind unter anderem „Prozesskostensicherheit“, „Ausländersicherheit“ oder allgemein „Sicherheitsleistung zur Kostendeckung“. Die Ausländersicherheitsleistung ist von anderen Sicherheiten – etwa Kautionen in Bußgeld- oder Verwaltungssachen – abzugrenzen.
Anwendungsbereich
Zivilverfahren
Im Zivilprozess kann eine ausländische klagende Partei zur Leistung einer Sicherheit für die zu erwartenden Prozesskosten des Gegners verpflichtet werden. Diese Möglichkeit dient dem Schutz der beklagten Partei vor dem Risiko, dass Kostenerstattungsansprüche nach Verfahrensende im Ausland nur schwer oder gar nicht durchsetzbar sind. Erfasst werden natürliche Personen und Unternehmen ohne inländischen Wohnsitz oder Sitz.
Es bestehen anerkannte Ausnahmen. Häufig entfällt die Pflicht zur Sicherheitsleistung bei Wohnsitz oder Sitz in Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums; auch völkerrechtliche Vereinbarungen zur gegenseitigen Kostenerstattung oder zum Diskriminierungsverbot sind relevant. Ebenso kann die Pflicht entfallen, wenn im Inland ausreichendes Vermögen vorhanden ist, aus dem eine Kostenerstattung realistisch durchgesetzt werden kann. Bei bewilligter staatlicher Prozesskostenhilfe wird regelmäßig keine Sicherheit verlangt.
Ordnungswidrigkeiten und strafprozessuale Bezüge
Außerhalb des Zivilprozesses können Sicherheitsleistungen von ausländischen Betroffenen in Betracht kommen, wenn Geldsanktionen im Raum stehen und die spätere Vollstreckung mangels inländischer Anknüpfungspunkte unsicher erscheint. Hierzu zählen insbesondere Sicherheitsleistungen zur Sicherung erwarteter Geldbußen oder Verfahrenskosten bei Personen ohne festen inländischen Aufenthalt. Diese Sicherheiten sind ihrem Zweck nach nicht identisch mit der zivilprozessualen Prozesskostensicherheit.
Verwaltungs- und Abgabenrecht
Auch in Verwaltungsverfahren, im Abgaben- und Zollrecht können Sicherheiten verlangt werden, zum Beispiel zur Absicherung von Abgabenforderungen oder Kosten. Dabei handelt es sich um eigenständige Sicherungsinstrumente, die unabhängig von der zivilprozessualen Ausländersicherheitsleistung ausgestaltet sind und anderen Voraussetzungen folgen.
Voraussetzungen und Ablauf im Zivilprozess
Antragserfordernis und Zeitpunkt
Die Anordnung einer Ausländersicherheitsleistung erfolgt im Zivilprozess in der Regel nicht von Amts wegen, sondern auf Antrag der beklagten Partei. Der Antrag muss frühzeitig gestellt werden, regelmäßig bevor das Gericht in die inhaltliche Erörterung der Sache eintritt. Ein verspäteter Antrag kann unzulässig sein.
Entscheidung des Gerichts und Bemessung
Das Gericht entscheidet über das Ob und die Höhe der Sicherheit. Maßgeblich sind die voraussichtlich entstehenden und erstattungsfähigen Kosten, insbesondere:
- Gerichtsgebühren und Auslagen
- Anwaltsvergütungen der gegnerischen Partei
- Reisekosten, Zeugenkosten und Sachverständigenkosten
- Übersetzungs- und Zustellungskosten
Ändert sich der Kostenvorschussbedarf im Laufe des Verfahrens wesentlich, kann das Gericht die Sicherheit entsprechend anpassen, etwa nachträglich erhöhen oder herabsetzen.
Form der Sicherheitsleistung
Als Formen der Sicherheitsleistung kommen regelmäßig in Betracht:
- Einzahlung eines Geldbetrages (gerichtliche Hinterlegung)
- Unbedingte, selbstschuldnerische Bürgschaft oder Garantie einer geeigneten Bank oder Versicherung
- Weitere von Gerichten anerkannte Sicherungsmittel, die gleichwertig und ohne nennenswerte Vollstreckungsrisiken sind
Die Anerkennung der konkreten Sicherheitsform liegt beim Gericht. Die Sicherheit wird zugunsten der Erstattungspflichtigen geleistet und nach Beendigung des Verfahrens je nach Kostenentscheidung freigegeben oder verwertet.
Folgen fehlender Sicherheitsleistung
Wird die angeordnete Sicherheit nicht innerhalb der gesetzten Frist erbracht, kann das Gericht die Klage als unzulässig behandeln oder das Verfahren bis zur Leistung der Sicherheit aussetzen. Bereits eingetretene Fristen und prozessuale Wirkungen des Verfahrens hängen von der jeweiligen Konstellation ab.
Ausnahmen und Befreiungen
Die Pflicht zur Ausländersicherheitsleistung ist nicht schrankenlos. Häufig anerkannte Fallgruppen für den Entfall sind:
- Wohnsitz oder Sitz in Staaten mit unionsrechtlicher oder staatsvertraglicher Gleichbehandlung
- Vorhandenes, leicht zugängliches Vermögen im Inland, das eine effektive Kostenerstattung erwarten lässt
- Bewilligte staatliche Unterstützung für Verfahrenskosten
- Konstellationen, in denen die Gegenseite selbst bestimmte Verfahrensrollen innehat (z. B. bei Gegenansprüchen im selben Verfahren)
Ob eine Ausnahme vorliegt, beurteilt das Gericht nach den Umständen des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der internationalen Bezüge.
Rechtsschutz und Überprüfung
Gegen die Anordnung, Ablehnung oder Bemessung der Ausländersicherheitsleistung stehen Rechtsbehelfe zur Verfügung. Zudem ist eine Anpassung möglich, wenn sich die Kostenlage wesentlich ändert oder wenn neue Umstände eintreten, die eine Befreiung nahelegen. Die Kontrolle erfolgt durch die hierfür vorgesehenen Instanzen.
Abgrenzungen
Sicherheitsleistung im einstweiligen Rechtsschutz
Bei vorläufigen Maßnahmen (zum Beispiel Eilentscheidungen) kann das Gericht jeder Partei eine Sicherheitsleistung zur Absicherung möglicher Schäden der Gegenseite auferlegen. Das ist ein eigenständiges Sicherungsinstrument und nicht auf ausländische Beteiligte beschränkt.
Kautionen und Hinterlegungen in anderen Rechtsgebieten
Kautionen in Bußgeld-, Verwaltungs- oder Steuerverfahren dienen der Sicherung spezifischer Ansprüche (etwa Geldbußen oder Abgaben). Sie unterscheiden sich in Zweck, Voraussetzungen, Verfahren und Verwertung deutlich von der zivilprozessualen Ausländersicherheitsleistung.
Internationale und verfassungsrechtliche Bezüge
Die Ausgestaltung der Ausländersicherheitsleistung steht im Spannungsfeld zwischen Zugang zur Justiz und dem Schutz berechtigter Kostenerstattungsinteressen. Aspekte der Gleichbehandlung, des Diskriminierungsverbots, der Verhältnismäßigkeit sowie unions- und völkerrechtliche Bindungen sind zu beachten. Internationale Abkommen können die Pflicht zur Sicherheitsleistung einschränken oder ausschließen.
Kosten- und Risikoverteilung
Die Sicherheit deckt nur solche Kosten, die nach Verfahrensrecht erstattungsfähig sind. Nach Abschluss des Verfahrens entscheidet das Gericht über die Kostentragung. Die Sicherheit wird dann entsprechend freigegeben oder zur Befriedigung der erstattungsberechtigten Partei herangezogen. Nicht verbrauchte Beträge sind zurückzuzahlen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet Ausländersicherheitsleistung im Zivilprozess?
Sie ist eine vom Gericht angeordnete Sicherheit einer klagenden Partei ohne inländischen Wohnsitz oder Sitz, um die voraussichtlichen Prozesskosten der beklagten Partei abzusichern. Sie soll verhindern, dass Kostenerstattungsansprüche nach dem Verfahren leer laufen.
Wer kann die Ausländersicherheitsleistung beantragen?
In der Regel die beklagte Partei. Der Antrag ist frühzeitig zu stellen, üblicherweise bevor das Gericht die Sache inhaltlich verhandelt. Das Gericht prüft, ob die Voraussetzungen vorliegen und ob Ausnahmen greifen.
Welche Kosten umfasst die Sicherheitsleistung typischerweise?
Erfasst werden üblicherweise erstattungsfähige Gerichtsgebühren, Anwaltskosten der Gegenseite, Auslagen für Zeugen, Sachverständige, Reisen und notwendige Übersetzungen sowie Zustellungen. Die konkrete Höhe bestimmt das Gericht nach voraussichtlichem Aufwand.
Gibt es Ausnahmen für EU-/EWR-Beteiligte oder aufgrund internationaler Abkommen?
Häufig ja. Bei Wohnsitz oder Sitz in bestimmten Staaten entfällt die Pflicht zur Sicherheitsleistung, etwa aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben oder völkerrechtlicher Gleichbehandlungs- und Vollstreckungsabkommen. Ob eine Ausnahme greift, wird im Einzelfall geprüft.
In welcher Form kann die Sicherheit geleistet werden?
Üblich sind Geldhinterlegungen bei Gericht sowie unbedingte Bürgschaften oder Garantien geeigneter Kreditinstitute oder Versicherer. Entscheidend ist, dass die Sicherheit gleichwertig, verlässlich und ohne zusätzliche Vollstreckungsrisiken verwertbar ist.
Was passiert, wenn die Sicherheit nicht fristgerecht gestellt wird?
Das Gericht kann die Klage als unzulässig behandeln oder das Verfahren bis zur Erbringung der Sicherheit aussetzen. Die konkreten Folgen richten sich nach dem Stand des Verfahrens und der gerichtlichen Anordnung.
Gilt die Ausländersicherheitsleistung auch außerhalb des Zivilprozesses?
In anderen Rechtsgebieten existieren eigenständige Sicherungsinstrumente, etwa Kautionen zur Sicherung erwarteter Geldbußen oder Abgaben. Diese unterscheiden sich in Zweck, Voraussetzungen und Verfahren von der zivilprozessualen Prozesskostensicherheit.
Kann die Höhe der Sicherheit nachträglich geändert werden?
Ja. Ergibt sich ein erhöhter oder verminderter Kostenvorschussbedarf, kann das Gericht die Sicherheit anpassen. Auch neue Umstände, die eine Ausnahme begründen, können berücksichtigt werden.