Legal Wiki

Wiki»Legal Lexikon»Familienrecht»Auskundschaften von Staatsgeheimnissen

Auskundschaften von Staatsgeheimnissen

Begriff und Schutzrichtung

Unter Auskundschaften von Staatsgeheimnissen versteht man das zielgerichtete, unbefugte Beschaffen oder Sich-Verschaffen von Informationen, die aufgrund ihres Inhalts zum Schutz der staatlichen Sicherheit besonders geheimhaltungsbedürftig sind. Das Auskundschaften ist ein schwerwiegender Eingriff in die Handlungs- und Verteidigungsfähigkeit des Staates und zählt in Deutschland zu den staatsschutzrechtlichen Straftaten. Geschützt werden insbesondere die äußere Sicherheit, die internationale Handlungsfähigkeit, militärische und nachrichtendienstliche Belange sowie besonders schutzwürdige staatliche Planungen.

Tatobjekt: Was ist ein Staatsgeheimnis?

Inhalt und Abgrenzung

Staatsgeheimnisse sind Tatsachen, Gegenstände oder Kenntnisse, die nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und deren Geheimhaltung erforderlich ist, um erhebliche Nachteile für die Sicherheit des Staates abzuwenden. Entscheidend ist nicht die formale Bezeichnung, sondern die tatsächliche Schutzbedürftigkeit: Informationen, deren Offenbarung die äußere Sicherheit, die Verteidigungsbereitschaft, internationale Beziehungen oder zentrale Sicherheitsinteressen schwer beeinträchtigen kann, gelten als besonders geheimhaltungswürdig.

Geheimhaltungsstufen und Praxis

Administrative Einstufungen (etwa Verschlusssachestufen) sind ein starkes Indiz, aber nicht allein ausschlaggebend. Auch Informationen ohne formale Kennzeichnung können Staatsgeheimnisse sein, wenn ihr Inhalt die geschützten Belange betrifft. Umgekehrt begründet eine bloße Einstufung ohne konkrete Sicherheitsrelevanz nicht automatisch den Charakter eines Staatsgeheimnisses.

Tathandlungen des Auskundschaftens

Beschaffen und Sich-Verschaffen

Das Auskundschaften umfasst alle Handlungen, die darauf gerichtet sind, sich den geheimen Inhalt zu verschaffen oder die eigene Kenntnis zu vertiefen. Dazu gehören das Ermitteln, Suchen, Sammeln, Erheben oder sonstige Erlangen von Zugang zu einem Staatsgeheimnis. Unerheblich ist, ob dies körperlich (z. B. Einsicht in Unterlagen) oder digital (z. B. Zugriff auf gespeicherte Daten) erfolgt.

Mögliche Vorgehensweisen (allgemein)

In Betracht kommen vielfältige, auch verdeckte Vorgehensweisen: das Ausnutzen organisatorischer Schwachstellen, das Ansprechen und Beeinflussen von Personen mit Zugang, die Nutzung technischer Hilfsmittel zum Erlangen von Informationen oder das Umgehen von Zugangsbeschränkungen. Entscheidend ist die zielgerichtete Beschaffung geheimhaltungsbedürftiger Inhalte ohne Befugnis.

Abgrenzung zu bloßem Wahrnehmen

Werden Staatsgeheimnisse zufällig wahrgenommen, liegt noch kein Auskundschaften vor. Überschreitet das Verhalten jedoch die Grenze zum aktiven, zielgerichteten Ermitteln oder Vertiefen der Kenntnis, kann es als Auskundschaften gewertet werden. Maßgeblich ist die Absicht, sich die Information unbefugt zu verschaffen.

Subjektive Seite

Vorsatz und Geheimnisbewusstsein

Erforderlich ist grundsätzlich Vorsatz. Die handelnde Person muss wissen oder zumindest in Kauf nehmen, dass es sich um ein Staatsgeheimnis handelt, und die unbefugte Beschaffung wollen. Irrtümer über die Geheimhaltungsbedürftigkeit sind rechtlich bedeutsam, wenn sie den Vorsatz betreffen.

Zielrichtung des Handelns

Bei besonders schweren Konstellationen spielt die Zielrichtung eine Rolle, etwa wenn die Information zugunsten einer fremden Macht beschafft oder für eine Weitergabe an ausländische Stellen bestimmt ist. Eine entsprechende Ausrichtung des Handelns kann die Einordnung in strengere Deliktsvarianten und damit gravierendere Rechtsfolgen begründen.

Täterkreis und Beteiligungsformen

Wer kann Täter sein?

Das Auskundschaften ist grundsätzlich nicht auf Amtsträger beschränkt. Täter können Personen innerhalb oder außerhalb des Staatsdienstes sein. Bei Personen mit besonderer Verschwiegenheitspflicht kommen daneben eigenständige Tatbestände in Betracht, wenn solche Pflichten verletzt werden.

Mittäterschaft und Unterstützung

Beteiligungen durch Anstiftung, Unterstützung oder arbeitsteiliges Zusammenwirken sind rechtlich erfasst. Die Mitwirkung logistischer, organisatorischer oder technischer Art kann zu eigener Verantwortlichkeit führen, wenn sie das Auskundschaften ermöglicht oder fördert.

Abgrenzung zu verwandten Straftatbeständen

  • Preisgabe amtlicher oder dienstlicher Geheimnisse: richtet sich gegen Pflichtverletzungen von Personen mit besonderer Amts- oder Dienststellung.
  • Landesverrat: erfasst die Weitergabe von Staatsgeheimnissen, insbesondere mit Gefährdung der äußeren Sicherheit oder zugunsten einer ausländischen Macht.
  • Nachrichtendienstliche Agententätigkeit: stellt die Tätigkeit für einen ausländischen Nachrichtendienst unter Strafe, auch ohne konkretes Staatsgeheimnis.
  • Ausspähen oder Abfangen von Daten: allgemeine Delikte der Informations- und IT-Sicherheit, die neben dem Auskundschaften einschlägig sein können.
  • Verletzung von Privatgeheimnissen: schützt private Geheimnisse; nur ausnahmsweise deckungsgleich mit Staatsgeheimnissen.

Versuch, Vorbereitung und Konkurrenzen

Bereits der Versuch des Auskundschaftens kann strafbar sein. In schwerwiegenden Staatsschutzbereichen können zudem bestimmte Vorbereitungshandlungen eigenständig erfasst sein, etwa das Anwerben von Quellen oder das Einrichten verdeckter Zugänge mit staatsschutzrelevanter Zielrichtung. Treffen mehrere Delikte zusammen (z. B. Auskundschaften und Datenstraftaten), entscheidet das Konkurrenzverhältnis im Einzelfall über die rechtliche Bewertung.

Rechtsfolgen und Verfahren

Strafrahmen und Nebenfolgen

Das Auskundschaften von Staatsgeheimnissen ist mit hohen Freiheitsstrafen bewehrt. Nebenfolgen können Maßnahmen zur Sicherstellung oder Einziehung von Tatmitteln und Erlösen, berufsbezogene Einschränkungen, aufenthaltsrechtliche Folgen bei ausländischen Beteiligten sowie sicherheitsrechtliche Überprüfungen betreffen.

Besonderheiten des Strafverfahrens

Verfahren mit staatsschutzrechtlichem Bezug unterliegen besonderen Zuständigkeiten und Verfahrenssicherungen. Zum Schutz sensibler Informationen können spezifische Geheimschutzmaßnahmen im Ermittlungs- und Hauptverfahren zur Anwendung kommen.

Internationaler Bezug und Auslandstaten

Das Auskundschaften von Staatsgeheimnissen weist häufig grenzüberschreitende Bezüge auf. Handlungen im Ausland oder durch ausländische Akteure können erfasst sein, wenn ein inländischer Schutzbezug besteht. Internationale Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden und Rechtshilfe spielen hier eine erhebliche Rolle.

Verhältnis zu Grundrechten

Pressefreiheit und öffentliche Informationsinteressen

Die Gewinnung und Veröffentlichung von Informationen berührt die Pressefreiheit und das öffentliche Informationsinteresse. Wo Staatsgeheimnisse betroffen sind, ist eine Abwägung mit der staatlichen Sicherheitsvorsorge erforderlich. Die verfassungsrechtlichen Garantien schließen strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht aus, insbesondere bei aktiver, zielgerichteter Beschaffung mit staatsschutzrelevanter Zielrichtung.

Hinweisgeber und interne Meldungen

Die rechtliche Bewertung unterscheidet zwischen internem Meldeverhalten in Organisationen und der zielgerichteten Beschaffung sowie Weiterleitung staatsschutzrelevanter Geheimnisse. Maßgeblich sind die Schutzrichtung der Information, die Art der Beschaffung und die Gefährdungslage für staatliche Sicherheitsbelange.

Beispielhafte Konstellationen

  • Eine Person versucht, Zugang zu gesicherten militärischen Einsatzplänen zu erlangen, um diese Informationen an ausländische Stellen weiterzugeben.
  • Über soziale Kontakte wird eine Quelle mit privilegiertem Zugang zu geheimen Verhandlungspositionen der Regierung angesprochen, um vertrauliche Unterlagen zu erlangen.
  • Technische Barrieren eines besonders gesicherten Netzes werden umgangen, um Daten mit erheblicher Relevanz für die äußere Sicherheit zu beschaffen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet „Auskundschaften von Staatsgeheimnissen“ genau?

Es bezeichnet das zielgerichtete, unbefugte Beschaffen von Informationen, die aufgrund ihrer sicherheitsrelevanten Bedeutung nur einem engen Personenkreis zugänglich sind und deren Offenbarung erhebliche Nachteile für den Staat bewirken könnte.

Wer kann sich wegen Auskundschaftens strafbar machen?

Grundsätzlich jede Person, unabhängig von einer amtlichen Stellung. Personen mit besonderer Verschwiegenheitspflicht können daneben weiteren Straftatbeständen unterfallen, wenn sie ihre Pflichten verletzen.

Reicht bereits der Versuch aus?

Der Versuch kann strafbar sein, wenn bereits Handlungen vorgenommen werden, die unmittelbar auf das Beschaffen des Staatsgeheimnisses abzielen. Das bloße Planen ohne Umsetzung genügt regelmäßig nicht; in besonders sensiblen Bereichen können jedoch vorbereitende Handlungen gesondert erfasst sein.

Was gilt als Staatsgeheimnis?

Informationen, deren Geheimhaltung zur Abwehr schwerer Nachteile für die staatliche Sicherheit erforderlich ist. Maßgeblich sind Inhalt und Gefährdungspotenzial, nicht allein eine formale Einstufung.

Ist das bloße Lesen einer geheimen Information strafbar?

Bloße zufällige Kenntnisnahme genügt nicht. Wird die Kenntnis jedoch durch aktives, zielgerichtetes Ermitteln oder Umgehen von Schutzmaßnahmen erlangt oder vertieft, kann dies als Auskundschaften gewertet werden.

Wie verhält sich das zu Pressefreiheit und öffentlichem Interesse?

Die Pressefreiheit ist bedeutsam, tritt bei staatsschutzrelevanten Geheimnissen jedoch in eine Abwägung mit der Sicherheit des Staates. Die aktive Beschaffung von Staatsgeheimnissen kann strafrechtlich relevant sein, auch wenn ein öffentliches Interesse an Informationen besteht.

Wie unterscheidet sich Auskundschaften von nachrichtendienstlicher Agententätigkeit?

Das Auskundschaften bezieht sich auf das Beschaffen konkreter Staatsgeheimnisse. Nachrichtendienstliche Agententätigkeit erfasst darüber hinaus die Tätigkeit für ausländische Dienste, auch ohne dass ein konkretes Staatsgeheimnis beschafft wurde.