Grundlagen des Ausgleichs des Zugewinns
Der Ausgleich des Zugewinns ist ein zentrales Prinzip im deutschen Familienrecht, das bei der Beendigung einer Ehe durch Scheidung oder Tod zur Anwendung kommt. Ziel dieses Verfahrens ist es, die während der Ehe gemeinsam erworbenen Vermögenswerte gerecht zwischen den Ehepartnern aufzuteilen. Der Begriff „Zugewinnausgleich“ beschreibt dabei den finanziellen Ausgleich, der stattfindet, wenn ein Partner während der Ehe mehr Vermögen hinzugewonnen hat als der andere.
Was bedeutet Zugewinn?
Unter dem Begriff „Zugewinn“ versteht man die Differenz zwischen dem Anfangsvermögen eines Ehepartners zu Beginn der Ehe und seinem Endvermögen am Tag der Zustellung des Scheidungsantrags oder beim Tod eines Partners. Das Anfangsvermögen umfasst alle Vermögenswerte und Schulden, die jeder Partner zum Zeitpunkt der Eheschließung besitzt. Das Endvermögen besteht aus allen Vermögenswerten und Schulden zum Zeitpunkt des Stichtags.
Berechnung des Zugewinnausgleichs
Um den Ausgleichsanspruch zu ermitteln, wird zunächst für beide Partner getrennt das jeweilige Anfangs- und Endvermögen festgestellt. Die Differenz ergibt den individuellen Zugewinn jedes Partners. Hat ein Partner einen höheren Zugewinn erzielt als der andere, so steht dem weniger begünstigten Partner grundsätzlich die Hälfte dieser Differenz als Ausgleich zu.
Beispiel zur Verdeutlichung:
Hat Person A während der Ehe 50.000 Euro an Vermögenszuwachs erzielt und Person B 10.000 Euro, beträgt die Differenz 40.000 Euro. Die Hälfte davon (20.000 Euro) muss Person A an Person B zahlen.
Bedeutung für verschiedene Güterstände
Der gesetzliche Güterstand in Deutschland ist die sogenannte „Zugewinngemeinschaft“. Sie gilt automatisch mit Eheschließung, sofern kein anderer Güterstand vereinbart wurde (wie etwa Gütertrennung oder Gütergemeinschaft). Nur im Rahmen einer Zugewinngemeinschaft findet bei Beendigung einer Ehe ein Ausgleich des Zugewinns statt.
Sonderfälle: Erbschaften und Schenkungen
Erbschaften sowie Schenkungen werden beim Anfangs- wie auch beim Endvermögen besonders behandelt: Sie werden nicht als gemeinsamer Erwerb betrachtet und bleiben grundsätzlich dem jeweiligen Empfänger vorbehalten; sie erhöhen jedoch dessen Anfangsvermögen rechnerisch rückwirkend auf den Zeitpunkt ihrer Zuwendung.
Ausschluss oder Modifikation durch Vereinbarung
Ehepartner können vor oder während ihrer Ehe vertraglich regeln, dass kein oder nur ein eingeschränkter Ausgleich stattfindet – beispielsweise durch einen notariell beurkundeten Vertrag über eine abweichende Regelung vom gesetzlichen Standard („Ehevertrag“).
Ablauf eines Verfahrens zum Ausgleich des Zugewinns
Kommt es zur Scheidung einer Ehe unter Zugrundelegung einer Zugewinngemeinschaft ohne abweichende Vereinbarungen zwischen den Eheleuten, wird im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens geprüft und berechnet:
- Anfangswerte beider Parteien (Vermögensaufstellung zu Beginn)
- Endwerte beider Parteien (Vermögensaufstellung am Stichtag)
- Zugewinne je Partei sowie deren Differenz
- Möglichkeit von Anrechnung besonderer Umstände wie Verschwendung von Vermögenswerten kurz vor Ende der ehelichen Lebensgemeinschaft („illoyale Handlungen“)
Bedeutung für Unterhaltspflichten und Steuern
Zahlungen aus einem Anspruch auf Ausgleich sind keine Unterhaltsleistungen; sie stellen vielmehr eine einmalige Zahlung dar.
Steuerlich gelten besondere Vorschriften hinsichtlich möglicher Freibeträge sowie steuerlicher Behandlung einzelner Bestandteile.
Häufig gestellte Fragen zum Thema Ausgleich des Zugewinns
Wer hat Anspruch auf einen Ausgleich des Zugewinns?
Einen Anspruch auf einen finanziellen Anteil am Mehrwert hat grundsätzlich jeder verheiratete Partner in einer sogenannten „Zugewinngemeinschaft“, sofern diese nicht durch vertragliche Regelungen ausgeschlossen wurde.
Muss immer Geld gezahlt werden?
Nicht zwangsläufig: Ein Zahlungsanspruch entsteht nur dann tatsächlich in Geldform zugunsten eines Partners mit geringerem Zuwachs an Vermögen gegenüber dem anderen.
Können auch Schulden ausgeglichen werden?
Sowohl positive Werte als auch bestehende Schulden fließen in die Berechnung von Anfangswerten bzw. Endwerten mit ein; negative Beträge können somit ebenfalls berücksichtigt werden.
Können Immobilien Teil vom auszuzahlenden Betrag sein?
Liegenschaften zählen ebenso wie Bankguthaben oder Wertgegenstände zum relevanten Gesamtwert – ihre Bewertung erfolgt nach Marktpreisen am Stichtag.
Müssen Erbschaften geteilt werden?
Neben Schenkungen gehören Erbschaften nicht automatisch beiden Eheleuten gemeinsam – sie erhöhen jedoch rechnerisch das individuelle Anfangskapital jenes Partners,
der sie erhalten hat.
Kann man sich gegen einen Anspruch wehren?
Dafür gibt es rechtliche Möglichkeiten innerhalb bestimmter Fristen
und unter bestimmten Voraussetzungen – etwa bei grober Benachteiligung.
Ob dies möglich ist,
ist stets anhand individueller Umstände zu prüfen.
Braucht man zwingend eine gerichtliche Entscheidung?
Nicht immer:
Die Beteiligten können sich außergerichtlich einigen;
kommt keine Einigung zustande,
entscheidet letztlich das Gericht über Höhe
und Modalitäten eines möglichen Zahlungsanspruches.
Kann ich nachträglich noch Ansprüche geltend machen?
Dafür gelten bestimmte Fristen:
Nach Ablauf dieser Zeiträume kann kein Antrag mehr gestellt werden.
Die genaue Dauer hängt vom jeweiligen Sachverhalt ab.