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Ausbildungsunterhalt (sofern im Berufsausbildungsverhältnis)

Ausbildungsunterhalt im Berufsausbildungsverhältnis: Begriff, Zweck und Einordnung

Ausbildungsunterhalt im Berufsausbildungsverhältnis bezeichnet die finanzielle Absicherung einer Person in einer anerkannten betrieblichen oder betrieblich-schulischen Ausbildung. Der Unterhalt dient dazu, den allgemeinen Lebensbedarf sowie ausbildungsbedingte Aufwendungen zu decken, soweit dies nicht durch eigene Einkünfte der ausbildenden Person, insbesondere die Ausbildungsvergütung, möglich ist. Der Anspruch richtet sich in der Regel gegen die Eltern, kann in bestimmten Konstellationen aber auch durch den Ehepartner überlagert werden. Im Mittelpunkt steht die erste berufsqualifizierende Ausbildung, die der Begabung und Neigung entspricht und zielstrebig betrieben wird.

Abgrenzung zu anderen Ausbildungsformen

Der hier behandelte Ausbildungsunterhalt bezieht sich auf Ausbildungen mit Ausbildungsvertrag nach dem Berufsbildungssystem. Davon zu unterscheiden sind schulische Ausbildungen ohne Gehalt und Studiengänge, deren Bedarfslagen und Anrechnung von Einkünften teils anders gehandhabt werden. Duale Studiengänge mit vertraglich geregeltem Ausbildungsverhältnis werden grundsätzlich wie klassische betriebliche Ausbildungen eingeordnet.

Voraussetzungen des Anspruchs

Erste berufsqualifizierende Ausbildung

Im Fokus steht die Finanzierung der ersten abgeschlossenen Berufsausbildung. Dazu zählt eine Ausbildung, die zu einem anerkannten Abschluss führt und den Einstieg in den Arbeitsmarkt ermöglicht. Eine zweite Ausbildung wird nur ausnahmsweise erfasst, etwa wenn sie in engem sachlichen Zusammenhang steht oder besondere Umstände dies rechtlich rechtfertigen.

Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit

Die Ausbildung muss ernsthaft und ohne unangemessene Verzögerungen betrieben werden. Längere Pausen, wiederholte Wechsel ohne sachlichen Grund oder fehlende Mitwirkung können den Anspruch einschränken oder entfallen lassen. Bei Krankheit, Unfall, Schwangerschaft, Elternzeit oder behinderungsbedingten Gründen kann eine verlängerte Ausbildungsdauer angemessen sein.

Alter, Bedarfslage und Lebensstellung

Die Höhe des Unterhalts orientiert sich am Lebensbedarf einer in Ausbildung befindlichen Person. Maßgeblich sind unter anderem Wohnsituation, übliche Lebenshaltungskosten und ausbildungsbedingte Aufwendungen. Minderjährige unterscheiden sich in der Bedarfsermittlung von volljährigen Auszubildenden, insbesondere wenn sie noch im Elternhaushalt leben.

Wohnsituation: im Elternhaushalt oder eigener Haushalt

Wohnt der Auszubildende im Elternhaushalt, werden Bedarfe teilweise durch Naturalunterhalt gedeckt (Unterkunft, Verpflegung). Bei eigenem Haushalt entstehen höhere laufende Kosten (Miete, Nebenkosten, Haushaltsführung), was den Geldbedarf erhöhen kann.

Besonderheiten: Teilzeit, Verbund und duale Studiengänge

Teilzeitberufsausbildungen, Verbundausbildungen und duale Studiengänge mit Ausbildungsvertrag sind grundsätzlich erfasst. Entscheidend sind Umfang, vertragliche Ausgestaltung und der Zufluss einer Ausbildungsvergütung; diese beeinflusst die Bedarfsberechnung.

Umfang des Ausbildungsunterhalts

Bedarf des Auszubildenden

Regelbedarf und Mehrbedarf

Zum Bedarf gehören Kosten für Unterkunft, Verpflegung, Kleidung, Mobilität, Kommunikation und eine einfache gesellschaftliche Teilhabe. Zusätzlich können ausbildungsbedingte Mehrbedarfe hinzukommen, etwa für Arbeitskleidung, Werkzeuge, Fachmaterialien, Prüfungsgebühren, Fahrtkosten zur Berufsschule und zum Betrieb oder auswärtige Blockunterrichtsphasen.

Ausbildungsbedingte Aufwendungen

Aufwendungen, die unmittelbar durch die Ausbildung entstehen, werden gesondert betrachtet. Dazu zählen insbesondere erforderliche Fahrten, Schutz- und Arbeitskleidung, Lernmittel, Laptop oder Software, soweit die Ausbildung dies verlangt und eine anderweitige Ausstattung nicht vorhanden ist. Auch notwendige auswärtige Unterbringung während Lehrgängen kann erfasst werden.

Anrechnung eigener Einkünfte

Ausbildungsvergütung und Freibetrag

Die Ausbildungsvergütung mindert den Unterhaltsbedarf. Üblicherweise bleibt ein angemessener Betrag als Abzug für ausbildungsbedingte Aufwendungen beim Auszubildenden, bevor der Rest bedarfsmindernd angerechnet wird. Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld werden je nach Zweckbestimmung berücksichtigt.

Nebentätigkeiten und Vermögen

Einkünfte aus Nebenjobs werden grundsätzlich bedarfsdeckend berücksichtigt, sofern sie die Ausbildung nicht beeinträchtigen. Erträge aus Vermögen können ebenfalls anzurechnen sein. Geschenke ohne Zweckbindung bleiben in der Regel außer Betracht; zweckgebundene Zuwendungen sind entsprechend ihrer Zweckbindung zu berücksichtigen.

Anrechnung weiterer Leistungen

Kindergeld

Kindergeld dient der Förderung des Kindesunterhalts. Bei volljährigen Auszubildenden wird es regelmäßig bedarfsmindernd als Einkommen des Kindes behandelt, unabhängig davon, an wen es ausgezahlt wird. Bei Minderjährigen wird es mittelbar zur Bedarfsdeckung eingesetzt.

Öffentliche Förderungen und Stipendien

Förderleistungen für Auszubildende, etwa staatliche Unterstützungen für betriebliche Ausbildungen, werden im Rahmen der Bedarfsberechnung berücksichtigt. Sie mindern den Unterhaltsbedarf, sofern sie laufenden Lebensunterhalt abdecken. Zweckgebundene Sachleistungen werden nach ihrer Entlastungswirkung einbezogen.

Kranken- und Pflegeversicherung

Die Absicherung im Krankheits- und Pflegefall ist Teil des Bedarfs. Besteht Familienversicherung, entstehen meist keine eigenen Beiträge. Eigene Beiträge eines Auszubildenden werden bedarfssteigernd erfasst, sofern sie nicht bereits durch andere Stellen getragen werden.

Wer ist verpflichtet?

Elterliche Unterhaltspflicht

Grundsätzlich sind beide Eltern anteilig nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verpflichtet. Maßgeblich sind die bereinigten Einkommen und feste Selbstbehaltsgrenzen, die den notwendigen Eigenbedarf der Eltern sichern. Die Haftungsanteile werden quotiert, wenn beide leistungsfähig sind.

Ehepartner des Auszubildenden

Ist der Auszubildende verheiratet, trifft den Ehepartner eine vorrangige Unterhaltspflicht. Der Anspruch gegen die Eltern tritt dann regelmäßig zurück, soweit der Bedarf durch den Ehepartner gedeckt werden kann.

Rang- und Reihenfolgefragen

Eigene Einkünfte des Auszubildenden sind vorrangig einzusetzen. Danach sind gegebenenfalls Ehepartner und schließlich die Eltern heranzuziehen. Innerhalb der Eltern haften beide anteilig, soweit sie leistungsfähig sind.

Dauer, Unterbrechung und Beendigung

Beginn des Anspruchs

Der Anspruch entsteht mit Aufnahme einer geeigneten Ausbildung. Zahlungen werden regelmäßig ab dem Zeitpunkt geschuldet, zu dem Unterhalt verlangt und die Ausbildung nachgewiesen wird.

Wechsel oder Abbruch

Ein einmaliger, nachvollziehbarer Wechsel der Ausbildung wird häufig akzeptiert. Mehrfache Richtungswechsel ohne sachlichen Grund oder ein endgültiger Abbruch lassen den Anspruch entfallen. Wird die Ausbildung später wieder aufgenommen, kann der Anspruch neu entstehen, wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind.

Verlängerungstatbestände

Verzögerungen durch Krankheit, Unfall, Schwangerschaft, Elternzeit oder behinderungsbedingte Gründe können die Ausbildungsdauer verlängern und damit den Unterhaltszeitraum ausdehnen, soweit die Ausbildung weiterhin zielstrebig betrieben wird.

Zweite Ausbildung und Weiterbildung

Eine zweite Berufsausbildung wird nur ausnahmsweise vom Ausbildungsunterhalt erfasst, etwa wenn sie in engem fachlichen Zusammenhang mit der Erstausbildung steht oder ein erkennbares Ausbildungskonzept bildet. Reine Weiterbildungen nach einer abgeschlossenen Erstausbildung fallen regelmäßig nicht darunter.

Durchsetzung und Nachweispflichten

Auskunftspflichten

Für die Berechnung sind wechselseitige Auskünfte erforderlich. Eltern geben Auskunft über ihre Einkünfte und Belastungen, Auszubildende über Ausbildungsvergütung, weitere Einkünfte, Förderleistungen und ausbildungsbedingte Kosten. Nachweise wie Ausbildungsvertrag, Vergütungsabrechnungen und Belege typischer Aufwendungen sind üblich.

Bezifferung und Berechnung

Die Berechnung erfolgt in mehreren Schritten: Bestimmung des Bedarfs, Anrechnung eigener Einkünfte und Leistungen, Ermittlung der Leistungsfähigkeit der Verpflichteten und Quotelung zwischen den Eltern. Leitlinien der Rechtspraxis unterstützen diese Berechnung, ohne bindende Schemata vorzugeben.

Titulierung und Anpassung

Unterhaltsansprüche können schriftlich festgehalten oder in eine vollstreckbare Form gebracht werden. Ändern sich Bedarf, Einkommen, Wohnsituation oder Ausbildungsstatus, ist eine Anpassung möglich. Erhöhungen oder Reduzierungen wirken ab der Veränderung und erfordern aktualisierte Informationen.

Rückforderung und Verwirkung

Unterhalt wird grundsätzlich ab Geltendmachung geschuldet. Rückwirkende Forderungen sind nur ausnahmsweise möglich. Längerer Untätigkeit oder treuwidriges Verhalten können Ansprüche entgegenstehen. Zu viel gezahlter Unterhalt kann in bestimmten Konstellationen zurückverlangt werden.

Sonderkonstellationen im Berufsausbildungsverhältnis

Außerbetriebliche und Verbundausbildung

Ausbildungen, die außerhalb klassischer Betriebe stattfinden oder in Kooperation mit mehreren Partnern organisiert werden, sind erfasst, wenn sie zu einem anerkannten Abschluss führen. Die Vergütung und etwaige Zusatzleistungen bestimmen die Bedarfsberechnung.

Minderjährige Auszubildende

Bei Minderjährigen tritt häufig Naturalunterhalt im Elternhaushalt an die Stelle von Geldunterhalt. Die Ausbildungsvergütung wird bei der Bedarfsdeckung berücksichtigt. Taschengeldaspekte und pädagogische Gesichtspunkte fließen in die praktische Handhabung ein.

Auslandsphasen und Blockunterricht

Vorübergehende Auslandsaufenthalte oder blockweise Schulphasen mit Internatsunterbringung können Mehrkosten auslösen. Soweit sie Bestandteil der Ausbildung sind und notwendig erscheinen, werden sie bedarfssteigernd berücksichtigt, sofern keine anderweitige Deckung besteht.

Fahrtkosten, Arbeitskleidung, Werkzeuge

Erforderliche Fahrtkosten, Schutzkleidung und Werkzeuge gelten als ausbildungsbedingte Aufwendungen. Sie werden entweder über pauschale Abzüge von der Vergütung oder als konkret nachgewiesener Mehrbedarf in die Berechnung einbezogen.

Häufig gestellte Fragen

Wer hat Anspruch auf Ausbildungsunterhalt im Berufsausbildungsverhältnis?

Anspruchsberechtigt sind Personen in ihrer ersten berufsqualifizierenden Ausbildung mit Ausbildungsvertrag, wenn die eigenen Einkünfte, insbesondere die Ausbildungsvergütung, den angemessenen Bedarf nicht vollständig decken. Bei Verheirateten ist vorrangig der Ehepartner verpflichtet; erst danach kommen Eltern in Betracht.

Wie wird die Ausbildungsvergütung beim Unterhalt berücksichtigt?

Die Ausbildungsvergütung wird nach Abzug eines angemessenen Betrags für ausbildungsbedingte Aufwendungen bedarfsmindernd angerechnet. Sonderzahlungen werden entsprechend ihrer Zweckbestimmung einbezogen. Bleibt nach Anrechnung eine Lücke, kann diese durch Unterhalt geschlossen werden.

Müssen beide Eltern Unterhalt leisten, wenn das Kind volljährig ist?

Ja, bei Volljährigen haften beide Eltern nach ihrer Leistungsfähigkeit anteilig, sofern der Bedarf nach Anrechnung eigener Einkünfte noch nicht gedeckt ist. Die genaue Quote richtet sich nach den bereinigten Einkommen der Eltern und deren Selbstbehalten.

Gilt der Anspruch auch bei einem Wechsel der Ausbildung?

Ein sachlich begründeter, einmaliger Wechsel wird in der Regel akzeptiert. Mehrfache Richtungswechsel ohne nachvollziehbaren Grund können den Anspruch mindern oder entfallen lassen, weil es dann an der Zielstrebigkeit fehlt.

Welche Rolle spielt das Kindergeld?

Bei volljährigen Auszubildenden wird Kindergeld regelmäßig als Einkommen des Kindes behandelt und mindert den Unterhaltsbedarf. Bei Minderjährigen dient es der Deckung des Kindesunterhalts im Haushalt der Eltern oder des betreuenden Elternteils.

Wie lange besteht der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt?

Der Anspruch besteht grundsätzlich bis zum Abschluss der ersten berufsqualifizierenden Ausbildung. Verlängerungen können sich aus Krankheit, Schwangerschaft, Elternzeit oder Behinderung ergeben, wenn die Ausbildung weiterhin ernsthaft betrieben wird.

Was passiert bei Abbruch oder längerer Unterbrechung der Ausbildung?

Bei endgültigem Abbruch endet der Anspruch grundsätzlich. Längere Unterbrechungen ohne anerkennbaren Grund können den Anspruch ruhen lassen. Wird die Ausbildung später wieder aufgenommen und zielstrebig fortgeführt, kann der Anspruch neu entstehen.