Ausbildungsgeld
Das Ausbildungsgeld ist eine finanzielle Leistung im deutschen Recht, die insbesondere schwerbehinderten Menschen sowie Menschen mit Behinderung gewährt wird, um die Teilhabe an beruflicher Ausbildung und am Arbeitsleben zu verbessern. Es bildet eine wichtige Säule der Unterstützungsleistungen im Rahmen des Sozialgesetzbuches (SGB) und unterscheidet sich in mehreren rechtlichen Aspekten vom vergleichbaren Berufsausbildungsbeihilfe (BAB).
Rechtsgrundlagen
Das Ausbildungsgeld ist in den §§ 122 ff. Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) geregelt. Zuständig für die Bewilligung und Auszahlung ist in der Regel die Agentur für Arbeit. Die gesetzlichen Vorschriften werden durch Verwaltungspraxis und Rechtsprechung konkretisiert.
Abgrenzung zur Berufsausbildungsbeihilfe
Während die Berufsausbildungsbeihilfe vorrangig für Menschen ohne Behinderung vorgesehen ist, handelt es sich beim Ausbildungsgeld um eine spezielle Leistung für Menschen mit Behinderung. Die Anspruchsvoraussetzungen, Bemessungsgrundlagen und Zwecke beider Leistungen unterscheiden sich entsprechend.
Anspruchsvoraussetzungen
Personenkreis
Ausbildungsgeld kommt vorrangig für folgende Personengruppen in Betracht:
- Menschen mit Behinderung im Sinne des § 19 SGB III und § 2 SGB IX
- Teilnehmerinnen und Teilnehmer an bestimmten beruflichen Bildungsmaßnahmen, z. B. einer außerbetrieblichen Berufsausbildung nach § 117 SGB III oder an Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§§ 49, 51 SGB IX)
Maßnahmearten
Leistungsberechtigt sind Personen, die an einer der folgenden Maßnahmen teilnehmen:
- Berufsausbildung in einer außerbetrieblichen Einrichtung (sogenannte Reha-Ausbildung)
- Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, einschließlich Maßnahmen zur Vorbereitung auf eine nachfolgende Berufsausbildung
- Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation, die der Eingliederung in den Arbeitsmarkt dienen
Zuständigkeit und Antragstellung
Ausbildungsgeld muss bei der zuständigen Agentur für Arbeit beantragt werden. Die Leistungsgewährung beginnt grundsätzlich ab dem Monat der Antragstellung, sofern die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Umfang und Berechnung des Ausbildungsgeldes
Bemessungsgrundlage
Das Ausbildungsgeld bemisst sich nach dem Lebensalter, dem Familienstand und den wirtschaftlichen Verhältnissen des Auszubildenden. Maßgebend sind hierbei insbesondere:
- Unterbringung außerhalb des Elternhauses
- Monatliches Einkommen der Eltern, des Ehegatten oder der Ehegattin und ggf. des Lebenspartners oder der Lebenspartnerin
- Eigene Einkünfte des Auszubildenden (z. B. Kindergeld, Unterhalt)
Die Bemessung folgt dabei festen monatlichen Bedarfssätzen, die regelmäßig an den allgemeinen Bedarf angepasst werden.
Höhe des Ausbildungsgeldes
Die Höhe ist abhängig von:
- Art und Umfang der Maßnahme (Berufsausbildung oder vorbereitende Maßnahme)
- Unterbringung (im Elternhaus oder außerhalb)
- Die Ausbildungsgeldsätze werden jährlich angepasst und sind in den Verwaltungsvorschriften der Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht.
Bei Personen, die mit Kindern im eigenen Haushalt leben oder besondere behinderungsbedingte Bedarfe haben, können Zuschläge gewährt werden.
Auszahlung und Dauer
Das Ausbildungsgeld wird monatlich im Voraus gezahlt. Die Zahlung erfolgt grundsätzlich für die gesamte Dauer der Maßnahme bzw. Ausbildung. Unterbrechungen, Wechsel der Maßnahme oder Nichtteilnahme können nach rechtlicher Prüfung zur Einstellung oder Rückforderung führen.
Ausbildungsgeld im Verhältnis zu anderen Leistungen
Nachrangigkeit
Das Ausbildungsgeld wird nach dem Nachrangprinzip gezahlt. Das bedeutet, dass andere vorrangige Leistungen (beispielsweise Übergangsgeld, Unterhaltsgeld oder BAB) zunächst in Anspruch genommen werden müssen. Erst wenn keine anderen Leistungen beansprucht werden können, besteht ein Anspruch auf Ausbildungsgeld.
Anrechnung anderer Einkünfte
Bestimmte Einkünfte werden auf das Ausbildungsgeld angerechnet. Dies betrifft sowohl eigene Einkünfte (z. B. aus Nebentätigkeiten) als auch bestimmte Unterhaltsleistungen und Kindergeld. Die Anrechnung ist im Detail in den §§ 124 ff. SGB III geregelt.
Steuern und Sozialabgaben
Steuerrechtliche Behandlung
Das Ausbildungsgeld ist als Sozialleistung grundsätzlich steuerfrei und unterliegt nicht der Einkommensteuer. Auch Beiträge zur Sozialversicherung müssen aus dem Ausbildungsgeld regelmäßig nicht abgeführt werden.
Auswirkungen auf Sozialleistungen
Das Ausbildungsgeld kann Auswirkungen auf den Bezug anderer Sozialleistungen wie zum Beispiel Leistungen nach dem SGB II (Bürgergeld) oder Wohngeld haben, da es teilweise auf diese anzurechnen ist.
Beendigung und Rückforderung
Beendigungsgründe
Das Recht auf Ausbildungsgeld endet, wenn
- die förderfähige Maßnahme beendet ist,
- die Voraussetzungen für den Bezug entfallen oder
- unberechtigt Leistungen bezogen wurden.
Rückforderung
Wurde Ausbildungsgeld zu Unrecht bezogen (z. B. bei falschen Angaben oder einer nicht berechtigten Inanspruchnahme), kann die Bundesagentur für Arbeit die Leistungen zurückfordern.
Rechtsschutzmöglichkeiten
Gegen Bescheide über Gewährung, Ablehnung oder Rückforderung von Ausbildungsgeld besteht die Möglichkeit, Widerspruch bei der Agentur für Arbeit einzulegen. Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, kann der Fall vor das Sozialgericht gebracht werden.
Literatur und weiterführende Informationen
- § 122 ff. SGB III (Drittes Buch Sozialgesetzbuch)
- Informationsbroschüren und Leitfäden der Bundesagentur für Arbeit
- Kommentierungen der einschlägigen Vorschriften in Standardwerken zum Sozialrecht
Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über das Ausbildungsgeld, dessen rechtliche Grundlagen, Anspruchsvoraussetzungen sowie den Ablauf der Leistungsgewährung. Damit dient er sowohl als Nachschlagewerk für rechtliche Fragestellungen rund um das Ausbildungsgeld als auch als Informationsquelle für Betroffene und Interessierte.
Häufig gestellte Fragen
Wer hat Anspruch auf Ausbildungsgeld?
Das Ausbildungsgeld ist eine finanzielle Leistung der Agentur für Arbeit und steht grundsätzlich Menschen mit Behinderungen zu, die an einer Maßnahme zur beruflichen Rehabilitation teilnehmen. Anspruchsberechtigt sind Personen, die wegen einer Behinderung nicht in der Lage sind, ohne besondere Unterstützung eine Berufsausbildung oder eine vergleichbare Maßnahme aufzunehmen oder fortzusetzen. Das Ausbildungsgeld betrifft insbesondere die Teilnahme an einer Berufsausbildung in einer Einrichtung zur beruflichen Rehabilitation, in einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) oder im Rahmen einer sonstigen, von der Agentur für Arbeit geförderten Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben. Dabei muss der Bezug zu einer Maßnahme bestehen, die nach §§ 117 ff. SGB III gefördert wird. Eine weitere Voraussetzung ist grundsätzlich, dass kein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) oder ähnliche vorrangige Leistungen besteht, da diese Leistungen einander ausschließen. Die Prüfung erfolgt individuell, wobei insbesondere der Grad der Behinderung und der Rehabilitationsstatus durch die Agentur für Arbeit festgestellt werden.
Wie wird die Höhe des Ausbildungsgeldes berechnet?
Die Höhe des Ausbildungsgeldes richtet sich nach dem jeweiligen Lebensalter, dem Familienstand und dem Unterkunftsstatus des Auszubildenden sowie danach, ob und in welchem Umfang eigenes Einkommen oder das Einkommen der Eltern bzw. des Ehepartners anzurechnen ist. Rechtlich maßgeblich sind hierbei die §§ 122 und 123 SGB III. Das Ausbildungsgeld wird grundsätzlich monatlich gezahlt und in unterschiedliche Bedarfssätze unterteilt, die sich jeweils daran orientieren, ob der Auszubildende im Elternhaus, in einer eigenen Wohnung oder in einer Internatsunterbringung lebt. Darüber hinaus werden auch zusätzliche Bedarfe, etwa für Fahrtkosten oder notwendig anfallende Mehrkosten wegen der Behinderung, gesondert berücksichtigt und unter bestimmten Voraussetzungen übernommen. Anzurechnen sind auch bestimmte Einnahmen, z.B. Ausbildungsvergütungen oder Unterhaltsleistungen, wodurch sich das ausgezahlte Ausbildungsgeld reduzieren kann. Die genauen Bedarfssätze werden regelmäßig angepasst und sind in den aktuellen Verwaltungsvorschriften bzw. den einschlägigen Gesetzestexten geregelt.
Welche rechtlichen Pflichten bestehen während des Bezugs von Ausbildungsgeld?
Bezieher von Ausbildungsgeld sind verpflichtet, Änderungen in ihren persönlichen und finanziellen Verhältnissen, die für die Leistung relevant sind, unverzüglich der Agentur für Arbeit mitzuteilen. Dazu zählen insbesondere das vorzeitige Ende oder Unterbrechungen der Maßnahme, Wohnortwechsel, Änderungen des Familienstandes oder des Einkommens. Kommt der Leistungsempfänger dieser Mitteilungspflicht nicht nach, kann dies zur Rückforderung zu viel gezahlter Leistungen oder zu weiteren rechtlichen Konsequenzen führen, etwa einer Leistungskürzung oder einer Anzeige wegen Sozialleistungsbetrugs (§§ 60 ff. SGB I). Darüber hinaus besteht die Pflicht, aktiv an der Maßnahme teilzunehmen und die allgemeinen Obliegenheiten und Weisungen der Einrichtung bzw. der Agentur für Arbeit einzuhalten, da andernfalls die Leistung eingestellt oder gemindert werden kann.
Wie lange wird Ausbildungsgeld gezahlt?
Die Anspruchsdauer für das Ausbildungsgeld hängt unmittelbar von der Dauer der geförderten Maßnahme ab. Ausbildungsgeld wird grundsätzlich für die gesamte Zeit gewährt, in der der bzw. die Berechtigte an einer von der Agentur für Arbeit bewilligten und geförderten Maßnahme zur beruflichen Rehabilitation teilnimmt, also z.B. für die gesamte Dauer einer Ausbildung nach § 117 SGB III oder einer vergleichbaren Qualifizierungsmaßnahme. Mit Beendigung, Abbruch oder Unterbrechung der Maßnahme (z.B. aufgrund von Krankheit, Rücktritt oder Ausschluss) entfällt der Anspruch. Bei vorübergehender Unterbrechung, etwa wegen Krankheit, kann das Ausbildungsgeld unter bestimmten Voraussetzungen weiter gezahlt werden, sofern die Fortführung der Maßnahme beabsichtigt ist und die Unterbrechung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften liegt (§ 124 SGB III). Maßgebend sind hier etwa die Bestimmungen zu Unterbrechungszeiten und Nachweispflichten.
Was passiert bei einem Wechsel oder Abbruch der Maßnahme?
Ein Wechsel der Maßnahme (z.B. von einer Einrichtung zur anderen oder von einer beruflichen Reha-Maßnahme in eine betriebliche Ausbildung) wirkt sich unmittelbar auf den Anspruch und die Höhe des Ausbildungsgeldes aus. Der neue Bedarf wird von der Agentur für Arbeit ebenso wie die neuen betrieblichen oder persönlichen Verhältnisse geprüft und ggf. neu berechnet. Im Falle eines Abbruchs der Maßnahme entfällt der Anspruch auf Ausbildungsgeld mit dem Tag der Beendigung. Wurden Leistungen nach dem Beendigungszeitpunkt bezogen, müssen diese in der Regel zurückgezahlt werden (§ 45 SGB X). Soll eine neue, durch die Agentur für Arbeit geförderte Maßnahme im Anschluss aufgenommen werden, ist ein neuer Antrag zu stellen. Ein nahtloser Übergang kann nur erfolgen, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den beiden Maßnahmen besteht.
Können neben dem Ausbildungsgeld zusätzliche Leistungen beantragt werden?
Neben dem Grundbedarf besteht unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen Anspruch auf weitere Leistungen, etwa Fahrtkostenerstattungen oder die Übernahme von Kosten für notwendige Hilfsmittel und ausbildungsbegleitende Unterstützungsangebote. Grundlage hierfür sind die entsprechenden Vorschriften im SGB III und nachrangig im SGB IX. Für spezielle Bedarfe (z.B. ausbildungsbedingte Mehrbedarfe wegen einer Behinderung, Kosten für Nachhilfeunterricht, Kosten für die Unterbringung in einem Internat oder spezielle Fahrtkosten wegen einer Schwerbehinderung) kann bei der Agentur für Arbeit ein gesonderter Antrag gestellt werden, der einer Einzelfallprüfung unterliegt. Diese Leistungen werden stets als Ergänzungsleistungen zum Ausbildungsgeld gewährt und dürfen nicht durch vorrangige Leistungen (z.B. Eingliederungshilfen, Leistungen der Krankenkassen) abgedeckt sein.
Was ist beim Übergang vom Ausbildungsgeld in eine Erwerbstätigkeit zu beachten?
Nach Abschluss oder erfolgreicher Beendigung der entsprechenden Reha-Maßnahme endet grundsätzlich auch der Anspruch auf Ausbildungsgeld. Mit Aufnahme einer Erwerbstätigkeit werden in der Regel keine Leistungen nach diesem Rechtsgebiet mehr gezahlt, da die Teilhabe am Arbeitsleben durch eine eigenständige Beschäftigung gewährleistet ist. Sollte nach Abschluss der Maßnahme zunächst keine Beschäftigung aufgenommen werden können, besteht unter bestimmten Voraussetzungen gegebenenfalls Anspruch auf Arbeitslosengeld nach SGB III oder SGB II, wobei zuvor gezahltes Ausbildungsgeld für die Anrechnung der Anwartschaftszeiten oder für weitere sozialrechtliche Überlegungen relevant sein kann. Ein gesonderter Antrag sowie eine Meldung bei der Agentur für Arbeit sind zwingend erforderlich, um ggf. nahtlose Übergänge in neue Leistungsarten zu ermöglichen.