Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Mietrecht»Aufwendungsersatz

Aufwendungsersatz


Begriff und rechtliche Einordnung des Aufwendungsersatzes

Der Aufwendungsersatz ist ein zentraler Begriff des deutschen Zivilrechts und beschreibt den Anspruch einer Person auf Ersatz von Vermögensopfern, die sie zum Vorteil eines anderen gemacht hat. Er ist von zentraler Bedeutung in verschiedenen Rechtsgebieten, insbesondere im Schuldrecht, aber auch im Dienstvertragsrecht, Auftragsrecht, Werkvertragsrecht sowie im Gesellschaftsrecht. Der Anspruch auf Aufwendungsersatz bildet einen wichtigen Bestandteil des Ausgleichs nach der Erbringung von Leistungen, die nicht unmittelbar auf finanziellen Gewinn, sondern auf den Ersatz getätigter Auslagen gerichtet sind.

Rechtsquellen des Aufwendungsersatzes

Zivilrechtliche Grundlagen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) enthält zahlreiche Regelungen, in denen das Recht auf Aufwendungsersatz ausdrücklich normiert ist. Zu den zentralen Vorschriften zählen:

  • § 670 BGB: Aufwendungsersatz beim Auftrag
  • § 683 BGB: Geschäftsführung ohne Auftrag
  • § 110 HGB: Handelsgesetzbuch, Anspruch des Handelsvertreters
  • § 257 HGB: Frachtführerrecht

Im Wesentlichen verlangt das Gesetz, dass die Aufwendungen im Voraus bestimmt oder im Nachhinein nachweislich gemacht wurden und zum Zwecke der Durchführung eines fremden Geschäfts erforderlich waren.

Begriffliche Abgrenzung: Aufwendungen und Schaden

Der Aufwendungsersatz ist streng von Schadensersatzansprüchen abzugrenzen. Aufwendungen sind freiwillig getätigte Vermögensopfer, die zum Zwecke der Förderung eines (fremden) Interesses oder zur Erfüllung einer fremden Verpflichtung aufgebracht werden. Demgegenüber ersetzt der Schadensersatz einen unfreiwilligen Nachteil, der durch eine Pflichtverletzung entstanden ist. Ein Anspruch auf Aufwendungsersatz besteht regelmäßig dann, wenn keine Pflichtverletzung vorliegt, sondern ein Handeln im Fremdinteresse zugrunde liegt.

Anspruchsvoraussetzungen und -arten

Allgemeine Voraussetzungen

Für einen Anspruch auf Aufwendungsersatz müssen in der Regel folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Tätigung von Aufwendungen: Der Anspruchsteller hat Vermögensopfer erbracht.
  2. Fremdinteressenorientierung: Die Aufwendungen wurden zur Förderung eines fremden Interesses oder auf Anweisung getätigt.
  3. Erforderlichkeit der Aufwendungen: Es kommt auf die objektivierte Sicht ex ante an. Nur notwendige und zweckdienliche Auslagen sind ersatzfähig.
  4. Kein Abzug persönlicher Vorteile: Sofern der Ersatzfordernde aus den Aufwendungen einen eigenen Vorteil zieht, ist dieser anzurechnen.

Anspruch auf Aufwendungsersatz im Auftragsrecht (§ 670 BGB)

Wird jemand im Rahmen eines Auftrags tätig, beispielsweise als Beauftragter, sieht § 670 BGB ausdrücklich vor, dass der Geschäftsherr dem Beauftragten die zur Ausführung des Auftrags erforderlichen Aufwendungen zu ersetzen hat. Dazu zählen alle freiwillig gemachten Ausgaben, soweit sie im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Geschäft stehen.

Erforderlichkeit: Eine Aufwendung ist erforderlich, wenn ein verständiger Dritter sie für erforderlich halten durfte.

Beispiele: Reisekosten, Materialkosten, Porto, Kommunikationskosten.

Aufwendungsersatz bei Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 683 BGB)

Auch ohne vertragliche Beziehung kann nach § 683 BGB ein Anspruch auf Aufwendungsersatz bestehen, wenn jemand ein Geschäft für einen anderen führt und dies dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht.

Abgrenzung zum Schadensersatzanspruch

Während der Schadensersatz einen Ausgleich für unfreiwillige Vermögenseinbußen bietet, ist der Aufwendungsersatz auf den Ausgleich freiwilliger Leistungen zugunsten eines anderen gerichtet. In bestimmten Fällen können jedoch Ersatzansprüche sowohl als Aufwendungs- als auch als Schadensersatz gefordert werden.

Typische Anwendungsfälle im Rechtsalltag

Dienst- und Werkverträge

Im Dienstvertragsrecht und Werkvertragsrecht taucht der Aufwendungsersatz häufig auf, etwa bei der Erstattung von Material- oder Reisekosten durch den Auftraggeber an den Dienstleister oder Unternehmer.

Gesellschaftsrecht

Gesellschafter, die im Interesse ihrer Gesellschaft Aufwendungen tätigen, können unter bestimmten Voraussetzungen einen Aufwendungsersatzanspruch gegenüber der Gesellschaft geltend machen.

Bürgschaft und Schuldmitübernahme

Auch im Rahmen der Bürgschaft oder Schuldmitübernahme sind aufgewendete Zahlungen ersatzfähig, sofern sie zur Erfüllung fremder Verbindlichkeiten getätigt wurden.

Ausschluss und Begrenzung des Aufwendungsersatzanspruchs

Mutwilligkeit und Unverhältnismäßigkeit

Kein Ersatz ist zu gewähren, wenn die getätigten Aufwendungen den Rahmen des wirtschaftlich Vernünftigen überschreiten oder mutwillig waren. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn dem Anspruchsgegner das Ersatzverlangen nicht zugemutet werden kann.

Vorrang einer anderweitigen Vergütung

Ein Anspruch auf Aufwendungsersatz kann ausgeschlossen sein, wenn der Aufwand bereits anderweitig abgegolten wird, etwa durch eine Pauschale oder eine im Vertrag ausdrücklich geregelte Vergütung.

Verjährung von Aufwendungsersatzansprüchen

Aufwendungsersatzansprüche verjähren nach den allgemeinen Vorschriften des BGB. Mangels spezieller Regelung gilt regelmäßig die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Anspruchsteller von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

Bedeutung des Aufwendungsersatzes in der Rechtsprechung

Die Rechtsprechung konkretisiert die allgemeinen Grundsätze zum Aufwendungsersatz und stellt dabei auf die Erforderlichkeit und Angemessenheit im Einzelfall ab. Im Vordergrund steht stets, ob ein verständiger Dritter unter gleichen Bedingungen die entsprechenden Aufwendungen für notwendig gehalten hätte. Dies eröffnet einen Beurteilungsspielraum, der sich nach Art und Umfang der jeweiligen Sachlage richtet.

Sonderfälle und Besonderheiten

Sonderregelungen im Handelsrecht

Handelsvertreter, Handelsmakler oder Frachtführer genießen spezielle Aufwendungsersatzregelungen, die im HGB niedergelegt sind. Insbesondere der Handelsvertreter kann nach § 86a Abs. 1 HGB Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, soweit diese zur ordnungsgemäßen Ausführung seiner Aufgaben erforderlich waren.

Steuerliche Behandlung des Aufwendungsersatzes

Im Kontext der Steuerberatung ist zu beachten, dass der Erhalt von Aufwendungsersatz nicht zwangsläufig steuerpflichtig ist, sondern grundsätzlich lediglich einen Ausgleich bereits getätigter Ausgaben darstellt.

Zusammenfassung

Der Aufwendungsersatz ist ein wesentlicher Rechtsbegriff im deutschen Zivilrecht und sichert den Ausgleich für freiwillig erbrachte Leistungen oder Auslagen zum Vorteil eines anderen. Die Anspruchsvoraussetzungen und Ausgestaltung sind gesetzlich in verschiedenen Normen geregelt. Zentrale Aspekte sind die Erforderlichkeit, die objektivierte Sicht ex ante und die Abgrenzung zum Schadensersatz. Der Aufwendungsersatz findet in zahlreichen Rechtsgebieten Anwendung und ist integraler Bestandteil des Ersatzrechts im deutschen Rechtssystem.

Häufig gestellte Fragen

Unter welchen Voraussetzungen besteht ein Anspruch auf Aufwendungsersatz?

Ein Anspruch auf Aufwendungsersatz setzt voraus, dass eine Person im Interesse eines anderen rechtmäßig Aufwendungen gemacht hat. Rechtliche Grundlage hierfür sind insbesondere § 670 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) beim Auftrag sowie die §§ 677 ff. BGB bei der Geschäftsführung ohne Auftrag. Maßgeblich ist, dass die Aufwendungen erforderlich und objektiv angemessen waren, um den beabsichtigten Erfolg zu erzielen. Auch muss die Tätigkeit im fremden oder gemeinschaftlichen Interesse ausgeführt worden sein und eine tatsächliche Ausführung vorliegen; lediglich geplante Aufwendungen genügen nicht. Wichtig dabei ist, dass kein vertraglicher Ausschluss oder eine abweichende Regelung besteht. Zudem muss, sofern es sich nicht um eine Notgeschäftsführung handelt, regelmäßig ein schadensminderndes Verhalten (zum Beispiel unverzügliche Information des Geschäftsherrn) vorgenommen werden.

Welche Pflichten hat derjenige, der Aufwendungsersatz fordert?

Derjenige, der Aufwendungsersatz geltend macht, muss seine Aufwendungen nachweisen können und im Streitfall auch deren Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit darlegen. Dazu gehört die umfassende Dokumentation durch Quittungen, Verträge oder andere Nachweise, die sowohl die Art als auch die Höhe der Aufwendungen belegen. Außerdem besteht vielfach eine Pflicht, den Auftraggeber – sofern dies zumutbar ist – vor größeren Ausgaben zu informieren oder sich dessen Zustimmung einzuholen. Zudem muss beachtet werden, ob eine Obliegenheit zur Schadensminderung besteht, das heißt unnötige oder besonders kostspielige Maßnahmen sind möglichst zu vermeiden.

Welche Arten von Aufwendungen sind ersatzfähig?

Ersatzfähig sind nur solche Aufwendungen, die tatsächlich gemacht wurden und die aus objektiver Sicht erforderlich waren, um den Zweck des Geschäfts (wie zum Beispiel die Ausführung eines Auftrags) zu erfüllen. Nicht ersatzfähig sind sogenannte Luxus- oder Mehraufwendungen, die über das notwendige Maß hinausgehen, oder rein freiwillig getätigte Leistungen, die nicht durch das Geschäft veranlasst waren. Typische ersatzfähige Aufwendungen sind Auslagen für Material, Fahrt- oder Reisekosten, notwendige Anschaffungen sowie geleistete Anzahlungen. Eigenleistungen sind dagegen im Rahmen des § 670 BGB grundsätzlich nicht ersatzfähig, es sei denn, es besteht hierzu eine besondere vertragliche Regelung.

Wie ist die Höhe des Aufwendungsersatzes zu berechnen?

Die Höhe des Aufwendungsersatzes richtet sich grundsätzlich nach dem tatsächlich aufgewendeten Betrag, sofern dieser angemessen und objektiv erforderlich war. Im Einzelfall können auch branchenübliche Pauschalen zum Ansatz kommen, etwa bei Reisekosten oder Tagessätzen, sofern eine konkrete Berechnung nicht möglich ist oder im Vertrag vereinbart wurde. Ist unklar, welche Kosten angemessen waren, trägt der Ersatzberechtigte die Darlegungs- und Beweislast. Unangemessen hohe oder nachträglich nicht mehr belegbare Aufwendungen werden nicht ersetzt. Wurden Rabatte, Skonti oder Preisnachlässe in Anspruch genommen, ist nur der tatsächlich gezahlte Betrag erstattungsfähig.

Besteht ein Anspruch auf Vorschuss beim Aufwendungsersatz?

Ja, in bestimmten Fällen besteht ein Anspruch auf Vorschuss, insbesondere bei Auftragsverhältnissen (§ 669 BGB). Der Beauftragte kann verlangen, dass ihm die zur Ausführung des Auftrags erforderlichen Gelder im Voraus zur Verfügung gestellt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Nachweis einer bevorstehenden oder laufenden notwendigen Ausgabe erbracht wird. Der Auftraggeber kann die Zahlung eines Vorschusses jedoch verweigern, wenn der Anspruch offensichtlich unbegründet ist oder wenn der Beauftragte bereits hinreichend ausgestattet ist. Die Höhe des Vorschusses beschränkt sich auf die voraussichtlich erforderlichen Aufwendungen.

Wie verhält sich der Aufwendungsersatzanspruch zum Schadensersatzanspruch?

Der Anspruch auf Aufwendungsersatz unterscheidet sich grundlegend vom Schadensersatzanspruch. Beim Aufwendungsersatz werden freiwillig getätigte, zweckmäßige Ausgaben im Rahmen einer Geschäftsführung ersetzt, während der Schadensersatz als Folge eines rechtswidrigen Eingriffs oder Nichterfüllung einer Pflicht dient. Beide Ansprüche können sich jedoch in bestimmten Fällen überschneiden, beispielsweise wenn aus einer schuldhaften Vertragsverletzung sowohl ein Schaden als auch ersatzfähige Aufwendungen resultieren. In diesen Fällen ist sorgfältig zu prüfen, ob eine Anspruchskonkurrenz oder aber Ausschlussgründe (z. B. Doppelersatzverbot) vorliegen.

Welche Ausschlussgründe gibt es beim Anspruch auf Aufwendungsersatz?

Der Anspruch auf Aufwendungsersatz kann aus verschiedenen Gründen ausgeschlossen sein. So führt eine abweichende Vereinbarung im Vertrag, die den Ersatz ausschließt oder beschränkt, zum Ausschluss. Auch rechtswidrige, im Widerspruch zum Willen des Geschäftsherrn stehende oder mutwillige Aufwendungen sind nicht erstattungsfähig. Ein weiterer Ausschlussgrund liegt vor, wenn die Aufwendungen im eigenen Interesse und nicht im Interesse des Auftraggebers oder Geschäftsherrn gemacht wurden. Schließlich kann der Anspruch auch durch Verjährung (regelmäßig nach drei Jahren, § 195 BGB) entfallen, sofern keine Hemmung oder Unterbrechung vorliegt.