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Aufwendungen, gemischte


Gemischte Aufwendungen: Begriff, rechtliche Grundlagen und Abgrenzung

Begriffsbestimmung: Was sind gemischte Aufwendungen?

Gemischte Aufwendungen sind Ausgaben, die sowohl durch private als auch durch betriebliche oder berufliche Veranlassung entstanden sind. Sie kennzeichnen sich dadurch, dass sie nicht eindeutig entweder der privaten Lebensführung oder ausschließlich betrieblichen bzw. beruflichen Sphäre zuzuordnen sind, sondern gemeinschaftlich beiden Bereichen dienen. Gemischte Aufwendungen treten insbesondere im Steuerrecht auf und betreffen die Abzugsfähigkeit von Kosten als Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben.

Rechtliche Grundlagen der gemischten Aufwendungen

Einkommensteuergesetz (EStG) und Abzugsverbot

Die zentrale gesetzliche Regelung zu gemischten Aufwendungen findet sich in Deutschland in § 12 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Nach dieser Vorschrift dürfen Aufwendungen für die private Lebensführung grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben abgezogen werden, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit erfolgen. Dieses Abzugsverbot ist eine wesentliche Einschränkung im deutschen Einkommensteuerrecht und maßgeblich für die Behandlung gemischter Kosten.

Ausnahmefälle zur Abzugsfähigkeit

Wird eine Ausgabe ausschließlich oder zumindest überwiegend durch den Betrieb oder Beruf veranlasst, kann eine Anerkennung als Betriebsausgabe oder Werbungskosten erfolgen. Ist eine klare Trennung des betrieblichen und privaten Anteils jedoch möglich, sind die jeweiligen Kostenanteile entsprechend aufzuteilen (§ 4 Abs. 5 EStG analog).

Aufteilbarkeit nach Rechtsprechung

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, insbesondere des Bundesfinanzhofs (BFH), ist eine Aufteilung gemischter Aufwendungen zulässig, wenn eine objektive und nachvollziehbare Methode zur Aufteilung zur Verfügung steht. Beispiele für sachgerechte Zuordnungskriterien sind Nutzungsdauer, Flächenanteile, Teilnehmerzahlen oder gefahrene Kilometer.

WFall keine hinreichend genaue und objektive Aufteilung möglich ist, bleibt der Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug jedoch vollständig versagt (vgl. BFH, Urteil vom 21.09.2009, Az. GrS 1/06).

Typische Fallgestaltungen gemischter Aufwendungen

Gemischte Aufwendungen können in verschiedenen Kontexten auftreten. Nachfolgend werden zentrale Anwendungsfälle im Überblick erläutert.

Reisekosten mit privaten Anteil

Ein klassisches Beispiel ist die Dienstreise bzw. Geschäftsreise mit privater Veranlassung, etwa im Fall einer Verlängerung der Dienstreise zu privaten Erholungszwecken („Anschlussurlaub“). Die Kosten sind dann entsprechend aufzuteilen: Die reinen Reisekosten für den geschäftlichen Teil (z.B. Flug, Verpflegungsmehraufwand, Übernachtung während des betrieblichen Teils) sind abzugsfähig; für den privaten Anteil besteht kein steuerlicher Abzug.

Anschaffung und Nutzung gemischt verwendeter Wirtschaftsgüter

Wirtschaftsgüter wie Pkw, Computer, Mobiltelefone oder auch Arbeitszimmer können betrieblich wie privat genutzt werden. Die Kostenanteile sind entsprechend der tatsächlichen (z.B. anhand Fahrtenbuch oder Zeitaufzeichnungen nachgewiesenen) Nutzung aufzuteilen. Nur der betriebliche oder berufliche Teil ist als Betriebsausgabe oder Werbungskosten steuerlich wirksam.

Bewirtungsaufwendungen

Aufwendungen für Bewirtung können ebenfalls teilweise gemischt sein, z.B. im Rahmen von Geschäftsessen, an denen auch Familienangehörige teilnehmen. In diesem Fall ist eine Aufteilung nach der Anzahl der Personen und der betrieblichen Veranlassung unerlässlich.

Abgrenzung zu anderen Kostenarten

Betriebliche, berufliche und private Aufwendungen

  • Reine Betriebsausgaben/Werbungskosten: Vollständig betrieblich oder beruflich veranlasst, wie z.B. Büromaterial, Fachliteratur rein fachlichen Inhalts.
  • Gemischte Aufwendungen: Sowohl privat als auch betrieblich/beruflich veranlasst.
  • Reine private Aufwendungen: Keine betriebliche oder berufliche Veranlassung, etwa typische Ausgaben für die private Lebensführung.

Notwendigkeit der Abgrenzung

Eine präzise Abgrenzung ist im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung unabdingbar und von großer Bedeutung für die korrekte Besteuerung natürlicher und juristischer Personen.

Maßstab und Methoden zur Aufteilung gemischter Aufwendungen

Quantitative und qualitative Aufteilungskriterien

Die Aufteilung erfolgt nach objektiv nachprüfbaren Kriterien. Dabei können sowohl quantitative Verhältnisse (wie Nutzungsumfang in Prozent, Zeitanteile, Personenanzahl) als auch qualitative Aspekte (z.B. Art und Zweck eines Vorgangs) maßgeblich sein.

Dokumentationspflicht

Die sachgerechte Dokumentation der jeweiligen Anteile ist zwingende Voraussetzung. Fehlende Nachweise führen regelmäßig zum vollständigen Verlust des steuerlichen Abzugs.

Rechtsprechung und praxisrelevante Urteile

Die höchstrichterliche Rechtsprechung, vor allem des BFH, hat die Behandlung gemischter Aufwendungen wesentlich geprägt. Zu den richtungsweisenden Urteilen zählen Entscheidungen zu den Voraussetzungen einer zulässigen Aufteilung und zu deren Grenzen sowie zur Bewertung der Nachweisführung im Einzelfall (vgl. BFH GrS 1/06, BFH VI R 51/07).

Internationale Perspektiven

Auch im internationalen Steuerrecht stellen gemischte Aufwendungen eine Herausforderung dar. Viele Doppelbesteuerungsabkommen sehen spezielle Regelungen vor oder knüpfen an die nationalen Vorschriften zur Abgrenzung privater und betrieblicher Sphären an.

Bedeutung in der Praxis

Gemischte Aufwendungen sind in nahezu allen Unternehmens- und Berufszweigen relevant. Sie betreffen sowohl Freiberufler als auch gewerbliche Unternehmer, Angestellte und Selbstständige und stellen in der Praxis häufig einen Streitpunkt in der steuerlichen Betriebsprüfung dar.

Literatur und weiterführende Quellen

  • Einkommensteuergesetz (EStG), §§ 4, 9, 12 EStG
  • Bundesfinanzhof (BFH), Urteile zu gemischten Aufwendungen
  • Kommentare zu EStG: Tipke/Lang, Kirchhof/Söhn/Mellinghoff
  • BMF-Schreiben zu Reisekosten, Arbeitszimmer, Bewirtungsaufwendungen

Zusammenfassung:
Gemischte Aufwendungen sind Kosten, die sich gleichermaßen betrieblich/beruflich wie privat begründen lassen. Ihre steuerliche Behandlung richtet sich nach den Regelungen des Einkommensteuerrechts und den Grundsätzen der Rechtsprechung. Entscheidend ist eine klare Abgrenzung und Dokumentation der betrieblichen beziehungsweise privaten Anteile. Die Thematik ist komplex und hat sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen erhebliche praktische Bedeutung.

Häufig gestellte Fragen

Wie werden gemischte Aufwendungen im rechtlichen Kontext steuerlich behandelt?

Gemischte Aufwendungen sind solche, die sowohl einen privaten als auch einen betrieblichen bzw. beruflichen Veranlassungszusammenhang aufweisen. Ihre steuerliche Behandlung richtet sich hauptsächlich nach § 12 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG), wonach Aufwendungen mit gemischtem Anlass grundsätzlich nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig sind, soweit sie der privaten Lebensführung zuzuordnen sind. Eine Aufteilung der Kosten in einen betrieblich/beruflich und einen privat veranlassten Anteil ist nach der sogenannten Aufteilungsrechtsprechung des Bundesfinanzhofs (z. B. Urteil vom 21.09.2009, GrS 1/06) jedoch möglich, sofern eine objektive und nachvollziehbare Trennung der Anteile gewährleistet werden kann. Dies bedeutet, dass der Anteil, der ausschließlich betrieblich oder beruflich veranlasst ist, steuerlich abgezogen werden darf, während der privat veranlasste Teil grundsätzlich nicht berücksichtigt werden kann. Bei gemischten Aufwendungen, bei denen die Anteile nicht eindeutig trennbar sind, greift grds. das Abzugsverbot. Beispiele für gemischte Aufwendungen sind unter anderem Reisekosten bei teilweise privatem Anlass, Anschaffungskosten für Computer, die sowohl privat als auch beruflich genutzt werden, oder auch Bewirtungsaufwendungen mit privater Beteiligung.

Welche Nachweispflichten bestehen für die Aufteilung gemischter Aufwendungen?

Für die steuerliche Anerkennung des betrieblichen oder beruflichen Anteils gemischter Aufwendungen trifft den Steuerpflichtigen eine erhöhte Nachweispflicht. Die Finanzverwaltung verlangt eine klare und nachvollziehbare Dokumentation, aus der die Zuordnung der jeweiligen Kostenanteile hervorgeht. Dies kann beispielsweise durch getrennte Rechnungstellung, detaillierte Aufzeichnungen über Nutzungszeiten, Fahrtenbücher oder ähnliche Nachweistools erfolgen. Der Nachweis muss so geführt werden, dass die Finanzbehörde den betrieblichen Anteil der Aufwendungen zweifelsfrei feststellen und abgrenzen kann. Werden die Nachweise nicht oder nicht ausreichend erbracht, besteht das Risiko, dass der gesamte Aufwendungsbetrag steuerlich nicht anerkannt wird.

Wie erfolgt die Aufteilung bei gemischt veranlassten Reisekosten?

Bei gemischten Reisekosten, also bei Dienstreisen, die auch private Elemente beinhalten, ist die steuerliche Berücksichtigung der Kosten davon abhängig, wie die Reisedauer, der Reiseablauf und die Gewichtung der betrieblichen und privaten Anteile ausgestaltet sind. Im Grundsatz gilt, dass die beruflich oder betrieblich veranlassten Kostenabschnitte als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar sind, sofern sie eindeutig abgrenzbar sind. Die privat veranlassten Kostenanteile (z. B. Verlängerungsnächte aus privaten Gründen oder Kosten für privat genutzte Veranstaltungen) sind steuerlich nicht abzugsfähig. Die Aufteilung erfolgt in der Regel anhand der Reisedauer oder auch durch eine anteilige Kostenaufteilung bei eindeutig nachweisbaren Zeitanteilen. Nicht eindeutig trennbare Kosten, wie beispielsweise anteilige Flugkosten bei einer Reise mit überwiegend privatem Anlass, sind jedoch nicht abziehbar.

Inwieweit sind gemischte Aufwendungen im Zusammenhang mit Arbeitszimmern abzugsfähig?

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind ein klassisches Beispiel für gemischte Aufwendungen, wenn der Raum sowohl privat als auch beruflich genutzt wird. Nach geltender Rechtslage (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG und § 9 Abs. 5 EStG) darf der Abzug von Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann geltend gemacht werden, wenn der Raum nahezu ausschließlich (d. h. zu über 90 %) betrieblich oder beruflich genutzt wird. Ist dies nicht der Fall und liegt eine gemischte Nutzung vor, sind die hierauf entfallenden Aufwendungen insgesamt steuerlich nicht abzugsfähig. Eine Aufteilung anhand von Quadratmetern oder Nutzungszeiten wird im Regelfall von der Rechtsprechung nicht akzeptiert, sofern die betriebliche Nutzung unter 90 % liegt.

Gibt es branchenspezifische Besonderheiten bei der Behandlung gemischter Aufwendungen?

Bestimmte Berufsgruppen oder Branchen können bei der Behandlung gemischter Aufwendungen Besonderheiten zu beachten haben. Beispielsweise haben Selbstständige und Freiberufler häufig Aufwendungen, die gemischt veranlasst sind (z. B. Geschäftshandy, Reisekosten zu Fortbildungen mit Freizeitanteil). Auch bei Künstlern oder Autoren werden gemischte Aufwendungen, etwa für Recherche- oder Inspirationsreisen, oft nach strengeren Maßstäben beurteilt. Je nach Berufsgruppe akzeptieren die Finanzbehörden teils branchenspezifische Nachweisformen oder Pauschalierungsregelungen, z. B. bei der Aufteilung von Telefonkosten. Entscheidend bleibt jedoch grundsätzlich der klare Nachweis und die objektive Trennung der betrieblichen und privaten Anteile.

Können gemischte Aufwendungen im Rahmen der Umsatzsteuer geltend gemacht werden?

Für Zwecke der Umsatzsteuer ist die Behandlung gemischter Aufwendungen insbesondere nach § 15 UStG und den dazu ergangenen Verwaltungsanweisungen zu beurteilen. Wird ein Gegenstand sowohl für unternehmerische (steuerbare und steuerpflichtige Umsätze) als auch für nichtunternehmerische (privat oder für steuerfreie Umsätze) Zwecke genutzt, ist der Vorsteuerabzug nur für den unternehmerischen Nutzungsanteil zulässig. Die Aufteilung erfolgt dabei üblicherweise nach dem Verhältnis der tatsächlichen Nutzungsanteile, etwa durch Schätzung aufgrund betrieblicher Aufzeichnungen oder nach objektiven Maßstäben wie Zeitanteilen, Flächen, Stückzahlen. Auch hier gilt: Ist eine genaue Abgrenzung oder Schätzung nicht möglich, kann der Vorsteuerabzug teilweise oder ganz versagt werden.

Welche Rolle spielen gemischte Aufwendungen bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG?

Bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG gilt für gemischte Aufwendungen das strikte so genannte Zuordnungsprinzip. Das bedeutet, dass Aufwendungen ausschließlich dann abgezogen werden dürfen, wenn sie durch den Betrieb veranlasst sind. Bei gemischten Aufwendungen ist zwingend eine Aufteilung vorzunehmen, sofern die Aufwendungen klar und nachweisbar aufgeteilt werden können. Der private Anteil ist unabhängig davon steuerlich nicht abziehbar. Die Finanzverwaltung verlangt auch hier konkrete Nachweise, damit nicht der gesamte Aufwand mangels Abgrenzung als nicht abzugsfähig eingestuft wird.