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Auftrag

Begriff und rechtliche Einordnung des Auftrags

Der Auftrag ist ein schuldrechtliches Verhältnis, in dem eine Person (Auftraggeber) eine andere Person (Beauftragter) damit betraut, ein fremdes Geschäft oder eine Tätigkeit sorgfältig zu besorgen. Im Vordergrund steht die pflichtgemäße Ausführung nach den Interessen des Auftraggebers, nicht ein bestimmter Erfolg. Ein Auftrag kann mündlich, schriftlich oder konkludent (durch schlüssiges Verhalten) entstehen.

Traditionell wird der Auftrag als grundsätzlich unentgeltliches Tätigkeitsversprechen verstanden. Eine Vergütung kann jedoch vereinbart oder aus den Umständen abgeleitet werden. Ob ein Auftrag oder ein anderer Vertragstyp vorliegt, richtet sich nach Inhalt, Zweck und Vergütungsabrede.

Abgrenzung zu verwandten Verträgen

Dienstvertrag vs. Auftrag

Beim Dienstvertrag schuldet der Dienstverpflichtete eine regelmäßige Tätigkeit gegen Vergütung. Beim Auftrag steht die besorgende Tätigkeit im Interesse des Auftraggebers im Vordergrund; eine Vergütung ist nicht zwingend vorgesehen. Maßgeblich sind Schwerpunkt der Leistung (Tätigkeit vs. Interessenwahrung) und die Vergütungsabrede.

Werkvertrag vs. Auftrag

Der Werkvertrag zielt auf einen konkreten Erfolg (z. B. Reparatur, Erstellung eines Werkes). Beim Auftrag ist die sorgfältige Tätigkeit geschuldet, nicht das Gelingen. Wird ein bestimmter Erfolg vereinbart, spricht dies für einen Werkvertrag, nicht für einen Auftrag.

Geschäftsbesorgung und Geschäftsführung ohne Auftrag

Eine Geschäftsbesorgung ist eine entgeltliche, fremdnützige Tätigkeit wirtschaftlicher Art; sie überschneidet sich mit dem Auftrag, unterscheidet sich jedoch durch die regelmäßig vereinbarte Vergütung. Die Geschäftsführung ohne Auftrag entsteht ohne vertragliche Abrede, wenn jemand ein fremdes Geschäft aus eigenem Antrieb führt; sie hat eigene Voraussetzungen und Folgen.

Auftrag und Vollmacht

Der Auftrag ist das interne Schuldverhältnis zwischen Auftraggeber und Beauftragtem. Die Vollmacht ist die nach außen wirkende Vertretungsmacht gegenüber Dritten. Beides kann zusammenfallen, muss es aber nicht: Ein Beauftragter kann ohne Vertretungsmacht rein intern tätig werden; umgekehrt kann jemand Vollmacht haben, ohne zur Tätigkeit verpflichtet zu sein. Rechte und Pflichten aus Auftrag und Vollmacht sind getrennt zu betrachten.

Zustandekommen und Form

Vertragsschluss: Angebot und Annahme

Ein Auftrag entsteht durch übereinstimmende Willenserklärungen. Inhaltlich muss erkennbar sein, welche Tätigkeit zu besorgen ist und für wessen Interesse sie vorgenommen wird. Schweigen genügt regelmäßig nicht; tatsächliches Tätigwerden kann jedoch als Annahme gedeutet werden.

Formfreiheit und Ausnahmen

Der Auftrag ist formfrei. Ausnahmen ergeben sich, wenn der Auftrag eine Tätigkeit betrifft, die ihrerseits einer besonderen Form bedarf (etwa bei Grundstücksgeschäften oder Verbraucherkrediten). In solchen Fällen wirkt die Formbedürftigkeit in die Auftragserteilung hinein.

Inhalt und Leistungsbeschreibung

Der Umfang des Auftrags ergibt sich aus Vereinbarung, Verkehrssitte und dem erkennbaren Interesse des Auftraggebers. Weisungen konkretisieren den Inhalt; sie müssen klar, möglich und zumutbar sein. Unklare oder widersprüchliche Weisungen sind nach objektiven Maßstäben auszulegen.

Rechte und Pflichten der Beteiligten

Pflichten des Beauftragten

Sorgfalt, Interessenwahrung, Weisungsgebundenheit

Der Beauftragte muss die übernommenen Tätigkeiten sorgfältig und im wohlverstandenen Interesse des Auftraggebers ausführen. Er hat Weisungen zu beachten, soweit diese rechtlich zulässig und sachgerecht sind. Bei unklaren Weisungen trifft ihn eine Rückfrage- oder Klarstellungspflicht, soweit möglich und zumutbar.

Informations- und Rechenschaftspflicht

Der Beauftragte informiert angemessen über wesentliche Umstände, den Stand der Durchführung und besondere Risiken. Nach Abschluss oder bei Beendigung hat er Rechenschaft abzulegen und Unterlagen geordnet herauszugeben.

Herausgabe von Erlangtem

Alles, was der Beauftragte im Zusammenhang mit dem Auftrag erlangt (z. B. Gelder, Gegenstände, Vorteile), ist an den Auftraggeber herauszugeben. Hierzu gehören auch Nutzungen und Surrogate, soweit sie dem Auftrag zuzurechnen sind.

Pflichten des Auftraggebers

Mitwirkung

Der Auftraggeber hat die zur Durchführung erforderlichen Informationen, Unterlagen und Zugänge bereitzustellen und zweckdienliche Weisungen zu erteilen. Unterlässt er Mitwirkung, kann die ordnungsgemäße Besorgung beeinträchtigt sein.

Aufwendungsersatz und Vorschuss

Erforderliche und zweckmäßige Aufwendungen sind zu ersetzen. Dazu zählen insbesondere Auslagen, Gebühren, Reisekosten sowie Kosten notwendiger Drittdienstleistungen. Ein angemessener Vorschuss kann verlangt werden, wenn erhebliche Auslagen absehbar sind.

Vergütung, wenn vereinbart

Ist eine Vergütung ausdrücklich oder den Umständen nach vereinbart, entsteht ein Anspruch hierauf. Fehlt eine Abrede, kann sich ein Entgeltanspruch aus Übung, Verkehrssitte oder typischer Entgeltlichkeit ergeben, je nach Rechtsordnung und Einzelfall.

Haftung

Haftungsmaßstab und Haftungsbegrenzung

Der Beauftragte haftet bei Pflichtverletzungen nach dem allgemeinen Verschuldensmaßstab. Eine Haftung kann vertraglich differenziert werden, etwa für leichte Fahrlässigkeit, soweit gesetzlich zulässig und dem Aufgabenbereich angemessen. Unabdingbare Mindeststandards bleiben unberührt.

Auswahl- und Überwachungspflichten bei Subbeauftragung

Die Weitergabe von Aufgaben an Dritte setzt eine Erlaubnis oder sachliche Rechtfertigung voraus. Erfolgt eine zulässige Subbeauftragung, trifft den Beauftragten eine sorgfältige Auswahl- und Überwachungspflicht. Für Erfüllungsgehilfen haftet er nach den allgemeinen Regeln.

Dauer, Beendigung und Folgen

Widerruf und Kündigung

Der Auftrag ist regelmäßig jederzeit kündbar bzw. widerruflich. Dabei sind schutzwürdige Interessen beider Seiten zu berücksichtigen. Bei zeitlich unpassender oder treuwidriger Beendigung können Ersatzansprüche für nutzlos gewordene Aufwendungen oder entgangene Vergütungstatbestände entstehen, abhängig von der konkreten Ausgestaltung des Verhältnisses.

Beendigung kraft Gesetzes

Der Auftrag endet mit Erfüllung, Unmöglichkeit der Leistung oder durch Umstände, die die Fortführung unzumutbar machen. Der Tod oder der Wegfall der Geschäftsfähigkeit kann den Auftrag beenden oder seine Fortführung erfordern, wenn es der Schutz des Auftraggebers oder die Natur des Geschäfts nahelegt; die Details hängen von der Rechtsordnung und den Vereinbarungen ab.

Abwicklung

Nach Beendigung sind Unterlagen und Gegenstände herauszugeben, Rechenschaft zu legen und offene Ansprüche auf Vergütung oder Aufwendungsersatz abzuwickeln. Etwaige Vorschüsse sind abzurechnen; verbleibende Guthaben sind zu erstatten.

Besondere Erscheinungsformen und Praxisbeispiele

Unentgeltlicher Gefälligkeitsauftrag

Wird eine fremdnützige Tätigkeit aus Gefälligkeit übernommen, kann je nach Bindungswillen ein Auftrag oder lediglich ein soziales Gefälligkeitsverhältnis vorliegen. Entscheidend sind Verbindlichkeitswille, wirtschaftliche Bedeutung, Risiko und Erwartungshaltung.

Berufliche Mandate

In beratenden oder vertretenden Tätigkeiten bildet häufig ein auftragsähnliches Verhältnis die Grundlage. Die Sorgfalts- und Rechenschaftspflichten stehen im Vordergrund; ein bestimmter Erfolg ist regelmäßig nicht geschuldet.

Bank- und Zahlungsaufträge

Überweisungen, Lastschriften und Depotanweisungen beruhen auf Auftrags- oder geschäftsbesorgungsnahen Strukturen. Weisungsbindung, Ausführungspflicht und Informationspflichten sind hier besonders bedeutsam; Vergütung und Entgelte sind üblich.

Handels- und Unternehmenspraxis

In Unternehmen treten Aufträge in Form von Bevollmächtigungen und internen Betrauungen auf. Abgrenzung zu Arbeitsverhältnissen, Werk- und Dienstverträgen erfolgt nach Inhalt, Eingliederung und Vergütungsstruktur.

Internationaler Vergleich im deutschsprachigen Raum

Deutschland

Der Auftrag ist traditionell eine unentgeltliche Besorgung eines fremden Geschäfts mit starker Bindung an die Interessenwahrung und die Weisungsgebundenheit. Vergütung entsteht nur bei Vereinbarung oder besonderer Umstände; viele praktische Fälle werden als entgeltliche Geschäftsbesorgung, Dienst- oder Werkvertrag eingeordnet.

Österreich

Der Auftrag ist überwiegend unentgeltlich konzipiert, ein Entgelt kann aber vereinbart werden. Pflichten zur sorgfältigen Besorgung, Rechenschaft und Herausgabe sind prägend. Beendigung ist im Regelfall jederzeit möglich.

Schweiz

Der Auftrag erfasst die sorgfältige Ausführung einer Tätigkeit, ohne Erfolgsgarantie. Eine Vergütung ist häufig vorgesehen oder ergibt sich aus Übung; Rechenschafts-, Treue- und Herausgabepflichten sind stark ausgeprägt. Die Beendigung ist grundsätzlich jederzeit möglich, mit Rücksicht auf Treu und Glauben.

Typische Streitpunkte und Beweisfragen

Bestehen und Inhalt des Auftrags

Streit entsteht häufig darüber, ob ein verbindlicher Auftrag vorliegt oder lediglich eine unverbindliche Gefälligkeit. Indizien sind Kommunikationsinhalt, wirtschaftliche Tragweite und das Verhalten der Beteiligten.

Vergütungsabrede und Üblichkeit

Fehlt eine ausdrückliche Vergütungsabrede, wird aus Umständen und Übung geschlossen. Branchenpraxis und Ablauf des Geschäfts spielen eine zentrale Rolle.

Sorgfaltsmaßstab und Haftung

Ob eine Pflichtverletzung vorliegt, richtet sich nach Art der übernommenen Tätigkeit, Risiken, Weisungen und Informationsstand. Haftungsbegrenzungen müssen transparent und zulässig sein.

Weisungen und deren Reichweite

Uneinigkeit besteht bisweilen über die Bindung an Weisungen. Maßgeblich sind die Vereinbarungen, die Natur des Geschäfts und die Zumutbarkeit in der konkreten Situation.

Häufig gestellte Fragen zum Thema Auftrag

Ist ein Auftrag immer unentgeltlich?

Nein. Der Auftrag ist traditionell ohne Vergütung angelegt, doch kann eine Vergütung ausdrücklich vereinbart oder aus den Umständen hergeleitet werden. In vielen praktischen Konstellationen ist Entgeltlichkeit üblich, sodass die Einordnung als entgeltliche Geschäftsbesorgung oder Dienstvertrag naheliegt.

Wodurch unterscheidet sich ein Auftrag von einer Vollmacht?

Der Auftrag ist das interne Verpflichtungsverhältnis, das Pflichten zur Tätigkeit, Sorgfalt und Rechenschaft begründet. Die Vollmacht ist die nach außen wirkende Vertretungsmacht gegenüber Dritten. Beides kann zusammen auftreten, ist aber rechtlich zu trennen.

Kann ein Auftrag jederzeit beendet werden?

Grundsätzlich ja. Der Auftrag ist regelmäßig jederzeit widerruflich oder kündbar. Die Beendigung darf jedoch nicht treuwidrig erfolgen. In bestimmten Konstellationen können Ersatzansprüche entstehen, etwa für nutzlos gewordene Aufwendungen.

Welche Haftung trifft den Beauftragten?

Der Beauftragte haftet bei schuldhafter Pflichtverletzung nach dem allgemeinen Verschuldensmaßstab. Der Umfang richtet sich nach Art der übernommenen Tätigkeit, den Weisungen, der Risikoverteilung und etwaigen vertraglichen Haftungsregelungen, soweit zulässig.

Hat der Beauftragte Anspruch auf Aufwendungsersatz?

Ja, erforderliche und zweckmäßige Aufwendungen sind zu ersetzen. Dazu zählen insbesondere Auslagen, Gebühren und notwendige Kosten Dritter. Ein Vorschuss kann verlangt werden, wenn erhebliche Auslagen absehbar sind.

Darf der Beauftragte Aufgaben an Dritte weitergeben?

Nur wenn dies vereinbart, üblich oder aus sachlichen Gründen notwendig ist. In diesem Fall bestehen Auswahl- und Überwachungspflichten. Für eingeschaltete Personen haftet der Beauftragte nach den allgemeinen Regeln.

Was gilt beim Tod des Auftraggebers oder des Beauftragten?

Der Auftrag kann enden oder fortwirken, je nach Natur des Geschäfts und Schutzzweck. Teilweise ist eine vorübergehende Fortführung zur Sicherung der Interessen geboten. Die genaue Rechtsfolge hängt von der Rechtsordnung und den Vereinbarungen ab.