Begriff und rechtliche Grundlagen des Auftrags
Der Auftrag ist ein zentrales Rechtsinstitut des Schuldrechts, das die unentgeltliche oder entgeltliche Wahrnehmung fremder Geschäfte sowie bestimmte Dienstleistungen zum Gegenstand hat. Die rechtlichen Regelungen zum Auftrag sind maßgeblich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) §§ 662 bis 676ff. verankert. Ein Auftrag ist ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, durch das sich der Beauftragte gegenüber dem Auftraggeber verpflichtet, ein ihm vom Auftraggeber übertragenes Geschäft für diesen unentgeltlich auszuführen.
Definition und Funktion des Auftrags
Der Auftrag (§ 662 BGB) ist ein verpflichtendes Schuldverhältnis. Er dient dem Zweck, Geschäfte oder Dienstleistungen im Interesse und für Rechnung des Auftraggebers ausführen zu lassen. Die Übernahme eines Auftrags erfolgt meist im Bereich der Geschäftsbesorgung oder Vertretung, woraus für beide Parteien bestimmte Rechte und Pflichten entstehen.
Vertragsschluss und Zustandekommen des Auftrags
Voraussetzungen
Ein Auftrag setzt das Angebot und die Annahme eines Auftragsverhältnisses voraus. Die Annahme muss nicht ausdrücklich, sondern kann auch konkludent, etwa durch Aufnahme der Tätigkeit, erfolgen. Der Auftrag ist grundsätzlich formfrei, sofern nicht das zugrunde liegende Geschäft einer besonderen Form bedarf.
Abgrenzung zu anderen Vertragstypen
Der Auftrag unterscheidet sich vom Dienstvertrag und vom Werkvertrag insbesondere durch das Fehlen eine Entgeltpflicht: Nach § 662 BGB ist der Auftrag grundsätzlich unentgeltlich, während beim Dienstvertrag (§ 611 BGB) und beim Werkvertrag (§ 631 BGB) die Vergütung im Vordergrund steht. Unterscheidungen ergeben sich zudem in Bezug auf Weisungsgebundenheit, Haftung und Rücktrittsmöglichkeiten.
Rechte und Pflichten der Parteien
Pflichten des Beauftragten
Der Beauftragte ist verpflichtet, das übernommene Geschäft nach den Weisungen des Auftraggebers auszuführen und dessen Interessen wahrzunehmen (§ 665 BGB). Er muss den Auftrag selbst ausführen, soweit nicht gestattet wurde, sich vertreten zu lassen. Darüber hinaus besteht eine umfassende Rechenschaftspflicht gegenüber dem Auftraggeber (§ 666 BGB) – der Beauftragte muss auf Verlangen jederzeit Auskunft erteilen und nach Ausführung des Auftrags Rechenschaft ablegen.
Pflichten des Auftraggebers
Der Auftraggeber ist verpflichtet, dem Beauftragten auf Verlangen die für die Ausführung des Auftrags erforderlichen Aufwendungen zu ersetzen (§ 670 BGB). Etwaige Schäden, die dem Beauftragten infolge der Auftragsausführung ohne Verschulden entstehen, sind unter bestimmten Voraussetzungen zu ersetzen.
Haftung und Schutzmechanismen
Der Beauftragte haftet gemäß § 280 BGB für Schäden infolge der Verletzung seiner Vertragspflichten. Für vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten haftet er uneingeschränkt. Leichte Fahrlässigkeit kann, im Rahmen des § 276 BGB, eingeschränkt sein. Der Beauftragte unterliegt zudem einer Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich aller im Rahmen des Auftrags erhaltenen Informationen.
Beendigung, Widerruf und Kündigung des Auftrags
Möglichkeiten der Beendigung
Der Auftrag endet durch Erfüllung, Widerruf oder Tod bzw. Geschäftsunfähigkeit einer der Parteien (§ 671 BGB). Ein gegenseitiger Aufhebungsvertrag kann den Auftrag ebenfalls beenden.
Widerrufs- und Kündigungsrechte
Beide Parteien können den Auftrag jederzeit widerrufen oder kündigen. Dies ergibt sich aus dem in § 671 BGB normierten Grundsatz, der insbesondere den Schutz der persönlichen Vertrauensbasis zwischen Auftraggeber und Beauftragtem hervorhebt. Wird ein beendet, ohne dass ein wichtiger Grund vorliegt, kann unter Umständen ein Ersatzanspruch wegen entstandener Aufwendungen bestehen.
Besonderheiten und Abwandlungen des Auftrags
Geschäftsbesorgungsvertrag
Im Rahmen des § 675 BGB wird der Auftrag in der Praxis zur entgeltlichen Geschäftsbesorgung erweitert. Dies betrifft insbesondere Bankgeschäfte, Versicherungsagenturen und Maklertätigkeiten, bei denen regelmäßig eine Vergütung vereinbart wird.
Abgrenzung zur Geschäftsführung ohne Auftrag
Von der Auftragserteilung streng zu unterscheiden ist die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677ff. BGB), bei der eine Person ohne rechtlichen Auftrag ein Geschäft für eine andere führt.
Sonderformen
Es existieren zahlreiche Sonderformen und abgeleitete Vertragstypen, beispielsweise der Anwaltsauftrag, Arztauftrag oder Maklerauftrag, für die teilweise spezielle Vorschriften oder berufsrechtliche Rahmenbedingungen gelten.
Internationales Privatrecht und Auftrag
Im internationalen Rechtsverkehr ist das Vertragsstatut des Auftrags nach den Regelungen des Internationalen Privatrechts zu bestimmen. Das maßgebliche Recht wird häufig nach der Rom-I-Verordnung der Europäischen Union gewählt, wobei entweder das Recht des Staates Anwendung findet, in dem der Beauftragte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder nach vertraglicher Vereinbarung.
Fazit
Der Auftrag stellt ein bedeutendes Instrument zur rechtlichen Gestaltung von Fremdgeschäftsbesorgungen im privaten wie gewerblichen Bereich dar. Aufgrund seiner Flexibilität und der detaillierten gesetzlichen Regelungen bietet der Auftrag einen transparenten Rahmen für eine Vielzahl von Dienstleistungen und Geschäften mit fremdem Interessenbezug. Die Einhaltung der Pflichten sowie das Verständnis der jeweiligen Rechte und Kündigungsmöglichkeiten tragen maßgeblich zu einer rechtssicheren und vertrauensvollen Zusammenarbeit bei.
Siehe auch:
- Dienstvertrag
- Werkvertrag
- Geschäftsbesorgung
- Vertretung (Recht)
- Geschäftsführung ohne Auftrag
Literatur:
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
- Grundzüge des Schuldrechts, Brox/Walker
- Schuldrecht Allgemeiner Teil, Medicus
Weblinks:
Häufig gestellte Fragen
Welche Pflichten hat der Beauftragte gemäß deutschem Zivilrecht?
Der Beauftragte ist gemäß § 664 BGB verpflichtet, das ihm übertragene Geschäft weisungsgemäß und mit der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt auszuführen. Zu seinen Hauptpflichten gehören insbesondere die sorgfältige Ausführung des übernommenen Auftrags, das Beachten von Weisungen des Auftraggebers und die persönliche Ausführung der übernommenen Tätigkeit, soweit keine Abweichungen vereinbart oder durch die Umstände gerechtfertigt sind. Er muss dem Auftraggeber jederzeit Auskunft über den Stand der Ausführung erteilen und nach Erledigung des Auftrags Rechenschaft ablegen sowie alles herausgeben, was er zur Ausführung und aus der Ausführung des Auftrags erlangt hat (§§ 666, 667 BGB). Der Beauftragte haftet im Falle einer Pflichtverletzung grundsätzlich für eigenes Verschulden, es sei denn, eine mildere Haftung ist vereinbart. Die Regeln dienen dem Schutz des Auftraggebers und stellen sicher, dass dessen Interessen gewahrt bleiben.
Wie endet ein Auftragsverhältnis nach deutschem Recht?
Ein Auftragsverhältnis nach deutschem Recht endet grundsätzlich durch die vollständige Ausführung des übernommenen Geschäfts, durch Kündigung einer der Parteien oder durch den Tod, die Geschäftsunfähigkeit oder Insolvenz einer der Parteien (§ 671 BGB). Beide Parteien, sowohl Auftraggeber als auch Beauftragter, haben das Recht, den Auftrag jederzeit zu kündigen. Allerdings kann aus einer zur Unzeit erfolgten Kündigung ggf. eine Schadensersatzpflicht entstehen. Im Todesfall des Auftraggebers endet, außer bei anderweitiger Vereinbarung, das Auftragsverhältnis automatisch, wobei der Beauftragte gehalten ist, das begonnene Geschäft bis zur Übernahme durch den Erben fortzuführen, wenn Gefahr im Verzug ist (§ 673 BGB). Bei Tod des Beauftragten erlischt der Auftrag, es sei denn, eine Vertretung ist ausdrücklich gestattet oder ergibt sich aus den Umständen.
Welche Haftungsregelungen gelten im Auftragsrecht?
Im Rahmen eines Auftrags haftet der Beauftragte grundsätzlich für alle durch schuldhaftes Verhalten verursachten Schäden (§ 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 670 BGB). Die Haftung erstreckt sich auf eine ordnungsgemäße, weisungsgemäße und sorgfältige Ausführung des Auftrags. Der Beauftragte haftet für Vorsatz und Fahrlässigkeit, wobei die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht maßgeblich nach dem Berufsbild und der Sachlage bemessen werden. Der Auftraggeber trägt die Risiken und Kosten, die mit der Auftragsausführung verbunden sind (§ 670 BGB), es sei denn, sie resultieren aus einem Fehler des Beauftragten. Die Haftung kann durch Vereinbarung begrenzt werden, bleibt jedoch für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz bestehen.
Inwieweit ist der Auftraggeber zum Ersatz von Aufwendungen verpflichtet?
Der Auftraggeber ist verpflichtet, dem Beauftragten alle für die Ausführung des Auftrags erforderlichen Aufwendungen zu ersetzen, die der Beauftragte im Interesse und für die Erfüllung des Auftrags gemacht hat (§ 670 BGB). Hierzu gehören alle notwendigen und nützlichen Auslagen wie Reisekosten, Materialkosten oder Gebühren. Der Ersatzanspruch besteht auch dann, wenn der Zweck des Auftrags nicht erreicht wird, sofern der Beauftragte nachweislich im Rahmen des übernommenen Auftrags und in dessen Interesse gehandelt hat. Ausgeschlossen sind jedoch Aufwendungen, die ausschließlich im Eigeninteresse des Beauftragten gemacht wurden oder die auf seine schuldhafte Verursachung einer Pflichtverletzung zurückzuführen sind.
Welche Besonderheiten gelten für den Widerruf eines erteilten Auftrags?
Der Widerruf eines Auftrags ist gemäß § 671 BGB jederzeit möglich, ohne dass es hierfür eines besonderen Grundes bedarf. Die Widerrufsmöglichkeit besteht sowohl für den Auftraggeber als auch für den Beauftragten. Ein Widerruf zur Unzeit, das heißt zu einem für den anderen Teil nachteiligen Zeitpunkt, kann jedoch zu einer Schadensersatzverpflichtung führen. Der Widerruf wirkt grundsätzlich ex nunc, also für die Zukunft; die bis dahin vorgenommenen Handlungen und entstandenen Verpflichtungen bleiben bestehen. Vertraglich können jedoch Einschränkungen oder Ausgestaltungsmöglichkeiten für den Widerruf vereinbart werden, solange hierdurch nicht die zwingenden gesetzlichen Schutzvorschriften umgangen werden.
Ist der Auftrag immer unentgeltlich oder kann eine Vergütung vereinbart werden?
Nach dem gesetzlichen Leitbild ist der Auftrag grundsätzlich unentgeltlich (§ 662 BGB). Der Beauftragte hat jedoch Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen. Eine Vergütung kann vereinbart werden, sei es ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten (konkludent), etwa wenn die Dienstleistung typischerweise entgeltlich erbracht wird oder sich dies aus den Umständen ergibt. Nach § 612 Abs. 1 BGB (analog) kann auch ohne ausdrückliche Vereinbarung eine Vergütung beansprucht werden, wenn die Dienstleistung für einen Dritten aus objektiver Sicht regelmäßig nur gegen Entgelt zu erwarten ist. In der Praxis sind viele Auftragsverhältnisse mit Vergütung geregelt, insbesondere im unternehmerischen Bereich oder bei freiberuflichen Tätigkeiten.
Welche Rechte und Pflichten ergeben sich aus einer Weisung des Auftraggebers?
Der Auftraggeber hat das Recht, dem Beauftragten Weisungen für die Ausführung des Auftrags zu erteilen (§ 665 BGB). Der Beauftragte ist verpflichtet, diese Weisungen einzuhalten, es sei denn, deren Befolgung würde zu einem offensichtlich unzweckmäßigen oder schädlichen Ergebnis führen. In solchen Fällen ist der Beauftragte gehalten, den Auftraggeber um neue Anweisungen zu ersuchen oder sich im Rahmen seines Ermessensspielraums sowie im Interesse des Auftraggebers zu verhalten. Missachtet der Beauftragte Weisungen ohne rechtfertigenden Grund, kann dies eine Haftung für daraus entstandene Schäden nach sich ziehen. Der Auftraggeber wiederum darf seine Weisungen grundsätzlich jederzeit ändern, wobei dies im Rahmen des bestehenden Vertragsverhältnisses und unter Wahrung der berechtigten Interessen des Beauftragten zu erfolgen hat.