Begriff und Definition der Aufstachelung zum Angriffskrieg
Die Aufstachelung zum Angriffskrieg bezeichnet im Straf- und Völkerrecht eine rechtswidrige Handlung, bei der eine Person dazu beiträgt, dass ein Angriffskrieg vorbereitet, herbeigeführt oder durchgeführt wird, indem sie andere zur Begehung eines derartigen Krieges auffordert, anstachelt oder anreizt. Der Tatbestand dient dem präventiven Schutz des Weltfriedens und ist sowohl in nationalen als auch internationalen Rechtsquellen normiert.
Ein Angriffskrieg ist nach allgemeiner völkerrechtlicher Definition ein bewaffneter Konflikt, der unter Verstoß gegen die Regeln des Völkerrechts und insbesondere gegen das Gewaltverbot des Art. 2 Ziffer 4 der Charta der Vereinten Nationen (UN-Charta) begonnen wird.
Historische Entwicklung
Strafbarkeit in Deutschland
Die Strafbarkeit der Aufstachelung zum Angriffskrieg war lange Zeit fest im deutschen Strafrecht verankert. Ursprünglich wurde der Tatbestand durch § 80a des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt. Er stellte die öffentliche Aufforderung zur Führung eines Angriffskrieges unter Strafe. Zusammen mit § 80 StGB (Vorbereitung eines Angriffskrieges) bezog sich die Vorschrift auf die Verantwortung für Friedensbruch und wurde im Zusammenhang mit der deutschen Vergangenheit nach dem Zweiten Weltkrieg eingeführt.
Mit Inkrafttreten des Völkerstrafgesetzbuches (VStGB) und der Streichung der §§ 80 und 80a StGB zum 30. Juni 2017 erfolgte eine Neuordnung der strafrechtlichen Erfassung von Angriffshandlungen und der damit verbundenen Anstiftung.
Internationales Strafrecht
Im internationalen Kontext ist die Anstiftung zum Angriffskrieg als „Verbrechen der Aggression“ („crime of aggression“) im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) geregelt. Auch die Charter des Nürnberger Tribunals (1945) führte das „Verbrechen gegen den Frieden“, einschließlich Planung, Vorbereitung, Einleitung und Führung eines Angriffskrieges, als strafbare Handlungen auf.
Die rechtliche Einordnung der Aufstachelung zum Angriffskrieg
Völkerrechtlicher Rahmen
Das Verbot des Angriffskrieges ergibt sich aus dem allgemeinen Gewaltverbot des Völkerrechts, insbesondere aus Art. 2 Abs. 4 UN-Charta. Die Aufforderung oder Aufstachelung zu kriegerischen Handlungen steht im Widerspruch zu dieser Norm und unterliegt völkerrechtlichen sowie nationalen Strafbarkeitsregelungen.
Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs
Artikel 8 bis des Römischen Statuts qualifiziert den Angriffskrieg (Aggression) als eigenständiges Kernverbrechen und erfasst in diesem Kontext auch die Strafbarkeit von Mittätern und Anstiftern. Die Verantwortlichkeit erfasst somit auch die Aufwiegelung und indirekte Teilnahme an Planung, Einleitung oder Führung eines Angriffskrieges.
Nationales Recht in Deutschland
Mit der Streichung der §§ 80, 80a StGB und der Implementierung des VStGB, insbesondere dessen § 13 (Verbrechen der Aggression), erfolgt die Strafverfolgung nunmehr unter anderem im Rahmen internationaler Strafgerichtsbarkeit und nach Maßgabe des deutschen Völkerstrafrechts.
§ 13 Völkerstrafgesetzbuch (VStGB)
§ 13 VStGB normiert in Umsetzung der völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands die Strafbarkeit der Planung, Vorbereitung, Einleitung oder Führung eines Angriffskrieges. Auch das Anstiften, Beihilfe und die Förderung eines solchen Angriffs sind strafbar. Der VStGB knüpft an das individuelle Verschulden der verantwortlichen Führungspersonen an, erfasst aber ausdrücklich jede Handlung, die Ausdruck von Aufstachelung, Propaganda oder öffentlicher Förderung eines Angriffskrieges ist.
Tatbestand und Voraussetzungen der Aufstachelung zum Angriffskrieg
Objektive Tatbestandsmerkmale
- Öffentliche Aufforderung: Die Handlung muss öffentlich oder in einer Weise erfolgen, dass eine große Anzahl von Personen erreicht werden kann.
- Bezug zum Angriffskrieg: Die Äußerung oder Handlung muss unmittelbar auf die Begehung eines Angriffskrieges gegen einen anderen Staat gerichtet sein.
- Kausalität: Es muss eine Eignung der Handlung bestehen, andere zur Führung eines Angriffskrieges zu bewegen oder die Planung/Begehung eines solchen Krieges zu fördern.
Subjektive Tatbestandsmerkmale
- Vorsatz: Der Täter muss mit Wissen und Wollen handeln, dass seine Handlungen auf die Herbeiführung oder Förderung eines Angriffskrieges abzielen.
- Absicht: In der Regel ist spezifischer Vorsatz (Absicht) erforderlich, andere tatsächlich zur Durchführung eines Angriffskrieges zu verursachen oder zu bestärken.
Rechtswidrigkeit und Schuld
Außerhalb von Rechtfertigungsgründen wie (unwahrscheinlicher) Notwehr bleibt die Aufstachelung zum Angriffskrieg grundsätzlich rechtswidrig. Erforderlich ist weiterhin, dass der Täter schuldfähig handelt und keine Entschuldigungsgründe vorliegen.
Abgrenzung zu anderen Tathandlungen
- Anstiftung und Beihilfe: Während die Aufstachelung eine Form öffentlicher Beeinflussung darstellt, erfordern Anstiftung und Beihilfe eine gezieltere Unterstützung oder Förderung der Aggression mit individuellerem Bezug zu den Haupttätern.
- Propaganda: Die Verbreitung von Angriffskrieg fördernden Inhalten kann zugleich als Propaganda und als Aufstachelung bewertet werden, ist jedoch im Strafrahmen nach internationalem Recht unterschiedlich zu bewerten.
Sanktionen und Rechtsfolgen
Die Strafandrohung für die Verbrechen der Aggression sowie die Aufstachelung hierzu ergibt sich primär aus dem Völkerstrafgesetzbuch. Neben Freiheitsstrafen können auch weitere strafrechtliche Maßnahmen, wie das Verbot der Ausübung öffentlicher Ämter, verhängt werden.
Auch die internationale Strafgerichtsbarkeit sieht schwere Strafen bis hin zu langjähriger Freiheitsstrafe für anstiftende Tathandlungen im Zusammenhang mit einem Angriffskrieg vor.
Bedeutung in der Rechtsprechung und Praxis
National
In Deutschland ist der Tatbestand nach der Gesetzesänderung von 2017 weniger häufig Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen. Die bestehenden internationalen Regelungen und der VStGB bleiben jedoch Grundlage für die Strafverfolgung der Förderung von Angriffskriegen.
International
Internationale Strafgerichte, insbesondere der IStGH, verfolgen gezielt Aufstachelung zu Angriffskriegen, vor allem wenn hochrangige Führungspersonen systematisch für eine Aggression gegen andere Staaten eintreten oder diese fördern.
Bewertung und Schutz des Rechtsguts
Die Strafbarkeit der Aufstachelung zum Angriffskrieg schützt den Weltfrieden und die Souveränität von Staaten. Die internationale und nationale Rechtsentwicklung folgt dem Ziel, Präzedenzfälle für illegitime kriegerische Angriffe zu verhindern und Verantwortliche auch für indirekte Begehungsformen wie die Aufstachelung zur Verantwortung zu ziehen.
Siehe auch
- Verbrechen der Aggression
- Gewaltverbot (Völkerrecht)
- Internationale Strafgerichtsbarkeit
- Völkerstrafgesetzbuch (VStGB)
- Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs
Quellen:
- Strafgesetzbuch (StGB) a.F. §§ 80, 80a
- Völkerstrafgesetzbuch (VStGB)
- Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH)
- UN-Charta, Artikel 2 Abs. 4
- Literatur zu Völkerrecht und internationalem Strafrecht
Häufig gestellte Fragen
Wann macht sich eine Person im rechtlichen Sinne wegen Aufstachelung zum Angriffskrieg strafbar?
Im rechtlichen Sinne macht sich eine Person wegen Aufstachelung zum Angriffskrieg strafbar, wenn sie vorsätzlich dazu anstiftet, einen Angriffskrieg gegen einen anderen Staat vorzubereiten oder zu führen. Diese Strafbarkeit gründet sich im deutschen Strafrecht auf § 80a StGB (Strafgesetzbuch), der explizit u.a. öffentliche Aufforderungen erfasst, die auf die Planung oder Durchführung eines Angriffskrieges abzielen. Die Tatbestandsvoraussetzungen erfordern, dass die Handlung öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften erfolgt. Es ist keine unmittelbare Verursachung des Krieges oder konkrete Tatbeteiligung notwendig; bereits die öffentliche Einwirkung mit dem Ziel der Förderung eines Angriffskrieges genügt. Dabei ist auch der subjektive Tatbestand entscheidend: Der Täter muss vorsätzlich handeln, das heißt, er muss wissen, dass sein Handeln auf die Auslösung eines Angriffskrieges abzielt und dies wollen. Die Strafandrohung sieht eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor. Besonders relevant ist zudem, dass die Aufstachelung zum Angriffskrieg ein abstraktes Gefährdungsdelikt ist, weshalb eine tatsächliche Kriegsführung oder deren erfolgreiche Anbahnung für die Strafbarkeit nicht erforderlich ist.
Welche Bedeutung hat die öffentliche Aufforderung im Rahmen der Strafbarkeit?
Die öffentliche Aufforderung ist ein zentrales Merkmal für die Strafbarkeit der Aufstachelung zum Angriffskrieg gemäß § 80a StGB. Eine Aufforderung gilt als öffentlich, wenn sie sich an eine unbestimmte und breite Öffentlichkeit richtet, nicht nur an eine bestimmte oder kleine Gruppe. Der Gesetzgeber will damit verhindern, dass private, nicht-öffentliche Diskussionen oder Gespräche erfasst werden, weshalb der Schutzbereich auf den öffentlichen Diskurs – etwa über Medien, Versammlungen, Flugblätter oder Internetplattformen – beschränkt ist. Die öffentliche Aufforderung erhöht die Gefahr, dass sich Dritte von der Aufstachelung beeinflussen lassen und somit eine gesamtgesellschaftliche Gefährdungslage entsteht. Die Strafbarkeit wird erst dann begründet, wenn die Aufforderung tatsächlich ein Publikum erreicht oder darauf ausgerichtet ist. Insbesondere in der virtuellen Welt, etwa durch Social Media, kann die Öffentlichkeit schnell hergestellt werden – eine kurze, zugängliche Veröffentlichung reicht bereits aus.
Welche Rolle spielt die Meinungsfreiheit im Zusammenhang mit der Aufstachelung zum Angriffskrieg?
Die Meinungsfreiheit ist als Grundrecht gemäß Art. 5 Abs. 1 GG geschützt, findet aber ihre Schranken in den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch das Strafrecht gehört. So wird die Grenze der zulässigen Meinungsäußerung dort überschritten, wo die öffentliche Aufforderung zur Vorbereitung oder Durchführung eines Angriffskrieges erfolgt. Die Justiz muss im Einzelfall sorgfältig abwägen, ob eine Äußerung noch unter die Meinungsfreiheit fällt oder bereits den Tatbestand der Aufstachelung erfüllt. Die Rechtsprechung betrachtet Aussagen differenziert: Polemische, provokante oder radikale Kritik ist in aller Regel nicht strafbar, wenn sie nicht explizit auf die Vorbereitung oder Führung eines Angriffskrieges abzielt. Die Meinungsfreiheit schützt ausdrücklich nicht die gezielte Agitation für völkerrechtswidrige Angriffsakte. Der Gesetzgeber sieht eine besondere Schutzbedürftigkeit des Weltfriedens und der internationalen Staatengemeinschaft, daher wiegt hier das Verbot der Aufstachelung schwerer als der Schutz einzelner radikaler Meinungen.
Was ist der Unterschied zwischen Aufstachelung und Vorbereitung eines Angriffskrieges?
Die Aufstachelung zum Angriffskrieg (§ 80a StGB) unterscheidet sich rechtlich von der Vorbereitung eines Angriffskrieges (§ 80 StGB, bis 2017). Die Aufstachelung umfasst das öffentliche Fordern oder Anregen zur Begehung eines Angriffskrieges, ohne dass der Auffordernde selbst an der konkreten Planung oder Durchführung beteiligt sein muss. Die Vorbereitung eines Angriffskrieges hingegen setzte voraus, dass der Täter aktiv organisatorische, administrative oder logistische Maßnahmen trifft, um einen Angriffskrieg zu ermöglichen oder seine Durchführung zu fördern. Nach der Streichung des § 80 StGB, der eng mit dem Völkerstrafrecht und deutschem Grundgesetz verbunden war, bleibt die Aufstachelung jedoch als eigenständiges abstraktes Gefährdungsdelikt bestehen und ist auch ohne Beteiligung an der konkreten Kriegsplanung strafbar. Dies spiegelt die hohe Schutzwürdigkeit des Weltfriedens im Strafrecht wider.
Wie wird Angriffskrieg im rechtlichen Sinne abgegrenzt und ist jede kriegerische Handlung erfasst?
Der Begriff des Angriffskriegs ist völkerrechtlich und innerstaatlich genau bestimmt und umfasst nicht jede kriegerische Handlung. Nach der Definition im Völkerrecht (Art. 2 Abs. 4 UN-Charta) und im innerstaatlichen Recht wird ein Angriffskrieg dann angenommen, wenn ein Staat militärische Mittel in feindseliger und rechtswidriger Absicht gegen einen anderen Staat einsetzt, das heißt, wenn das Gewaltverbot der UN-Charta verletzt wird. Nicht darunter fallen Maßnahmen der kollektiven Selbstverteidigung, Friedenserzwingungsmaßnahmen aufgrund eines UN-Mandats oder völkerrechtlich erlaubte Verteidigungsmaßnahmen. Nicht jeder militärische Konflikt erfüllt demnach den Tatbestand eines Angriffskrieges; stets erforderlich ist ein gezielter und gravierender Bruch des internationalen Friedensgebots. Strafbarkeit nach § 80a StGB ist dementsprechend nur dann gegeben, wenn zur Vorbereitung oder Durchführung eines explizit völkerrechtswidrigen Angriffskrieges aufgestachelt wird.
Gibt es Ausnahmen oder Rechtfertigungsgründe, die eine Strafbarkeit nach § 80a StGB ausschließen?
Der Tatbestand der Aufstachelung zum Angriffskrieg enthält keine ausdrücklichen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe; die Allgemeinvorschriften des Strafrechts bleiben jedoch anwendbar. Beispielsweise kann der Irrtum über die Rechtswidrigkeit oder das Fehlen des Vorsatzes (z.B. wenn keine Kenntnis über die völkerrechtliche Einordnung eines militärischen Konflikts besteht) die Strafbarkeit entfallen lassen. Ferner könnten besondere berufliche Kontexte – wie etwa die Darstellung in wissenschaftlicher oder journalistischer Auseinandersetzung – in Ausnahmefällen zu einer anderen rechtlichen Bewertung führen, sofern eindeutig keine Aufstachelung im Sinne des Gesetzes vorliegt. Grundsätzlich soll jedoch jede öffentliche Aufforderung zur Aggression unterbunden werden. Ein Rechtfertigungsgrund, wie etwa Notwehr oder Notstand, ist in Bezug auf die Aufstachelung zu einem Angriffskrieg ausgeschlossen, da es sich per se um einen völkerrechtswidrigen Akt handelt, für den das Strafrecht keine Rechtfertigung kennt.
Wie ist die Strafandrohung bei einer Verurteilung wegen Aufstachelung zum Angriffskrieg gestaltet?
Das Strafmaß für die Aufstachelung zum Angriffskrieg ist im deutschen Strafgesetzbuch mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren ausgelegt. Bei besonders schweren Fällen, etwa bei massenhafter Verbreitung oder in leitender Funktion, kann das Strafmaß durch Anwendung allgemeiner strafrechtlicher Vorschriften insbesondere wegen erhöhter Gefährdungslage entsprechend gesteigert werden. Die Strafbemessung orientiert sich an der Reichweite, dem Gefährdungspotenzial der Handlung und der jeweiligen Täterpersönlichkeit. Eine Geldstrafe ist nicht vorgesehen, da der Gesetzgeber an der besonderen Abschreckungswirkung der Freiheitsstrafe festhalten wollte, um Angriffe auf den Weltfrieden wirksam zu unterbinden. Zudem kann das Gericht neben der Hauptstrafe auch weitere Maßnahmen, etwa berufs- oder vereinsrechtliche Konsequenzen, anordnen.