Legal Lexikon

Aufmaß


Begriff und Grundlagen des Aufmaßes

Definition des Aufmaßes

Das Aufmaß ist im rechtlichen und technischen Kontext die maßliche Feststellung und Dokumentation erbrachter Leistungen, insbesondere im Bauwesen und bei Werkleistungen. Es bezeichnet die Ermittlung, Aufnahme und Aufzeichnung quantitativer Daten, typischerweise in Form von Längen, Flächen, Volumina oder Stückzahlen. Das Aufmaß dient als Grundlage für die Abrechnung von Bauleistungen sowie für die Leistungsfeststellung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer.

Bedeutung im Rechtsverkehr

Das Aufmaß erhält im Rechtsverkehr erhebliche Bedeutung, vor allem im Rahmen der Vertragsabwicklung und Nachweisführung. Häufig ist das Aufmaß unabdingbare Voraussetzung für die Feststellung von Vergütungsforderungen im Werkvertragsrecht und insbesondere bei der Abrechnung nach tatsächlichem Leistungsumfang (z. B. nach Einheitspreisen).

Rechtliche Rahmenbedingungen des Aufmaßes

Werkvertragsrechtliche Grundlage

Im Werkvertragsrecht, geregelt durch die §§ 631 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), stellt das Aufmaß einen Beleg für die tatsächlich erbrachte Werkleistung dar. Für Bauleistungen ist zudem die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) von besonderer Relevanz. Nach § 2 Abs. 2 VOB/B ist die Abrechnung nach Aufmaß die maßgebliche Art der Leistungsfeststellung, sofern Leistungsverzeichnisse oder Pläne keine abschließende Bestimmung enthalten.

Formen des Aufmaßes

Es existieren unterschiedliche Formen des Aufmaßes, die auf den jeweiligen Bauvertragstyp und die Leistungsart abgestimmt sind:

  • Maßaufmaß: Ermittlung von Längen und Flächen (z. B. für Malerarbeiten)
  • Raumaufmaß: Volumenbestimmung (z. B. beim Aushub)
  • Stückaufmaß: Stückzahlermittlung (z. B. Einbau von Fensterelementen)

Im rechtlichen Sinne ist die korrekte und prüffähige Ausführung der jeweiligen Aufmaßform verpflichtend, um spätere Abweichungen und Nachforderungen zu vermeiden.

Vertragliche Vereinbarungen zum Aufmaß

Die Parteien eines Werkvertrages können Vereinbarungen zum konkreten Verfahren und zur Ausführung des Aufmaßes treffen. In der Praxis finden sich unter anderem Regelungen zur:

  • Zeitlichen Durchführung (Begleitaufmaß, Zwischenaufmaß, Schlussaufmaß)
  • Beteiligung der Vertragsparteien (gemeinsames, einseitiges oder bestätigtes Aufmaß)
  • Abzeichnung und Anerkennung

Fehlt eine dahingehende Vereinbarung, kommt es auf die Auslegung der Vertragsbestandteile und die üblichen Gepflogenheiten im Bauwesen an.

Durchführung und Dokumentation des Aufmaßes

Verfahrensweise

Die Durchführung eines Aufmaßes erfolgt in der Regel nach Abschluss bestimmter Bauleistungen oder zu vordefinierten Zeitpunkten. Die Beteiligung beider Seiten ist dabei empfehlenswert, um spätere Streitigkeiten über Umfang und Ausführung zu vermeiden. Das Aufmaß erfolgt schriftlich, ergänzt durch Zeichnungen, Protokolle oder ggf. digitale Dokumente und Messdateien.

Prüffähigkeit und Anforderungen

Das Aufmaß muss transparent und nachvollziehbar gestaltet sein. Die Nachprüfbarkeit der Angaben ist insbesondere für den Auftraggeber und ggf. für Dritte (z. B. Gericht, Sachverständige) von herausgehobener Bedeutung. Unzureichend dokumentierte Aufmaße können nach § 14 VOB/B zur Zurückweisung der Abrechnung und damit zur Leistungsverzögerung führen.

Rechtliche Wirkung und Bedeutung des Aufmaßes

Beweisfunktion

Das fertige und von beiden Parteien anerkannte Aufmaß besitzt erheblichen Beweiswert. Es dokumentiert die tatsächlich erbrachte Leistung und bildet eine wesentliche Entscheidungsgrundlage bei Meinungsverschiedenheiten über die Mengen und Qualität von Bauleistungen.

Kommt es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen, kann das Aufmaß als Urkunde herangezogen werden (§§ 415 ff. ZPO – Zivilprozessordnung). Fehlt hingegen ein gemeinsames und anerkanntes Aufmaß, muss der Leistungserbringer die behaupteten Mengen und Qualitäten im Zweifel anderweitig nachweisen.

Rechtsfolgen fehlerhafter oder fehlender Aufmaße

Fehlerhafte oder ungeprüfte Aufmaße können zu erheblichen Nachteilen führen, etwa zu Zahlungsstreitigkeiten oder zu Kürzungen der Vergütungsforderung. Bei verweigerten oder fehlerhaften Aufmaßen sieht die VOB/B vor, dass der Auftraggeber die Zahlung bis zur ordnungsgemäßen Nachbesserung verweigern kann; in gravierenden Fällen sind auch Rückforderungen geleisteter Zahlungen möglich.

Besonderheiten im öffentlichen und privaten Baurecht

Anforderungen im öffentlichen Bauwesen

Im öffentlichen Baurecht gelten zumeist strenge Anforderungen an das Aufmaß. Die Einhaltung formeller Vorgaben und die prüffähige Dokumentation sind zwingend vorgeschrieben (vgl. insbesondere § 14 VOB/B i.V.m. den jeweiligen Vergabeunterlagen).

Im Rahmen der Schlusszahlung muss das Aufmaß die ergänzende Grundlage der Abrechnung bilden und eine Überprüfung durch den öffentlichen Auftraggeber sowie nachgeordnet prüfende Stellen ermöglichen.

Regelungen im privaten Bauvertragsrecht

Im privaten Baurecht können abweichende Verfahren vereinbart werden. Die Einhaltung baurechtlicher und zivilrechtlicher Mindeststandards ist aber auch hier erforderlich, wenn Vergütungsforderungen nicht gefährdet werden sollen.

Streitigkeiten und gerichtliche Behandlung

Häufige Streitfragen

Typische Streitpunkte in Bezug auf das Aufmaß sind:

  • Zweifel an Umfang, Ort oder Art der ermittelten Mengen
  • Nachträglich auftretende Differenzen zwischen Aufmaß und Ausführungsplanung bzw. Leistungsverzeichnis
  • Die Wirksamkeit und Verbindlichkeit des unterzeichneten Aufmaßes

Beweisaufnahme und Gutachten

Im Streitfall kann das Gericht die Einholung eines Bausachverständigengutachtens anordnen, um die Richtigkeit des vorgelegten Aufmaßes zu prüfen. Ein gemeinsam und vorbehaltlos anerkanntes Aufmaß genießt dabei besonderen Vorrang in der Beweiswürdigung.

Zusammenfassung und Praxishinweis

Das Aufmaß ist ein zentrales Element bei der Leistungsfeststellung und Abrechnung im Werkvertragsrecht und insbesondere im Bauwesen. Seine korrekte Erstellung, Dokumentation und Anerkennung ist unerlässlich, um Vergütungsansprüche zu sichern, Zahlungsstreitigkeiten zu vermeiden und die Interessen beider Vertragsparteien zu schützen. Die rechtlichen Anforderungen an Inhalt, Form und Durchführung des Aufmaßes sind durch gesetzliche und vertragliche Regelungen definiert und sollten sorgfältig eingehalten werden.


Weiterführende Begriffe: Werkvertrag, VOB/B, Leistungsbeschreibung, Abrechnung nach Einheitspreisen, Schlussrechnung, Prüffähigkeit, Zivilprozessrecht.

Häufig gestellte Fragen

Wie ist die rechtliche Bindung eines Aufmaßes zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer geregelt?

Das Aufmaß dient rechtlich als Grundlage zur Ermittlung der tatsächlich erbrachten Leistungen und gilt in Bauverträgen, insbesondere bei Einheitspreisverträgen, als abrechnungsrelevantes Dokument. Nach § 632a und § 641 BGB ist das Aufmaß maßgebend für die Vergütungspflicht des Auftraggebers. Das Aufmaß stellt oftmals eine gemeinsame Feststellung des Leistungsumfangs dar – die Unterschrift beider Parteien kann eine Übereinkunft über den Leistungsstand dokumentieren, rechtlich aber auch als Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB) gewertet werden. Wird das Aufmaß vom Auftragnehmer einseitig erstellt, obliegt es dem Auftraggeber, dieses zu prüfen und Einwände zu erheben, um Nachforderungen zu verhindern. Je nach Vereinbarung im Bauvertrag oder den einschlägigen VOB/B-Regelungen (§ 14 und § 2 VOB/B) können Aufmaße auch nachträglich durch Sachverständige oder Gerichte bewertet oder korrigiert werden, falls Streit über die Richtigkeit oder Vollständigkeit besteht.

Welche Anforderungen bestehen an die Form eines rechtlich wirksamen Aufmaßes?

Ein rechtlich wirksames Aufmaß muss bestimmte Formvorgaben erfüllen, um als vollständige Abrechnungsgrundlage zu dienen. Grundsätzlich besteht keine Formerfordernis im Gesetz, jedoch verlangen die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B, insbesondere § 14 VOB/B) sowie vertragliche Vereinbarungen meistens eine schriftliche oder zumindest nachvollziehbar dokumentierte Form. Das Aufmaß muss nachvollziehbar, prüffähig sowie überprüfbar sein und alle erforderlichen Angaben enthalten, wie z.B. genaue Mengen, Maße, Bezug zu den Leistungsverzeichnissen und gegebenenfalls Hinweise auf Ausführungsorte und Ausführungszeitpunkte. Fotodokumentationen, Skizzen oder digitale Aufmaßblätter können den formalen Anforderungen genügen, sofern sie in der Gesamtheit das Leistungsbild transparent und für beide Parteien verständlich darstellen. Rechtlich problematisch wird es, wenn das Aufmaß unvollständig, unleserlich oder widersprüchlich ist, da dann die Prüfbarkeit der Rechnung und damit der Zahlungsanspruch gefährdet sein kann.

Wer trägt die Beweislast bei Streitigkeiten über das Aufmaß?

Kommt es zwischen den Vertragsparteien zu Streitigkeiten über die Richtigkeit oder den Umfang des Aufmaßes, ist die Beweislast vornehmlich nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen verteilt. Der Auftragnehmer trägt als Anspruchsteller (z.B. bei einer Werklohnforderung) grundsätzlich die Beweislast dafür, dass die im Aufmaß dokumentierten Leistungen tatsächlich und mängelfrei erbracht wurden. Kann der Auftragnehmer dies nicht anhand eines korrekt durchgeführten und gegebenenfalls abgestimmten Aufmaßes beweisen, kann er seine Forderung nicht durchsetzen. Andererseits liegt die Beweislast beim Auftraggeber, wenn dieser behauptet, dass bestimmte Aufmaßpunkte falsch oder zu Unrecht in das Aufmaß aufgenommen wurden (z.B. Mehrmengen, nicht ausgeführte Leistungen o.Ä.). Im Streitfall kann ein gerichtliches Beweisverfahren (z.B. durch Sachverständigengutachten) durchgeführt werden, um die Richtigkeit nachträglich festzustellen.

Welche rechtlichen Folgen hat ein fehlerhaftes oder unvollständiges Aufmaß?

Ein fehlerhaftes oder unvollständiges Aufmaß kann erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Für den Auftragnehmer besteht das Hauptrisiko, dass seine Vergütungsansprüche (insbesondere bei Einheitspreisverträgen) ganz oder teilweise nicht anerkannt werden, wenn das Aufmaß nicht korrekt ist und eventuelle Fehler nicht rechtzeitig beanstandet oder berichtigt werden. Im Extremfall kann dies zur Kürzung oder vollständigen Versagung der Werklohnforderung führen. Für den Auftraggeber besteht die Gefahr, dass er zu Unrecht Zahlungen leistet oder fehlerhafte Leistungen nicht bemerkt, falls das fehlerhafte Aufmaß unbeachtet bleibt. Beide Parteien riskieren bei schwerwiegenden Mängeln im Aufmaß, dass der Streitfall vor Gericht oder in ein selbständiges Beweisverfahren mündet, was mit zusätzlichen Kosten und Verzögerungen verbunden sein kann.

Wann und wie lange kann ein Aufmaß rechtlich angefochten werden?

Die Anfechtung eines Aufmaßes kann sowohl aufgrund inhaltlicher Fehler als auch bei Verdacht auf bewusste Täuschung oder Irrtum erfolgen. Der Zeitraum zur Anfechtung ist an die allgemeinen zivilrechtlichen Fristen gebunden. Stellt sich heraus, dass bestimmte Leistungen zu Unrecht in das Aufmaß aufgenommen wurden oder Mengenangaben offensichtlich falsch sind, kann eine Partei dies solange geltend machen, wie noch kein endgültiger und bestandskräftiger Vergütungsanspruch festgestellt wurde (z.B. keine Schlusszahlung mit vollständigem Verzicht auf Einwendungen). Wurde das Aufmaß gemeinsam unterschrieben, kann eine Anfechtung aufgrund arglistiger Täuschung oder Irrtums nach § 123 und § 119 BGB innerhalb eines Jahres nach Kenntnis des Anfechtungsgrundes erfolgen. Die Verjährungsfristen für Werklohnforderungen und Mängelansprüche (3 bis 5 Jahre) setzen ebenfalls maßgebliche zeitliche Grenzen, innerhalb derer das Aufmaß noch überprüft und gegebenenfalls angefochten werden kann.

Welche rechtlichen Vorschriften und Normen sind für das Aufmaß maßgeblich?

Im rechtlichen Kontext sind vor allem das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sowie die Vorschriften aus der VOB/B und gegebenenfalls spezialisierte Normen der VOB/C (Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen) relevant. Das BGB regelt im Wesentlichen die werkvertraglichen Grundlagen (§§ 631 ff. BGB), die Vergütungsansprüche (§ 632, § 641 BGB) und die Beweislastverteilung bei Leistungsstreitigkeiten. Die VOB/B regelt explizit die Erstellung, Prüfung und Anerkennung des Aufmaßes (§ 2, § 14 und § 16 VOB/B). In den VOB/C-DIN-Normen (z.B. DIN 18300ff) finden sich spezielle Ausführungs- und Abrechnungsregeln für die jeweiligen Bauleistungen, die eine exakte Ermittlung der Mengen und Leistungen vorschreiben. Darüber hinaus können vertragliche Ergänzungen und individuelle Vereinbarungen Bestandteile der rechtlichen Regelungen zum Aufmaß sein und sind im Auslegungsfall stets heranzuziehen.