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Auflauf (Landfriedensbruch)


Auflauf (Landfriedensbruch) – Rechtliche Definition und umfassende Betrachtung

Begriff und rechtlicher Ursprung

Der Begriff „Auflauf“ wird im deutschen Recht als umgangssprachliche Bezeichnung für eine Ansammlung oder Versammlung mehrerer Personen verwendet, wenn diese sich im Zusammenhang mit dem Straftatbestand des Landfriedensbruchs nach § 125 Strafgesetzbuch (StGB) widerrechtlich zusammentun. Der Begriff „Auflauf“ besitzt keine eigene Legaldefinition, erlangt aber eine zentrale Bedeutung innerhalb der rechtlichen Bewertung von Gruppenhandlungen, die den Landfriedensbruch verwirklichen. Dabei steht insbesondere der Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Fokus.

Gesetzliche Grundlagen

§ 125 StGB – Landfriedensbruch

Die Tatbestandsvoraussetzungen des Landfriedensbruchs sind zentral in § 125 StGB geregelt. Hiernach macht sich strafbar, wer sich aus einer Menschenmenge an Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen beteiligt oder wer zur Gewaltandrohung beiträgt, wodurch der öffentliche Frieden gestört wird.

Zentrale gesetzliche Normen im Überblick:

  • § 125 StGB – Landfriedensbruch
  • § 125a StGB – Besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs
  • § 126 StGB – Androhung von Straftaten nach § 125 StGB

Daneben können weitere Normen betroffen sein, insbesondere, wenn bei einem Auflauf weitere Straftaten wie Sachbeschädigung oder Körperverletzung verwirklicht werden.

Merkmale des Auflaufs im Kontext des Landfriedensbruchs

Menschenmenge

Ein wesentliches Tatbestandsmerkmal stellt die Menschenmenge dar. Darunter versteht man eine Personenansammlung, die durch ihr unüberschaubares und nicht steuerbares Potenzial nach außen hin den Eindruck einer Bedrohung vermitteln kann. Die genaue Anzahl der erforderlichen Personen ist nicht abschließend gesetzlich festgelegt, in der Rechtsprechung werden jedoch regelmäßig Gruppen ab etwa 10 bis 15 Teilnehmern anerkannt.

Verhalten der Menschenmenge

Die Personenansammlung muss aufgrund eines gemeinschaftlichen Willens handeln oder zu einer solchen Willensbildung jederzeit in der Lage sein. Entscheidend ist hierbei, dass die Gruppe aus einer kollektiven Motivation heraus agiert und potenziell in der Lage ist, den öffentlichen Frieden zu stören.

Gewalt- oder Bedrohungshandlungen

Der Auflauf erfüllt den Straftatbestand des Landfriedensbruchs, wenn Gewalttaten gegen Personen oder Sachen begangen werden, oder wenn eine solche Bedrohung von der Menschenmenge ausgeht. § 125 Abs. 1 StGB differenziert dabei zwischen tatsächlichen Gewalttaten und Bedrohungen mit Gewalt.

Störung des öffentlichen Friedens

Ein weiteres zentrales Merkmal ist die Störung des öffentlichen Friedens. Dies ist der Fall, wenn die normalen Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens beeinträchtigt werden, etwa durch das Entstehen eines diffuser Angstgefühls oder das Gefühl allgemeiner Unsicherheit in der Bevölkerung.

Abgrenzung zu anderen Versammlungen und Taten

Abgrenzung zur friedlichen Versammlung

Nicht jede Menschenansammlung erfüllt die Voraussetzungen eines Landfriedensbruchs. Nach dem Versammlungsgesetz ist zwischen friedlichen – also grundsätzlich legalen – Versammlungen und dem Störfall „Auflauf“ abzugrenzen. Entscheidend ist die konkrete Gefahr, die von der Ansammlung ausgeht.

Verhältnis zu anderen Straftatbeständen

Ein Auflauf kann multiple Tatbestände erfüllen; neben Landfriedensbruch kommen beispielsweise Hausfriedensbruch (§ 123 StGB), Körperverletzung (§ 223 StGB) oder Sachbeschädigung (§ 303 StGB) als eigenständige, zusätzlich verwirklichte Straftaten in Betracht.

Besondere Regelungen und strafverschärfende Umstände

Besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs (§ 125a StGB)

Gemäß § 125a StGB liegt ein besonders schwerer Fall vor, wenn der Täter eine Schusswaffe mit sich führt, eine schwere Straftat vorbereitet oder einen besonders gefährlichen Verlauf der Tat herbeiführt. Hier sieht der Gesetzgeber deutlich erhöhte Strafrahmen bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vor.

Strafmildernde Umstände

Der Gesetzgeber lässt auch eine mildere Behandlung zu, etwa wenn eine Person aus der Menschenmenge sich rechtzeitig und aktiv um die Verhinderung weiterer Straftaten bemüht oder sich vom Ort des Auflaufs entfernt.

Strafrechtliche Folgen und Rechtsfolgen

Die Beteiligung an einem Auflauf im Sinne des Landfriedensbruchs kann empfindliche strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Der Regelstrafrahmen reicht von Geldstrafe bis zu Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren, in besonders schweren Fällen sogar darüber hinaus.

Prozessuale Aspekte und polizeiliche Maßnahmen

Ermittlungs- und Beweissicherungspflichten

Im Zusammenhang mit einem Auflauf und damit verbundenen Ermittlungsverfahren greifen umfangreiche Beweissicherungsmaßnahmen, etwa Videoaufzeichnungen, Zeugenbefragungen sowie Polizeiberichte.

Polizeiliche Maßnahmen

Polizeibehörden dürfen bei Aufläufen, die den Tatbestand des Landfriedensbruchs zu erfüllen drohen, einschreiten und präventive Maßnahmen ergreifen, etwa die Auflösung der Ansammlung, Festnahmen oder Gefahrenabwehrmaßnahmen nach den Vorschriften der Polizeigesetze der Länder.

Bedeutung im öffentlichen Diskurs und Rechtsentwicklung

Der Begriff und das Konzept des Auflaufs im Zusammenhang mit dem Landfriedensbruch sind oft Gegenstand gesellschaftspolitischer Debatten, etwa im Kontext von Großdemonstrationen, Fußballspielen und anderen Großveranstaltungen. Die Relevanz wurde in der Rechtsprechung fortlaufend konkretisiert, insbesondere im Zusammenhang mit dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) und dem staatlichen Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung.

Literatur und weiterführende Quellen

  • Fischer, Strafgesetzbuch, Kommentar
  • Lackner/Kühl, Strafgesetzbuch, Kommentar
  • Tröndle/Fischer, StGB und Nebengesetze

Dieser Beitrag bietet eine ausführliche, rechtlich fundierte Darstellung zum Begriff Auflauf (Landfriedensbruch) und deckt sämtliche wesentlichen Aspekte und Rechtsfolgen ab.

Häufig gestellte Fragen

Welche strafrechtlichen Konsequenzen drohen bei Teilnahme an einem Auflauf (Landfriedensbruch)?

Die Teilnahme an einem Auflauf, der unter den Straftatbestand des Landfriedensbruchs nach § 125 StGB fällt, kann erhebliche strafrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Wer sich an Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen beteiligt oder durch Bedrohungen mit Gewalt zur Beteiligung an einem solchen Geschehen beiträgt, macht sich strafbar. Die Strafe reicht von Geldstrafe bis zu Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Falls der Täter Bewaffnung mit sich führt, Sprengstoff oder ähnliches verwendet oder eine besonders schwere Tat begeht, können die Strafen nach § 125a StGB (besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs) deutlich härter ausfallen, so dass Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren möglich sind. Darüber hinaus sind auch Beteiligte strafbar, die nicht selbst Gewalt ausüben, sondern durch ihr Verhalten das Gesamtgeschehen unterstützen, beispielsweise durch Anfeuern oder logistische Mithilfe. Der Versuch ist ebenfalls strafbar. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass eine Verurteilung wegen Landfriedensbruchs oft in das polizeiliche Führungszeugnis eingetragen wird, was erhebliche Auswirkungen auf die weitere Lebensführung, insbesondere die Berufswahl oder Reisegenehmigungen, haben kann.

Was ist unter „Beteiligung“ im rechtlichen Sinne bei einem Auflauf (Landfriedensbruch) zu verstehen?

Der Begriff der „Beteiligung“ an einem Auflauf im Sinne von § 125 StGB ist weit gefasst und umfasst nicht nur die direkten Gewalttäter. Strafbar ist jeder, der aktiv durch physische oder psychische Beiträge am Gewalttreiben teilnimmt. Dazu gehören zum Beispiel das Werfen von Gegenständen, tätliche Angriffe, aber auch das Ermutigen durch Zurufe oder das Blockieren von Fluchtwegen für Opfer. Sogar eine Person, die „nur“ durch ihre Anwesenheit dem Mob Rückendeckung gibt oder die Masse verstärkt, kann sich bereits als Mittäter oder Gehilfe schuldig machen, sofern ihre Handlung objektiv zum Erfolg des Landfriedensbruchs beiträgt und subjektiv mindestens bedingter Vorsatz auf die Eskalation besteht. Nicht ausreichend ist das bloße passive Dabeistehen ohne jeglichen Beitrag, wenn nachweisbar keine Billigung oder Förderung der Gewalthandlungen vorliegt.

Wie grenzt sich Landfriedensbruch von anderen Straftatbeständen wie Hausfriedensbruch oder schwerem Diebstahl ab?

Landfriedensbruch unterscheidet sich von anderen Delikten wie Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) oder schwerem Diebstahl (§ 243 StGB) durch den Bezug auf kollektive Gewalttaten, die aus einer gegen die öffentliche Sicherheit gerichteten Menschenmenge hervorgehen. Während der Hausfriedensbruch das unerlaubte Eindringen in geschützte Räume sanktioniert und der Diebstahl das rechtswidrige Wegnehmen fremder Sachen betrifft, stellt Landfriedensbruch auf das Verhalten einer größeren Gruppe ab, die mit vereinten Kräften den öffentlichen Frieden massiv stört. Dabei sind häufig mehrere andere Straftatbestände wie Sachbeschädigung, Körperverletzung oder Brandstiftung als Teilhandlungen mit umfasst. In solchen Fällen kommt es zu einer Konkurrenz verschiedener Strafvorschriften: Landfriedensbruch ist dann ein „Klammer-“ oder „Auffangtatbestand“, sofern die übrigen Delikte nicht schwerer wiegen.

Können auch Aufrufe zur Teilnahme an einem Auflauf strafbar sein?

Ja, bereits das öffentliche Auffordern zu Straftaten, die typischerweise im Rahmen eines Landfriedensbruchs begangen werden, kann gemäß § 111 StGB (Öffentliche Aufforderung zu Straftaten) strafbar sein. Hierfür reicht es aus, wenn jemand öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften einen Menschen dazu auffordert, sich an kollektiven Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen zu beteiligen. Auch die Billigung von Landfriedensbrüchen kann unter bestimmten Voraussetzungen nach § 140 StGB (Belohnung und Billigung von Straftaten) verfolgt werden. Zudem kann eine Strafbarkeit als Anstifter (§ 26 StGB) oder Gehilfe (§ 27 StGB) bestehen, wenn der Aufruf konkret und kausal zur Beteiligung anderer an Gewalttätigkeiten führt.

Welche Rolle spielt die Motivation oder ein politischer Hintergrund für die Strafbarkeit beim Landfriedensbruch?

Die Motivation oder politische Gesinnung der Tatbeteiligten ist für die Erfüllung des Tatbestands des Landfriedensbruchs grundsätzlich irrelevant; maßgebend sind nur die objektiven Geschehnisse und der kollektive Charakter der Gewalt. Allerdings können solche Hintergründe als strafschärfende oder -mildernde Umstände im Rahmen der Strafzumessung Berücksichtigung finden. Politisch motivierte Landfriedensbrüche, etwa im Zuge von Demonstrationen oder Ausschreitungen, werden in der Regel strafrechtlich genauso behandelt wie andere Gewalttätigkeiten, können aber – sofern sich extremistische oder besonders verwerfliche Beweggründe nachweisen lassen – zu einer härteren Bestrafung führen. Umgekehrt ist eine Ahndung politisch motivierter Taten nicht milder, es sei denn, besondere Umstände sprechen dafür (z. B. wenn der Täter subjektiv eine Notstandssituation annahm).

Können Minderjährige wegen Landfriedensbruchs belangt werden?

Ja, auch Minderjährige können sich wegen Landfriedensbruchs strafbar machen. Für Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren und Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren gilt das Jugendgerichtsgesetz (JGG). Die strafrechtliche Verantwortlichkeit beginnt ab Vollendung des 14. Lebensjahres, sofern die erforderliche Einsichtsfähigkeit gegeben ist. Die Sanktionen richten sich bei Jugendlichen im Rahmen des JGG aber primär nach erzieherischen Gesichtspunkten und reichen von Erziehungsmaßregeln bis zu Jugendarrest oder – in schweren Fällen – auch Jugendstrafe. Bei Heranwachsenden kann gegebenenfalls noch das mildernde Jugendstrafrecht, jedoch auch das Erwachsenenstrafrecht zum Tragen kommen.

Welche Beweisprobleme treten im Rahmen von Landfriedensbruch-Verfahren häufig auf?

Die Strafverfolgung wegen Landfriedensbruchs ist oftmals mit erheblichen Beweisproblemen verbunden, insbesondere bezüglich der individuellen Tatbeteiligung. Da es sich meist um anonyme Gruppenhandlungen handelt, ist es für Staatsanwaltschaft und Gerichte eine Herausforderung, einzelnen Personen konkrete strafbare Handlungen zuzuordnen. Es müssen Nachweise erbracht werden, dass der/die Angeklagte tatsächlich an Gewalttätigkeiten beteiligt war oder diese gefördert hat. Reine Anwesenheit am Tatort reicht nicht aus. Von besonderer Bedeutung sind daher Videoaufnahmen, Zeugenaussagen und kriminaltechnische Beweise. In sehr dynamischen und unübersichtlichen Situationen ist die Ermittlung der einzelnen Tatbeiträge jedoch häufig schwierig und kann zum Freispruch führen, sofern keine eindeutigen Belege vorliegen.