Legal Lexikon

Auflauf


Begriff und Rechtslage: Auflauf

Definition des Begriffs Auflauf

Der Begriff „Auflauf“ wird im deutschen Recht mit unterschiedlichen Bedeutungen in verschiedenen Rechtsgebieten in Verbindung gebracht. Im Allgemeinen bezeichnet ein Auflauf das Zusammentreffen mehrerer Personen an einem bestimmten Ort, häufig mit einer gewissen Unübersichtlichkeit oder Dynamik. In rechtlicher Hinsicht wird „Auflauf“ primär im Zusammenhang mit polizeirechtlichen und ordnungsrechtlichen Vorschriften verwendet, insbesondere im Versammlungsrecht, im Polizeigesetz sowie im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht.

Abgrenzung zu anderen Begriffen

Zu unterscheiden ist der Auflauf vom Begriff der Versammlung, da Letzterer in seiner rechtlichen Ausgestaltung im Grundgesetz und im Versammlungsgesetz klar definiert ist. Ein Auflauf hingegen beschreibt häufig ein spontanes, wenig organisiertes Zusammentreffen ohne vorherige Absicht und Zielsetzung. Dies ist entscheidend für die Beurteilung, welche Rechtsnormen zur Anwendung kommen.

Auflauf im öffentlichen Recht

Auflauf nach Polizeirecht

Das Polizeirecht befasst sich mit dem Auflauf insbesondere unter den Aspekten der Gefahrenabwehr und der öffentlichen Sicherheit. Ein Auflauf gilt in polizeirechtlicher Perspektive als Situation, in der die Anwesenheit einer Vielzahl von Personen eine Gefahrensituation erzeugen oder verstärken kann. Die Polizei ist in diesen Fällen befugt, Maßnahmen zu ergreifen, um Sicherheitsrisiken, wie sie etwa durch Panik, Blockierung von Rettungswegen oder eskalierende Konflikte entstehen können, zu begegnen.

Gemäß den Polizeigesetzen der Länder kann die Polizei bei einem Auflauf Platzverweise erteilen, Identitätsfeststellungen durchführen, Gefahrenbereiche räumen oder absperren sowie gegebenenfalls Personen in Gewahrsam nehmen, um eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren.

Rechtsgrundlagen

  • Polizeigesetz (PolG) der Länder – Beispielsweise Art. 11 BayPAG (Bayern), § 13 PolG NRW (Nordrhein-Westfalen)
  • Straßengesetze, sofern es um die Nutzung öffentlicher Verkehrsflächen geht

Auflauf und Versammlungsrecht

Das Versammlungsrecht schützt grundsätzlich das Recht auf kollektive Meinungsäußerung in Form von Versammlungen. Zwar können aufgelaufene Menschenmengen mitunter als Versammlung im Sinne des Art. 8 GG qualifiziert werden, allerdings fehlt beim bloßen Auflauf, etwa aufgrund eines Unfalls, Prominentensichtungen oder spontaner Ereignisse, der gemeinsame Zweck der Meinungsbildung und -äußerung. Das ist für die rechtliche Behandlung wesentlich, da Versammlungen unter besonderem Schutz stehen und polizeiliche Befugnisse hier strikteren Voraussetzungen unterliegen.

Sobald ein Auflauf durch gemeinsame Willensbildung und Organisation geprägt ist, kann ein Übergang ins Versammlungsrecht erfolgen. In diesem Fall sind die rechtlichen Bestimmungen des Versammlungsgesetzes zu beachten, beispielsweise Anmeldepflichten, Verbote oder Auflagen.

Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechtlicher Kontext

Störung der öffentlichen Ordnung durch Auflauf

Ein Auflauf kann nach bestimmten Umständen Tatbestände erfüllen, die im Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrecht geregelt sind. Insbesondere beim sogenannten „Gaffertum“ (§ 323c StGB – unterlassene Hilfeleistung, ggf. auch § 118 OWiG – Belästigung der Allgemeinheit) kommt dem Sammeln von Schaulustigen an Unfallorten straf- oder bußgeldrechtliche Relevanz zu.

Typische Sachverhalte

  • Behinderung von Rettungskräften: Das Bilden eines Auflaufs an einem Unfallort, wodurch Rettungs- und Hilfskräfte behindert werden, kann Tatbestände wie Behinderung von hilfeleistenden Personen oder Unterlassene Hilfeleistung erfüllen.
  • Störung des Straßenverkehrs: Ein Auflauf auf Verkehrsflächen kann den ordnungsgemäßen Ablauf des Verkehrs stören und Ordnungswidrigkeiten nach dem Straßenverkehrsgesetz (§ 49 StVO) begründen.

Weitere rechtliche Folgen und Maßnahmen

Bei größeren Menschenansammlungen kann die Polizei Auflösungs- oder Räumungsmaßnahmen treffen. Zusätzlich kann gegen Angehörige eines Auflaufs eine Identitätsfeststellung oder ein Betretungsverbot ausgesprochen werden. Ordnungsbehörden sind zudem befugt, Bußgelder gegen Personen zu verhängen, die sich nicht an polizeiliche Anweisungen halten.

Bedeutung im Haftungsrecht

Schadensverursachung bei Auflauf

Kommt es im Zusammenhang mit einem Auflauf zu Sach- oder Personenschäden, stellt sich die Frage nach der zivilrechtlichen Haftung für Verhaltensweisen innerhalb der Menschenmenge. Typisch ist der sogenannte „Massenschaden“, bei dem die Verantwortlichkeit einzelner Teilnehmer schwer greifbar ist. Im Einzelfall kann über § 823 BGB (Schadensersatzpflicht) gehaftet werden, wenn ein aktives Fehlverhalten, etwa Drängeln oder Schubsen, ursächlich für den Schadenseintritt ist. Darüber hinaus kann ein Veranstalter, der einen Auflauf fahrlässig oder vorsätzlich herbeiführt, für daraus resultierende Schäden haftbar sein.

Rechtliche Bewertung spezifischer Auflaufsituationen

Öffentliche Aufläufe im Zusammenhang mit Veranstaltungen

Großveranstaltungen bringen regelmäßig Menschenaufläufe mit sich. Veranstalter müssen durch Sicherheitskonzepte und Gefahrenprävention gewährleisten, dass von solchen Menschenansammlungen kein Risiko ausgeht. Die einschlägigen Vorschriften hierzu finden sich im Veranstaltungsrecht, im Baurecht (Versammlungsstättenverordnung) und im Sicherheitsrecht.

Spontane Aufläufe und deren Regelung

Spontan entstehende Aufläufe, etwa bei Unfällen oder unerwarteten Vorkommnissen, werden primär nach den Regeln der Gefahrenabwehr behandelt. Die Behörden sind hierbei befugt, unmittelbar Maßnahmen zum Schutz der Allgemeinheit zu ergreifen.

Zusammenfassung und Fazit

Der Begriff „Auflauf“ nimmt im deutschen Recht eine eigenständige Rolle ein, indem er Situationen erfasst, bei denen durch eine Menschenansammlung potenzielle oder reale Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung entstehen. Die rechtliche Bewertung hängt maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls sowie dem jeweiligen Rechtsgebiet ab. Während das Versammlungsrecht strenge Voraussetzungen für polizeiliche Eingriffe setzt, ermöglicht das Gefahrenabwehrrecht ein schnelles und flexibles Einschreiten zur Vermeidung von Schäden und zur Wahrung der öffentlichen Ordnung. Ergänzend können je nach Situation straf- oder bußgeldrechtliche Konsequenzen für Teilnehmer eines Auflaufs drohen.

Durch das Zusammenspiel verschiedener Vorschriften wird sichergestellt, dass einerseits das Recht auf Zusammenkunft gewahrt bleibt, andererseits aber die öffentliche Sicherheit und der Schutz hoch sensibler Rechtsgüter nicht gefährdet werden.


Weiterführende Themen

(Interne Links dienen der besseren Übersicht und können individuell angepasst werden.)

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Annahme eines Auflaufs vorliegen?

Im rechtlichen Kontext – insbesondere im deutschen Ordnungswidrigkeiten- und Strafrecht – muss zur Annahme eines Auflaufs das Zusammentreffen einer größeren Menschenmenge an einem bestimmten Ort festgestellt werden, wobei diese Menschenmenge nicht nur zufällig zusammengekommen sein darf. Die Versammlung entsteht typischerweise spontan, häufig ausgelöst durch ein außergewöhnliches Ereignis oder eine allgemeine Unruhe. Maßgeblich ist, dass durch die geballte Menschenansammlung öffentliche Sicherheit oder Ordnung konkret gefährdet oder beeinträchtigt werden kann. Die genaue Personenanzahl, ab der von einem Auflauf gesprochen werden kann, ist einzelfallabhängig; juristische Kommentarliteratur nennt häufig zehn bis fünfzehn Personen als Untergrenze, betont aber stets die Erheblichkeit der Störung, die von der Ansammlung ausgeht. Ein wesentliches Kriterium ist das Vorliegen einer gewissen Eigendynamik, also dass die Menschenmenge durch gegenseitige Beeinflussung zu einer einheitlichen oder zumindest gleichgerichteten Verhaltensweise neigt, welche für die Ordnungsbehörden schwerer handhabbar ist als eine bloße Ansammlung einzelner Personen.

Welche straf- oder ordnungsrechtlichen Konsequenzen können im Zusammenhang mit einem Auflauf entstehen?

Ein Auflauf kann grundsätzlich sowohl ordnungsrechtliche Maßnahmen als auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Kommt es im Zuge eines Auflaufs beispielsweise zu Verstößen gegen das Versammlungsgesetz, etwa bei nicht angemeldeten oder verbotenen Versammlungen (Stichwort: „Spontanversammlung“ vs. „unerlaubte Versammlung“), drohen insbesondere Verantwortlichen und Teilnehmern Bußgelder oder sogar Freiheitsstrafen. Des Weiteren besteht die Gefahr, dass Einzelne aus der Menschenmenge heraus Straftaten wie Landfriedensbruch (§ 125 StGB), Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB) oder Sachbeschädigung (§ 303 StGB) begehen. Auch das polizeiliche Gefahrenabwehrrecht kommt zum Tragen: Die Polizei ist befugt, zur Abwehr von Gefahren Platzverweise auszusprechen, Personalien festzustellen und den Auflauf notfalls auch unter Anwendung von Zwangsmitteln aufzulösen. Ordnungswidrigkeiten können zum Beispiel auch vorliegen, wenn gegen Auflagen zum Schutz der öffentlichen Ordnung oder gegen Anordnungen der Polizei verstoßen wird.

Wie unterscheidet sich ein Auflauf von einer zulässigen Versammlung im rechtlichen Sinne?

Rechtlich gesehen unterscheidet sich ein Auflauf entscheidend von einer gesetzlich geregelten Versammlung nach dem Versammlungsrecht. Während eine Versammlung eine geplante und meist angemeldete Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinsamen Meinungsäußerung ist und grundrechtlich geschützt wird (Art. 8 GG), ist ein Auflauf typischerweise ungeplant, spontan und kann sich durch seine Dynamik verselbstständigen. Der Schutzbereich des Versammlungsrechts kann auf einen Auflauf Anwendung finden, sofern die Menschenansammlung einen Zweck verfolgt, der von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Allerdings kann in Fällen, in denen von der Menschenmenge konkrete Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausgehen oder Gesetzesverstöße zu erwarten sind, die polizeiliche Einschreitbefugnis Vorrang haben. Ein Auflauf verliert zudem sofort den Versammlungscharakter, wenn er sich etwa zum Landfriedensbruch entwickelt oder andere Straftaten aus der Gruppe heraus begangen werden.

Inwiefern haftet der Einzelne für Handlungen innerhalb eines Auflaufs?

Die individuelle Haftung für Handlungen innerhalb eines Auflaufs richtet sich nach den allgemeinen straf- und zivilrechtlichen Grundsätzen. Grundsätzlich haftet jeder Einzelne nur für eigene, vorsätzliche oder fahrlässige rechtswidrige Handlungen. Eine Kollektivhaftung ist im deutschen Recht ausgeschlossen. Allerdings kann ein gewisses Maß an Mitverantwortung entstehen, wenn etwa Beteiligte durch Unterstützung, Anstiftung oder gemeinschaftliches Handeln (§ 25, § 26, § 27 StGB) an Straftaten beteiligt sind. Besonders relevant wird die Frage der Haftung bei Landfriedensbruch (§ 125 StGB): Hier genügt es, dass der Einzelne sich an Ausschreitungen „beteiligt“ – es muss also nicht zwangsläufig ein individuell-gewalttätiges Verhalten vorliegen. Im Zivilrecht kann eine Haftung ebenfalls erfolgen, wenn der Einzelne durch sein Verhalten Dritte oder deren Eigentum schädigt.

Welche behördlichen Maßnahmen dürfen zur Auflösung eines Auflaufs eingesetzt werden?

Bei einem Auflauf steht der Behörde – in der Regel der Polizei – ein abgestuftes Maßnahmenpaket gemäß den Polizeigesetzen der Länder sowie dem Versammlungsgesetz zur Verfügung. Zu den mildesten Mitteln zählen Platzverweise, Ansprachen und Aufforderungen, den Ort zu verlassen. Sollte keine Folge geleistet werden, können Identitätsfeststellungen, Platzverweise, vorübergehende Festnahmen und – im Falle einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit – auch einfache unmittelbare Zwangsmaßnahmen (wie das Wegtragen von Personen oder der gezielte Einsatz von Pfefferspray und Wasserwerfern) angeordnet werden. Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen ist stets zu beachten; das bedeutet insbesondere, dass mildere Mittel vorrangig einzusetzen sind und dass polizeiliche Gewalt nur als letztes Mittel dient. Zudem sind die Maßnahmen rechtlich angreifbar: Wer meint, unrechtmäßig betroffen zu sein, kann sich im Nachhinein mit Rechtsmitteln dagegen wehren.

Was ist bei Minderjährigen im Auflauf rechtlich zu beachten?

Befinden sich Minderjährige unter den Personen eines Auflaufs, gelten bei Maßnahmen der Polizei und der Strafverfolgungsbehörden besondere verfahrensrechtliche Schutzvorschriften, etwa nach dem Jugendgerichtsgesetz (JGG). Minderjährige können grundsätzlich für eigene Straftaten strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, wobei im Jugendstrafrecht Erziehungsgedanken im Vordergrund stehen. Bei polizeilichen Maßnahmen ist auf das Alter, den Entwicklungsstand und die besondere Schutzbedürftigkeit Minderjähriger Rücksicht zu nehmen; eine Ingewahrsamnahme ist beispielsweise nur als letztes Mittel zulässig und die Eltern oder Erziehungsberechtigten sind umgehend zu unterrichten. Ordnungswidrigkeiten werden bei Minderjährigen in der Regel vorrangig über die Erziehungsberechtigten adressiert. Die Beteiligung von Minderjährigen an strafbaren Handlungen im Auflauf kann Auswirkungen auf die Bewertung der Tat und das Strafmaß haben.

Besteht für Veranstalter oder Initiatoren eines Auflaufs eine besondere rechtliche Verantwortung?

Sofern ein Auflauf auf das gezielte Verhalten eines Veranstalters, Anführers oder Initiators zurückzuführen ist, können sich für diese Personen gesteigerte rechtliche Pflichten und Verantwortlichkeiten ergeben. Im Falle einer geplanten oder von Anführern inszenierten Ansammlung kann eine Zuordnung als Veranstalter einer (unerlaubten) Versammlung vorliegen, mit den entsprechenden rechtlichen Folgen. Organisierende oder auffordernde Personen haften gegebenenfalls für Verstöße gegen das Versammlungsgesetz, insbesondere, wenn keine Anmeldung erfolgte oder Auflagen missachtet werden. Darüber hinaus kann eine Strafbarkeit wegen Anstiftung oder Beihilfe zu Straftaten in Betracht kommen, wenn durch ihr Wirken Ausschreitungen, Landfriedensbruch oder andere Rechtsverletzungen gefördert oder ermöglicht werden. Veranstalter müssen zudem im Vorfeld für einen geordneten Ablauf sorgen und können – unter Umständen auch zivilrechtlich – für Schäden verantwortlich gemacht werden, wenn sie ihre Verkehrssicherungspflichten verletzen.