Definition und Begriff des Attests
Das Attest ist eine schriftliche Bescheinigung, die in der Regel von einer hierzu autorisierten Person oder Institution – häufig einer Ärztin oder einem Arzt – ausgestellt wird und dazu dient, Tatsachen festzustellen oder zu bestätigen. Hauptsächlich finden Atteste im Gesundheitswesen Anwendung, allerdings existieren auch Atteste in anderen Lebensbereichen, etwa im Schul- und Arbeitsrecht, bei Versicherungen oder im Verwaltungsverfahren. Der Begriff ist eng mit der Urkundenausstellung und deren Beweisfunktion im Rechtsverkehr verbunden.
Rechtliche Bedeutung und Funktion des Attests
Beweisfunktion und Beweismittel
Ein Attest stellt ein Beweismittel im Sinne des Prozessrechts dar. Im Zivil- und Strafprozess kann es als Urkunde vorgelegt werden, um bestimmte Tatsachen zu beweisen. Atteste dienen vor Gericht regelmäßig als sogenannte Privaturkunden nach § 416 Zivilprozessordnung (ZPO). Sie entfalten Zeugniswert, können aber von Gerichten gewürdigt und auch durch andere Beweismittel widerlegt werden.
Anforderungen an die Ausstellung eines Attests
Ein Attest muss die notwendigen Angaben enthalten, um als Beweismittel anerkannt zu werden. Dazu zählen insbesondere:
- Name und Anschrift der ausstellenden Person
- Ausstellungsdatum
- Beschreibung der festgestellten Tatsachen
- Bezug auf Erkenntnisse der ärztlichen Untersuchung (bei ärztlichen Attesten)
- Unterschrift und ggf. Stempel
Bindend kann ein Attest grundsätzlich nur über Tatsachen, nicht aber über Rechtsfragen oder rechtliche Bewertungen Auskunft erteilen.
Gesetzliche Grundlagen
Bürgerliches Recht
Im Bürgerlichen Recht kann ein Attest in vielfältigen Konstellationen relevant werden. So ist im Arbeitsrecht ein ärztliches Attest zum Nachweis der Arbeitsunfähigkeit nach § 5 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) erforderlich. Im Schulrecht dienen Atteste nach Landesrecht beispielsweise dem Nachweis der Prüfungsunfähigkeit.
Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht
Falsche Ausstellung eines Attests kann den Straftatbestand der Urkundenfälschung (§ 267 Strafgesetzbuch – StGB) erfüllen. Ärztinnen und Ärzte machen sich nach § 278 StGB strafbar, wenn sie ein unrichtiges Zeugnis über den Gesundheitszustand einer Person ausstellen. Auch eine fahrlässige Ausstellung kann zu zivilrechtlichen Haftungsfolgen führen.
Sozialrecht
Im Sozialrecht, insbesondere im Zusammenhang mit Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung und im Rentenversicherungsrecht, sind Atteste oft Voraussetzung für etwa die Gewährung von Krankengeld oder die Feststellung einer Erwerbsminderung.
Verwaltungsrecht
Bei verwaltungsrechtlichen Verfahren werden regelmäßig Atteste verlangt, beispielsweise für die Befreiung von einer Maskenpflicht, für Immatrikulationen mit besonderen Anforderungen oder im Zusammenhang mit Schwerbehindertenausweisen.
Arten von Attesten
Ärztliches Attest
Ein ärztliches Attest dient dem Nachweis medizinischer Tatsachen. Unterschieden wird zwischen einfachen Attesten, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, amtsärztlichen Gutachten und weiteren spezialisierten Formen. Die Inhalte, Form und Bedeutung folgen speziellen Vorgaben, etwa den Richtlinien zur Ausstellung von Bescheinigungen.
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung („Krankschreibung“) ist eine spezielle Form des ärztlichen Attests, für das gesetzliche Vorgaben hinsichtlich Ausstellung, Inhalt und Übermittlung bestehen.
Amtsärztliches Attest
Ein amtsärztliches Attest wird von einem Amtsarzt oder einer Amtsärztin ausgestellt und dient oft als unabhängiger Nachweis bei Behörden oder Gerichten.
Zahnärztliches und psychologisches Attest
Auch Zahnärzte und Psychologen sind dazu befugt, Atteste über den jeweiligen Gesundheitszustand auszustellen. Die jeweiligen Anforderungen und rechtlichen Folgen richten sich nach dem spezifischen Fachgebiet und Anlass.
Weitere Attestformen
Außerhalb des Gesundheitswesens existieren Atteste auch im Bereich von Sportvereinen, bei Feuerwehr oder Polizei, sowie für Bescheinigungen zur Reisedokumentation.
Formelle Anforderungen und Inhalt
Die formellen Anforderungen an Atteste ergeben sich aus gesetzlichen Vorschriften, standesrechtlichen Vorgaben und der jeweiligen Zweckbestimmung. Unabdingbar sind Nachvollziehbarkeit der Feststellungen und eine eigenhändige Unterschrift. Bei elektronischer Ausstellung ist die qualifizierte elektronische Signatur erforderlich.
Haftung und Missbrauch von Attesten
Haftung für fehlerhafte Atteste
Wird ein Attest grob fehlerhaft, unvollständig oder fahrlässig erstellt, kann die ausstellende Person zivilrechtlich für Folgeschäden haften. Im öffentlichen Dienst kann Regress genommen werden.
Strafbarkeit bei unrichtigen Attesten
Falsche oder unrichtige Atteste können strafrechtliche Folgen haben. Die Ausstellung eines unrichtigen Attests zu fremden oder eigenen Vorteilen kann als Betrug, Urkundenfälschung oder – bei Ärztinnen und Ärzten – als Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse geahndet werden.
Attest im Internationalen Vergleich
Atteste spielen auch in anderen europäischen Ländern eine bedeutende Rolle, unterscheiden sich jedoch hinsichtlich Form und Anerkennung. Für die Nutzung im Ausland können Übersetzungen oder internationale Atteste erforderlich sein.
Aufbewahrung, Datenschutz und Geheimhaltung
Atteste enthalten regelmäßig sensible personenbezogene Daten und unterliegen daher den Vorgaben des Datenschutzes, etwa nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Die Aufbewahrungsfristen richten sich nach dem jeweiligen Fachrecht; für Berufsgeheimnisträger bestehen besondere Vorschriften zur Geheimhaltung und Sicherung der Daten.
Fazit
Das Attest ist ein bedeutendes Beweismittel im Rechtsverkehr mit einer Vielzahl an gesetzlichen Grundlagen und Anwendungsfeldern. Die Ausstellung, Form, Verwendung und rechtlichen Folgen sind im Detail geregelt, sodass bei der Erstellung und Verwendung stets die jeweiligen gesetzlichen Vorgaben und Standards der Sorgfalt zu beachten sind.
Häufig gestellte Fragen
Wann ist ein ärztliches Attest im rechtlichen Sinne erforderlich?
Ein ärztliches Attest ist immer dann im rechtlichen Sinne erforderlich, wenn eine gesetzliche oder arbeitsvertragliche Pflicht besteht, eine Krankheit, Arbeitsunfähigkeit oder eine bestimmte gesundheitliche Beeinträchtigung nachzuweisen. Dies ist insbesondere im Arbeitsrecht relevant: Nach § 5 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) ist der Arbeitnehmer verpflichtet, spätestens am vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen, sofern der Arbeitgeber nicht früher eine Vorlage verlangt. Im Schulrecht kann ein Attest zur Entschuldigung von Fehlzeiten verlangt werden, meist ab einer bestimmten Fehltagesanzahl oder bei Leistungsüberprüfungen. Im Sozialrecht ist ein Attest beispielsweise bei Anträgen auf Schwerbehindertenausweis oder Erwerbsminderungsrente unerlässlich. Gerichte, Behörden oder Versicherungen können ebenfalls rechtsverbindlich ein ärztliches Attest verlangen, wenn dies für Entscheidungsfindungen notwendig ist. Die rechtliche Notwendigkeit leitet sich dabei aus Gesetzen, Verordnungen oder vertraglichen Regelungen ab und ist nicht willkürlich.
Welche formalen Anforderungen muss ein Attest erfüllen, damit es rechtlich anerkannt wird?
Damit ein ärztliches Attest im rechtlichen Kontext anerkannt wird, muss es bestimmte Formanforderungen erfüllen. Es sollte auf offiziellem Briefpapier des ausstellenden Arztes oder der Praxis erstellt werden, den vollständigen Namen und die Anschrift des Patienten sowie des Arztes enthalten. Das Datum der Untersuchung und der Ausstellung müssen exakt vermerkt sein. Die Bescheinigung selbst muss klar und eindeutig den Gesundheitszustand oder die Arbeitsunfähigkeit des Patienten attestieren und ggf. den Zeitraum benennen, für den die Einschränkung besteht. Eine Unterschrift und ein Stempel des Arztes sind in der Regel erforderlich, insbesondere bei Gericht und Behörden. Die Angabe einer eindeutigen Diagnose ist nicht immer zwingend erforderlich, häufig genügt die Feststellung der gesundheitlichen Einschränkung. Die Vorlage per Telefax oder in elektronischer Form ist in manchen Bereichen erlaubt, muss aber die Lesbarkeit und Echtheit gewährleisten. Falsche, lückenhafte oder zweifelhafte Atteste werden von Gerichten und Behörden regelmäßig zurückgewiesen.
Kann ein Attest auch nachträglich ausgestellt und rechtlich akzeptiert werden?
Grundsätzlich können Atteste auch nachträglich, also rückwirkend, ausgestellt werden. Allerdings ist dies nur unter bestimmten Voraussetzungen rechtlich zulässig und wird meist kritisch geprüft: Ein Arzt darf ein Attest rückwirkend nur dann ausstellen, wenn er aufgrund einer glaubhaften Schilderung und ärztlicher Erfahrung nachvollziehen kann, dass die beanspruchte gesundheitliche Einschränkung tatsächlich vorlag. Die Rechtsprechung sieht in rückwirkenden Attesten jedoch ein erhöhtes Risiko des Missbrauchs, sodass der Aussteller einen entsprechenden Hinweis und die Umstände der rückwirkenden Ausstellung dokumentieren sollte. Im Arbeitsrecht beispielsweise können rückdatierte Atteste anerkannt werden, wenn der Patient plausible Gründe vorträgt und ein Arzt die Angaben glaubwürdig bestätigen kann. In Streitfällen prüfen Gerichte sorgfältig, ob der Nachweis ausreichend und nachvollziehbar ist.
Welche Folgen hat ein falsch ausgestelltes Attest aus rechtlicher Sicht?
Die absichtliche Ausstellung eines falschen Attestes („Gefälligkeitsattest“) stellt strafrechtlich eine Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB oder eine Falschbeurkundung im Amt (§ 348 StGB) dar, sofern sie von einem Beamten ausgestellt wurde. Ärztinnen und Ärzte machen sich zudem wegen mittelbarer Falschbeurkundung strafbar, wenn sie wissentlich falsche Angaben über den Gesundheitszustand machen. Arbeitsrechtlich oder zivilrechtlich kann die Vorlage eines falschen Attestes zur fristlosen Kündigung des Arbeitsvertrages (§ 626 BGB) oder zum Ausschluss von Sozialleistungen führen. Auch Disziplinarmaßnahmen in Schulen oder Behörden sind die Folge. Nicht nur der ausstellende Arzt, sondern auch der Verwender des Attestes haftet für Täuschung und den daraus entstandenen Schaden. Ärztinnen und Ärzte riskieren darüber hinaus berufsrechtliche Konsequenzen, bis hin zum Approbationsentzug.
Dürfen Atteste in einer anderen Sprache als Deutsch ausgestellt werden?
Atteste, die zur Vorlage bei deutschen Gerichten, Behörden oder Arbeitgebern bestimmt sind, sollten grundsätzlich in deutscher Sprache verfasst sein, um im rechtlichen Kontext anerkannt zu werden. Atteste in Fremdsprachen können im Einzelfall akzeptiert werden, wenn sie von einer amtlich anerkannten Übersetzerin oder einem Übersetzer beglaubigt übersetzt wurden. Ohne eine solche Übersetzung besteht die Gefahr, dass das Dokument als Nachweis nicht anerkannt wird. Einige Behörden oder Institutionen akzeptieren fremdsprachige Atteste nur, wenn diese in bestimmten EU-Sprachen (z. B. Englisch oder Französisch) ausgestellt und begleitet werden. Bei internationalen Verfahren sollten die örtlichen Bestimmungen stets geprüft und eine beglaubigte Übersetzung vorgelegt werden, um Rechtsnachteile zu vermeiden.
Wer trägt die Kosten für ein Attest im rechtlichen Zusammenhang?
Die Übernahme der Kosten für ein Attest richtet sich nach dem Zweck der Ausstellung und dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis. Bei Attesten, die auf Verlangen des Arbeitgebers zur Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit ausgestellt werden, trägt normalerweise die gesetzliche Krankenkasse oder der Arbeitgeber die Kosten. Wird ein Attest für private Zwecke oder auf eigenen Wunsch verlangt, muss der Patient selbst für die Kosten aufkommen. Gleiches gilt für Atteste für Sportvereine, Versicherungen oder Behörden, es sei denn, eine gesetzliche Regelung sieht explizit eine Kostenübernahme oder Erstattung vor (z. B. bei Anträgen auf Sozialleistungen). Die Gebühren richten sich nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und können je nach Aufwand und Umfang des gewünschten Attests variieren.
Besteht ein rechtlicher Anspruch auf Ausstellung eines Attests?
Ein Patient hat grundsätzlich einen Anspruch auf Ausstellung eines Attestes, wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt, etwa zur Vorlage bei Arbeit, Schule, Behörde oder Versicherung. Die rechtliche Grundlage bildet § 630g BGB (Einsicht in die Patientenakte) und das allgemeine Recht auf die Dokumentation ärztlicher Behandlungen. Allerdings ist die Ärztin oder der Arzt nicht verpflichtet, Gefälligkeitsatteste auszustellen oder auf Angaben zu attestieren, die nicht medizinisch nachvollziehbar oder seriös begründet sind. Das Attest darf ausschließlich auf Tatsachen beruhen, die ärztlich überprüfbar sind. Besteht Streit über die Notwendigkeit oder den Inhalt eines Attests, kann der Rechtsweg beschritten werden, z. B. durch ein Gutachten im Zivilprozess.