Legal Lexikon

Asylrecht


Begriff und Grundlagen des Asylrechts

Das Asylrecht ist ein grundlegendes Schutzrecht für Personen, die in ihrem Herkunftsstaat wegen politischer, religiöser, ethnischer, sozialer Zugehörigkeit oder wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt werden. Es ist national und international rechtlich umfassend geregelt und stellt eine wichtige Komponente im System des internationalen Menschenrechtsschutzes dar. Das Asylrecht definiert die Voraussetzungen, das Verfahren und die rechtlichen Folgen der Gewährung von Schutz vor Verfolgung.

Historische Entwicklung des Asylrechts

Ursprung und historische Anfänge

Bereits im Altertum und im Mittelalter existierte ein rudimentäres Asylrecht, etwa in Tempeln oder Kirchen, das Schutzsuchenden zeitweiliges Obdach vor Verfolgern gewährte. Im modernen Verständnis entwickelte sich das Asylrecht jedoch erst nach den Erfahrungen totalitärer Verfolgungssysteme im 20. Jahrhundert.

Nachkriegszeit und internationales Asylrecht

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Recht auf Asyl als Reaktion auf die nationalsozialistischen Verfolgungen in internationalen Rechtsinstrumenten verankert. Die wichtigste Grundlage bildet die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 sowie deren Protokoll von 1967. Ergänzende Bestimmungen finden sich in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 (Artikel 14).

Internationale Rechtsgrundlagen

Genfer Flüchtlingskonvention und Zusatzprotokoll

Die Genfer Flüchtlingskonvention (Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, 1951) definiert den Begriff „Flüchtling“ und regelt die Rechte der Flüchtlinge sowie die Verpflichtungen der Vertragsstaaten. Besonders hervorzuheben ist das Non-Refoulement-Prinzip (Art. 33 GFK), das die Rückschiebung von Flüchtlingen in Staaten untersagt, in denen ihnen Verfolgung droht.

Europäisches und supranationales Recht

Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)

Die EMRK sieht in Artikel 3 ein Verbot der Folter sowie unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe vor. Dieses Verbot führt zu einem faktischen Abschiebungsverbot, wenn dem Betroffenen bei Rückkehr solche Behandlungen drohen.

Rechtsakte der Europäischen Union

Im Rahmen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) koordinieren verschiedene EU-Richtlinien und -Verordnungen (z.B. Qualifikationsrichtlinie, Asylverfahrensrichtlinie und Dublin-Verordnung) das Asylrecht und -verfahren in den EU-Mitgliedsstaaten.

Nationales Asylrecht (am Beispiel Deutschlands)

Verfassungsrechtlicher Rahmen

Art. 16a des Grundgesetzes garantiert das Recht auf Asyl für politisch Verfolgte. Dieser Schutzbereich wird durch einfachgesetzliche Regelungen konkretisiert und durch zahlreiche Einschränkungen, insbesondere durch das Konzept des „sicheren Drittstaates“ und des „sicheren Herkunftsstaates“, ausgestaltet.

Einfachgesetzliche Ausgestaltung

Das Asylgesetz (AsylG) regelt das Verfahren auf Gewährung von Asyl, von der Antragstellung bis zur Entscheidung. Daneben spielen das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) eine wichtige Rolle.

Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl

Definition des Flüchtlingsbegriffs

Die Flüchtlingseigenschaft wird primär nach den Vorgaben der Genfer Flüchtlingskonvention festgestellt. Eine Person gilt als Flüchtling, wenn sie sich außerhalb ihres Herkunftsstaates befindet und aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Überzeugung nicht in diesen Staat zurückkehren kann.

Formen des Schutzes

Asyl im Sinne des Grundgesetzes

Das Grundrecht auf Asyl wird nur bei politischer Verfolgung durch den Herkunftsstaat gewährt und ist durch zahlreiche Einschränkungen geprägt. Wer aus einem EU-Mitgliedstaat oder aus einem sicheren Drittstaat einreist, ist grundsätzlich vom Asylrecht gemäß Art. 16a GG ausgeschlossen.

Flüchtlingsschutz gemäß Genfer Konvention

Wird die Flüchtlingseigenschaft anerkannt, sind Aufenthaltsrechte und verschiedene soziale sowie wirtschaftliche Rechte verbunden. Eine Abschiebung ist – mit Ausnahmen – unzulässig.

Subsidiärer Schutz

Personen, die nicht vollständig als Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention gelten, aber denen im Herkunftsstaat ernsthafter Schaden (z. B. Todesstrafe, Folter, erhebliche individuelle Bedrohung durch bewaffnete Konflikte) droht, erhalten den subsidiären Schutzstatus.

Nationales Abschiebungsverbot

Unabhängig von den vorgenannten Schutzformen besteht ein nationales Abschiebungsverbot, wenn der Abschiebung ein erheblicher und konkreter Nachteil, wie etwa eine erhebliche Gesundheitsgefahr, entgegensteht.

Asylverfahren

Ablauf des Asylverfahrens

Das Asylverfahren beginnt grundsätzlich mit der Asylantragstellung bei der national zuständigen Behörde (in Deutschland das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge). Es umfasst eine Anhörung, Entscheidung, Rechtsmittelmöglichkeiten und gegebenenfalls gerichtliche Überprüfung.

Dublin-Verfahren

Im europäischen Kontext regelt die Dublin-III-Verordnung, welcher Mitgliedstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist (meist derjenige, über den die Schutzsuchenden zuerst eingereist sind).

Rechtsmittel und gerichtlicher Schutz

Ablehnende Entscheidungen können durch Anrufung der zuständigen Verwaltungsgerichte überprüft werden. Die gerichtliche Kontrolle sichert die Einhaltung nationaler, europäischer und internationaler Mindeststandards.

Rechte und Pflichten von Asylsuchenden

Asylsuchende und anerkannte Schutzberechtigte genießen neben dem Schutz vor Verfolgung verschiedene Rechte, etwa auf Unterbringung, Gesundheitsversorgung oder Zugang zu Integrationsmaßnahmen. Gleichzeitig bestehen Pflichten, wie Mitwirkung bei der Identitätsfeststellung oder Meldepflichten.

Einschränkungen und besondere Regelungen

Sichere Dritt- und Herkunftsstaaten

Anträge von Personen, die aus als sicher geltenden Herkunftsländern oder Drittstaaten kommen, werden in einem beschleunigten Verfahren behandelt und unterliegen besonderen Restriktionen. Das soll Missbrauch des Asylsystems verhindern.

Widerruf und Rücknahme

Die Anerkennung von Schutzstatus kann unter bestimmten Voraussetzungen widerrufen oder zurückgenommen werden, etwa wenn die Verfolgungsgefahr entfällt oder falsche Angaben gemacht wurden.

Bedeutung und Herausforderungen des Asylrechts

Das Asylrecht ist ein zentrales Grundrecht und ein unverzichtbarer Bestandteil des internationalen Schutzsystems für verfolgte Menschen. Gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Herausforderungen, etwa durch Migrationsbewegungen oder die Sicherung nationaler Interessen, bedingen eine ständige Fortentwicklung und Abwägung der asylrechtlichen Regelungen.

Literatur und weiterführende Quellen

  • Genfer Flüchtlingskonvention (1951)
  • Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (1948)
  • Asylgesetz (Deutschland)
  • Dublin-III-Verordnung (EU)
  • AufenthG, AsylbLG (Deutschland)
  • Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) – www.bamf.de

Dieser Artikel beleuchtet umfassend die zahlreichen rechtlichen Facetten des Asylrechts auf internationaler und nationaler Ebene und stellt die grundlegenden Strukturen und Prinzipien übersichtlich dar.

Häufig gestellte Fragen

Was versteht man unter dem Ablauf eines Asylverfahrens in Deutschland?

Das Asylverfahren in Deutschland ist ein rechtsstaatlich geregeltes Verfahren, das dazu dient, den individuellen Schutzbedarf von Asylsuchenden zu prüfen. Es beginnt mit der formellen Asylantragstellung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Zuvor finden eine behördliche Registrierung und die sogenannte Anhörung statt, bei der die betroffene Person ihre Fluchtgründe und Umstände detailliert schildern muss. Im weiteren Verlauf prüft das BAMF, ob nach der Dublin-III-Verordnung ein anderer EU-Mitgliedstaat zuständig ist. Ist Deutschland zuständig, entscheidet das BAMF über den Antrag nach den Maßgaben des Aufenthaltsgesetzes und des Asylgesetzes. Das Verfahren beinhaltet eine individuelle Prüfung aller vorgebrachten Gründe und der aktuellen Lage im Herkunftsland, oftmals unter Berücksichtigung von Länder- und Rechtsexpertisen. Das Verfahren endet entweder mit der Anerkennung eines Schutzstatus (Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz, Abschiebungsverbot) oder mit der Ablehnung des Antrags. Ablehnende Bescheide können innerhalb bestimmter Fristen vor den zuständigen Verwaltungsgerichten angefochten werden. Während des gesamten Verfahrens bestehen prozessuale Rechte und Pflichten, etwa bezüglich Mitwirkung und Anhörung.

Welche Rechtsmittel stehen im Asylverfahren zur Verfügung?

Im Asylverfahren stehen den Betroffenen bei einer ablehnenden Entscheidung verschiedene Rechtsmittel zur Verfügung, vor allem die Klage vor dem Verwaltungsgericht entsprechend § 74 Asylgesetz (AsylG). Die Frist zur Klageerhebung beträgt in der Regel zwei Wochen nach Zustellung des Bescheids, bei sogenannten „offensichtlichen Unzulässigkeitsentscheidungen“ sogar nur eine Woche. Die Klage entfaltet bei bestimmten Entscheidungen eine aufschiebende Wirkung, das heißt, während des Gerichtsverfahrens darf keine Abschiebung erfolgen, es sei denn, das Gericht hebt den Stopp auf. Gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts kann je nach Fall noch Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht gestellt werden. Weitere Rechtsmittel wie die Beschwerde beziehen sich auf spezielle Verfahrensfragen, z.B. im Rahmen von Eilanträgen. Asylsuchenden steht zudem das Recht auf Beratung und Vertretung durch einen Rechtsanwalt zu.

Welche Formen von Schutz werden im Asylrecht unterschieden?

Das deutsche Asylrecht unterscheidet im Wesentlichen vier Schutzformen. Erstens die Asylberechtigung gemäß Art. 16a Grundgesetz, die restriktiv und unter engen Voraussetzungen vergeben wird. Zweitens den Flüchtlingsschutz nach § 3 AsylG in Verbindung mit der Genfer Flüchtlingskonvention, der Verfolgten wegen Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe gewährt wird. Drittens den subsidiären Schutz nach § 4 AsylG, der Personen zusteht, denen in ihrem Herkunftsland ernsthafter Schaden droht, etwa durch Todesstrafe, Folter oder Kriegsgewalt. Viertens gibt es das nationale Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 Aufenthaltsgesetz, das greift, wenn dem Betroffenen bei einer Rückkehr erhebliche konkrete Gefahren drohen. Jede Schutzform hat unterschiedliche Rechtsfolgen und Aufenthaltsrechte.

Was sind die wichtigsten Mitwirkungspflichten von Asylbewerbern?

Asylbewerber sind nach dem deutschen Asylgesetz verpflichtet, bei der Aufklärung des Sachverhalts aktiv mitzuwirken. Dazu zählt insbesondere die Pflicht, wahrheitsgemäß über Identität, Herkunft, Fluchtweg und Fluchtgründe zu berichten. Dokumente wie Pässe, Urkunden oder andere Nachweise sind vorzulegen, soweit verfügbar. Die Asylsuchenden müssen der Einladung zu Anhörungen folgen, etwaigen Meldeauflagen nachkommen und dürfen keine Angaben verschleiern oder bewusst widersprüchliche Informationen geben. Verstöße gegen die Mitwirkungspflichten können dazu führen, dass das BAMF gemäß § 30 AsylG den Antrag als offensichtlich unbegründet ablehnt oder Beweiserleichterungen versagt. Die Mitwirkungspflichten bestehen bis zum Abschluss des Verfahrens.

Wann gilt ein Asylantrag als unzulässig oder offensichtlich unbegründet?

Ein Asylantrag ist nach deutschem Recht insbesondere dann unzulässig, wenn gemäß Dublin-III-Verordnung ein anderer EU-Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder bereits ein Asylverfahren in einem Drittstaat durchgeführt wurde. Als offensichtlich unbegründet gilt ein Antrag dann, wenn der Vortrag nach Auffassung des BAMF evident nicht schutzwürdig ist, beispielsweise bei sicheren Herkunftsstaaten (§ 29a AsylG) oder bei offensichtlich vorgeschobenen Asylgründen. Die Begründung für eine solche Entscheidung muss stets im Einzelfall dargelegt werden. Ein unzulässiger oder offensichtlich unbegründeter Antrag führt in der Regel zu einer schnellen Ablehnung mit verkürzten Rechtsmittelfristen.

Welche Aufenthaltsmöglichkeiten bestehen nach Ablehnung des Asylantrags?

Nach der formellen Ablehnung eines Asylantrags sind die betroffenen Personen grundsätzlich ausreisepflichtig. In bestimmten Fällen kann jedoch eine Duldung nach § 60a Aufenthaltsgesetz erteilt werden, beispielsweise wenn eine Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist, etwa wegen Krankheit, fehlender Reisedokumente oder eines Abschiebestopps. Zudem besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Option auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG, z.B. aus humanitären Gründen, bei besonderer Integration oder aus familiären Gründen. Duldungen und humanitäre Aufenthaltstitel sind in der Regel befristet, jedoch mit weiteren Rechten und Pflichten ausgestattet.

Welche Besonderheiten gelten bei minderjährigen Asylsuchenden?

Unbegleitete minderjährige Asylsuchende genießen nach deutschem und internationalem Recht einen besonderen Schutz. Ihnen wird ein gesetzlicher Vormund bestellt, damit ihre Interessen im Asylverfahren gewahrt bleiben. Die Anhörung im Asylverfahren erfolgt altersgerecht und unter Beteiligung des Vormunds oder eines Jugendamtsvertreters. Die Unterbringung und Betreuung richtet sich nach den Vorgaben des Kinder- und Jugendhilferechts. Zudem gelten Abschiebungen Minderjähriger nur in engen Ausnahmefällen und in der Regel nur dann, wenn die Rückkehr in sichere und geeignete Verhältnisse gewährleistet ist. Die besonderen Verfahrensgarantien sind in § 42 SGB VIII und in den entsprechenden Bestimmungen des Aufenthaltsrechts geregelt.