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Asylbewerberleistungsgesetz


Begriff und Grundstruktur des Asylbewerberleistungsgesetzes

Das Asylbewerberleistungsgesetz (Abkürzung: AsylbLG) ist ein deutsches Gesetz, das die sozialrechtlichen Leistungen für bestimmte Ausländergruppen regelt, die sich im Bundesgebiet aufhalten, insbesondere für Asylbewerber und Geduldete. Es trat am 1. November 1993 in Kraft und gehört zu den zentralen Vorschriften des deutschen Ausländer- und Migrationsrechts. Ziel des AsylbLG ist es, den Leistungsanspruch und -umfang für Personen, die keinen oder keinen gleichwertigen Zugang zu den regulären Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) haben, gesetzlich zu regeln.

1. Geltungsbereich und persönliche Anwendbarkeit

Kreis der Leistungsberechtigten (§ 1 AsylbLG)

Vom Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes werden folgende Personengruppen erfasst:

  • Ausländer, die sich im Bundesgebiet aufhalten und einen Asylantrag gestellt haben (Asylbewerber).
  • Ausländer mit einer Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 Asylgesetz.
  • Ausländer mit einer Duldung (§ 60a Aufenthaltsgesetz).
  • Ausreisepflichtige Ausländer, deren Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht durchgeführt werden kann.
  • Bestimmte Ausländer, die über einen Flughafen im Transitbereich einreisen oder sich dort aufhalten.

Der Leistungsanspruch besteht grundsätzlich bis zur endgültigen Entscheidung über den Antrag auf Aufenthalt bzw. bis zur Ausreise aus dem Bundesgebiet. Ein späterer rückwirkender Leistungsanspruch besteht nicht.

Ausschluss von Leistungen

Bestimmte Ausländergruppen, insbesondere solche mit Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen oder mit dauerhaftem Aufenthaltsstatus, sind von den Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ausgeschlossen und fallen unter die allgemeinen Vorschriften des SGB II oder SGB XII.

2. Umfang der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz

Grundleistungen (§ 3 AsylbLG)

Die Grundleistungen umfassen:

  • Unterkunft und Heizung (Sach- oder Geldleistungen).
  • Ernährung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege (überwiegend als Sachleistungen).
  • Gebrauchs- und Verbrauchsgüter des Haushalts.
  • Taschengeld für persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens.
  • Leistungen zur Sicherung des Existenzminiums, ähnlich dem Sozialhilfeniveau, jedoch typischerweise darunter angesetzt.

Die Deckung des Lebensunterhalts soll in Gemeinschaftsunterkünften vorzugsweise durch Sach- und nicht durch Geldleistungen erfolgen.

Besondere Leistungen (§ 6, § 6a AsylbLG)

Zusätzlich zu den Grundleistungen besteht ein Anspruch auf:

  • Leistungen in besonderen Fällen, etwa bei Schwangerschaft oder Geburt (z. B. Erstausstattung).
  • Bildungs- und Teilhabeleistungen für Kinder und Jugendliche.
  • Weitere Hilfen, soweit sie zur Sicherung des Lebensunterhalts im Einzelfall erforderlich sind.

Notwendige medizinische Versorgung (§ 4 AsylbLG)

Nach § 4 AsylbLG werden Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt gewährt:

  • Gesetzlicher Anspruch auf Behandlung von akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen.
  • Für Schwangere und Wöchnerinnen: besondere Rücksichtnahme und Sonderleistungen.
  • Versorgung mit Arznei-, Verband- und Heilmitteln, soweit notwendig.

Dauerhaft und chronisch Kranke erhalten unter bestimmten Voraussetzungen weitergehende Leistungen nach Ermessen der zuständigen Behörden.

Erweiterte Leistungen nach 18 Monaten (§ 2 AsylbLG)

Wer sich seit mindestens 18 Monaten ununterbrochen im Bundesgebiet aufhält und die Dauer nicht selbst rechtsmissbräuchlich beeinflusst hat, kann Leistungen in Höhe der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) oder Hilfe zum Lebensunterhalt (SGB XII) erhalten.

3. Anspruchsvoraussetzungen und Leistungsausschlüsse

Ausschlüsse, Kürzungen und Ruhen des Leistungsanspruchs (§§ 1a, 7 AsylbLG)

Leistungen können ganz oder teilweise ausgeschlossen oder gekürzt werden, insbesondere wenn:

  • Der Aufenthaltssinn nicht nach § 1 AsylbLG gerechtfertigt ist.
  • Ausländer Aufenthalts-, Duldungs- oder Meldeauflagen verletzen.
  • Die Aufenthaltsdauer rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst wurde.
  • Leistungsberechtigte über eigenes Einkommen oder Vermögen verfügen.

Leistungen werden ferner eingeschränkt, wenn es sich um einen „unverzüglich zu verlassenden Ausländer“ handelt, dessen Ausreise unmittelbar bevorsteht.

Rückerstattung und Anrechnung

Eigenes Einkommen und Vermögen sowie Unterhaltsansprüche gegen Dritte führen zur Anrechnung auf die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

4. Verfahren, Verwaltungszuständigkeit und Rechtsweg

Zuständige Behörden

Für die Durchführung und Gewährung der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind die örtlichen Sozialbehörden in den Ländern und Kommunen zuständig.

Antragstellung

Die Leistungen müssen grundsätzlich beantragt werden. Im Eilfall ist auch eine nachträgliche Antragstellung mit sofortiger Leistungsgewährung möglich.

Rechtsweg und Widerspruch

Streitigkeiten aus dem Asylbewerberleistungsgesetz unterliegen der Sozialgerichtsbarkeit. Gegen Behördenentscheidungen kann zunächst Widerspruch eingelegt werden. Bei Ablehnung steht der Klageweg zum Sozialgericht offen.

5. Gesetzeszweck, Entstehungsgeschichte und Kritik

Gesetzeszweck

Das Asylbewerberleistungsgesetz dient der Sicherung des Existenzminimums von Ausländern, die sich ohne dauerhaften Aufenthaltsstatus im Bundesgebiet aufhalten. Gleichzeitig verfolgt es migrationspolitische Steuerungsziele und will den Aufenthalt für Asylbewerber sowie ausreisepflichtige Personen nicht attraktiver machen als für die regulär in Deutschland lebende Bevölkerung.

Entstehungsgeschichte

Das Gesetz wurde im Zuge der sogenannten „Asylkompromisse“ 1993 geschaffen und im Laufe der Jahre mehrfach novelliert, zuletzt mit Blick auf Anpassungen an verfassungsrechtliche Standards, wie sie das Bundesverfassungsgericht mehrfach eingefordert hat.

Kritik und verfassungsgerichtliche Entscheidungen

Das Asylbewerberleistungsgesetz steht häufig in der politischen und rechtlichen Kritik. Insbesondere die Höhe der Leistungen wurde vom Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 18. Juli 2012, 1 BvL 10/10 und 1 BvL 2/11) als unzureichend bemängelt, woraufhin Anpassungen erfolgten. Kritische Stimmen thematisieren zudem die eingeschränkte Gesundheitsversorgung und das Vorrangprinzip von Sach- gegenüber Geldleistungen.

6. Verhältnis zu anderen Sozialgesetzen

Das Asylbewerberleistungsgesetz stellt gegenüber dem Sozialgesetzbuch eine lex specialis dar. Es verdrängt SGB II, SGB XII sowie das Bundeskindergeldgesetz für die im Geltungsbereich insoweit erfassten Personengruppen. Mit Erfüllung bestimmter Voraussetzungen (z.B. nach 18 Monaten Aufenthalt) oder nach Wechsel des Aufenthaltsstatus tritt sukzessive der Zugang zum regulären Sozialrecht ein.


Zusammenfassung:
Das Asylbewerberleistungsgesetz ist ein eigenständiges und umfangreiches Regelwerk, das Leistungen zur Existenzsicherung für Asylsuchende, Geduldete und ausreisepflichtige Ausländer bestimmt. Es regelt Art und Umfang sozialer Leistungen, medizinische Versorgung, die Zugangsbedingungen und schließt eine Vielzahl migrationsrechtlicher Steuerungsmechanismen ein. Dabei stellt es einen Ausnahmetatbestand im deutschen Sozialleistungsrecht dar und ist Gegenstand fortlaufender rechtlicher sowie gesellschaftspolitischer Debatten.

Häufig gestellte Fragen

Wer hat einen Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz?

Ein Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) besteht grundsätzlich für Personen, die sich im Bundesgebiet aufhalten und eine der im § 1 AsylbLG genannten Voraussetzungen erfüllen. Hierzu zählen insbesondere Asylsuchende mit Aufenthaltsgestattung im Sinne des Asylgesetzes, vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer und sonstige Personen, die aus humanitären Gründen oder aus rechtlichen beziehungsweise tatsächlichen Abschiebehindernissen nicht abgeschoben werden können. Ebenfalls anspruchsberechtigt sind deren Ehegatten, Lebenspartner und minderjährige Kinder, soweit sie gemeinsam im Bundesgebiet leben, unabhängig davon, ob sie selbst einen Asylantrag gestellt haben. Der Anspruch besteht grundsätzlich nur, solange kein dauerhafter Aufenthaltstitel nach dem Aufenthaltsgesetz vorliegt. Die konkrete Leistungsgewährung hängt zudem davon ab, ob eine individuelle Bedarfslage besteht und ob Leistungseinschränkungen greifen, beispielsweise im Falle fehlender Kooperation oder bei unerlaubter Einreise.

Welche Arten von Leistungen werden gemäß dem Asylbewerberleistungsgesetz erbracht?

Das AsylbLG regelt primär die Gewährung von Grundleistungen (§ 3 AsylbLG) zur Sicherung des Lebensunterhalts, insbesondere Ernährung, Unterkunft einschließlich Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter des Haushalts sowie notwendige persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Daneben gibt es sogenannte Leistungen in besonderen Fällen (§ 6 AsylbLG), die auf besonderen Bedarf, etwa bei Krankheit, Schwangerschaft oder Geburt, zugeschnitten sind. Zudem können Leistungen in Form von Sachleistungen oder, wenn dies aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist, als Geldleistungen erbracht werden. Ärztliche Versorgung wird grundsätzlich nur bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen geleistet, wobei für bestimmte Personengruppen erweiterte Leistungen nach § 2 AsylbLG gewährt werden können, die sich am Sozialgesetzbuch (SGB XII) orientieren. Weitere Leistungen können zur Deckung von weiteren Bedarfen in besonderen Notlagen wie Umzug oder Beschaffung von Möbeln gewährt werden.

Wie erfolgt die Berechnung der Leistungsansprüche?

Die Berechnung der Leistungsansprüche erfolgt unter Berücksichtigung des gesetzlichen Leistungskatalogs und der individuellen Lebenssituation der Betroffenen. Im Regelfall werden die Grundleistungen nach § 3 AsylbLG als Sachleistungen gewährt, wobei ein gesetzlich festgelegter Leistungswert für Ernährung, Unterkunft und Heizung sowie die übrigen notwendigen Bedürfnisse festgelegt ist. Die genaue Höhe der Leistungen orientiert sich an den in den §§ 3, 3a und 6 AsylbLG bestimmten Beträgen beziehungsweise Bedarfsstufen, die regelmäßig angepasst werden. Besondere Umstände, wie beispielsweise eine Unterbringung außerhalb von Gemeinschaftsunterkünften oder das Vorliegen besonderer Bedarfe (z. B. während Schwangerschaft oder in medizinischen Notfällen), können Einfluss auf die Höhe und Art der Leistungen haben. Es ist zu beachten, dass Einkommen und Vermögen des leistungsberechtigten Personenkreises nach Maßgabe der §§ 7 und 8 AsylbLG angerechnet werden und den Leistungsanspruch mindern oder ausschließen können.

Unter welchen Voraussetzungen werden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz eingeschränkt oder ausgeschlossen?

Leistungen nach dem AsylbLG können unter bestimmten Umständen eingeschränkt werden. Ein gesetzlicher Ausschlussgrund liegt insbesondere dann vor, wenn die betroffene Person sich nicht aktiv um die Beendigung ihres Aufenthaltsstatus bemüht, beispielsweise Ausreisepflichten nicht erfüllt oder erforderliche Mitwirkungshandlungen unterlässt. Nach § 1a AsylbLG können Leistungen gekürzt werden, wenn der Aufenthalt rechtsmissbräuchlich verlängert wird, beispielsweise durch fehlende Mitwirkung an der Identitätsklärung. Ebenfalls können Ausreisepflichtige, die nicht freiwillig ausreisen, von Leistungskürzungen betroffen sein. Die Grundversorgung darf jedoch in keinem Fall vollständig entzogen werden, es muss immer ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleistet bleiben (§ 1a Absatz 2 AsylbLG). Darüber hinaus können Sanktionen erfolgen, wenn Meldepflichten (§ 8 Absatz 3 AsylbLG) nicht nachgekommen wird.

Was regelt das Asylbewerberleistungsgesetz hinsichtlich der medizinischen Versorgung?

Die medizinische Versorgung nach dem AsylbLG richtet sich primär nach § 4 AsylbLG, wonach leistungsberechtigte Personen im Rahmen akuter Erkrankungen und Schmerzzuständen Anspruch auf ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln haben. Gleiches gilt für notwendige Schutzimpfungen und erforderliche Vorsorgeuntersuchungen. Für Schwangere und Wöchnerinnen sieht § 4 Absatz 2 AsylbLG eine erweiterte Versorgung vor, einschließlich ärztlicher und pflegerischer Hilfe und Betreuung sowie die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln. Für weitergehende, nicht akute Behandlungen kann eine Kostenübernahme nach § 6 AsylbLG erfolgen, wenn andere Leistungen zur Sicherung der Gesundheit im Einzelfall unerlässlich sind. Wenn sich Personen länger als 18 Monate (ab 2023: 18 Monate, zuvor 15 Monate) im Bundesgebiet aufhalten und die Abschiebung nicht durch eigenes Verschulden verzögert wurde, können gemäß § 2 AsylbLG Leistungen nach dem SGB XII, einschließlich regulärer Krankenhilfe, beansprucht werden.

Wie lange besteht ein Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz?

Der Anspruch auf Leistungen gemäß AsylbLG besteht grundsätzlich für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, solange das Aufenthaltsrecht oder ein Duldungstatbestand nach § 1 AsylbLG vorliegt. Sobald ein dauerhafter Aufenthaltstitel nach dem Aufenthaltsgesetz erworben wird oder eine Anerkennung als Flüchtling beziehungsweise Asylberechtigter erfolgt, endet der Leistungsanspruch nach dem AsylbLG und es folgt der Übergang zu anderen Sozialleistungssystemen, wie beispielsweise SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende) oder SGB XII (Sozialhilfe). Der Umfang der Leistungen kann sich während des Zeitraums im Bundesgebiet ändern, abhängig von der Aufenthaltsdauer (bei mehr als 18 Monaten andere Leistungssystematik) und von etwaigen Leistungsbeschränkungen oder Sanktionen.

Welche Pflichten treffen Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz?

Leistungsberechtigte sind verpflichtet, alle Angaben zur Person und zum Aufenthaltsstatus korrekt und vollständig zu machen (§ 8 Absatz 1 AsylbLG), an der Feststellung ihrer Identität und Staatsangehörigkeit mitzuwirken sowie sich an Melde- und Mitwirkungspflichten zu halten. Jede Veränderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die Einfluss auf den Leistungsanspruch haben könnte, ist unverzüglich der zuständigen Behörde mitzuteilen. Bei Verstoß gegen diese Pflichten, insbesondere bei vorsätzlich falschen Angaben oder unterlassener Mitwirkung, können Leistungskürzungen erfolgen (§ 1a AsylbLG). Zudem können zu Unrecht bezogene Leistungen im Wege des Rückforderungsverfahrens von der zuständigen Behörde zurückgefordert werden (§ 9 AsylbLG).