Begriff und Bedeutung von Asyl
Asyl bezeichnet im rechtlichen Kontext den Schutz, den Staaten Personen gewähren, die in ihrem Herkunftsland aus politischen, religiösen oder anderen, in internationalen oder nationalen Rechtsvorschriften geregelten Gründen verfolgt werden oder Gefahr laufen, erheblichen Schaden zu erleiden. Das Asylrecht zählt zu den fundamentalen Menschenrechten und ist durch verschiedene völkerrechtliche, supranationale sowie nationale Normen geregelt.
Historische Entwicklung des Asylrechts
Die Gewährung von Asyl hat eine lange historische Tradition und ist bereits im antiken Griechenland und im römischen Recht nachweisbar. Im modernen Staatswesen wurde das Asylrecht maßgeblich durch die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951, das Protokoll von 1967 sowie zentrale Menschenrechtsabkommen geprägt. Die Entwicklung wurde durch einschneidende historische Ereignisse wie Fluchtbewegungen nach Kriegen oder in Folge politischer Umstürze geprägt.
Internationales Asylrecht
Genfer Flüchtlingskonvention und Protokoll von 1967
Die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) von 1951 stellt das grundlegende internationale Regelwerk zum Flüchtlingsschutz dar. Sie definiert, wer als Flüchtling gilt, und legt grundlegende Rechte sowie Pflichten fest. Nach der Konvention ist ein Flüchtling eine Person, die sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung außerhalb ihres Herkunftslandes befindet und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder will.
Das Protokoll von 1967 hob die ursprünglich auf Europa und einen bestimmten Zeitraum (vor 1951) beschränkte Anwendung der Konvention auf, sodass sie nun weltweit gilt.
Prinzip des Non-Refoulement
Zentral ist das sogenannte Non-Refoulement-Prinzip (Art. 33 GFK), das Rückführungen in Staaten verbietet, in denen dem Flüchtling Verfolgung droht. Dieser Grundsatz ist völkerrechtlich zwingend und wird durch internationale Menschenrechtsverträge, wie die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), ergänzt.
Europarechtliche Regelungen zu Asyl
Gemeinsames Europäisches Asylsystem
In der Europäischen Union regelt das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) die Standards für den Zugang zu Schutz, für Asylverfahren und den Status von Schutzsuchenden. Zu den zentralen Rechtsakten zählen:
- Die Qualifikationsrichtlinie (2011/95/EU), die die Anerkennung als international Schutzberechtigter und die damit verbundenen Rechte und Pflichten harmonisiert,
- Die Asylverfahrensrichtlinie (2013/32/EU), die Mindeststandards für Asylverfahren setzt,
- Die Aufnahmerichtlinie (2013/33/EU), welche die Bedingungen für den Aufenthalt von Asylbewerbenden regelt,
- Die Dublin-III-Verordnung (604/2013), die bestimmt, welcher Mitgliedstaat für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist.
Unterschiedliche Schutzformen: Asyl, Flüchtlingsschutz und subsidiärer Schutz
Das europäische Recht unterscheidet zwischen Flüchtlingsstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention, subsidiärem Schutz bei ernsthafter Bedrohung etwa durch bewaffnete Konflikte sowie nationalen Schutzformen. Diese differenzierte Rechtslage ist in den nationalen Asylgesetzen umgesetzt.
Deutsches Asylrecht
Verfassungsrechtliche Verankerung
Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland garantiert in Art. 16a Abs. 1 ein Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte. Dieses Individualrecht wird allerdings durch zahlreiche Einschränkungen, insbesondere durch das Konzept des sicheren Drittstaates und des sicheren Herkunftsstaates (Art. 16a Abs. 2 und 3 GG), konkretisiert.
Einfachgesetzliche Ausgestaltung
Das Asylgesetz (AsylG) und das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) regeln das Verfahren zur Anerkennung als Asylberechtigter oder Flüchtling sowie die Rechte und Pflichten während des Asylverfahrens. Sie stellen das nationale Umsetzungsinstrument der europäischen und internationalen Rechtsvorschriften dar.
Voraussetzungen für die Anerkennung
Im deutschen Recht werden folgende Schutzformen unterschieden:
- Asylberechtigung (im Sinne des Art. 16a GG): Schutz vor politischer Verfolgung durch staatliche Akteure.
- Flüchtlingsschutz (§ 3 AsylG): Umsetzung der Kriterien der Genfer Flüchtlingskonvention.
- Subsidiärer Schutz (§ 4 AsylG): Schutz vor ernsthaftem Schaden (z. B. Folter, Todesstrafe, Kriegsgefahr).
- Nationales Abschiebungsverbot (§ 60 Abs. 5 und 7 AufenthG): Bei Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit.
Asylverfahren
Das Verfahren zur Gewährung von Asyl ist in mehreren Stufen aufgebaut:
- Antragstellung: Asylsuchende stellen einen Antrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF).
- Prüfung der Zuständigkeit: Im Rahmen der Dublin-III-Verordnung wird geprüft, ob Deutschland für die Prüfung des Antrags zuständig ist.
- Sachliche Prüfung: Besteht die Zuständigkeit, werden die Gründe für die Flucht und die persönlichen Umstände geprüft.
- Entscheidung: Das BAMF entscheidet über Anerkennung, subsidiären Schutz oder Ablehnung.
- Rechtsmittelverfahren: Im Falle einer Ablehnung besteht die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung.
Rechtsfolgen der Anerkennung
Die Anerkennung als Schutzberechtigter begründet unterschiedliche Aufenthaltstitel, Zugang zu Integrationsmaßnahmen und Arbeitsmarkt sowie Möglichkeiten des Familiennachzugs. Ebenso wirkt die Anerkennung auf Abschiebungsverbote.
Vergleich mit anderen Schutzformen
Asyl versus internationales Schutzrecht
Während das individuelle Grundrecht auf Asyl nationale Besonderheiten berücksichtigt, erstreckt sich der internationale Flüchtlingsschutz auch auf Bedrohungen durch nicht-staatliche Akteure und ist durch völker- und europarechtliche Regelungen determiniert. Darüber hinaus bieten manche Staaten humanitäre Aufenthaltserlaubnisse für Härtefälle außerhalb des regulären Asylrechts.
Abschiebeschutz und Duldung
Wird ein Asylgesuch abgelehnt, können Abschiebungsverbote greifen. Teilweise führt dies zu einer Duldung (§ 60a AufenthG), einem befristeten Aufenthaltstitel ohne eröffnete Aufenthaltsperspektive im Sinne eines Schutzstatus.
Ende des Asylstatus (Widerruf, Rücknahme und Erlöschen)
Ein gewährter Schutzstatus kann widerrufen oder zurückgenommen werden, wenn die maßgeblichen Bedingungen entfallen, z. B. bei Wegfall der Fluchtgründe, schwerwiegenden Straftaten oder Täuschung. Zuständigkeit und Verfahren sind gesetzlich geregelt (u. a. § 73 AsylG).
Internationale Herausforderungen und aktuelle Entwicklungen
Die nationale sowie internationale Asylpolitik ist Gegenstand intensiver rechtlicher und politischer Debatten, insbesondere vor dem Hintergrund gestiegener Migrationsbewegungen. Zentrale Herausforderungen sind die Bearbeitung hoher Antragszahlen, der faire Zugang zu Schutzverfahren sowie die Gewährleistung menschenrechtlicher Standards.
Quellen (Auswahl):
- Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951 und das Protokoll von 1967
- Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Art. 16a GG)
- Asylgesetz (AsylG); Aufenthaltsgesetz (AufenthG)
- Richtlinien und Verordnungen der Europäischen Union (Dublin III, Qualifikationsrichtlinie, Asylverfahrensrichtlinie, Aufnahmerichtlinie)
Hinweis: Der Artikel bildet den Stand geltender Rechtslage ab und stellt keine Rechtsberatung dar.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um in Deutschland Asyl zu erhalten?
Um in Deutschland Asyl zu erhalten, müssen Antragsteller die gesetzlichen Voraussetzungen des Asylrechts nach dem Grundgesetz (Art. 16a GG) und des Asylgesetzes (AsylG) erfüllen. Zunächst ist erforderlich, dass die Person eine individuelle Verfolgung im Herkunftsstaat glaubhaft macht. Es muss dargelegt werden, dass eine Verfolgung aus politischen, religiösen, ethnischen oder bestimmten sozialen Gründen droht. Die Verfolgung muss staatlich oder dem Staat zurechenbar sein und das gesamte Staatsgebiet betreffen. Weiterhin darf der Antragsteller keinen sicheren Drittstaat durchquert haben, da nach dem sogenannten Drittstaatenprinzip das Recht auf Asyl in Deutschland erlischt, wenn die Einreise über einen sicheren Drittstaat erfolgt. Neben dem eigentlichen Asylgrund nach Art. 16a GG kann auch internationaler Schutz nach §§ 3, 4 AsylG (Flüchtlingsschutz nach Genfer Flüchtlingskonvention und subsidiärer Schutz) gewährt werden, wenn die Gefahr schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen, z.B. Folter oder Todesstrafe, droht.
Welche rechtlichen Folgen hat die Anerkennung als Asylberechtigter oder Flüchtling?
Die Anerkennung als Asylberechtigter oder Flüchtling hat tatsächlich weitreichende rechtliche Folgen. Mit der Anerkennung erhält die Person zunächst eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 1 oder Abs. 2 AufenthG, die in der Regel auf drei Jahre befristet ist. Diese Aufenthaltserlaubnis berechtigt zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit sowie zum Bezug von Sozialleistungen nach SGB II oder SGB XII, sofern keine ausreichenden eigenen Mittel vorhanden sind. Gleichzeitig erfolgt eine weitgehende Gleichstellung mit deutschen Staatsangehörigen hinsichtlich vieler Rechte, z.B. im Sozialrecht und bei der Teilnahme am Integrationskurs. Nach Ablauf von drei Jahren kann unter weiteren Voraussetzungen die Niederlassungserlaubnis beantragt werden. Zudem besteht ein Familiennachzugsrecht nach §§ 29 ff. AufenthG für bestimmte Angehörige. Auch die Verpflichtung, in einer bestimmten Kommune zu wohnen („Wohnsitzauflage“) kann für anerkannte Flüchtlinge im Gegensatz zu Geduldeten entfallen.
Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es bei Ablehnung des Asylantrags?
Wird ein Asylantrag durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) abgelehnt, stehen dem Antragsteller verschiedene rechtliche Möglichkeiten offen. Binnen zwei Wochen nach Zustellung des negativen Bescheides kann Klage beim Verwaltungsgericht eingelegt werden (§ 74 Abs. 1 AsylG). Die Klage entfaltet in der Regel aufschiebende Wirkung, es sei denn, der Antrag wurde als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt, dann muss zusätzlich binnen einer Woche ein Eilantrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gestellt werden. Die Gerichte überprüfen sodann umfassend die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen des Asylschutzes. Solange über die Klage nicht entschieden ist, darf in den meisten Fällen eine Abschiebung nicht erfolgen. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, einen Folgeantrag zu stellen, wenn neue Beweismittel oder veränderte Umstände geltend gemacht werden können (§ 71 AsylG).
Wie wird der Verlauf eines Asylverfahrens rechtlich geregelt?
Der Ablauf eines Asylverfahrens ist im Asylgesetz (AsylG) detailliert geregelt. Nach Einreise und Stellung eines Asylantrags erfolgen Registrierung und Erstaufnahme. Das BAMF ist für die Prüfung des Antrags zuständig. Zunächst wird in einer Anhörung die individuelle Fluchtgeschichte aufgenommen (§ 25 AsylG). Die Entscheidung über Gewährung oder Ablehnung eines Schutzstatus ergeht dann in einem schriftlichen Bescheid mit ausführlicher Begründung. Die Antragsteller sind während des Verfahrens grundsätzlich verpflichtet, in einer zugewiesenen Unterkunft zu wohnen (§ 47 AsylG) und dürfen den Bezirk nur mit Erlaubnis verlassen. Während des Verfahrens besteht das Recht auf staatliche Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Am Ende des Verfahrens steht die Entscheidung des BAMF, gegen die ein gerichtliches Verfahren möglich ist.
Welchen rechtlichen Schutz vor Abschiebung gibt es während und nach dem Asylverfahren?
Während des laufenden Asylverfahrens besteht kraft Gesetzes ein Abschiebungsverbot (§ 60a AufenthG und § 60 Abs. 7 AufenthG), außer bei eindeutigen Straftaten oder Sicherheitsrisiken. Wird das Asylverfahren negativ beschieden, prüft das BAMF von Amts wegen, ob nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen. Diese können sich insbesondere aus ernsthafter Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Herkunftsstaat ergeben, z.B. bei konkreter individueller Bedrohung oder bei medizinischen Abschiebehindernissen. Wird ein Abschiebungsverbot anerkannt, erhält die betroffene Person eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG. Ansonsten droht bei vollziehbarer Ablehnung die Ausreiseverpflichtung und im Falle der Nichtbefolgung die zwangsweise Abschiebung. In besonderen humanitären Situationen kann die Aussetzung der Abschiebung („Duldung“ nach § 60a AufenthG) erteilt werden.
Welche Rechte und Pflichten haben Asylbewerber während des Asylverfahrens?
Asylbewerber besitzen während des laufenden Verfahrens gewisse Rechte und Pflichten. Dazu gehören das Recht auf Unterkunft in einer Erstaufnahmeeinrichtung, der Bezug von Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) sowie medizinische Basisversorgung. Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist während der ersten neun Monate nach Antragsstellung grundsätzlich versagt, danach kann mit Zustimmung der Ausländerbehörde eine Beschäftigung aufgenommen werden. Pflicht ist insbesondere die Mitwirkung am Verfahren, z.B. persönliche Vorsprache, wahrheitsgemäße Angaben und Vorlage von Beweismitteln. Aufenthaltsverbote, Residenzpflicht und Meldepflichten sind einzuhalten. Bei Verstößen gegen Mitwirkungspflichten oder Rechtsverstöße können Leistungskürzungen oder die Einstellung des Verfahrens drohen.
Wie unterscheidet sich der rechtliche Status eines subsidiär Schutzberechtigten vom Asylberechtigten?
Subsidiär Schutzberechtigte (§ 4 AsylG, § 25 Abs. 2 Satz 1 2. Alt AufenthG) genießen einen unter dem Flüchtlingsschutz angesiedelten, aber eigenständigen internationalen Schutz. Dieser wird gewährt, wenn ernsthafter Schaden im Herkunftsland droht – etwa Tod, Folter oder unmenschliche Behandlung – aber die Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft nicht vorliegen. Der rechtliche Status beinhaltet eine Aufenthaltserlaubnis von zunächst einem Jahr, die unter bestimmten Voraussetzungen verlängert wird. Unterschiede bestehen vor allem beim Familiennachzug, der zu subsidiär Schutzberechtigten nur eingeschränkt und aus humanitären Gründen möglich ist (§ 36a AufenthG), sowie beim Zugang zu Integrationsleistungen. Die sozialrechtliche Gleichstellung mit anerkannten Flüchtlingen besteht teilweise, jedoch können Einschränkungen bezüglich dauerhafter Aufenthaltserlaubnis und Rückführung angeordnet werden, sollte sich die Lage im Herkunftsland bessern.