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Asset backed securities


Definition und Grundstruktur von Asset Backed Securities

Asset Backed Securities (ABS) sind forderungsbesicherte Wertpapiere, die Forderungen oder Zahlungsansprüche bündeln und als handelbare Wertpapiere emittieren. Grundlage von ABS ist die Verbriefung von Zahlungsströmen, die aus einer Vielzahl von Forderungen bestehen, wie beispielsweise aus Krediten, Leasingforderungen, Hypotheken oder sonstigen Vermögenswerten. Das Ziel von ABS liegt in der Liquiditätsbeschaffung und dem Risikotransfer von originären Forderungsinhabern auf Investoren.

Rechtliche Grundlagen von Asset Backed Securities

Rechtliche Einordnung

Asset Backed Securities zählen zu den sogenannten strukturierten Finanzprodukten, die am Kapitalmarkt gehandelt werden. Zivilrechtlich handelt es sich bei ABS um Schuldverschreibungen, die nach den Vorgaben des jeweiligen nationalen und europäischen Rechts reguliert werden. In Deutschland werden ABS insbesondere nach Maßgabe des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), des Handelsgesetzbuchs (HGB), des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) und der EU-Verordnungen zur Verbriefung reguliert.

Deutsches Recht

Übertragung von Forderungen

Die Übertragung von Forderungen an eine Zweckgesellschaft (Special Purpose Vehicle, SPV) erfolgt in der Regel durch Abtretung gemäß §§ 398 ff. BGB. Die Forderungsabtretung setzt voraus, dass die Forderungen eindeutig bestimmbar sind und keine abtretungshemmenden Vereinbarungen bestehen. Die Zweckgesellschaft erwirbt damit die wirtschaftlichen Rechte an den Forderungen, während das originierende Unternehmen (Originator) von bilanziellen und administrativen Pflichten entlastet wird.

Besonderheiten bei Verbraucherkrediten

ABS-Transaktionen, deren Basis Verbraucherkredite sind, unterliegen zusätzlichen gesetzlichen Anforderungen aus dem Verbraucherschutzrecht, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften (u.a. DSGVO), angemessene Kommunikation an den Schuldner und Transparenzpflichten.

Europäische Regulierung

Verbriefungsverordnung (Verordnung (EU) 2017/2402)

Die Verbriefungsverordnung normiert einheitliche Rahmenbedingungen für die Verbriefung von Forderungen in Europa. Sie bezweckt eine stabile und transparente Entwicklung des europäischen Verbriefungsmarktes und legt Anforderungen etwa an Transparenz, Risikobeteiligung (sog. „Skin-in-the-Game“-Prinzip), Due-Diligence-Prüfung und Sorgfaltspflichten aller an einer Verbriefung Beteiligten fest.

Kapitaladäquanz und Meldepflichten

Im Zusammenhang mit der Verbriefung von Forderungen sind Banken und Versicherungen insbesondere nach den Vorgaben der Eigenkapitalrichtlinie (CRR) verpflichtet, für ABS-Positionen ausreichend Eigenkapital zu unterlegen. Zudem bestehen verschiedene Melde- und Offenlegungspflichten gegenüber nationalen Aufsichtsbehörden und der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA).

Strukturierung und Beteiligte bei Asset Backed Securities

Zweckgesellschaft (Special Purpose Vehicle, SPV)

Das SPV ist eine rechtlich eigenständige Gesellschaft, meist in Form einer GmbH oder einer vergleichbaren Rechtsform, die ausschließlich zum Zwecke der ABS-Emission errichtet wird. Die Zweckgesellschaft hält die Forderungen, emittiert die ABS und verteilt die eingehenden Zahlungen aus den Forderungen an die ABS-Investoren.

Originator

Der Originator ist das Unternehmen, das die ursprünglichen Forderungen begründet hat (z.B. eine Bank, die Kredite an Kunden vergeben hat). Im Zuge der Verbriefung werden die Forderungen an das SPV veräußert.

Investoren

Die Investoren erwerben ABS am Kapitalmarkt und erhalten im Austausch zu ihrer Investition Zahlungen aus den erzielten Erlösen aus den verbrieften Forderungen. Ihre Rechte und Pflichten ergeben sich aus den Emissionsbedingungen und sind durch den Wertpapierprospekt definiert.

Typische Rechtsfragen und Risiken bei Asset Backed Securities

Insolvenzrechtliche Aspekte

Ein zentraler Aspekt ist die Insolvenzsicherheit der übertragenen Forderungen. Die rechtliche Konstruktion muss sicherstellen, dass bei Insolvenz des Originators die Forderungen nicht zur Insolvenzmasse gehören („True Sale“). Um dies zu gewährleisten, sind klare rechtliche Übertragungsakte sowie die Gestaltung des SPV als von den Haftungsverhältnissen des Originators unabhängigen Rechtsträger erforderlich.

Steuerrechtliche Behandlung

Die ABS-Transaktionen unterliegen verschiedenen steuerlichen Vorschriften, insbesondere der Ertragsbesteuerung auf Ebene des SPV sowie der Umsatzsteuerpflicht bei der Übertragung der Forderungen. Hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung ist die Forderungsabtretung in der Regel umsatzsteuerneutral, kann aber je nach Ausgestaltung Besonderheiten aufweisen.

Prospektrechtliche Anforderungen

ABS-Emissionen unterliegen den Vorschriften des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) sowie den EU-Vorschriften für Wertpapierprospekte. Der Prospekt muss detaillierte Informationen über die Struktur der ABS, die Zusammensetzung des Forderungspools, die Risiken sowie die Rechte und Pflichten der Investoren enthalten. Verstöße gegen Prospektpflichten können zu Schadensersatzansprüchen führen.

Asset Backed Securities im internationalen Kontext

Rechtsvergleichende Aspekte

ABS finden international Anwendung, unterliegen aber jeweils den nationalen oder regionalen Rechtsrahmen (z.B. US-Securities Act, britische Companies Acts oder französische Code monétaire et financier). Im internationalen Kontext ist darauf zu achten, dass die Forderungstransfers nach ausländischem Recht gültig sind und die Struktur der ABS mit dem jeweiligen Kollisionsrecht in Einklang steht.

Rechtliche Herausforderungen bei grenzüberschreitenden Transaktionen

Bei Cross-border-ABS-Transaktionen können unterschiedliche Rechtsordnungen hinsichtlich Forderungsübertragung, Durchsetzbarkeit von Investorenrechten und Insolvenzschutz zur Anwendung kommen. Die internationale Praxis verlangt deshalb sorgfältige Rechtswahlklauseln und, wo möglich, Sicherheitenbestellung nach international anerkannten Standards.

Fazit

Asset Backed Securities sind ein bedeutendes Instrument der Finanzmärkte, das erhebliche rechtliche Anforderungen an die Strukturierung, Dokumentation und Umsetzung stellt. Die Akteure müssen eine Vielzahl nationaler und europäischer Vorschriften beachten, um eine rechtssichere Umsetzung und den Schutz aller Beteiligten zu gewährleisten. Die sorgfältige Gestaltung der Übertragungsmechanismen, die Einhaltung aufsichtsrechtlicher Anforderungen sowie die Beachtung der steuerlichen und prospektrechtlichen Pflichten sind essenziell für eine erfolgreiche Durchführung einer ABS-Transaktion.

Häufig gestellte Fragen

Wie erfolgt die rechtliche Strukturierung einer Asset Backed Security (ABS) Transaktion?

Die rechtliche Strukturierung einer ABS-Transaktion basiert in der Regel auf dem Grundprinzip der „True Sale“-Struktur. Hierbei verkauft ein Originator (z.B. eine Bank oder ein Unternehmen) ein Portfolio von Vermögenswerten (wie Forderungen, Hypotheken oder Leasingverträge) rechtlich und wirtschaftlich an eine speziell gegründete Zweckgesellschaft (Special Purpose Vehicle, SPV). Diese Übertragung muss rechtlich so gestaltet sein, dass die Vermögenswerte aus dem Haftungsverband des Originators herausgelöst werden und beim SPV insolvenzfest sind. Elemente wie eine rechtsgültige Abtretung (cession) der Forderungen, vertragliche Garantien und die klare Dokumentation der Transaktion sind hierbei zentral. Juristische Prüfungen („Legal Opinions“) zum Bestand und der Durchsetzbarkeit der übertragenen Rechte sind üblich. Weiterhin muss die Struktur den geltenden aufsichtsrechtlichen Vorgaben (wie z.B. CRR/CRD IV in der EU) und etwaigen nationalen Gesetzen zur Verbriefung entsprechen.

Welche gesetzlichen Anforderungen gelten für die Offenlegung und Transparenz bei ABS-Emissionen?

Im deutschen und europäischen Recht, insbesondere gemäß der europäischen Verbriefungsverordnung (Verordnung (EU) 2017/2402), gelten umfassende Offenlegungs- und Transparenzpflichten für ABS-Emissionen. Diese verlangen von Initiatoren und Sponsoren, detaillierte Informationen über die einzelnen zugrunde liegenden Vermögenswerte, die Struktur der Transaktion, die Risiken und die angewendeten Bewertungs- und Auswahlmethoden offenzulegen. Hierzu gehört die Erstellung von Berichten zur Performance und Zahlungshistorie der Aktiva, die Einhaltung einheitlicher Berichtsvorgaben (Templates) sowie die kontinuierliche Aktualisierung dieser Informationen. Insbesondere institutionelle Anleger müssen Zugang zu ausreichenden Informationen erhalten, um eine fundierte Risikoanalyse durchführen zu können („Due Diligence“-Pflicht).

Was sind die wesentlichen rechtlichen Risiken bei ABS-Transaktionen?

Zu den Hauptgefahren im rechtlichen Kontext zählen das Risiko eines fehlerhaften oder unwirksamen True Sale (sogenanntes Rückgriff- oder Rückforderungsrisiko), das Klagerisiko von Investoren bei mangelhafter Aufklärung (Prospekthaftung), ein mögliches Risiko der Anfechtung der Forderungsabtretung im Falle der Insolvenz des Originators sowie etwaige regulatorische Risiken, die sich aus Änderungen der relevanten aufsichtsrechtlichen Bestimmungen ergeben. Zusätzlich können sich Risiken aus Datenschutz- und Verbraucherschutzregelungen ergeben, etwa wenn personenbezogene Daten im Rahmen der Forderungsübertragung betroffen sind.

Wer unterliegt den regulatorischen Anforderungen, insbesondere der Verbriefungsverordnung?

Primär unterliegen die Originatoren, Sponsoren und Emittenten der Verbriefungstransaktion den Vorgaben der Verbriefungsverordnung (insbesondere im Geltungsbereich der EU). Sie tragen die Verantwortung für die Einhaltung der Transparenz- und Offenlegungspflichten, die Einhaltung von Vorgaben zur Risikobehaftung (Retention), zur Kreditwürdigkeitsprüfung sowie für die Wahrung struktureller Anforderungen (beispielsweise zur Tranchierung oder zum Ausfallmanagement). Auch Institutionen, die als Investoren in ABS-Anlagen agieren (wie Banken, Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds), müssen bestimmte regulatory Due-Diligence-Anforderungen erfüllen und dies entsprechend dokumentieren.

Welche Besonderheiten bestehen im Insolvenzfall des Originators?

Im Falle der Insolvenz des Originators ist die zentrale rechtliche Frage, ob die übertragenen Vermögenswerte wirksam und endgültig („insolvenzfest“) auf das SPV übergegangen sind. Ist dies nicht gewährleistet, kann der Insolvenzverwalter unter bestimmten Umständen versuchen, die Übertragung im Wege der Insolvenzanfechtung rückgängig zu machen oder Ansprüche gegen die Zahlung an das SPV geltend zu machen. Die Absicherung der Insolvenzfestigkeit erfolgt daher meist durch detaillierte Prüfungen der Verbriefungsdokumentation und der Due-Diligence-Prüfung sowie durch die Auswahl der geeigneten Rechtsordnung für die Transaktion.

Wie werden Anleger durch rechtliche Rahmenbedingungen geschützt?

Der Schutz der Anleger wird insbesondere durch Vorschriften zu Prospektpflichten, Offenlegung, Risikostreuung, Requirements an Servicer und Treuhänder sowie durch Vorgaben zur Risikominderung gewährleistet. Neben den detaillierten Transparenzvorgaben regeln die Gesetze zumeist auch Mindestanforderungen an die Qualität der Asset Pools und erkennen Interessenkonflikte, wie zum Beispiel zwischen Servicer und Investoren, an. Darüber hinaus bestehen im deutschen Recht besondere Anforderungen an die Strukturierung und den Vertrieb von ABS (z.B. §§ 793 ff. BGB für Schuldverschreibungen, WpPG für Wertpapierprospekte).

Was ist unter der „Retention Requirement“ im rechtlichen Kontext zu verstehen?

Die sogenannte „Retention Requirement“, im Deutschen „Risikobeteiligung“, verpflichtet den Originator, Sponsor oder eine andere relevante Partei der ABS-Struktur, einen bestimmten Mindestanteil (meist 5%) des strukturierten Risikoexposures dauerhaft zu behalten. Ziel dieser EU-weiten Vorschrift ist es, ein Gleichlaufen der Interessen zwischen Investoren und Emittenten sicherzustellen und eine sorgsame Kreditvergabe zu gewährleisten. Die rechtliche Ausgestaltung ist in Artikel 6 und Anhang VIII der Verbriefungsverordnung konkretisiert. Die Nichterfüllung der Retention Requirement kann zum Entfall der Privilegierung und zur Haftung führen.

Wie wird das Recht auf die zugrunde liegenden Forderungen übertragen und rechtlich gesichert?

Die Übertragung erfolgt zivilrechtlich meist durch Abtretung nach § 398 BGB (bei deutschen Forderungen). Notwendig ist eine individualisierte, schriftliche Abtretungsanzeige an den Servicer und weitere Vertragsparteien. Um Ansprüche Dritter und Rückgriffsrechte auszuschließen, werden häufig Treuhandstrukturen und strikte Vereinbarungen über den Forderungserwerb (inklusive Sicherungsabtretung und Sperrkonten) genutzt. Rechtswahlklauseln und die Absicherung etwaiger ausländischer Forderungen nach „lex loci solutionis“ sind in grenzüberschreitenden Fällen ebenfalls zu beachten.