Begriff und Grundlagen: Arbitration (Schiedsverfahren)
Unter dem Begriff „Arbitration“ (deutsch: Schiedsverfahren) versteht man ein Verfahren zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten durch eine oder mehrere unabhängige Personen, sogenannte Schiedsrichter oder ein Schiedsgericht. Arbitration ist besonders im internationalen und nationalen Wirtschaftsrecht sowie im Zivilrecht von großer Bedeutung. Ziel der Arbitration ist die verbindliche, endgültige und private Klärung eines Streits, wobei das vom Schiedsgericht erlassene Urteil, der sogenannte Schiedsspruch, mit staatlichen Gerichtsurteilen vergleichbar ist.
Merkmale und Vorteile der Arbitration
Privatautonomie der Parteien
Die Parteien eines Arbitrationsverfahrens haben weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der Verfahrensregeln, der Auswahl des/der Schiedsrichter(s), des Tagungsortes sowie der maßgeblichen Sprache und des anwendbaren Rechts. Durch diese Privatautonomie bietet Arbitration eine hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an die individuellen Bedürfnisse der Beteiligten.
Vertraulichkeit
Im Gegensatz zu staatlichen Gerichtsverfahren verläuft die Arbitration in der Regel vertraulich. Dies schützt Geschäftsgeheimnisse und sensible Informationen vor der Öffentlichkeit und dem Wettbewerb. Viele Schiedsordnungen sehen explizite Vertraulichkeitsregelungen vor.
Internationale Durchsetzbarkeit
Ein zentrales Merkmal der Arbitration ist die häufig erleichterte Durchsetzbarkeit von Schiedssprüchen, insbesondere im internationalen Kontext. Hierzu trägt maßgeblich das „Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche“ (New York Convention, 1958) bei, das in über 170 Staaten gilt und die grenzüberschreitende Vollstreckung von Schiedssprüchen erleichtert.
Rechtliche Grundlagen der Arbitration
Schiedsvereinbarung
Kernvoraussetzung für die Durchführung eines Schiedsverfahrens ist das Vorliegen einer wirksamen Schiedsvereinbarung. Diese kann sowohl als eigenständiger Vertrag als auch als Schiedsklausel im Hauptvertrag ausgestaltet sein. Die Schiedsvereinbarung legt fest, dass im Falle einer Streitigkeit ein Schiedsgericht anstelle eines staatlichen Gerichts zur Entscheidung berufen wird.
Die rechtlichen Voraussetzungen und die Form einer Schiedsvereinbarung richten sich nach nationalem und internationalem Recht. In Deutschland ist dies im zehnten Buch der Zivilprozessordnung (§§ 1025 ff. ZPO) geregelt. International sind insbesondere das UNCITRAL Model Law und das oben genannte New Yorker Übereinkommen von Bedeutung.
Zusammensetzung des Schiedsgerichts
Die Parteien können Anzahl und Auswahl der Schiedsrichter frei bestimmen. Üblich sind Einzelschiedsrichter oder ein Dreierschiedsgericht. Die genaue Bestellungsprozedur kann entweder in der Schiedsvereinbarung selbst geregelt werden oder durch Verweis auf institutionelle Schiedsordnungen (z. B. ICC, DIS, LCIA).
Kommt keine Einigung zustande, bestimmen in der Regel die Schiedsgerichte oder staatlichen Gerichte die Zusammensetzung.
Schiedsverfahren: Ablauf
Einleitung und Vorverfahren
Das Verfahren beginnt mit der Übermittlung einer Schiedsklage, gefolgt von der Benennung des Schiedsgerichts. Es folgen Festlegung der Verfahrenssprache, des anwendbaren Rechts und des Schiedsortes.
Hauptverfahren
Im Hauptverfahren werden Schriftsätze ausgetauscht, mögliche Güteversuche unternommen und – falls vorgesehen – eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Die Einbindung von Beweisverfahren, Zeugen und Sachverständigen richtet sich nach der vereinbarten Verfahrensordnung.
Schiedsspruch
Am Ende des Verfahrens ergeht ein Schiedsspruch, der das Verfahren rechtskräftig abschließt. Der Schiedsspruch ist – mit wenigen Ausnahmen – endgültig und bindend.
Anfechtung und Durchsetzung
Anfechtung des Schiedsspruchs
Die Möglichkeiten zur Anfechtung eines Schiedsspruchs sind nach internationalem und nationalem Recht stark begrenzt. Typische Anfechtungsgründe sind Verstöße gegen die öffentliche Ordnung (ordre public), fehlende Schiedsvereinbarung, Verfahrensverstöße oder Überschreitung der Schiedsrichterkompetenz. Über die Aufhebung entscheidet das jeweils zuständige staatliche Gericht am Schiedsort.
Vollstreckung des Schiedsspruchs
Ein Schiedsspruch kann grundsätzlich genauso vollstreckt werden wie ein staatliches Gerichtsurteil. Die internationale Anerkennung und Vollstreckung erfolgt insbesondere über das New Yorker Übereinkommen, das eine effektive Durchsetzbarkeit gewährleistet.
Institutionelle und ad-hoc Arbitration
Institutionelle Arbitration
Bei institutioneller Arbitration führen spezialisierte Schiedsinstitutionen (z. B. International Chamber of Commerce – ICC, Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit – DIS, London Court of International Arbitration – LCIA) das Verfahren nach ihren Schiedsordnungen durch. Sie stellen organisatorische Unterstützung und überwachen die Einhaltung der Regeln.
Ad-hoc Arbitration
Im Gegensatz dazu steht die Ad-hoc Arbitration, bei der die Parteien das Verfahren ohne Unterstützung einer Institution eigenständig organisieren. Grundlage sind häufig das UNCITRAL Arbitration Rules oder ähnliche Verfahrensregeln.
Anwendungsbereiche der Arbitration
Wirtschaft und Handel
Arbitration ist insbesondere in internationalen Geschäftsbeziehungen verbreitet. Sie wird beispielsweise bei grenzüberschreitenden Kaufverträgen, Joint Ventures, Lizenzvereinbarungen und Projekten im Energiesektor oder Bauwesen eingesetzt.
Investitionsschutz
Im internationalen Investitionsrecht gewährleistet die Arbitration – meist auf der Grundlage bilateraler oder multilateraler Investitionsschutzabkommen – den Schutz privater Auslandsinvestitionen vor staatlichen Eingriffen. Bedeutende Schiedsforen sind etwa die International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID).
Unterschiede zur Mediation und staatlichen Gerichtsverfahren
Arbitration unterscheidet sich maßgeblich von Mediation. Während die Mediation auf eine einvernehmliche Lösung abzielt, trifft das Schiedsgericht in der Arbitration eine bindende Entscheidung. Gegenüber staatlichen Gerichten bietet die Arbitration Vorteile in Bezug auf Flexibilität, Vertraulichkeit und Internationale Durchsetzbarkeit, kann allerdings mitunter mit höheren Verfahrenskosten und teilweise zeitintensiveren Abläufen verbunden sein.
Zusammenfassung
Arbitration bildet einen tragenden Pfeiler der außergerichtlichen Streitbeilegung, insbesondere im internationalen Wirtschaftsverkehr. Sie basiert auf der Privatautonomie der Parteien, zeichnet sich durch Flexibilität, Vertraulichkeit und die hohe internationale Effektivität aus und bietet Alternativen sowohl zu langwierigen staatlichen Prozessen als auch zu weniger verbindlichen außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren wie der Mediation. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind international harmonisiert und erlauben eine verlässliche Durchsetzung weltweit.
Siehe auch:
- UNCITRAL Model Law on International Commercial Arbitration
- Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. (DIS)
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für ein wirksames Schiedsverfahren (Arbitration) erfüllt sein?
Für die Wirksamkeit eines Schiedsverfahrens müssen verschiedene rechtliche Voraussetzungen erfüllt werden. Zunächst ist eine gültige Schiedsvereinbarung entscheidend, die entweder als eigenständiger Vertrag oder als Klausel im Hauptvertrag abgeschlossen wird. Die Vereinbarung muss von allen Parteien unterzeichnet sein und den Willen der Parteien zur Entscheidung durch ein Schiedsgericht klar festlegen. Nach den Anforderungen vieler nationaler Schiedsgesetze, etwa nach § 1029 ZPO in Deutschland oder nach dem UNCITRAL-Modellgesetz, ist die Schriftform geboten. Ferner sollte die Schiedsvereinbarung ausreichend bestimmt sein, also mindestens die Parteien und den Gegenstand des Streits nennen sowie das zuständige Schiedsgericht oder die Regeln der Institution, wie etwa ICC oder DIS, definieren. Schließlich darf der Streitgegenstand schiedsfähig sein, d.h., er muss einer privatrechtlichen Disposition zugänglich sein. Bestimmte Angelegenheiten, wie beispielsweise familien- oder erbrechtliche Fragen, sind regelmäßig von der Schiedsfähigkeit ausgenommen.
Welche Bedeutung hat die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schiedsrichter?
Die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schiedsrichter ist ein zentrales rechtliches Erfordernis zur Sicherstellung eines fairen Verfahrens. Schiedsrichter müssen frei von persönlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen zu den Parteien sein und dürfen kein eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens haben. Nach den einschlägigen Rechtsgrundlagen, etwa Art. 12 UNCITRAL Arbitration Rules oder § 1036 ZPO, sind Schiedsrichter verpflichtet, Umstände offenzulegen, die Zweifel an ihrer Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit begründen könnten. Parteien haben zudem das Recht, Schiedsrichter wegen berechtigter Zweifel abzulehnen. Verstöße gegen diese Pflichten können dazu führen, dass der Schiedsspruch angefochten und als nichtig erklärt wird.
In welchem Umfang sind staatliche Gerichte während eines Schiedsverfahrens eingebunden?
Die Rolle staatlicher Gerichte im Rahmen eines Schiedsverfahrens beschränkt sich im Regelfall auf unterstützende und kontrollierende Funktionen. Gerichte können, sofern im Schiedsvertrag keine anderslautende Regelung besteht, über Anträge auf Beweissicherung, einstweiligen Rechtsschutz oder die Bestellung von Schiedsrichtern im Falle von Streitigkeiten über die Besetzung des Schiedsgerichts entscheiden. Darüber hinaus obliegt ihnen die Kontrolle der formalen Voraussetzungen und insbesondere die Überprüfung sowie die Vollstreckbarerklärung (Exequatur) des Schiedsspruchs. Eine inhaltliche Nachprüfung der Entscheidung wird hingegen grundsätzlich ausgeschlossen, solange keine schwerwiegenden Verstöße, wie etwa gegen den ordre public, vorliegen.
Welche Anforderungen gelten an den Schiedsspruch für dessen Anerkennung und Vollstreckung?
Ein Schiedsspruch muss bestimmte rechtliche Anforderungen erfüllen, um anerkannt und vollstreckt zu werden. Der Schiedsspruch hat in schriftlicher Form zu erfolgen und sowohl von den Schiedsrichtern zu unterzeichnen als auch das Datum und den Ort des Verfahrens anzugeben (§ 1054 ZPO, Art. 31 UNCITRAL-Modellgesetz). Zudem sind die Entscheidungsgründe detailliert anzugeben, es sei denn, die Parteien haben ausdrücklich auf eine Begründung verzichtet. Der Schiedsspruch muss den Streitgegenstand klar erkennen lassen und darf keine rechts- oder sittenwidrigen Anordnungen enthalten. Für die internationale Vollstreckung ist insbesondere das New Yorker Übereinkommen von 1958 maßgeblich, das die Anerkennung unter bestimmten, klar umrissenen Ausnahmefällen zulässt (z.B. Fehler bei der Schiedsvereinbarung oder Verstoß gegen den ordre public).
Welche Anfechtungsgründe gegen einen Schiedsspruch sind rechtlich zulässig?
Ein Schiedsspruch kann nur aus wenigen, gesetzlich begrenzten Gründen angefochten werden. Für eine erfolgreiche Anfechtung, beispielsweise nach § 1059 ZPO oder Art. 34 UNCITRAL-Modellgesetz, muss einer der folgenden Gründe vorliegen: fehlende wirksame Schiedsvereinbarung, Verletzung des rechtlichen Gehörs einer Partei, Überschreitung des Schiedsrichtermandats oder Mängel im Verfahren, durch die die Rechtsstellung einer Partei wesentlich beeinträchtigt wurde. Zudem kann ein Schiedsspruch aufgehoben werden, wenn seine Vollstreckung mit dem ordre public unvereinbar wäre. Die Anfechtung erfolgt grundsätzlich vor den staatlichen Gerichten am Ort des Schiedsverfahrens.
Wie wird die Zuständigkeit des Schiedsgerichts rechtlich bestimmt?
Über die eigene Zuständigkeit entscheidet das Schiedsgericht selbstständig nach dem Grundsatz der Kompetenz-Kompetenz (§ 1040 Abs. 1 ZPO, Art. 16 UNCITRAL-Modellgesetz). Das Schiedsgericht prüft zunächst selbst, ob eine gültige Schiedsvereinbarung vorliegt und ob der Streitgegenstand unter deren Anwendungsbereich fällt. Eine ablehnende Entscheidung zur Zuständigkeit kann auf Antrag im Nachgang von staatlichen Gerichten überprüft werden. Diese Vorgehensweise garantiert die Effizienz des Verfahrens und schützt die Autonomie der Parteien.
Gibt es spezielle Formvorschriften oder Fristen für die Einleitung eines Schiedsverfahrens?
Zur Einleitung eines Schiedsverfahrens ist grundsätzlich die schriftliche Einreichung eines Antrags, häufig bezeichnet als „Request for Arbitration“, erforderlich. Die Form und der Inhalt des Antrags sowie gegebenenfalls einzuhaltende Fristen folgen den vereinbarten Schiedsregeln (z.B. ICC, DIS, SCC) sowie etwaigen gesetzlichen Vorschriften. Fristversäumnisse können dazu führen, dass der Anspruch als verwirkt gilt. In internationalen Streitigkeiten ist zudem regelmäßig zu prüfen, wie Verjährungsfristen auf das Schiedsverfahren Anwendung finden, da diese oft durch nationale Gesetze geregelt sind und mit Einleitung des Verfahrens gehemmt werden.