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Arbeitszimmer


Begriff und rechtliche Einordnung des Arbeitszimmers

Ein Arbeitszimmer ist im rechtlichen Kontext ein Raum innerhalb der häuslichen Sphäre, der nahezu ausschließlich zur Erledigung beruflicher oder betrieblicher Aufgaben genutzt wird. Die Definition des Arbeitszimmers ist insbesondere im Steuerrecht von Bedeutung, spielt darüber hinaus aber auch in anderen Rechtsgebieten eine Rolle.

Gesetzliche Grundlagen

Im deutschen Recht ist das Arbeitszimmer weder explizit gesetzlich definiert noch besteht ein einheitliches Begriffsverständnis. Die maßgebliche gesetzliche Regelung findet sich im Einkommensteuergesetz (EStG) sowie in den dazu ergangenen Verwaltungsanweisungen und der Rechtsprechung.

Einkommensteuerrechtliche Regelungen

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Einkommensteuergesetz (EStG) sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer und die Kosten der Ausstattung grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar. Davon gibt es zwei zentrale Ausnahmen:

  1. Kein anderer Arbeitsplatz: Ist für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sind Aufwendungen für das Arbeitszimmer bis zu einer Höchstgrenze von 1.250 Euro pro Jahr abziehbar.
  2. Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung: Befindet sich der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung im Arbeitszimmer, sind die Aufwendungen unbegrenzt abziehbar.

Diese Regelungen wurden durch die Rechtsprechung sowie Verwaltungsanweisungen konkretisiert und weiter ausgestaltet.

Merkmale und Abgrenzung des Arbeitszimmers

Räumliche Voraussetzungen

Ein Arbeitszimmer muss seiner Ausstattung und Funktion nach nahezu ausschließlich der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit dienen. Die Nutzung zu privaten Zwecken ist nur in sehr untergeordnetem Maße zulässig. Die Rechtsprechung fordert, dass der Raum nach seiner Lage, Funktion und Ausstattung eine zumindest ähnliche Struktur aufweist wie ein klassischer Arbeitsplatz.

Gesetzlich ist die häusliche Einbindung eines Arbeitszimmers zwingend – es muss sich typischerweise in der privaten Wohnung oder im dazugehörigen Gebäude befinden (z. B. Einliegerwohnung, ausgebauter Dachstuhl). Ein abgetrennter, ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzter Raum im selben Gebäude ist grundsätzlich als Arbeitszimmer anzuerkennen, sofern keine betriebliche Einbindung wie etwa bei einer Praxis oder Werkstatt vorliegt.

Funktionale Voraussetzungen

Das Arbeitszimmer muss einem klar abgegrenzten Arbeitszweck dienen, zum Beispiel für

  • Verwaltungsaufgaben,
  • Vor- und Nachbereitung betrieblicher Tätigkeiten,
  • geistige, schriftstellerische, administrative Tätigkeiten.

Eine Nutzung für andere Zwecke, etwa zur Lagerung oder für handwerkliche, künstlerische oder medizinische Tätigkeiten, konterkariert die Arbeitszimmereigenschaft. Hier greift die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach das Arbeitszimmer abzugrenzen ist von Räumen, die unmittelbar der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit dienen (z. B. Labor, Studio, Werkstatt).

Mittelpunkt der Tätigkeit

Der Begriff des Mittelpunkts der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung ist entscheidend für die steuerliche Anerkennung der gesamten Aufwendungen. Der Raum bildet den Mittelpunkt dann, wenn die prägenden Tätigkeiten überwiegend im Arbeitszimmer ausgeübt werden.

Steuerliche Behandlung des Arbeitszimmers

Abzugsfähigkeit der Aufwendungen

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer können – unter den oben genannten Voraussetzungen – als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend gemacht werden. Als Aufwendungen gelten insbesondere

  • anteilige Miete oder Abschreibungen bei Eigentum,
  • Betriebskosten (Heizung, Strom, Wasser),
  • Reinigungskosten,
  • AfA auf die Ausstattung (z. B. Möbel).

Nicht abziehbar sind Kosten für auch privat mitbenutzte Räume sowie Aufwendungen für den privaten Bereich (Wohnzimmer, Esszimmer etc.).

Nachweispflichten und Dokumentation

Steuerpflichtige müssen die ausschließliche oder nahezu ausschließliche Nutzung des Arbeitszimmers belegen. Dies beinhaltet regelmäßig Grundrisse, Fotos und eine Nutzungsaufschlüsselung. Auch der Umfang der Aufwendungen (z. B. Größe des Raums im Verhältnis zur Gesamtwohnfläche) ist nachzuweisen.

Sozialversicherungsrechtliche Aspekte

Ein Arbeitszimmer kann sozialversicherungsrechtlich für die Beurteilung der Tätigkeit eine Rolle spielen, insbesondere beim Nachweis der tatsächlichen Berufsausübung (Homeoffice, Telearbeit). Für Arbeitnehmer im Homeoffice kann der Nachweis eines eigenen Arbeitszimmers etwa im Rahmen von sog. alternierenden Telearbeitsmodellen relevant werden.

Arbeitsrechtliche Bezüge

Im Arbeitsrecht ist das Arbeitszimmer teilweise Gegenstand von betrieblichen Regelungen, etwa im Zusammenhang mit Homeoffice-Vereinbarungen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, für die Arbeitssicherheit im häuslichen Arbeitszimmer des Mitarbeiters Sorge zu tragen, insbesondere hinsichtlich Arbeitsmittel, Arbeitsschutz und Ergonomie.

Baurechtliche und mietrechtliche Aspekte

Genehmigungsrecht

Die Nutzung eines Raumes der eigenen Wohnung als Arbeitszimmer ist baurechtlich grundsätzlich genehmigungsfrei, solange der Wohncharakter der Immobilie erhalten bleibt und keine gewerblichen Leistungen an Dritte erbracht werden. Werden jedoch z. B. Kunden empfangen oder Mitarbeiter beschäftigt, können gewerberechtliche und baurechtliche Genehmigungen erforderlich werden.

Mietrechtliche Rahmenbedingungen

Mieter müssen regelmäßig die Genehmigung des Vermieters einholen, wenn sie ein Arbeitszimmer für nicht rein private Zwecke nutzen möchten, insbesondere wenn mit Publikumsverkehr oder einem erhöhten Lieferverkehr zu rechnen ist.

Rechtsprechung

Die Einzelheiten der Anerkennung und Abgrenzung des Arbeitszimmers sind Gegenstand ständiger Rechtsprechung, insbesondere im Steuerrecht. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat durch zahlreiche Urteile die Voraussetzungen und Grenzen präzisiert, etwa in Bezug auf die Zuordnung zur privaten Sphäre, die Nutzungsquoten und den Begriff des Mittelpunkts der Tätigkeit.

Zusammenfassung

Das Arbeitszimmer ist ein rechtlich vielschichtiger Begriff im deutschen Recht mit besonderer Relevanz im Einkommensteuerrecht, aber auch in weiteren Rechtsbereichen wie dem Arbeitsrecht, Sozialversicherungsrecht, Mietrecht und Baurecht. Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Aufwendungen ist an strenge Voraussetzungen geknüpft und wird durch zahlreiche Einzelfallentscheidungen geprägt. Die Anerkennung setzt eine nahezu ausschließliche Nutzung für berufliche Zwecke, die Einbindung in die häusliche Sphäre sowie die Erfüllung weiterer formaler und materieller Voraussetzungen voraus. Immobilienbesitzende wie Mieter sollten bei Einrichtung und Nutzung eines Arbeitszimmers stets die jeweiligen rechtlichen Rahmenbedingungen beachten.

Häufig gestellte Fragen

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein häusliches Arbeitszimmer steuerlich abgesetzt werden kann?

Ein häusliches Arbeitszimmer kann steuerlich grundsätzlich nur dann abgesetzt werden, wenn es sich um einen abgetrennten, ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich oder betrieblich genutzten Raum innerhalb der privaten Wohnung oder des Eigenheims handelt. Die steuerliche Berücksichtigung setzt außerdem voraus, dass für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG). Das Arbeitszimmer darf also nicht privat, etwa als Gästezimmer oder Hobbyraum, genutzt werden. Der Raum muss hinsichtlich Einrichtung, Lage und Funktion wie ein klassisches Büro gestaltet sein, wobei Arbeitsmittel und typische Büroausstattung vorhanden sein sollten. Die Finanzbehörden achten dabei streng auf die Einhaltung dieser Voraussetzungen. Sollte ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehen – zum Beispiel ein Büro beim Arbeitgeber -, kann das Arbeitszimmer in der Regel nicht angesetzt werden. Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet; nur dann sind die Aufwendungen vollständig abziehbar.

Welche Kosten können im Zusammenhang mit einem Arbeitszimmer geltend gemacht werden?

Im Rahmen des Arbeitszimmers können verschiedene Kostenarten steuerlich berücksichtigt werden. Dazu zählen anteilig die Miete (bei Mietwohnungen), Abschreibungen (bei Eigentum), Nebenkosten wie Strom, Wasser, Heizung, Müllabfuhr, Grundsteuer, Reinigungs- und Renovierungskosten sowie Versicherungsbeiträge (z. B. Gebäudeversicherung). Ebenfalls abziehbar sind Aufwendungen für die Ausstattung des Raumes, etwa Tapeten, Teppichboden, Lampen oder Gardinen, sofern diese ausschließlich im Arbeitszimmer genutzt werden. Nicht abzugsfähig sind Kosten für Einrichtungsgegenstände, die auch privat genutzt werden – zum Beispiel ein Sofa, das auch als Schlafgelegenheit dient. Die Kosten müssen grundsätzlich anteilig ermittelt werden, der Anteil wird typischerweise im Verhältnis der Flächen des Arbeitszimmers zur gesamten Wohnfläche ermittelt.

Gibt es eine Höchstgrenze für die absetzbaren Aufwendungen?

Ja, das deutsche Einkommensteuerrecht unterscheidet zwei Fallgruppen: Steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist der Abzug der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer auf maximal 1.250 Euro pro Jahr begrenzt (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 3 EStG). Liegt der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer, ist ein uneingeschränkter Abzug sämtlicher angemessener Aufwendungen möglich. Überschreiten die anteiligen Kosten den Höchstbetrag, wird lediglich der Höchstbetrag als Werbungskosten oder Betriebsausgaben anerkannt. Bei mehreren Einkunftsarten oder gemeinsamer Nutzung durch Ehepartner gelten Sonderregeln bezüglich der Höchstbetragsverteilung.

Wie prüft das Finanzamt die tatsächliche Nutzung des Arbeitszimmers?

Das Finanzamt prüft die Nutzung eines Arbeitszimmers durch genaue Unterlagen und oftmals auch durch eine Besichtigung vor Ort. Der Steuerpflichtige muss in der Lage sein, die berufliche oder betriebliche Nutzung lückenlos nachzuweisen. Dazu werden Pläne der Wohnung, Grundrisse, Fotos des Arbeitszimmers und Auflistungen der Tagesabläufe gefordert. Auch der Umfang und die Art der Nutzung müssen dokumentiert werden. Bei Zweifel an der nahezu ausschließlichen beruflichen Nutzung oder bei Vermischung mit privaten Zwecken kann der Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug ganz oder teilweise versagt werden.

Können Arbeitsmittel gesondert vom Arbeitszimmer abgesetzt werden?

Ja, Aufwendungen für typische Arbeitsmittel (z. B. Computer, Büromöbel, Drucker) können auch dann steuerlich geltend gemacht werden, wenn das Arbeitszimmer an sich nicht anerkannt wird. Die Kosten solcher Arbeitsmittel werden unabhängig von der Anerkennung des Arbeitszimmers als Werbungskosten (bei Arbeitnehmern) oder Betriebsausgaben (bei Selbstständigen) berücksichtigt. Soweit die Anschaffungskosten pro Gegenstand den gesetzlich definierten Grenzwert für geringwertige Wirtschaftsgüter übersteigen, müssen diese auf die gewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben werden (§ 7 EStG).

Welche Besonderheiten gelten bei mehreren Nutzern eines Arbeitszimmers, etwa Ehepartnern?

Wenn Ehepartner gemeinsam ein Arbeitszimmer nutzen, unterscheidet das Steuerrecht genau, wie die Kosten aufgeteilt werden. Grundsätzlich kann jeder Nutzer mit eigener Einkunftserzielung seine eigenen Aufwendungen im Verhältnis seiner Nutzung geltend machen. Der auf die einzelne Person entfallende Höchstbetrag von 1.250 Euro bleibt dabei bestehen; das heißt, jeder Ehepartner kann für sich Aufwendungen bis zu dieser Grenze steuerlich ansetzen, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind. Die gemeinsame Nutzung muss aber ebenfalls den dargestellten Anforderungen des Steuerrechts entsprechen (z. B. kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung).

Wie wird die Größe des Arbeitszimmers steuerlich berücksichtigt?

Für die steuerliche Berücksichtigung wird der Kostenanteil des Arbeitszimmers an den Gesamtkosten der Wohnung oder des Hauses nach der sogenannten Flächenmethode berechnet. Hierzu wird der Anteil der Quadratmeterzahl des Arbeitszimmers an der Gesamtwohnfläche ermittelt und entsprechend auf alle abzugsfähigen Kosten angewendet. Bei Unklarheiten oder gemischt genutzten Räumen erkennt das Finanzamt den Kostenabzug meist nicht oder nur anteilig an. Ein Durchgangszimmer oder Räume, die nur zum Teil als Arbeitszimmer genutzt werden, berechtigen üblicherweise nicht zum vollständigen Kostenabzug.

Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf das steuerliche Arbeitszimmer?

Im Zuge der Corona-Pandemie wurde ergänzend die sogenannte Homeoffice-Pauschale eingeführt, die unabhängig von einem separaten häuslichen Arbeitszimmer als Werbungskosten geltend gemacht werden kann. Diese Pauschale beträgt ab dem Veranlagungszeitraum 2023 bis zu 6 Euro pro Kalendertag, maximal 1.260 Euro pro Jahr, wenn die berufliche Tätigkeit ausschließlich im Homeoffice ausgeübt wurde. Die Voraussetzungen für den Abzug der tatsächlichen Arbeitszimmerkosten bleiben jedoch unverändert. Wer die strengeren Voraussetzungen für das Arbeitszimmer erfüllt, kann zwischen Arbeitszimmerkosten und Homeoffice-Pauschale wählen, jedoch nicht beide Vorteile für dieselben Tage gleichzeitig beanspruchen.