Begriff und Funktion des Arbeitszeugnisses
Ein Arbeitszeugnis ist eine schriftliche Bestätigung eines Arbeitgebers über Art, Dauer und – je nach Zeugnisart – Leistung und Verhalten einer beschäftigten Person während eines Arbeitsverhältnisses. Es dient als formalisierte Dokumentation des beruflichen Werdegangs und ist im Bewerbungsprozess von erheblicher Bedeutung, weil es Dritten eine verlässliche, standardisierte Einschätzung ermöglicht.
Zweck und Bedeutung
Das Arbeitszeugnis erfüllt mehrere Funktionen: Es informiert künftige Arbeitgeber über Tätigkeitsumfang und Qualifikationen, es dokumentiert die berufliche Entwicklung und es schafft Transparenz über das Verhalten im Arbeitsverhältnis. Zugleich schützt es die beschäftigte Person vor willkürlichen Nachteilen, indem die Darstellung wahr, klar und formal einwandfrei sein muss.
Arten des Arbeitszeugnisses
Einfaches Arbeitszeugnis
Das einfache Arbeitszeugnis enthält Angaben zu Person, Art und Dauer der Tätigkeit. Eine Leistungs- oder Verhaltensbewertung ist nicht Bestandteil. Es eignet sich vor allem als reine Tätigkeits- und Beschäftigungsbestätigung.
Qualifiziertes Arbeitszeugnis
Das qualifizierte Arbeitszeugnis umfasst zusätzlich eine Bewertung von Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis. Es beschreibt regelmäßig Aufgaben, Arbeitsweise, Fachkenntnisse, Erfolge, Belastbarkeit, Zuverlässigkeit, Teamverhalten und – soweit relevant – Führungsleistungen. Dieses Zeugnis ist im beruflichen Alltag die verbreitetste Form.
Ausbildungszeugnis
Nach Abschluss einer Berufsausbildung wird ein Zeugnis über Art, Dauer und Ziel der Ausbildung sowie erworbene Fertigkeiten und Kenntnisse erteilt. Enthalten sein kann auch eine Bewertung von Leistung und Verhalten während der Ausbildung.
Zwischenzeugnis
Ein Zwischenzeugnis wird während eines laufenden Arbeitsverhältnisses erteilt, wenn ein berechtigter Anlass vorliegt. Als Anlässe kommen insbesondere wesentliche Veränderungen in Betracht, etwa ein Vorgesetztenwechsel, ein interner Positionswechsel, eine anstehende längere Unterbrechung oder Bewerbungsabsichten.
Anspruch und Voraussetzungen
Anspruchsberechtigte
Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf ein Arbeitszeugnis für Personen, die in einem Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis tätig sind. Dazu gehören auch Teilzeitkräfte, geringfügig Beschäftigte, befristet Beschäftigte, Werkstudentinnen und Werkstudenten sowie leitende Angestellte. Praktikantinnen und Praktikanten erhalten in der Regel eine Bestätigung mit Tätigkeitsbeschreibung und – je nach Ausgestaltung – Beurteilung.
Zeitpunkt und Anlässe
- Endzeugnis: bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
- Zwischenzeugnis: bei berechtigtem Anlass während des laufenden Arbeitsverhältnisses.
Die Erteilung hat innerhalb angemessener Zeit zu erfolgen. Der Anspruch richtet sich auf ein ordnungsgemäßes, vollständiges und formal korrektes Dokument.
Ausschluss- und Verfallfristen
Der Anspruch kann innerbetrieblichen oder kollektiv vereinbarten Fristen unterliegen. Neben allgemeinen Verjährungsfristen sind vertragliche Verfallfristen möglich, die eine zeitnahe Geltendmachung verlangen. In der Praxis ist daher die zeitliche Komponente bedeutsam, insbesondere bei einer gewünschten Berichtigung.
Form und Aufbau
Formale Anforderungen
- Schriftform: in der Regel als unterschriebenes Original auf Papier.
- Unterschrift: eigenhändig durch eine zeichnungsberechtigte Person mit Angabe von Name und Funktion.
- Erscheinungsbild: ordentlich, fehlerfrei, ohne Flecken, Randbemerkungen oder auffällige Hervorhebungen.
- Datierung: üblicherweise auf den Zeitpunkt der Ausstellung.
- Elektronische Formate werden regelmäßig nicht als gleichwertig anerkannt.
Inhaltliche Mindestangaben
- Personalien der beschäftigten Person und des ausstellenden Unternehmens.
- Beschäftigungsdauer (Ein- und Austrittsdatum).
- Positions- und Tätigkeitsbeschreibung mit wesentlichen Aufgaben und Verantwortungen.
Leistungs- und Verhaltensbeurteilung (qualifiziertes Zeugnis)
Die Bewertung folgt in der Praxis einem anerkannten Spektrum von sehr gut bis unzureichend, meist in allgemein verständlichen Formulierungen. Üblich sind Aussagen zu Arbeitsqualität, Arbeitsmenge, Fachkenntnissen, Einsatzbereitschaft, Zuverlässigkeit, Teamfähigkeit, Kommunikation, ggf. Führungsleistung (Mitarbeiterführung, Delegation, Förderung) und besonderen Erfolgen oder Projekten. Die Beurteilung soll vollständig, ausgewogen und in sich stimmig sein.
Sprache und Stil
Die Sprache ist klar, sachlich und wertend nur im erforderlichen Maß. Unzulässig sind mehrdeutige Andeutungen oder versteckte Hinweise, die über den zulässigen Inhalt hinausgehen. Üblicherweise wird das Zeugnis in deutscher Sprache erteilt; eine fremdsprachige Fassung kann gesondert vereinbart werden.
Grenzen und Schutzrechte
Wahrheitspflicht und Wohlwollen
Das Zeugnis muss der Wahrheit entsprechen und zugleich dem beruflichen Fortkommen nicht ungerechtfertigt entgegenstehen. Negative Tatsachen dürfen nur aufgenommen werden, wenn sie arbeitsrelevant und hinreichend gesichert sind. Nicht aufnahmefähig sind Umstände aus dem Privat- oder Intimbereich.
Unzulässige oder heikle Inhalte
- Krankheiten, Schwangerschaft, Elternzeit, Behinderung oder Pflegezeiten werden grundsätzlich nicht erwähnt, soweit sie keinen prägenden arbeitsrelevanten Bezug mit dauerhafter Aussagekraft hatten.
- Mitgliedschaften, politische oder religiöse Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit und Betriebsratstätigkeit gehören nicht in das Zeugnis, es sei denn, eine neutrale Funktionsangabe ist ausnahmsweise erforderlich.
- Sanktions- oder Ermittlungsverfahren ohne gesicherte Tatsachengrundlage finden keinen Eingang.
- Der Beendigungsgrund wird nur neutral oder auf Wunsch genannt; wertende Formulierungen zur Beendigung sind unüblich.
Zeugnissprache und Codes
Die Verwendung geheimer Zeichen, uneindeutiger Andeutungen oder codierter Schreibweisen ist unzulässig. Formulierungen müssen klar und für Außenstehende verständlich sein. Typische Bewertungsfloskeln bewegen sich in einem bekannten Spektrum; deren Verständlichkeit darf nicht durch versteckte Negativsignale unterlaufen werden.
Schluss- und Beendigungsformeln
Dank, Bedauern und gute Wünsche am Schluss sind üblich, jedoch nicht zwingend. Das Fehlen solcher Formeln darf nicht als versteckte Abwertung eingesetzt werden. Werden sie verwendet, müssen sie zum übrigen Leistungsbild passen und dürfen keine Widersprüche erzeugen.
Durchsetzung und Korrektur
Erteilung, Ergänzung, Berichtigung
Neben dem Anspruch auf Erteilung besteht ein Anspruch auf inhaltlich zutreffende und formal korrekte Ausstellung. Fehler, Auslassungen oder widersprüchliche Passagen können berichtigt oder ergänzt werden. Die Ausübung dieses Anspruchs erfolgt zunächst im Verhältnis zur ausstellenden Stelle und kann auch gerichtlich geklärt werden.
Darlegungs- und Bewertungsmaßstäbe
Für durchschnittliche Beurteilungen wird in der Praxis ein mittleres Leistungsbild zugrunde gelegt. Werden besonders positive oder negative Abweichungen begehrt, spielt die Darlegung konkreter Tatsachen eine zentrale Rolle. Maßgeblich sind nachvollziehbare, arbeitsbezogene Kriterien und eine stimmige Gesamtdarstellung.
Haftungsfragen
Der Aussteller haftet für die inhaltliche Richtigkeit. Übertriebene Aufwertungen oder unzutreffende Abwertungen können zu Schäden führen. Wird ein Drittunternehmen durch ein fehlerhaftes Zeugnis beeinflusst, kommen Schadensersatzfragen in Betracht. Auch die beschäftigte Person kann durch ein unrichtiges Zeugnis Nachteile erleiden; der Berichtigungsanspruch dient dem Ausgleich.
Besondere Konstellationen
Kurzzeitige oder geringfügige Beschäftigung
Auch bei kurzer Dauer besteht ein Anspruch. Der Umfang der Tätigkeitsbeschreibung richtet sich nach der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit; eine Leistungsbewertung erfolgt beim qualifizierten Zeugnis im Rahmen der verfügbaren Beobachtungsgrundlage.
Leitungsfunktionen
Bei Führungskräften sind Aussagen zu Personalverantwortung, strategischen Aufgaben, Budget- und Ergebnisverantwortung sowie Führungsverhalten üblich. Die Unterschrift sollte durch eine entsprechend höherrangige Person erfolgen, um die Aussagekraft zu unterstreichen.
Umstrukturierung und Insolvenz
Der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis besteht unabhängig von betrieblichen Veränderungen fort. Zuständig ist die jeweils verantwortliche Stelle, etwa die Geschäftsführung, Personalabteilung oder im Falle einer Abwicklung die mit Arbeitgeberbefugnissen ausgestattete Verwaltung.
Häufig gestellte Fragen
Wer hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?
Anspruchsberechtigt sind Personen in einem Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis, unabhängig von Arbeitszeitmodell, Befristung oder Hierarchie. Der Anspruch umfasst ein einfaches oder – auf Wunsch – ein qualifiziertes Zeugnis.
Worin besteht der Unterschied zwischen einfachem und qualifiziertem Arbeitszeugnis?
Das einfache Zeugnis bestätigt lediglich Art und Dauer der Tätigkeit. Das qualifizierte Zeugnis enthält zusätzlich eine Bewertung von Leistung und Verhalten sowie gegebenenfalls von Führungsaspekten.
In welcher Form muss ein Arbeitszeugnis erteilt werden?
Üblich ist ein schriftliches, eigenhändig unterschriebenes Original auf Papier, formal einwandfrei und frei von Mehrdeutigkeiten. Elektronische Formate werden regelmäßig nicht als gleichwertig anerkannt.
Welche Inhalte sind unzulässig?
Nicht aufgenommen werden private oder diskriminierende Angaben, insbesondere zu Gesundheit, Schwangerschaft, Behinderung, politischen oder religiösen Überzeugungen, Mitgliedschaften oder Betriebsratstätigkeit. Der Beendigungsgrund wird nur neutral oder auf ausdrücklichen Wunsch genannt.
Welche Fristen gelten für die Erteilung und Berichtigung?
Die Erteilung hat innerhalb angemessener Zeit zu erfolgen. Zusätzlich können vertragliche oder tarifliche Verfallfristen gelten, die eine zeitnahe Geltendmachung erfordern. Allgemeine Verjährungsregeln bleiben unberührt.
Sind Dankes- und Bedauernsformeln verpflichtend?
Solche Schlussformeln sind nicht verpflichtend. Ihre Verwendung ist üblich, aber das Fehlen darf nicht als gezielte Abwertung eingesetzt werden. Entscheidend ist die innere Stimmigkeit mit der übrigen Bewertung.
Wie wird mit aus Sicht der beschäftigten Person unzutreffenden Bewertungen umgegangen?
Es besteht ein Anspruch auf inhaltlich zutreffende und formal korrekte Ausstellung. Unstimmige, fehlerhafte oder widersprüchliche Passagen können berichtigt oder ergänzt werden. Die Klärung kann außergerichtlich oder gerichtlich erfolgen, unter Beachtung etwaiger Fristen.
Ist die Verwendung von Geheimcodes zulässig?
Versteckte Hinweise, Geheimzeichen oder codierte Schreibweisen sind unzulässig. Aussagen müssen klar, verständlich und für Dritte nachvollziehbar sein.