Fachkräfte für Arbeitssicherheit – Rechtliche Grundlagen und Aufgaben
Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind zentrale Akteure im betrieblichen Arbeitsschutzsystem in Deutschland. Ihre Bedeutung ergibt sich aus gesetzlichen Vorgaben, die insbesondere dem Ziel dienen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten am Arbeitsplatz durch fachkundige Beratung und präventive Maßnahmen zu gewährleisten. Dieser Artikel beleuchtet umfassend die rechtlichen Aspekte, Qualifikationsanforderungen, Aufgabenbereiche sowie die Stellung von Fachkräften für Arbeitssicherheit im Unternehmen nach geltendem Recht.
Rechtlicher Rahmen für Fachkräfte für Arbeitssicherheit
Die Einrichtung und Tätigkeit von Fachkräften für Arbeitssicherheit regelt in Deutschland maßgeblich das Siebte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) in Verbindung mit dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) sowie wesentlichen untergesetzlichen Regelwerken.
Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG)
Das Arbeitssicherheitsgesetz (Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit, ASiG) bildet die rechtliche Grundlage für die Bestellung, Aufgaben und Rechte dieser Funktionsträger. Ziel des Gesetzes ist es, durch den Einsatz fachkundiger Personen in Unternehmen eine wirksame Arbeitsschutzorganisation zu schaffen und arbeitssicherheitsbezogene Vorschriften umzusetzen.
Vorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV)
Ergänzend konkretisieren die Vorschriften und Regeln der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), insbesondere die DGUV Vorschrift 2 „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“, die Anforderungen an die sicherheitstechnische Betreuung von Unternehmen und konkretisieren die Einsatzzeiten, Aufgabenfelder sowie das erforderliche Qualifikationsniveau.
Bestellungs- und Qualifikationsanforderungen
Voraussetzungen für die Bestellung
Nach § 5 ASiG sind Arbeitgeber verpflichtet, eine ausreichende Anzahl an Fachkräften für Arbeitssicherheit zu bestellen. Die Anzahl richtet sich nach der Gefährdungsbeurteilung und der betrieblichen Größe. Unternehmen mit regelmäßig mehr als 20 Beschäftigten müssen hierzu regelmäßig geeignetes Personal bereitstellen oder über externe Dienstleister sicherstellen.
Persönliche Qualifikation
Fachkräfte für Arbeitssicherheit müssen einen Berufsabschluss als Ingenieur, Techniker oder Meister in einem technischen Beruf besitzen (§ 7 ASiG). Zusätzlich ist eine spezielle sicherheitstechnische Fachausbildung zu absolvieren. Diese umfasst einen durch die DGUV zertifizierten Ausbildungsgang, der mit einer erfolgreichen Prüfung abzuschließen ist. Es bestehen differenzierte Anforderungen je nach Branche und betrieblichen Besonderheiten.
Bestellung und Abberufung
Die Bestellung erfolgt schriftlich durch den Arbeitgeber und ist im Bedarfsfall auch zu dokumentieren. Die Abberufung einer Fachkraft für Arbeitssicherheit ist nur unter bestimmten Voraussetzungen und unter Einbeziehung des Betriebsrates möglich (§ 9 ASiG), sofern ein solcher im Unternehmen besteht.
Aufgaben und Pflichten der Fachkräfte für Arbeitssicherheit
Beratung des Arbeitgebers
Zu den wesentlichen Aufgaben gehört die Beratung des Arbeitgebers und der verantwortlichen Personen in sämtlichen Fragen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes (§ 6 ASiG).
Unterstützung bei Gefährdungsbeurteilungen
Fachkräfte für Arbeitssicherheit unterstützen bei der Durchführung und Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) sowie bei der Festlegung von notwendigen Schutzmaßnahmen.
Kontrolle der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben
Die Überwachung der Einhaltung arbeitsschutzrechtlicher Vorschriften, insbesondere von Verordnungen und Technischen Regeln, ist ein zentraler Aufgabenbereich. Fachkräfte für Arbeitssicherheit unterstützen zudem bei der Auswahl und Beschaffung von Arbeitsmitteln und Persönlicher Schutzausrüstung (PSA).
Schulung und Unterweisung von Beschäftigten
Sie organisieren und führen betriebsinterne Schulungen und Unterweisungen durch, um das Bewusstsein und die Kompetenzen der Beschäftigten im Arbeitsschutz zu stärken.
Mitwirkung in Arbeits- und Gesundheitsausschüssen
Fachkräfte für Arbeitssicherheit nehmen an Sitzungen des Arbeitsschutzausschusses (ASA, § 11 ASiG) sowie von einschlägigen Gremien teil und wirken an der betrieblichen Arbeitsschutzorganisation mit.
Rechtliche Stellung und Haftung
Rechte und Weisungsunabhängigkeit
Nach § 8 ASiG üben Fachkräfte für Arbeitssicherheit ihre Tätigkeit unabhängig vom Arbeitgeber aus, soweit es um fachliche Entscheidungen geht. Sie unterliegen einer besonderen Verschwiegenheitspflicht bezüglich ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit bekannt gewordener Erkenntnisse.
Haftung im Unternehmen
Die Haftung der bestellten Fachkräfte orientiert sich an den allgemeinen Grundsätzen des Arbeitsrechtes. Sie sind verpflichtet, im Rahmen der übertragenen Aufgaben sorgfältig und nach aktuellem Stand der Technik zu handeln. Bei grober Pflichtverletzung kann eine persönliche Haftung eintreten, wobei stets die innerbetriebliche Weisungsstruktur zu beachten ist.
Sanktionen bei Verstößen
Unternehmen, die die gesetzlichen Vorgaben zur Bestellung und zum Einsatz von Fachkräften für Arbeitssicherheit nicht beachten, drohen Sanktionen nach § 209 SGB VII und dem ArbSchG. Dazu gehören Bußgelder und – im Falle von Arbeitsunfällen infolge fehlender oder mangelhafter Betreuung – haftungsrechtliche Konsequenzen.
Verhältnis zu weiteren betrieblichen Akteuren
Zusammenarbeit mit Betriebsärzten
Gemäß § 1 und § 6 ASiG arbeiten Fachkräfte für Arbeitssicherheit eng mit Betriebsärzten zusammen, um die Anforderungen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes ganzheitlich zu erfüllen.
Einbindung in die betriebliche Organisation
Sie kooperieren mit der Geschäftsleitung, dem Betriebsrat (sofern vorhanden), Sicherheitsbeauftragten und sonstigen Beauftragten für den Arbeitsschutz, wodurch die multidisziplinäre Zusammenarbeit im Unternehmen mitbestimmt wird.
Normen und Technische Regelwerke
Fachkräfte für Arbeitssicherheit setzen bei ihrer Tätigkeit einschlägige Normen, Richtlinien und Technische Regeln um. Wichtige Quellen sind unter anderem:
- Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR)
- Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS)
- Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
- Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
Diese Regelwerke bilden die konkrete Basis für die Beurteilung von Gefährdungen und die Ableitung erforderlicher Arbeitsschutzmaßnahmen.
Fazit
Fachkräfte für Arbeitssicherheit stellen einen rechtlich unverzichtbaren Bestandteil des Arbeitsschutzmanagements in Unternehmen dar. Ihre Aufgaben sind durch zahlreiche Gesetze, Verordnungen und Regelwerke detailliert geregelt. Eine ordnungsgemäße Bestellung und der sachgerechte Einsatz gewährleisten die Einhaltung arbeitsschutzrechtlicher Vorgaben und tragen nachhaltig zur Vermeidung von Arbeitsunfällen sowie berufsbedingten Erkrankungen bei. Die unternehmenseigenen Prozesse im Bereich Arbeitssicherheit werden durch die Mitwirkung und Überwachung von Fachkräften für Arbeitssicherheit rechtskonform gestaltet und kontinuierlich verbessert.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Anforderungen muss ein Betrieb im Hinblick auf die Bestellung einer Fachkraft für Arbeitssicherheit erfüllen?
Arbeitgeber sind nach § 5 Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) verpflichtet, Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Sicherheitsfachkräfte) zu bestellen. Die Anzahl und Einsatzzeit der Fachkräfte richtet sich nach der Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 2 („Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“). Arbeitgeber müssen gewährleisten, dass die Fachkraft für Arbeitssicherheit über die für den jeweiligen Betrieb erforderliche sicherheitstechnische Fachkunde verfügt – abhängig von Branche, Betriebsgröße und Gefährdungen. Die Bestellung ist dem Berufsgenossenschaftlichen Unfallversicherungsträger anzuzeigen und kann sowohl für eigene Mitarbeitende als auch für externe Dienstleister erfolgen. Die Fachkraft ist weisungsfrei in Fragen der Arbeitssicherheit und kann vom Arbeitgeber nicht wegen der Erfüllung ihrer Aufgaben benachteiligt werden. Die Qualifikationsanforderungen sind in der DGUV Vorschrift 2 und den entsprechenden Technischen Regeln (z.B. TRBS 1203) detailliert geregelt. Verstöße gegen die Bestellpflicht können als Ordnungswidrigkeiten verfolgt werden (§ 17 ASiG).
Welche Aufgaben muss eine Fachkraft für Arbeitssicherheit gemäß Gesetz wahrnehmen?
Gemäß § 6 ASiG umfassen die gesetzlichen Aufgaben einer Fachkraft für Arbeitssicherheit vor allem die Unterstützung des Arbeitgebers bei allen Fragen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung. Dazu zählen die Beratung bei der Planung, Ausführung und Unterhaltung von Betriebsanlagen, die Beschaffung von Arbeitsmitteln und die Einführung von Arbeitsverfahren und Arbeitsstoffen. Ebenso ist sie an der Ermittlung und Bewertung von arbeitsbedingten Unfall- und Gesundheitsgefahren sowie der Entwicklung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit beteiligt. Ferner gehören die Untersuchung von Arbeitsunfällen und die Auswertung der Unfallursachen sowie die Schulung und Unterweisung der Beschäftigten in Arbeitssicherheitsfragen dazu. Die genaue Aufgabenwahrnehmung kann betriebsspezifisch in einer schriftlichen Bestellung geregelt werden, muss jedoch den gesetzlichen Mindestanforderungen genügen.
Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei Verstößen gegen die Pflicht zur Bestellung einer Fachkraft für Arbeitssicherheit?
Unterbleibt die Bestellung einer Fachkraft für Arbeitssicherheit, kann dies gemäß § 17 ASiG als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Zuständige Aufsichtsbehörden (z.B. Gewerbeaufsichtsamt, Unfallversicherungsträger) können Bußgelder verhängen. Im Falle eines Arbeitsunfalls können dem Arbeitgeber darüber hinaus zivilrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen drohen, insbesondere wenn nachweisbar ist, dass der Unfall auf das Fehlen einer fachgerechten Beratung oder Kontrolle im Bereich Arbeitssicherheit zurückzuführen ist. Zusätzlich könnte die Berufsgenossenschaft im Schadensfall Regressansprüche gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen. Dies führt im schlimmsten Fall dazu, dass der Arbeitgeber selbst für Verletzungen, Gesundheitsbeeinträchtigungen oder Tod von Mitarbeitern haftbar gemacht wird.
Wer kontrolliert die Einhaltung der Vorschriften bezüglich Fachkräfte für Arbeitssicherheit?
Die Überwachung der Umsetzung des Arbeitssicherheitsgesetzes sowie der DGUV Vorschrift 2 erfolgt durch die Aufsichtsbehörden der Länder (z.B. Staatliche Gewerbeaufsicht, Amt für Arbeitsschutz) sowie durch die Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaften und Unfallkassen). Diese Behörden sind befugt, Betriebsbesichtigungen durchzuführen, relevante Unterlagen – wie Bestellurkunden und Nachweise über die Fachkunde – einzusehen, und notfalls auch Anordnungen zur unverzüglichen Bestellung einer geeigneten Fachkraft zu treffen. Im Rahmen von regelmäßigen oder anlassbezogenen Kontrollen wird sowohl die Bestellung als auch die tatsächliche Tätigkeit der Fachkraft überprüft. Mängel können mit Auflagen, Bußgeldern oder sogar mit Betriebsstilllegung sanktioniert werden.
Welche Qualifikationsanforderungen bestehen für die Bestellung einer Fachkraft für Arbeitssicherheit?
Die Qualifikation einer Fachkraft für Arbeitssicherheit ist im Wesentlichen durch das Arbeitssicherheitsgesetz und die DGUV Vorschrift 2 vorgegeben. Grundsätzlich kann als Fachkraft für Arbeitssicherheit bestellt werden, wer eine technische oder naturwissenschaftliche Berufsausbildung abgeschlossen, eine entsprechende Berufserfahrung gesammelt und anschließend eine spezielle sicherheitstechnische Fachausbildung (z.B. an einer von den Unfallversicherungsträgern anerkannten Ausbildungsstätte) erfolgreich absolviert hat. Für bestimmte Branchen oder Betriebsgrößen können zusätzliche Kenntnisse und Spezialisierungen notwendig sein. Alle Voraussetzungen hinsichtlich Ausbildung und Fachkunde sind in der Technischen Regel für Betriebssicherheit TRBS 1203 ausführlich beschrieben.
Kann ein Arbeitgeber mehrere Fachkräfte für Arbeitssicherheit bestellen?
Ja, gemäß Arbeitssicherheitsgesetz und DGUV Vorschrift 2 ist die Bestellung mehrerer Fachkräfte für Arbeitssicherheit zulässig und kann insbesondere bei großen oder stark diversifizierten Betrieben erforderlich sein. Die Anzahl richtet sich nach den im Betrieb vorkommenden Gefährdungen und der Mitarbeiterzahl. Es können auch externe Dienstleister oder spezialisierte externe Sicherheitsingenieure und -techniker eingesetzt werden. Die Verantwortung für die korrekte Bestellung und den ordnungsgemäßen Einsatz der Fachkräfte bleibt jedoch stets beim Arbeitgeber.
Welche Mitbestimmungsrechte hat der Betriebsrat bei der Bestellung einer Fachkraft für Arbeitssicherheit?
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates ist im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), insbesondere § 87 Abs. 1 Nr. 7, geregelt. Demnach hat der Betriebsrat ein zwingendes Mitbestimmungsrecht bei allen Fragen des Gesundheitsschutzes, wozu auch die Bestellung und die Ausgestaltung der Tätigkeit von Fachkräften für Arbeitssicherheit gehören. Der Betriebsrat ist daher frühzeitig in den Auswahlprozess einzubeziehen und kann bzgl. der Auswahl oder der Ausgestaltung der Aufgaben Vorschläge und Bedenken anbringen. Ohne die ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrates ist die Bestellung rechtswidrig und kann vom Betriebsrat erfolgreich angefochten werden.