Definition und Grundlagen der Arbeitsplatzteilung
Die Arbeitsplatzteilung, im englischen Sprachraum überwiegend als „Jobsharing“ bezeichnet, ist eine besondere Form der Arbeitszeitgestaltung. Dabei teilen sich mindestens zwei Personen eine reguläre Vollzeitstelle und organisieren Arbeitszeit und Aufgaben untereinander auf. Im deutschen Arbeitsrecht stellt die Arbeitsplatzteilung eine flexible Beschäftigungsform dar, die sowohl betriebswirtschaftliche als auch arbeitsrechtliche Herausforderungen und Chancen mit sich bringt.
Historische Entwicklung
Die rechtliche Einordnung und Gestaltung der Arbeitsplatzteilung entwickelte sich aus dem Wunsch nach flexibleren Arbeitszeitmodellen. Ursprünglich wurde das Modell der Arbeitsplatzteilung für Eltern und Arbeitnehmer mit besonderen familiären oder sozialen Verpflichtungen entwickelt. Seit Einführung arbeitnehmerfreundlicherer Arbeitszeitnormen im Zuge der Arbeitszeitgesetzgebung hat die Arbeitsplatzteilung an Bedeutung gewonnen.
Rechtsgrundlagen der Arbeitsplatzteilung in Deutschland
Gesetzliche Regelungen
Arbeitszeitgesetz (ArbZG)
Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) regelt grundsätzlich die Rahmenbedingungen der Arbeitszeit aller Arbeitnehmer in Deutschland. Die Arbeitsplatzteilung selbst ist im ArbZG nicht ausdrücklich normiert, jedoch finden dessen Bestimmungen vollumfänglich Anwendung. Dies betrifft insbesondere die Höchstarbeitszeiten, die Mindestruhezeiten sowie die Dokumentationspflichten.
Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)
Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) bildet die zentrale gesetzliche Grundlage für die Ausgestaltung von Teilzeit-Arbeitsverhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland. Danach besteht ein Anspruch auf Teilzeit, sofern betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Die Arbeitsplatzteilung wird häufig als spezielle Form der Teilzeit angesehen, jedoch ist sie nicht explizit gesetzlich geregelt. Wichtig ist, dass jeder Arbeitnehmer einen eigenen Arbeitsvertrag erhält, in dem Umfang, Lage und Verteilung der Arbeitszeit festgelegt werden.
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
Beim Zustandekommen und der Durchführung von Arbeitsplatzteilungsmodellen sind die Anforderungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu berücksichtigen. Diskriminierungen etwa wegen Geschlecht, Alter oder familiärer Verpflichtungen sind nicht zulässig.
Tarifliche und betriebliche Regelungen
Arbeitsplatzteilung kann durch arbeitsvertragliche, tarifliche oder betriebliche Vereinbarungen weiter ausgestaltet und umgesetzt werden. Häufig sind nähere Regelungen im Manteltarifvertrag, in Betriebsvereinbarungen oder individuellen Arbeitsverträgen enthalten. Grundsätzlich bedarf jede Abweichung von gesetzlichen Mindeststandards einer ausdrücklichen, schriftlichen Vereinbarung.
Rechte und Pflichten bei der Arbeitsplatzteilung
Arbeitsvertragliche Ausgestaltung
Einzelvertragliche Bindung
Im Rahmen der Arbeitsplatzteilung schließen die beteiligten Arbeitnehmer jeweils eigene Arbeitsverträge mit dem Arbeitgeber ab. Diese Verträge regeln Arbeitszeiten, Vergütung, Urlaubsansprüche, Kündigungsfristen sowie Nebenpflichten. Im Vertrag sollte geregelt sein, wie die Aufteilung der Arbeit erfolgt und wie bei Krankheit oder Urlaub eines Arbeitsplatzteilenden die Vertretung organisiert ist.
Vertragsverhältnis zwischen den Arbeitsplatzteilenden
Das Verhältnis der Arbeitsplatzteilenden untereinander ist von besonderer Bedeutung. Je nach Modell bestehen unterschiedliche Pflichten zur Vertretung und Abstimmung. In der Praxis wird oft empfohlen, entsprechende Vereinbarungen zu treffen, um Konflikte oder Leistungslücken zu vermeiden.
Haftung und Verantwortung
Arbeitgeberhaftung
Die Übernahme von Aufgaben innerhalb der Arbeitsplatzteilung liegt grundsätzlich in der Verantwortung des Arbeitgebers. Für fehlerhafte Arbeitsausführung haftet der Arbeitgeber – abhängig von der Situation – gesamtschuldnerisch oder persönlich gegenüber dem jeweiligen Arbeitnehmer.
Vertretungsrisiko
Fällt ein Arbeitsplatzteilender aus, stellt sich die Frage der Pflicht zur Vertretung durch die verbleibenden Arbeitsplatzteilenden. Ohne anderweitige Regelung besteht keine automatische Vertretungspflicht; eine einvernehmliche Lösung ist jedoch aus betrieblicher Sicht anzustreben.
Vergütung und Sozialversicherung
Die Vergütung richtet sich nach dem individuell vereinbarten Arbeitszeitanteil. Jede/r Arbeitsplatzteilende erhält seinen Lohn entsprechend den geleisteten Stunden. Für die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung gelten die allgemeingültigen Regelungen, wobei jeder eine eigene Lohnabrechnung erhält und eigenständig bei der Sozialversicherung gemeldet ist.
Urlaubsanspruch
Der Urlaubsanspruch richtet sich gemäß Bundesurlaubsgesetz nach der individuell vereinbarten Arbeitszeit. Besonderheiten entstehen, wenn Arbeitsplatzteilende sich gegenseitig in Urlaubszeiten vertreten. Hier sollte im Arbeitsvertrag klar geregelt werden, ob und wie Vertretung während des Urlaubs erfolgt.
Beendigung der Arbeitsplatzteilung
Kündigung einzelner Arbeitsplatzteilender
Im Fall der Kündigung eines Arbeitsplatzteilenden stellt sich die Frage nach der Fortführung des Arbeitsplatzteilungsmodells. Der verbliebene Arbeitsplatzteilende kann nicht einseitig zum Vollzeitbeschäftigten gemacht werden; vielmehr besteht die Möglichkeit, einen neuen Arbeitsplatzteilenden zu suchen oder das Beschäftigungsverhältnis neu zu organisieren. Eine Änderungskündigung ist grundsätzlich möglich, jedoch an arbeitsrechtliche Voraussetzungen geknüpft.
Auflösung und Umwandlung des Modells
Die Beendigung der Arbeitsplatzteilung kann einvernehmlich oder durch individuelle Kündigung erfolgen. Die Umwandlung in ein konventionelles, beispielsweise vollzeitliches Arbeitsverhältnis, bedarf einer entsprechenden Vereinbarung. Andernfalls gelten weiterhin die arbeitsvertraglichen Bestimmungen, sofern keine Neuregelung getroffen wird.
Mitbestimmung und Betriebsrat
Beschäftigungsformen wie Arbeitsplatzteilung unterliegen grundsätzlich der Mitbestimmung durch den Betriebsrat. Dieser hat bei der Einführung, Änderung oder Beendigung von Arbeitsplatzteilungsmodellen Mitsprache- und Mitgestaltungsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Dazu zählen insbesondere die Mitwirkung bei der Arbeitszeitgestaltung sowie beim Schutz vor Benachteiligung und Diskriminierung.
Internationaler Vergleich und Rechtsentwicklung
In vielen weiteren Ländern existieren unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen für Arbeitsplatzteilungsmodelle. Die europäische Arbeitszeitrichtlinie (2003/88/EG) steckt den unionsrechtlichen Rahmen ab, der durch das nationale Recht ausgestaltet wird. Die Praxis und Akzeptanz von Arbeitsplatzteilung ist innerhalb Europas unterschiedlich ausgeprägt, rechtlich jedoch regelmäßig als Teilzeitbeschäftigung behandelt.
Fazit
Die Arbeitsplatzteilung als flexibles Arbeitszeitmodell bietet sowohl Unternehmen als auch Beschäftigten zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten. Für die rechtskonforme Ausgestaltung sind die maßgeblichen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes sowie des Teilzeit- und Befristungsgesetzes zu beachten. Eine klare vertragliche Regelung gewährleistet Rechtssicherheit, verhindert Streitigkeiten und berücksichtigt dabei sowohl individuelle als auch betriebliche Interessen. Mit der fortschreitenden Flexibilisierung der Arbeitswelt wird die rechtliche Bedeutung der Arbeitsplatzteilung auch zukünftig weiter zunehmen.
Häufig gestellte Fragen
Welche arbeitsrechtlichen Grundlagen gelten für die Arbeitsplatzteilung?
Die Arbeitsplatzteilung (auch Jobsharing genannt) basiert grundsätzlich auf den allgemeinen Regelungen des Arbeitsrechts, insbesondere den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG). Maßgeblich ist insbesondere § 13 TzBfG, der das Jobsharing ausdrücklich behandelt. In der Praxis bedeutet dies, dass für jeden der teilenden Arbeitnehmer ein eigenständiger, individueller Arbeitsvertrag besteht. Rechtliche Vorgaben zur Kündigung, zu Arbeitszeitregelungen, zu Vergütung und zu den Schutzrechten (wie Mutterschutz, Elternzeit, Krankheit) gelten grundsätzlich für jeden geteilten Arbeitsplatz separat. Arbeitgeber müssen darauf achten, dass bei der Vertragsgestaltung die gegenseitige Vertretung und etwaige Sonderregelungen (zum Beispiel bei Ausfall einer Partei) schriftlich fixiert sind. Kollektivrechtliche Regelungen wie Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge können zudem ergänzende Vorgaben enthalten.
Wie erfolgt die arbeitsvertragliche Gestaltung beim Jobsharing?
Beim Jobsharing müssen individuelle schriftliche Arbeitsverträge mit jedem beteiligten Arbeitnehmer abgeschlossen werden. Diese Verträge müssen insbesondere die vereinbarte Arbeitszeit, Vergütung sowie die genaue Aufgabenverteilung festlegen. Häufig wird eine feste Zuordnung von Arbeitstagen und -zeiten vorgenommen oder es wird ein flexibles Arbeitsmodell vereinbart, bei dem sich die Beteiligten eigenständig über die Ausgestaltung abstimmen. Rechtlich ist es erforderlich, die Pflichten und Rechte jedes Einzelnen genau zu definieren, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Empfehlenswert ist die explizite Regelung der gegenseitigen Vertretungsbefugnisse und eventueller Ausgleichsmechanismen bei Ausfällen. Grundlage hierfür sind unter anderem auch die Transparenzvorschriften nach dem Nachweisgesetz (NachwG).
Was muss aus Sicht des Kündigungsschutzes beachtet werden?
Im Rahmen der Arbeitsplatzteilung genießt jeder Arbeitnehmer grundsätzlich den individuellen Kündigungsschutz nach den gesetzlichen Vorgaben, insbesondere des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG), sofern dessen Voraussetzungen erfüllt sind. Eine Besonderheit besteht jedoch darin, dass das Ausfallen eines Partners im Jobsharing unter bestimmten Bedingungen arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann: Gemäß § 13 TzBfG kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis eines verbleibenden Jobsharers außerordentlich kündigen, wenn kein geeigneter Ersatz gefunden werden kann und die Fortführung des Jobsharing-Modells nicht zumutbar ist. Dabei sind aber die strengen Grundsätze der Sozialauswahl und des besonderen Kündigungsschutzes (z.B. für Schwerbehinderte, Schwangere) zu beachten. Regelmäßig müssen Arbeitgeber nachweisen, dass sie ernsthaft und umfassend einen Ersatz gesucht haben.
Welche Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bestehen?
Die Einführung oder Änderungen von Arbeitsplatzteilung unterliegen in betriebsratsfähigen Betrieben häufig der Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), insbesondere im Hinblick auf die Ausgestaltung der Arbeitszeit (§ 87 BetrVG) und die Verwendung von Formulararbeitsverträgen. Der Betriebsrat hat ein Mitspracherecht, wenn durch das Jobsharing Veränderungen der betrieblichen Organisation oder der Arbeitszeitverteilung erfolgen. Auch bei der Kündigung eines an Arbeitsplatzteilung Beteiligten ist – wie bei allen Kündigungen – die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung (§ 102 BetrVG). Im Rahmen von Betriebsvereinbarungen können spezifische Regularien zum Jobsharing verbindlich festgelegt werden.
Welche sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen ergeben sich?
Jeder Arbeitnehmer im Jobsharing ist eigenständiges Mitglied der Sozialversicherung. Dies gilt für die Zweige Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Die Beiträge werden auf Basis des individuellen Entgelts berechnet, das sich nach dem jeweiligen Arbeitsumfang richtet. Überschreitet das Einkommen die Geringfügigkeitsgrenze, besteht volle Versicherungspflicht. Bei Unterschreitung liegt ein Minijob oder eine geringfügige Beschäftigung vor, für die Sonderregelungen gelten. Eine Besonderheit betrifft die Meldepflichten des Arbeitgebers, der für jeden Vertragsinhaber separate Ab- und Anmeldungen vorzunehmen hat. Versicherungsschutz bei Mutterschutz, Krankheit und Pflegezeit besteht unabhängig von der Teilung des Arbeitsplatzes.
Wie ist die Haftung bei Fehlern oder Pflichtverletzungen verteilt?
Im rechtlichen Kontext haftet grundsätzlich jeder Jobsharing-Partner für die von ihm begangenen Pflichtverletzungen nach Maßgabe des individuellen Arbeitsvertrags und der arbeitsrechtlichen Bestimmungen. Eine gesamtschuldnerische Haftung für Fehler des anderen besteht nicht. Allerdings können im Rahmen der gegenseitigen Vertretung (sofern diese arbeitsvertraglich geregelt ist) Haftungstatbestände entstehen, sofern ein Arbeitnehmer Aufgaben übernimmt, die sonst dem anderen Vertragspartner obliegen. Arbeitgeber sollten daher die Grenzen und Möglichkeiten der Vertretungsregelung präzise formulieren, um Haftungsfragen eindeutig zuzuordnen.
Welche Besonderheiten gibt es bei der Urlaubsgewährung?
Urlaubsansprüche werden bei Jobsharing individuell behandelt und richten sich nach den arbeitsvertraglich vereinbarten beziehungsweise tariflichen Vorgaben zur Arbeitszeit. Jeder Arbeitnehmer hat unabhängig vom anderen Partner einen eigenen Urlaubsanspruch, der proportional zur vereinbarten Arbeitszeit berechnet wird (§ 3 Bundesurlaubsgesetz – BUrlG). In der Praxis ist eine Abstimmung der Urlaubstermine zwischen den Jobsharing-Partnern notwendig, um den reibungslosen Ablauf im Betrieb sicherzustellen. Der Arbeitgeber darf Urlaubswünsche nur aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen, wobei darauf zu achten ist, dass die Funktionsfähigkeit des gesplitteten Arbeitsplatzes gewährleistet bleibt. Verhinderungen beider Partner zur gleichen Zeit sind möglichst zu vermeiden.