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Arbeitspapiere


Begriff und rechtliche Einordnung der Arbeitspapiere

Arbeitspapiere sind im deutschen Arbeitsrecht wesentliche Dokumente, die ein Arbeitnehmer einem Arbeitgeber bei Begründung, Durchführung und Beendigung eines Arbeitsverhältnisses vorlegen oder vom Arbeitgeber ausgehändigt bekommen muss. Die Bezeichnung Arbeitspapiere umfasst verschiedene Unterlagen, deren Vorlage gesetzlich verpflichtend sein kann oder die die reibungslose Abwicklung des Arbeitsverhältnisses ermöglichen. Die rechtlichen Grundlagen für Arbeitspapiere finden sich überwiegend im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), im Vierten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), im Einkommensteuergesetz (EStG), in der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) sowie in spezialgesetzlichen Vorschriften.

Definition und Abgrenzung

Arbeitspapiere bezeichnen sämtliche Bescheinigungen, Nachweise und Dokumente, die für den Beginn, die Durchführung und die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses von Bedeutung sind. Sie dienen dem Nachweis von Pflichten, Rechten und Ansprüchen im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses und sind nicht nur für die Vertragspartner, sondern auch für öffentliche Stellen, Sozialversicherungsträger und weitere Institutionen von Belang.


Wesentliche Arbeitspapiere: Inhalt und rechtliche Grundlagen

Im Arbeitsverhältnis sind verschiedene Dokumente und Nachweise relevant. Diese werden nach ihrer Funktion bei Beginn, im Verlauf und bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unterschieden.

Arbeitspapiere bei Beginn des Arbeitsverhältnisses

Sozialversicherungsnachweis

Mit dem Beginn eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber seine Sozialversicherungsnummer oder einen entsprechenden Nachweis über die Sozialversicherung zu liefern (SGB IV §28a ff.). Diese ist für die Anmeldung zur Sozialversicherung erforderlich. Bis zum 31. Dezember 2008 diente der Sozialversicherungsausweis als wichtigstes Arbeitspapier, dieser wurde durch andere Nachweise abgelöst.

Steuerliche Unterlagen

Der Arbeitgeber benötigt die steuerliche Identifikationsnummer (IdNr.) des Arbeitnehmers, um Lohnsteuer korrekt abzuführen. Zusätzlich sind Angaben zur Steuerklasse, zum Kirchensteuerabzug und zu den Kinderfreibeträgen erforderlich (EStG §39).

Urlaubsbescheinigung

Eine Urlaubsbescheinigung wird benötigt, wenn ein Arbeitnehmer im selben Kalenderjahr den Arbeitgeber wechselt. Der neue Arbeitgeber muss wissen, wie viel Urlaub bereits gewährt wurde (Bundesurlaubsgesetz §6).

Nachweis einer Arbeitserlaubnis

Bei Arbeitnehmern ohne EU-Staatsangehörigkeit ist zusätzlich der Nachweis einer gültigen Arbeitserlaubnis vorzulegen (Aufenthaltsgesetz §§4, 39).

Arbeitspapiere während des Arbeitsverhältnisses

Nachweis über die Krankenversicherung

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Nachweis über die Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenversicherung zu verlangen und zu archivieren.

Nachweis über vermögenswirksame Leistungen

Wird nach dem Fünften Vermögensbildungsgesetz eine vermögenswirksame Leistung in Anspruch genommen, muss eine entsprechende Bescheinigung als Arbeitspapier beigebracht und weitergeleitet werden.

Arbeitspapiere bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Arbeitszeugnis

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Ausstellung eines Arbeitszeugnisses gemäß §109 Gewerbeordnung (GewO), in dem die Arbeitsaufgaben und die Leistung bewertet werden.

Lohnsteuerbescheinigung und elektronische Übermittlung

Der Arbeitgeber stellt nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses eine Lohnsteuerbescheinigung aus (§41b EStG). Seit dem Jahr 2013 erfolgt die Übermittlung elektronisch an die Finanzverwaltung.

Arbeitsbescheinigung

Nach §312 SGB III ist bei Ende des Arbeitsverhältnisses eine Arbeitsbescheinigung zur Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber der Bundesagentur für Arbeit auszustellen.

Meldebescheinigungen zur Sozialversicherung

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine Abmeldung zur Sozialversicherung auszuhändigen (§49 SGB IV), was meist elektronisch erfolgt.

Bescheinigung nach dem Nachweisgesetz

Zur Bestätigung der wesentlichen Vertragsbedingungen ist eine Bescheinigung über das Arbeitsverhältnis nach dem Nachweisgesetz erforderlich.


Rechtliche Aspekte bei fehlenden oder nicht ordnungsgemäß ausgestellten Arbeitspapieren

Pflichten und Konsequenzen für Arbeitnehmer

Das Zurverfügungstellen von Arbeitspapieren ist im Interesse des Arbeitnehmers, da ansonsten steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen drohen. Fehlen Arbeitspapiere, kann der Arbeitgeber einen Anspruch auf Vorlage geltend machen und unter Umständen die Arbeitsaufnahme oder die Auszahlung des Arbeitsentgelts bis zur Vorlage verweigern (zurückbehaltendes Recht gemäß §273 BGB).

Pflichten und Konsequenzen für Arbeitgeber

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Arbeitspapiere ordnungsgemäß zu archivieren und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses fristgerecht und vollständig auszuhändigen. Kommt er diesen Pflichten nicht nach, drohen ihm Schadensersatzansprüche seitens des Arbeitnehmers sowie Bußgelder nach den Sozialgesetzbüchern. Zudem kann der Arbeitnehmer auf Herausgabe klagen (§§280, 823 BGB).


Datenschutz und Aufbewahrungsfristen

Arbeitspapiere enthalten regelmäßig Sozialdaten und personenbezogene Informationen. Ihre Erhebung, Speicherung und Weitergabe unterliegen den Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) sowie der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Die Aufbewahrungsfristen für Arbeitspapiere richten sich nach steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben. Beispielsweise sind lohnsteuerliche Unterlagen mindestens sechs Jahre, Sozialversicherungsunterlagen sogar bis zu zehn Jahre aufzubewahren (§147 AO, §28f SGB IV).


Zusammenfassung und Bedeutung der Arbeitspapiere im Arbeitsverhältnis

Arbeitspapiere sind ein essentieller Bestandteil jedes Arbeitsverhältnisses – von der Begründung bis zur Beendigung. Sie gewährleisten die Einhaltung gesetzlicher Pflichten, schützen Arbeitnehmerrechte und ermöglichen eine reibungslose Verwaltung im Bereich der Lohnabrechnung, Sozialversicherung und Arbeitsverwaltung. Fehler oder Versäumnisse im Umgang mit Arbeitspapieren können für beide Parteien erhebliche rechtliche, finanzielle und verwaltungstechnische Konsequenzen nach sich ziehen.


Siehe auch

  • Arbeitsrecht
  • Personalakte
  • Arbeitsvertrag
  • Urlaubsbescheinigung
  • Arbeitsbescheinigung
  • Datenschutz im Arbeitsverhältnis

Literatur und Weblinks

  • Bundesministerium für Arbeit und Soziales: www.bmas.de
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • Sozialgesetzbuch (SGB IV, III)
  • Gewerbeordnung (GewO)
  • Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)
  • Einkommensteuergesetz (EStG)
  • Nachweisgesetz (NachwG)

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für den Erhalt von Arbeitspapieren erfüllt sein?

Arbeitspapiere sind im rechtlichen Sinn sämtliche Unterlagen, die ein Arbeitnehmer benötigt oder erhalten muss, um eine legale Beschäftigung aufzunehmen oder zu beenden. Dazu zählen insbesondere der Sozialversicherungsausweis, die Lohnsteuerbescheinigung, der Nachweis über die Anmeldung zur Sozialversicherung, das Zeugnis über die gesundheitliche Erstuntersuchung bei Jugendlichen (nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz), sowie das Arbeitszeugnis. Rechtlich muss der Arbeitnehmer bei erstmaliger Beschäftigungsaufnahme dem Arbeitgeber alle erforderlichen Arbeitspapiere – insbesondere die steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Nachweise – unaufgefordert und vollständig vorlegen. Dies ist erforderlich, damit der Arbeitgeber seine gesetzlichen Melde- und Nachweispflichten gegenüber Sozialversicherungsträgern und dem Finanzamt ordnungsgemäß erfüllen kann. Für Jugendliche gilt zusätzlich die Vorlage der Bescheinigung einer ärztlichen Erstuntersuchung nach § 32 JArbSchG. Werden die Arbeitspapiere nicht vorgelegt, kann der Arbeitgeber die Arbeitsaufnahme rechtmäßig verweigern oder aussetzen.

Welche Pflichten hat der Arbeitgeber hinsichtlich der Arbeitspapiere bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses?

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, dem Arbeitnehmer bestimmte Arbeitspapiere fristgerecht und unaufgefordert auszuhändigen. Dazu gehören das Arbeitszeugnis (einfach oder qualifiziert, nach § 109 GewO), die Lohnsteuerbescheinigung, eine Bescheinigung über die im laufenden Kalenderjahr gezahlten Sozialversicherungsbeiträge (Teilnahmebescheinigung), sowie eventuell ein Nachweis über Resturlaub und das Arbeitszeitkonto. Darüber hinaus muss dem Arbeitnehmer auch die Meldebescheinigung zur Sozialversicherung ausgehändigt werden, welche insbesondere für zukünftige Arbeitgeber und die Agentur für Arbeit relevant ist. Die Herausgabe muss zum tatsächlichen Ende des Arbeitsverhältnisses ohne schuldhaftes Zögern erfolgen; bei Unterlassung kann Schadensersatzpflicht bestehen.

Welche rechtlichen Folgen drohen bei fehlenden oder verspätet ausgestellten Arbeitspapieren?

Fehlen dem Arbeitnehmer bei einem Arbeitgeberwechsel oder einer Arbeitslosmeldung zwingend notwendige Arbeitspapiere, können arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Nachteile entstehen. Die verspätete Ausstellung durch den Arbeitgeber stellt eine Verletzung der Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis dar und kann gemäß § 280 BGB zu Schadensersatzansprüchen des Arbeitnehmers führen. Bei den für die Sozialversicherung oder das Finanzamt nötigen Unterlagen – etwa der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung oder der Meldung zur Sozialversicherung – können zudem Bußgelder und Nachforderungen auf Arbeitgeberseite drohen, da dies eine Ordnungswidrigkeit nach § 111 SGB IV darstellen kann. Arbeitnehmern kann die Zahlung von Arbeitslosengeld oder die Aufnahme einer neuen Beschäftigung erschwert werden.

Besteht eine gesetzliche Frist zur Aushändigung der Arbeitspapiere?

Für die einzelnen Arbeitspapiere bestehen unterschiedliche Fristen. Das Arbeitszeugnis muss nach § 109 GewO „mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ ausgehändigt werden, was bedeutet, dass es spätestens mit dem letzten Arbeitstag oder unmittelbar danach vorzulegen ist. Lohnsteuerbescheinigungen und Sozialversicherungsnachweise sollten spätestens zur nächsten Lohnabrechnung beziehungsweise zum Ende des Abrechnungsmonats ausgestellt werden. Die Meldebescheinigung zur Sozialversicherung ist unverzüglich nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses elektronisch zu übermitteln und dem Arbeitnehmer auszuhändigen (§ 9 DEÜV). Werden diese Fristen nicht eingehalten, kann unter anderem ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers bezüglich der Arbeitsleistung oder Zahlungsansprüche entstehen.

Sind digitale Arbeitspapiere rechtlich zulässig?

Mit der fortschreitenden Digitalisierung sind viele Arbeitspapiere, wie zum Beispiel die Lohnsteuerbescheinigung oder Sozialversicherungsnachweise, rechtlich mittlerweile in digitaler Form zulässig, sofern die Echtheit und Vollständigkeit sichergestellt ist. Die elektronische Übermittlung an die jeweils zuständige Behörde (Finanzamt, Krankenkasse) ist gesetzlich geregelt (z.B. § 41b EStG für elektronische Lohnsteuerbescheinigungen und § 28a SGB IV für Sozialversicherungsdaten). Arbeitnehmer haben jedoch weiterhin einen Anspruch auf einen Ausdruck oder eine elektronische Kopie der bescheinigten Daten für ihre Unterlagen. Für das Arbeitszeugnis hingegen besteht derzeit in Deutschland weiterhin grundsätzlich die Papierversion, wenn der Arbeitnehmer dies verlangt, weil § 109 GewO die Schriftform vorsieht.

Welche besonderen Arbeitspapiere sind bei minderjährigen Arbeitnehmern relevant?

Für minderjährige Arbeitnehmer gelten zusätzlich zum allgemeinen Arbeitspapierbedarf besondere gesetzliche Anforderungen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz (§§ 32-34 JArbSchG). So ist vor Aufnahme einer Beschäftigung eine ärztliche Erstuntersuchung zwingend vorgeschrieben, deren Nachweis dem Arbeitgeber vorzulegen ist. Nach einem Jahr Beschäftigung muss zudem eine ärztliche Nachuntersuchung durchgeführt und ebenfalls bescheinigt werden. Ohne diese Nachweise darf der Arbeitgeber Minderjährige nicht beschäftigen. Versäumt der Arbeitgeber dies, drohen ihm empfindliche Bußgelder und im Wiederholungsfall sogar ein Beschäftigungsverbot für Jugendliche.

Welche rechtlichen Ansprüche kann ein Arbeitnehmer bei zurückbehaltenen Arbeitspapieren geltend machen?

Hält ein Arbeitgeber Arbeitspapiere ohne berechtigten Grund zurück, kann der Arbeitnehmer zunächst auf Herausgabe klagen und notfalls über ein arbeitsgerichtliches Eilverfahren vorgehen. Zudem ist der Arbeitgeber gemäß § 280 BGB schadensersatzpflichtig, wenn dem Arbeitnehmer durch das Zurückbehalten der Unterlagen ein finanzieller oder beruflicher Nachteil entsteht (zum Beispiel durch verzögerte Auszahlung des Arbeitslosengeldes oder die Nichtaufnahme einer neuen Beschäftigung). In besonders schwerwiegenden Fällen kann auch ein Zwangsgeld verhängt werden. Ein Zurückbehaltungsrecht an Arbeitspapieren hat der Arbeitgeber grundsätzlich nicht – auch dann nicht, wenn noch Forderungen gegen den Arbeitnehmer bestehen (zum Beispiel offene Rückzahlungen oder Rückgabe von Arbeitsmitteln).