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Arbeitslosenhilfe


Definition und Rechtsgrundlagen der Arbeitslosenhilfe

Arbeitslosenhilfe war in Deutschland eine bedarfsorientierte Sozialleistung, die zur Sicherung des Lebensunterhalts von erwerbsfähigen Personen diente, wenn deren Anspruch auf Arbeitslosengeld erschöpft war. Sie wurde nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gewährt. Mit der Einführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) und der damit verbundenen Arbeitsmarktreform („Hartz IV“) zum 1. Januar 2005 wurde die Arbeitslosenhilfe abgeschafft und durch das Arbeitslosengeld II ersetzt.

Die nachfolgenden Ausführungen geben einen umfassenden Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Entwicklungen und die Funktionsweise der Arbeitslosenhilfe bis zu ihrer Abschaffung.


Historische Entwicklung

Entstehung der Arbeitslosenhilfe

Die Arbeitslosenhilfe wurde in Deutschland erstmals im Jahr 1927 unter dem Begriff „Notstandsunterstützung“ eingeführt. Mit der Verabschiedung des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) 1969 wurde die Leistung zu einem eigenständigen Bestandteil der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und erhielt den Namen „Arbeitslosenhilfe“. Rechtsgrundlage bildeten zunächst das AFG und später das SGB III.

Reformen und Abschaffung

Die Arbeitslosenhilfe blieb bis zum Jahr 2004 neben dem Arbeitslosengeld die wichtigste sozialrechtliche Leistungsart für arbeitslose Menschen. Mit der grundlegenden Arbeitsmarktreform („Hartz IV“, Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt) erfolgte zum 1. Januar 2005 ihre Ablösung durch das Arbeitslosengeld II.


Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosenhilfe

Bezug von Arbeitslosengeld

Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosenhilfe war grundsätzlich, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld erschöpft war. Arbeitslosenhilfe diente als nachrangige Leistung zur Grundsicherung für Arbeitssuchende, sofern keine Ansprüche auf Arbeitslosengeld mehr bestanden.

Arbeitslosigkeit und Erwerbsfähigkeit

Eine weitere Voraussetzung war die nachweisbare Arbeitslosigkeit sowie die grundsätzliche Bereitschaft, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen (§ 190 SGB III a.F.).

Bedürftigkeit

Ein Anspruch bestand nur bei nachgewiesener Bedürftigkeit. Dies bedeutete, dass das eigene Einkommen und Vermögen sowie das des Ehe- oder Lebenspartners angerechnet wurden. Überstieg das Einkommen bestimmte Freibeträge, minderte oder entfiel der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (§ 193 SGB III a.F.).


Berechnung der Arbeitslosenhilfe

Bemessungsgrundlage

Die Höhe der Arbeitslosenhilfe betrug einen bestimmten Prozentsatz des vorher erzielten Nettoeinkommens. Maßgeblich war das durchschnittliche Nettoarbeitsentgelt der letzten Leistungsphase des Arbeitslosengeldes. Die Prozentsätze betrugen:

  • 57 % für Empfänger ohne Kind
  • 67 % für Empfänger mit Kind

Anrechnung von Einkommen und Vermögen

Eigene Einkünfte, die nicht aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung stammten, sowie das Vermögen wurden auf die Arbeitslosenhilfe angerechnet. Auch das Einkommen des Ehegatten wurde berücksichtigt.


Dauer und Umfang des Leistungsbezugs

Leistungsdauer

Die Arbeitslosenhilfe wurde zeitlich unbegrenzt gewährt, sofern Bedürftigkeit und Arbeitslosigkeit weiterhin gegeben waren.

Leistungshöhe und Anpassung

Die Höhe der Arbeitslosenhilfe konnte sich jährlich durch Anpassungen des Sozialversicherungsrechts und der steuerrechtlichen Vorgaben verändern.


Rechtliche Besonderheiten

Ruhen und Erlöschen des Anspruchs

Die Arbeitslosenhilfe ruhte, wenn andere nachrangige Sozialleistungen bezogen wurden (z. B. Rente, Krankengeld). Der Anspruch konnte zudem erlöschen, wenn die Bedürftigkeitsvoraussetzungen oder die Arbeitslosigkeit nicht mehr vorlagen.

Mitwirkungspflichten

Leistungsberechtigte waren verpflichtet, etwaige Veränderungen ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse unverzüglich anzuzeigen und sich aktiv um eine Arbeitsaufnahme zu bemühen. Verstöße konnten zur Kürzung oder zum Wegfall der Arbeitslosenhilfe führen.


Verhältnis zu anderen Sozialleistungen

Abgrenzung zu Arbeitslosengeld

Während das Arbeitslosengeld auf einem Versicherungsprinzip beruhte und von eingezahlten Beiträgen abhing, war Arbeitslosenhilfe eine steuerfinanzierte, bedarfsorientierte Sozialleistung im Nachrang.

Übergang zum Arbeitslosengeld II

Mit der Einführung des SGB II wurde die Arbeitslosenhilfe zum 1. Januar 2005 abgeschafft. Für zuvor berechtigte Bezieherinnen und Bezieher bedeutete dies einen Wechsel hin zu den strengeren Bedürftigkeitskriterien des Arbeitslosengeldes II, das geringere Freibeträge und eine weitreichendere Anrechnung von Vermögen vorsieht.


Gesetzliche Grundlagen (historisch)

Die Arbeitslosenhilfe war im Wesentlichen im Dritten Buch Sozialgesetzbuch (§§ 190 ff. SGB III a.F.) geregelt. Weitere wichtige Vorschriften fanden sich im Arbeitsförderungsgesetz (AFG).


Aktuelle Rechtslage

Seit dem 1. Januar 2005 ist die Arbeitslosenhilfe abgeschafft. Für erwerbsfähige Personen ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld steht das Arbeitslosengeld II als Grundsicherungsleistung zur Verfügung (§§ 19 ff. SGB II). Historische Ansprüche auf Arbeitslosenhilfe können nicht mehr geltend gemacht werden. Rückforderungs- und Überprüfungsansprüche verjähren nach den allgemeinen sozialrechtlichen Grundsätzen.


Bedeutung der Arbeitslosenhilfe im deutschen Sozialrecht

Die Arbeitslosenhilfe war über Jahrzehnte ein zentrales Instrument der sozialen Absicherung arbeitslos gewordener Personen ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld. Ihre Abschaffung war Bestandteil umfassender Reformen des Sozialstaats und des Arbeitsmarktes. Die Umstellung auf das Arbeitslosengeld II hatte erhebliche Auswirkungen auf den Leistungsumfang, die Bedürftigkeitsprüfung und die Eigenverantwortung der Leistungsbeziehenden.


Zusammenfassung

Die Arbeitslosenhilfe war bis Ende 2004 eine bedarfsorientierte Sozialleistung für Erwerbsfähige mit vollständig erschöpftem Anspruch auf Arbeitslosengeld. Ihre Ausgestaltung richtete sich nach sozial- und steuerrechtlichen Vorgaben, insbesondere zum Einkommen, Vermögen und zum Familienstand. Sie wurde 2005 im Zuge der Hartz-IV-Reformen durch das Arbeitslosengeld II ersetzt. Die rechtlichen Regelungen zur Arbeitslosenhilfe sind heute nur noch von historischer Bedeutung.

Häufig gestellte Fragen

In welchem Zeitraum muss Arbeitslosenhilfe beantragt werden?

Der Antrag auf Arbeitslosenhilfe ist unverzüglich nach Bekanntwerden der eigenen Bedürftigkeit zu stellen. Rechtlich maßgeblich ist hierbei der sogenannte Grundsatz der rechtzeitigen Antragstellung. Wer den Antrag zu spät stellt, erhält die Leistung erst ab dem Monat der Antragstellung (§ 37 SGB II). Rückwirkende Zahlungen sind grundsätzlich ausgeschlossen, es sei denn, der Antragsteller kann nachweisen, aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gehindert gewesen zu sein, den Antrag rechtzeitig zu stellen. Weiterhin gilt, dass die Anzeige der Arbeitslosigkeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit ebenfalls Voraussetzung ist, damit etwaige Sperrfristen, beispielsweise bei verspäteter Meldung, vermieden werden. Eine Anspruchsprüfung sowie Leistungsgewährung beginnen frühestens mit der Antragstellung und nicht ab Eintritt der Arbeitslosigkeit. Daher ist eine zeitnahe Antragstellung im eigenen Interesse dringend geboten.

Welche Unterlagen sind für die Beantragung der Arbeitslosenhilfe erforderlich?

Für die Beantragung der Arbeitslosenhilfe sind eine Vielzahl von Unterlagen einzureichen, um die Bedürftigkeit, die Anspruchsberechtigung und etwaige Leistungsansprüche detailliert zu prüfen. Hierzu gehören in der Regel: Personalausweis oder Reisepass, Nachweise über das Ende des letzten Beschäftigungsverhältnisses (meist Kündigungsschreiben oder Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB III), Nachweise über das Einkommen der letzten Monate, aktuelle Kontoauszüge, Mietvertrag und Nachweise zu Mietzahlungen, gegebenenfalls Nachweise über Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge sowie Belege zu Unterhaltspflichten. Bei besonderen Lebenslagen, wie Unterhaltsverpflichtungen oder Behinderung, sind ergänzende Dokumente vorzulegen. Die Agentur für Arbeit kann im Einzelfall weitere Unterlagen verlangen, um die Sachlage abschließend beurteilen zu können.

Wie erfolgt die Bedürftigkeitsprüfung im Rahmen der Arbeitslosenhilfe?

Die Bedürftigkeitsprüfung ist ein zentrales Element des Leistungsbezugs nach § 9 SGB II beziehungsweise § 19 SGB III. Es wird festgelegt, ob der Antragsteller die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosenhilfe erfüllt. Hierfür werden sämtliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers sowie der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen umfassend geprüft. Dazu gehören Einkommen aus Erwerbstätigkeit, Vermietung und Verpachtung, Unterhaltszahlungen, Leistungen Dritter und auch einmalige Einnahmen. Zudem werden verwertbares Vermögen, wie Sparguthaben, Wertpapiere oder Immobilien, berücksichtigt. Nicht jedes Vermögen wird jedoch angerechnet; sogenannte Schonvermögen, also gesetzlich geschützte Rücklagen wie eine Altersvorsorge oder kleinere Bargeldbeträge gemäß § 12 SGB II, bleiben unberücksichtigt. Die genaue Berechnung richtet sich nach den gesetzlichen Freibeträgen und der individuellen Lebenssituation des Antragstellers.

Welche Mitwirkungspflichten bestehen während des Bezugs der Arbeitslosenhilfe?

Empfänger von Arbeitslosenhilfe unterliegen nach den §§ 60 ff. SGB I ausgeprägten Mitwirkungspflichten. Dazu gehört die unverzügliche Anzeige jeder Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die Einfluss auf den Leistungsanspruch haben könnte, beispielsweise Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, Veränderung beim Familienstand, Zuzug weiterer Personen in die Bedarfsgemeinschaft oder Änderungen bei Miet- und Wohnkosten. Außerdem besteht eine Pflicht zur regelmäßigen Vorlage aktueller Nachweise, wie Gehalts- oder Kontoauszügen. Werden Mitwirkungspflichten schuldhaft verletzt, kann dies zur Versagung, Entziehung oder Rückforderung von Leistungen führen. Im Rahmen des Zumutbarkeitsprinzips (§ 10 SGB II) besteht zudem die Pflicht, alle zumutbaren Möglichkeiten zur Beendigung der Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen, unter anderem durch die Annahme angebotener Arbeitsstellen oder die Teilnahme an Integrationsmaßnahmen.

Wie lange wird Arbeitslosenhilfe gewährt?

Die Gewährung von Arbeitslosenhilfe ist zeitlich grundsätzlich unbegrenzt möglich, solange die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Arbeitslosenhilfe dient als nachrangige Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts, wenn kein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht, jedoch Hilfebedürftigkeit vorliegt. Die Leistungen werden in der Regel im Rahmen von Bewilligungszeiträumen gewährt, die meist sechs bis zwölf Monate betragen. Nach Ablauf eines Bewilligungszeitraums ist ein Weiterbewilligungsantrag zu stellen. Erst mit Prüfung der fortbestehenden Bedürftigkeit und Anspruchsgrundlagen erfolgt die Weitergewährung. Endet die Hilfebedürftigkeit, etwa durch Aufnahme einer Beschäftigung oder Wegfall des Wohnbedarfs, entfällt auch der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe.

Unter welchen Umständen kommt es zu einer Rückforderung von Arbeitslosenhilfe?

Rückforderungen von Arbeitslosenhilfe erfolgen insbesondere dann, wenn die Leistung zu Unrecht bezogen wurde, etwa aufgrund falscher Angaben, unterlassener Mitteilungen relevanter Änderungen oder nachträglich festgestellter fehlender Anspruchsgrundlagen gemäß § 45 SGB X. Rückforderungen können sich auf die gesamte Höhe der rechtswidrig bezogenen Leistungen summieren und sind vom Leistungsempfänger zu erstatten. Besonders strenge Maßstäbe gelten bei vorsätzlicher Täuschung oder grober Fahrlässigkeit. In diesen Fällen kann neben der Rückzahlung auch ein Bußgeld oder Strafverfahren drohen. Bereits gezahlte Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung, die auf die zurückgeforderte Arbeitslosenhilfe entfallen sind, werden hierbei ebenfalls berücksichtigt und können dem Versicherten in Rechnung gestellt werden.

Welche Möglichkeiten existieren gegen eine Leistungsablehnung oder Rückforderung vorzugehen?

Wird ein Antrag auf Arbeitslosenhilfe abgelehnt oder eine Rückforderung ausgesprochen, stehen dem Betroffenen rechtliche Mittel zur Verfügung. Zunächst kann gegen den Bescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch eingelegt werden (§ 84 SGG). Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens erfolgt eine nochmalige Überprüfung des Bescheids durch die Behörde. Sollte der Widerspruch erfolglos bleiben, ist die Erhebung einer Klage vor dem zuständigen Sozialgericht möglich. Die Klage muss schriftlich und unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen erfolgen. Während des Widerspruchsverfahrens besteht kein Anspruch auf Auszahlung der Leistung, außer im Falle einer expliziten Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht. Es empfiehlt sich, zur Wahrung der eigenen rechtlichen Interessen und Fristen gegebenenfalls rechtliche Beratung oder Vertretung, beispielsweise durch einen Anwalt oder eine Sozialberatungsstelle, in Anspruch zu nehmen.