Arbeitslosengeld: Begriff, Zweck und Einordnung
Arbeitslosengeld ist eine gesetzlich geregelte Geldleistung zur Absicherung von Personen, die ihre Beschäftigung verlieren und vorübergehend ohne Arbeit sind. Es dient als Lohnersatz und soll den Zeitraum bis zur Aufnahme einer neuen Beschäftigung finanziell überbrücken. Anspruchsgrundlage ist die vorherige Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung.
Abgrenzung zu Bürgergeld
Im Alltagsgebrauch wird mit „Arbeitslosengeld“ häufig die Versicherungsleistung gemeint. Daneben existiert die bedarfsorientierte Grundsicherung für erwerbsfähige Personen (Bürgergeld). Arbeitslosengeld als Versicherungsleistung ist nicht vermögensabhängig; die Grundsicherung berücksichtigt dagegen Bedarf, Einkommen und Vermögen. Beide Leistungsarten verfolgen unterschiedliche Ziele und haben unterschiedliche Voraussetzungen.
Träger und Finanzierung
Zuständig ist die Bundesagentur für Arbeit. Finanziert wird die Versicherungsleistung über Beiträge der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Arbeitgeber. Die Verwaltung erfolgt im Rahmen eines förmlichen Sozialleistungsverfahrens mit Bewilligungsbescheid.
Voraussetzungen des Anspruchs
Arbeitslosigkeit und Verfügbarkeit
Arbeitslos im rechtlichen Sinne ist, wer keine Beschäftigung von mehr als 15 Stunden wöchentlich ausübt, eine Beschäftigung sucht und den Vermittlungsbemühungen zur Verfügung steht. Verfügbarkeit setzt insbesondere voraus, dass kurzfristig eine zumutbare Beschäftigung aufgenommen werden kann.
Versicherungszeiten (Anwartschaft)
Der Anspruch setzt grundsätzlich voraus, dass innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens vor der Arbeitslosigkeit über einen Mindestzeitraum versicherungspflichtige Beschäftigung vorlag. Üblich ist eine Mindestdauer von zwölf Monaten innerhalb eines erweiterten Prüfzeitraums. Bestimmte Zeiten, etwa Elternzeit oder Pflege naher Angehöriger, können den Prüfzeitraum verlängern oder in anderer Weise berücksichtigt werden.
Meldungen und Nachweise
Vorausgesetzt wird die rechtzeitige Meldung als arbeitssuchend und als arbeitslos bei der Agentur für Arbeit sowie der Nachweis eigener Bemühungen um Beschäftigung. Ein lückenloser Leistungsbeginn hängt von fristgerechten Meldungen und vollständigen Angaben ab.
Beginn, Dauer und Höhe der Leistung
Beginn und Rahmenfristen
Der Leistungsanspruch beginnt grundsätzlich mit Eintritt der Arbeitslosigkeit und Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen. Aufschubtatbestände wie Ruhezeiten oder Sperrzeiten können den Beginn hinausschieben. Für die Prüfung von Vorbeschäftigungszeiten gelten feste Rahmenfristen.
Dauer des Anspruchs
Die Anspruchsdauer ist gestaffelt. Sie richtet sich nach der Dauer der versicherungspflichtigen Beschäftigung innerhalb eines festgelegten Betrachtungszeitraums und – bei längerer Versicherungsbiografie – auch nach dem Lebensalter. Für jüngere Personen liegt die maximale Bezugsdauer regelmäßig bei bis zu einem Jahr; für ältere Personen kann sie – bei entsprechend langen Vorversicherungszeiten – schrittweise bis zu zwei Jahren betragen.
Berechnung der Höhe
Bemessungszeitraum und -entgelt
Die Leistung wird aus dem durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelt eines Bemessungszeitraums vor Eintritt der Arbeitslosigkeit ermittelt. Aus dem maßgeblichen Entgelt wird ein pauschaliertes Nettoeinkommen berechnet, das die Grundlage für den Leistungssatz bildet. Fehlen verwertbare Entgeltdaten, kommen Ersatzbemessungen in Betracht.
Leistungssatz
Der Leistungssatz beträgt im Regelfall 60 Prozent des pauschalierten Nettoentgelts. Er erhöht sich auf 67 Prozent für Personen mit Kind im steuerlichen Sinn. Die Auszahlung erfolgt kalendertäglich und wird üblicherweise monatlich angewiesen.
Anrechnung von Einkommen
Erwerbseinkommen aus Nebenbeschäftigungen wird angerechnet. Eine Nebenbeschäftigung bis unter 15 Wochenstunden ist zulässig. Es gilt ein monatlicher Freibetrag; übersteigendes Einkommen mindert die Leistung. Bestimmte Entlassungsentschädigungen und Urlaubsabgeltungen führen nicht zu einer direkten Anrechnung, können aber zu einem Ruhen des Anspruchs führen.
Ruhen, Sperrzeit und Minderung
Sperrzeit
Eine Sperrzeit tritt ein, wenn das versicherte Ereignis durch eigenes Verhalten ohne wichtigen Grund mitverursacht wurde, etwa bei Eigenkündigung, bei einer verhaltensbedingten Kündigung oder bei verspäteter Meldung als arbeitssuchend. Während der Sperrzeit ruht die Zahlung; zudem verkürzt sich die Gesamtdauer des Anspruchs.
Ruhen des Anspruchs
Der Anspruch ruht, wenn andere Leistungen vorrangig sind oder wenn Entlassungsentschädigungen gezahlt werden und die ordentliche Kündigungsfrist nicht eingehalten wurde. Auch die Abgeltung von Resturlaub kann zu einem Ruhen führen. Während des Ruhens wird kein Arbeitslosengeld gezahlt, die Anspruchszeit läuft nicht ab.
Minderung der Anspruchsdauer
Neben Sperrzeiten kommen weitere Gründe für eine Minderung in Betracht, etwa wiederholte Pflichtverletzungen. Minderungen verkürzen die Gesamtbezugsdauer dauerhaft.
Rechte und Pflichten während des Bezugs
Zumutbarkeit von Arbeit
Leistungsberechtigte müssen grundsätzlich jede zumutbare Beschäftigung annehmen. Zumutbarkeit richtet sich unter anderem nach Qualifikation, gesundheitlicher Eignung, Pendelzeiten und der Entlohnung im Verhältnis zum bisherigen Entgelt; mit zunehmender Bezugsdauer erweitern sich die Zumutbarkeitsgrenzen.
Melde- und Mitwirkungspflichten
Bestehen bleiben Meldepflichten, Mitteilungspflichten bei Änderungen (zum Beispiel Aufnahme einer Beschäftigung, Krankheit, Umzug) und die Pflicht, an Vermittlungs- und Integrationsmaßnahmen teilzunehmen sowie eigene Bewerbungsbemühungen nachzuweisen. Verstöße können leistungsrechtliche Folgen haben.
Nebentätigkeit und Selbstständigkeit
Nebenbeschäftigungen sind bis zu einer wöchentlichen Arbeitszeitgrenze zulässig; Einkommen wird nach festen Regeln angerechnet. Eine Aufnahme oder Fortführung einer selbstständigen Tätigkeit ist möglich, wenn die Verfügbarkeit für Vermittlung gewahrt bleibt. Sonderregelungen gelten für die Förderung von Existenzgründungen aus der Arbeitslosigkeit.
Sozialversicherung, Steuern und sonstige Wirkungen
Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung
Während des Bezugs werden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung getragen; für die gesetzliche Rentenversicherung erfolgen Beitragszahlungen, die zu Rentenanwartschaften führen. Die Höhe der Beiträge orientiert sich an gesetzlich festgelegten Bemessungsgrundlagen, die regelmäßig unter dem früheren Arbeitsentgelt liegen.
Besteuerung
Arbeitslosengeld selbst wird nicht besteuert, unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt. Das bedeutet, dass es den Steuersatz für andere zu versteuernde Einkünfte erhöhen kann.
Auswirkungen auf andere Leistungen
Arbeitslosengeld kann mit anderen Leistungen zusammentreffen. Vorrangige Leistungen (etwa Krankengeld bei längerer Arbeitsunfähigkeit) schließen zeitweise die Zahlung aus. Reicht das Arbeitslosengeld zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht aus, kann ergänzend Grundsicherung in Betracht kommen; dabei gelten eigenständige Voraussetzungen.
Besonderheiten und Sonderfälle
Auslandsaufenthalt und Leistungsexport
Innerhalb der Europäischen Union sowie in bestimmten Vertragsstaaten kann Arbeitslosengeld für eine begrenzte Zeit zur Arbeitssuche exportiert werden, wenn die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Ein längerer Auslandsaufenthalt außerhalb arbeitsmarktpolitischer Zwecke führt in der Regel zum Ruhen oder Wegfall des Anspruchs.
Elternzeit, Pflegezeiten, Krankheit
Zeiten der Kindererziehung oder Pflege können die versicherungsrechtliche Betrachtung beeinflussen, beispielsweise durch Verlängerung von Prüfzeiträumen. Bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit erfolgt regelmäßig eine fortdauernde Leistungsgewährung für einen begrenzten Zeitraum; bei längerer Erkrankung greift vorrangig Krankengeld.
Übergang in Bürgergeld
Nach Ausschöpfen der Anspruchsdauer oder bei fehlender Anwartschaft kann ein Übergang in die bedarfsabhängige Grundsicherung erfolgen, sofern die dortigen Voraussetzungen vorliegen. Beide Systeme sind getrennt, können sich jedoch zeitlich abwechseln.
Verwaltungsverfahren und Rechtsschutz
Bewilligungsbescheid
Leistungsentscheidungen erfolgen in Form eines Bescheids. Er enthält Angaben zu Bewilligungszeitraum, Leistungshöhe, Anrechnungstatbeständen, Nebenbestimmungen sowie Belehrungen über Rechte und Pflichten.
Überprüfung, Widerspruch und Klage
Gegen ablehnende oder fehlerhafte Entscheidungen besteht die Möglichkeit, innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist Widerspruch einzulegen. Bleibt dieser ohne Abhilfe, kann sozialgerichtliche Klage erhoben werden. Daneben ist eine Überprüfung bestandskräftiger Bescheide auf Antrag möglich, wenn sich die Sach- oder Rechtslage geändert hat oder neue Tatsachen bekannt werden.
Häufig gestellte Fragen zum Thema Arbeitslosengeld
Was gilt rechtlich als Arbeitslosigkeit?
Als arbeitslos gilt, wer keine Beschäftigung von mehr als 15 Wochenstunden ausübt, Beschäftigung sucht und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit ohne wesentliche Einschränkungen zur Verfügung steht.
Wie lange kann Arbeitslosengeld bezogen werden?
Die Bezugsdauer richtet sich nach den versicherungspflichtigen Zeiten vor der Arbeitslosigkeit und dem Lebensalter. Für jüngere Personen beträgt sie maximal etwa ein Jahr; für ältere Personen kann sie stufenweise bis zu zwei Jahren reichen.
Wird eine Abfindung auf das Arbeitslosengeld angerechnet?
Eine Abfindung wird nicht als Einkommen angerechnet, kann aber zu einem Ruhen des Anspruchs führen, wenn die gesetzliche Kündigungsfrist nicht eingehalten wurde. In dieser Zeit ruht die Zahlung, ohne dass Anspruchstage verbraucht werden.
Welche Folgen hat eine Eigenkündigung?
Eine Eigenkündigung ohne wichtigen Grund kann eine Sperrzeit auslösen. Während der Sperrzeit ruht die Leistung; außerdem verkürzt sich die Gesamtdauer des Anspruchs.
Darf während des Bezugs gearbeitet werden?
Eine Nebenbeschäftigung unter 15 Wochenstunden ist zulässig. Einkommen wird angerechnet; ein monatlicher Freibetrag bleibt unberücksichtigt, darüber hinausgehendes Entgelt mindert die Leistung.
Ist das Arbeitslosengeld steuerpflichtig?
Die Leistung selbst ist steuerfrei, unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt. Dadurch kann sich der Steuersatz für andere steuerpflichtige Einkünfte erhöhen.
Kann Arbeitslosengeld ins Ausland mitgenommen werden?
Innerhalb der EU und bestimmter Vertragsstaaten ist ein zeitlich begrenzter Leistungsexport zur Arbeitssuche möglich, wenn die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt und Verfahren eingehalten sind. Außerhalb dieser Staaten ist ein Export grundsätzlich nicht vorgesehen.
Was passiert bei Krankheit während des Bezugs?
Bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit wird die Leistung für eine begrenzte Zeit weitergezahlt. Dauert die Krankheit an, tritt regelmäßig Krankengeld als vorrangige Leistung hinzu; in dieser Zeit ruht das Arbeitslosengeld.