Begriff und Definition der Arbeitskleidung
Arbeitskleidung bezeichnet Kleidungsstücke, die im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit getragen werden, um die private Kleidung zu schonen, Anforderungen des Arbeitsschutzes zu erfüllen, Hygienevorschriften einzuhalten oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe zu kennzeichnen. Die Unterscheidung zwischen Arbeitskleidung, Schutzkleidung und Dienstbekleidung ist rechtlich bedeutsam, da sich daraus unterschiedliche Pflichten und Rechte für Arbeitgebende und Arbeitnehmende ergeben.
Rechtliche Grundlagen der Arbeitskleidung
Gesetzliche Regelungen
Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet Arbeitgebende, Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit zu ergreifen. Hierzu zählt auch die Bereitstellung angemessener Arbeitskleidung, sofern betriebliche, gesundheitliche oder sicherheitstechnische Gründe dies erfordern. Die Verpflichtung erstreckt sich insbesondere auf Bereiche, in denen Risiken für die Sicherheit oder Gesundheit bestehen, wie beispielsweise in Industrie, Bauwesen oder Gesundheitswesen.
Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) und Unfallverhütungsvorschriften
Das Arbeitssicherheitsgesetz und die Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften konkretisieren, wann und in welchem Umfang Arbeits- und insbesondere Schutzkleidung zur Verfügung gestellt werden muss. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) gibt hierzu verbindliche Regelwerke vor.
Hygienerecht
In bestimmten Branchen, wie dem Lebensmittel- und Gesundheitssektor, schreiben Hygienevorschriften das Tragen bestimmter Arbeitskleidung vor. Dies ist im Infektionsschutzgesetz (IfSG) und weiteren branchenspezifischen Vorschriften geregelt.
Abgrenzung zu Dienst- und Schutzkleidung
- Arbeitskleidung: Dient in erster Linie dem Schutz der Privatkleidung und der Vereinheitlichung im Betrieb.
- Schutzkleidung: Stellt persönliche Schutzausrüstung (PSA) dar und bietet Schutz vor spezifischen Gefahren (z.B. Chemikalien, Hitze, mechanische Einflüsse).
- Dienstkleidung: Kleidungsstücke, die das äußere Erscheinungsbild prägen und das Tragen durch Arbeitsvertrag oder betriebliche Übung vorgeschrieben ist.
Die genaue Zuordnung hat Auswirkungen auf Umfang und Art der Bereitstellung sowie auf die Verpflichtungen der Beschäftigten zum Tragen der jeweiligen Kleidung.
Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit Arbeitskleidung
Pflicht zur Bereitstellung
Ob und in welchem Umfang Arbeitskleidung zu stellen ist, richtet sich nach dem Zweck der Kleidung:
- Ist das Tragen arbeitsvertraglich vorgeschrieben, mit Hygiene- oder Schutzvorschriften verbunden oder durch Dritte, etwa bei Kundenkontakt, geboten, muss der Arbeitgebende die entsprechende Kleidung in der Regel unentgeltlich bereitstellen (§ 618 BGB, § 3 ArbSchG).
- Für die Beschaffung herkömmlicher Arbeitskleidung, die lediglich der Schonung der Privatkleidung dient und keine besonderen Anforderungen erfüllt, kann eine abweichende vertragliche Regelung getroffen werden.
Pflicht zur Nutzung und Sorgfalt
Arbeitnehmende sind dazu verpflichtet, vom Arbeitgebenden bereitgestellte Arbeitskleidung zu verwenden, sofern dies aus Gründen des Arbeitsschutzes oder anderer betrieblicher Erfordernisse vorgeschrieben ist. Eine Missachtung kann als Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten angesehen werden.
Eine Sorgfaltspflicht im Umgang mit der bereitgestellten Kleidung besteht; eine grob fahrlässige Beschädigung kann zu Schadensersatzforderungen führen.
Reinigung und Instandhaltung
- Die Reinigung und Instandhaltung von Arbeitskleidung liegt grundsätzlich beim Arbeitgebenden, sofern die Kleidung aus Gründen des Arbeitsschutzes, der Hygiene oder aufgrund betrieblicher Notwendigkeit getragen wird (vgl. BAG, Urteil vom 14. Juni 2016, Az. 9 AZR 181/15).
- Ist die Kleidung aus rein optischen Gründen vorgegeben oder erfolgt das Tragen freiwillig durch die Beschäftigten, kann eine andere Regelung getroffen werden.
Kostentragungspflicht
Die Kostenübernahme für Arbeitskleidung richtet sich nach Zweck und Wert der Kleidung sowie nach der vertraglichen oder tariflichen Regelung. Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen sehen häufig weitergehende Vorgaben für die Kostenübernahme und ggf. die Zahlung einer Ausstattungs- oder Reinigungspauschale vor.
Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Aspekte
Steuerliche Behandlung
Arbeitskleidung zählt grundsätzlich zu den steuerlich abziehbaren Werbungskosten nach § 9 EStG, sofern es sich um typische Berufskleidung handelt, die objektiv nahezu ausschließlich für die berufliche Verwendung bestimmt ist (z. B. Arztkittel, Uniformen). Das Finanzamt erkennt Aufwendungen für bürgerliche Kleidung, selbst wenn sie ausschließlich am Arbeitsplatz getragen wird, nicht als Werbungskosten an.
Wird die Arbeitskleidung vom Arbeitgebenden gestellt und unentgeltlich zur Verfügung gestellt, liegt in der Regel kein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil vor. Für die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Schutzkleidung nach gesetzlichen Vorgaben entfällt die Steuerpflicht (§ 3 Nr. 31 EStG).
Sozialversicherungsrechtliche Einordnung
Die Überlassung von typischer Berufskleidung durch den Arbeitgebenden stellt keinen beitragspflichtigen Arbeitslohn dar, sofern sie ausschließlich für die Arbeit bestimmt und nicht zur privaten Nutzung geeignet ist (Richtlinie der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger).
Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei Fragen der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb sowie bei Maßnahmen des Gesundheitsschutzes. Dies umfasst insbesondere Vorgaben zur Einführung, Gestaltung und Nutzung von Arbeitskleidung. Ebenso ist der Betriebsrat bei der Auswahl der Kleidung, deren Ausstattung sowie Regelungen zur Pflege und Reinigung zu beteiligen.
Sonderregelungen und Ausnahmefälle
Besondere Branchen
Im Gesundheitswesen, in der Lebensmittelindustrie und im Chemiesektor gelten strikte Vorschriften hinsichtlich Hygiene und Arbeitsschutz, die detaillierte Anforderungen an die verwendete Arbeitskleidung enthalten. Zusätzlich bestehen oft eigene branchenspezifische Gesetze und Verordnungen.
Teilzeit- und geringfügig Beschäftigte
Für diese Gruppen gelten die gleichen Rechte und Pflichten bezüglich der Bereitstellung sowie der Nutzung von Arbeitskleidung wie für Vollzeitbeschäftigte, sofern keine abweichenden arbeitsvertraglichen Vereinbarungen oder tariflichen Regelungen bestehen.
Sanktionen bei Verstößen
Sowohl das Nichtbereitstellen notwendiger Arbeitskleidung durch Arbeitgebende als auch die Missachtung der Tragepflicht durch Arbeitnehmende können arbeitsrechtliche Folgen nach sich ziehen. Arbeitgebende riskieren zudem Bußgelder oder Haftungsansprüche bei Verstößen gegen Arbeitsschutz- oder Hygieneregeln.
Literatur und weiterführende Rechtsprechung
- § 3 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
- § 618 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
- § 9 Einkommensteuergesetz (EStG)
- § 3 Nr. 31 Einkommensteuergesetz (EStG)
- § 87 BetrVG
- BAG, Urteil vom 14. Juni 2016, Az. 9 AZR 181/15
Hinweis: Die dargestellten Inhalte bieten einen umfassenden Überblick über die rechtlichen Anforderungen und Aspekte der Arbeitskleidung im deutschen Arbeitsrecht. Individuelle Fälle können abweichende rechtliche Bewertungen erforderlich machen.
Häufig gestellte Fragen
Wer trägt die Kosten für die Arbeitskleidung?
Die Frage, wer für die Kosten der Arbeitskleidung aufkommen muss, wird in Deutschland vornehmlich nach dem Arbeitsschutzgesetz, den Sozialgesetzbüchern und durch Tarifverträge geregelt. Grundsätzlich gilt: Ist das Tragen bestimmter Arbeitskleidung vom Arbeitgeber aus gesundheitlichen, sicherheitsrechtlichen oder hygienischen Gründen vorgeschrieben (also etwa bei Schutzkleidung oder -ausrüstung), ist der Arbeitgeber nach § 3 Abs. 3 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und § 618 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verpflichtet, diese Kleidung kostenlos bereitzustellen und zu unterhalten. Hierzu zählen auch Reinigung, Wartung und ggf. Ersatzbeschaffung der Arbeitskleidung. Anders kann die Situation bei „einfacher“ Berufskleidung aussehen, die nicht dem Schutz, sondern lediglich Repräsentationszwecken dient. Hier kann der Arbeitgeber – sofern keine anderweitigen Regelungen im Tarifvertrag, in Betriebsvereinbarungen oder im Arbeitsvertrag bestehen – dem Arbeitnehmer die Kosten für die Kleidung auferlegen. Eine Umlage auf den Lohn durch Abzüge ist aber nur mit ausdrücklicher Einwilligung des Arbeitnehmers und unter Einhaltung der Pfändungsfreigrenzen zulässig.
Dürfen Arbeitnehmer Arbeitskleidung privat nutzen?
Ob Arbeitskleidung auch privat getragen werden darf, hängt maßgeblich vom Nutzungszweck und von vertraglichen sowie tariflichen Regelungen ab. Bei Schutzkleidung ist die private Nutzung in der Regel ausgeschlossen, da sie besonderen Normen und Wartungsanforderungen unterliegt und nur im Rahmen der beruflichen Tätigkeit getragen werden darf. Verstöße können hier arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen und auch der Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung kann entfallen. Handelt es sich dagegen um „normale“ Dienst- oder Firmenkleidung ohne besondere Schutzfunktion, ist eine private Nutzung grundsätzlich möglich, sofern sie nicht explizit vertraglich ausgeschlossen wurde. Arbeitgeber können aus berechtigtem Interesse (z.B. zur Wahrung des Unternehmensimages) die private Nutzung jedoch untersagen.
Wer ist für die Reinigung der Arbeitskleidung verantwortlich?
Auch hier kommt es auf den Zweck der Kleidung an: Ist die Arbeitskleidung als persönliche Schutzausrüstung (z.B. bei gesundheitlichen Risiken oder Gefahrstoffen) vorgeschrieben, verpflichtet das Arbeitsschutzgesetz den Arbeitgeber zur Reinigung und Instandhaltung – und dies auf eigene Kosten. Diese Pflicht wird durch mehrere Urteile der Arbeitsgerichte bestätigt, da Schutzwirkung und Funktionsfähigkeit der Kleidung nur so gewährleistet werden können. Die Reinigung zu Hause durch die Arbeitnehmer ist in diesen Fällen meist sogar unzulässig, insbesondere wenn beim Waschvorgang Gesundheitsrisiken für Familienangehörige entstehen. Für einfache Berufsbekleidung ohne Schutzfunktion kann jedoch arbeitsvertraglich geregelt sein, dass die Reinigungspflicht beim Arbeitnehmer liegt – wobei in der Regel ein angemessener Ausgleich (Waschkostenpauschale) vereinbart werden sollte.
Muss das Tragen von Arbeitskleidung vergütet werden?
Die Frage, ob das An- und Ausziehen der Arbeitskleidung als vergütungspflichtige Arbeitszeit gewertet wird, kann je nach Einzelfall unterschiedlich beantwortet werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist das Umkleiden dann als Arbeitszeit anzusehen, wenn das Tragen der Arbeitskleidung aus hygienischen oder sicherheitsrechtlichen Gründen zwingend vorgeschrieben ist und die Kleidungsstücke nicht bereits auf dem Weg zur Arbeit getragen werden dürfen. In solchen Fällen hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Vergütung für die Umkleidezeiten. Voraussetzung ist allerdings, dass das Umkleiden grundsätzlich auf Weisung des Arbeitgebers und in dessen Räumlichkeiten erfolgen muss.
Welche gesetzlichen Vorgaben gelten zur Qualität oder Sicherheit von Arbeitskleidung?
Im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben ist insbesondere die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) relevant. Arbeitskleidung, die als persönliche Schutzausrüstung (PSA) dient, muss diversen europäischen Normen (EN-Normen) entsprechen und das CE-Kennzeichen tragen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, regelmäßig zu prüfen, ob die Schutzausrüstung geeignet und auf dem aktuellen Stand der Technik ist. Die individuelle Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz bildet die Grundlage, welche Art von Arbeitskleidung und Schutzausrüstung vorzuhalten ist. Neben gesetzlichen Vorgaben können auch branchenspezifische Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften einschlägig sein.
Dürfen Arbeitnehmer Arbeitskleidung verweigern?
Arbeitnehmer sind grundsätzlich verpflichtet, die vom Arbeitgeber vorgeschriebene und bereitgestellte Arbeitskleidung zu tragen, insbesondere wenn sie dem Gesundheitsschutz oder der Arbeitssicherheit dient. Eine Weigerung kann als Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten gewertet werden und disziplinarische Maßnahmen nach sich ziehen – bis hin zur Abmahnung oder (in schweren Fällen) zur Kündigung. Vor einer Sanktionierung ist jedoch stets zu prüfen, ob die Kleidung tatsächlich zwingend vorgeschrieben, passend sowie mängelfrei ist und der Arbeitnehmer rechtzeitig darüber informiert wurde.
Gibt es steuerliche Aspekte bei Arbeitskleidung?
Arbeitskleidung kann unter bestimmten Voraussetzungen als Werbungskosten steuerlich geltend gemacht werden. Hierbei unterscheidet das Finanzamt zwischen „typischer“ Arbeitskleidung (z.B. Uniformen, Schutzanzüge) und allgemein verwendbarer Kleidung. Nur Ausgaben für als typische Arbeitskleidung anerkannte Berufskleidung können abgesetzt werden; Anzüge oder „normale“ Kleidung (auch wenn sie nur im Betrieb getragen wird), werden meist nicht anerkannt. Stellt der Arbeitgeber die Arbeitskleidung kostenlos zur Verfügung, entsteht in der Regel kein geldwerter Vorteil, wenn ein Wiederverwendung außerhalb der Arbeit ausgeschlossen ist. Andernfalls kann unter bestimmten Umständen eine Versteuerung erforderlich werden.