Definition und Rechtsgrundlagen des Arbeitsentgelts
Das Arbeitsentgelt ist ein zentrales Rechtsinstitut im Arbeitsrecht und bezeichnet die Gegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer geleistete Arbeit. Es stellt eine Hauptpflicht aus dem Arbeitsverhältnis gemäß § 611a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar und umfasst sämtliche vermögenswerten Leistungen, die dem Arbeitnehmer auf Grund eines Arbeitsverhältnisses zufließen. Die präzise Abgrenzung und rechtliche Behandlung des Arbeitsentgelts ist von erheblicher Bedeutung für das Individual- wie auch das Kollektivarbeitsrecht, das Sozialversicherungsrecht sowie das Steuerrecht.
Abgrenzung und Arten des Arbeitsentgelts
Grundvergütung und sonstige Bestandteile
Das Arbeitsentgelt lässt sich in folgende wesentliche Bestandteile untergliedern:
- Grundvergütung: Regelmäßig gezahlter Lohn oder das Gehalt als monatlicher Festbetrag.
- Zulagen, Zuschläge und Prämien: Hierzu zählen z. B. Überstundenzuschläge, Nachtarbeitszuschläge, Leistungsprämien und Schichtzulagen.
- Sachleistungen: Überlassung von Wohnung, Dienstwagen zur privaten Nutzung, Kost oder anderen Sachwerten.
- Boni und erfolgsabhängige Vergütungen: Einmalzahlungen, Gewinnbeteiligungen, Zielerreichungsprämien.
Nicht als Arbeitsentgelt gelten Aufwandsentschädigungen, Zuschüsse zur betrieblichen Altersversorgung, sowie echte Aufwendungsersatzleistungen.
Laufende und einmalige Bezüge
Das Arbeitsentgelt kann als laufende (regelmäßig wiederkehrende) oder einmalige Leistung (z. B. Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Jubiläumszuwendungen) erbracht werden. Für sozialversicherungsrechtliche und steuerliche Fragen ist diese Unterscheidung essenziell.
Rechtsquellen und Regelungen zum Arbeitsentgelt
Gesetzliche Grundlagen
- § 611a BGB: Regelt die Vergütungspflicht im Rahmen des Arbeitsvertrags.
- Mindestlohngesetz (MiLoG): Legt den gesetzlichen Mindestlohn fest, den jeder Arbeitnehmer beanspruchen kann.
- Tarifvertragsgesetz (TVG): Ermöglicht tarifliche Regelungen zur Entgelthöhe und -struktur.
- Arbeitszeitgesetz (ArbZG): Bestimmt u. a. den Lohn- oder Freizeitausgleich für geleistete Überstunden und Mehrarbeit.
Tarifliche und vertragliche Vereinbarungen
Das Arbeitsentgelt wird häufig durch Tarifverträge (Branchen- oder Haustarife) geregelt. Auch Betriebsvereinbarungen können ergänzende Regelungen enthalten. Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer nichts anderes vereinbart oder fehlt eine tarifvertragliche Regelung, so greift die Vergütungsregelung nach BGB, wonach eine übliche Vergütung als vereinbart gilt (§ 612 BGB).
Arbeitsentgelt im Sozialversicherungsrecht
Begriffsbestimmung nach SGB IV
Nach § 14 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) ist das Arbeitsentgelt im Sozialversicherungsrecht als „Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob sie laufend oder einmalig gezahlt werden“, definiert. Dazu gehören alle geldwerten Vorteile, die mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis gewährt werden. Die Abgrenzung ist maßgeblich für die Feststellung der Beitragspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung.
Beitragspflicht und Meldepflicht
Das gesamte Arbeitsentgelt unterliegt der Beitragspflicht, sofern es die gesetzlich festgelegten Grenzen nicht unterschreitet oder überschreitet (Geringfügigkeitsgrenze bzw. Beitragsbemessungsgrenze). Arbeitgeber sind zur ordnungsgemäßen Anmeldung und Abführung der Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet.
Arbeitsentgelt im Steuerrecht
Lohnsteuerpflicht
Arbeitsentgelt unterliegt nach § 38 Einkommensteuergesetz (EStG) der Lohnsteuer. Der Arbeitgeber hat als Abzugsverpflichteter die Lohnsteuer direkt vom Bruttolohn einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Neben Geldleistungen gelten auch Sachbezüge ab einer bestimmten Freigrenze als steuerpflichtiges Entgelt.
Steuerfreie und steuerbegünstigte Bezüge
Einige Bestandteile des Arbeitsentgelts sind (teilweise) steuerfrei oder unterliegen einer Pauschalversteuerung, z. B. Fahrkostenzuschüsse, Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit bis zu bestimmten Höchstbeträgen oder Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung.
Besondere Entgeltformen und Abgrenzungen
Variable und flexible Entgeltbestandteile
Neben dem festen Gehalt oder Lohn werden in etlichen Arbeitsverhältnissen variable Arbeitsentgeltbestandteile wie Provisionen oder erfolgsorientierte Prämien vereinbart. Diese müssen eindeutig vertraglich geregelt sein und unterliegen denselben arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Bestimmungen wie die Grundvergütung.
Arbeitsentgelt während Sondertatbeständen
- Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 3 EFZG): Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts bei Krankheit bis zu sechs Wochen.
- Elterngeld und Mutterschaftsgeld: Ersetzt das entfallende Entgelt beim Bezug von Elternzeit oder während des Mutterschutzes.
- Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld: Freiwillige oder tariflich geregelte Sonderzahlungen.
Auskunfts-, Nachweis- und Zahlungspflichten
Pflicht zur Lohnabrechnung
Arbeitgeber sind nach § 108 Gewerbeordnung (GewO) verpflichtet, dem Arbeitnehmer bei jeder Zahlung des Arbeitsentgelts eine schriftliche Abrechnung auszuhändigen. Diese muss alle Gehaltsbestandteile sowie die Abzüge (Steuer, Sozialversicherung, ggf. Pfändungen) klar ausweisen.
Fälligkeit und Zahlungsweise
Das Arbeitsentgelt ist gem. § 614 BGB nach der Arbeitsleistung zu entrichten, es sei denn, eine andere Vereinbarung (z. B. Vorschusszahlungen) wurde getroffen. Die Zahlung muss spätestens am vereinbarten Zahltag oder, sofern nicht anderweitig geregelt, spätestens am letzten Tag des Abrechnungszeitraums erfolgen.
Rechtsfolgen bei Verzug oder Nichtzahlung
Kommt der Arbeitgeber mit der Zahlung des Arbeitsentgelts in Verzug, steht dem Arbeitnehmer nach § 288 BGB ein Verzugszins zu. Darüber hinaus besteht unter Umständen, etwa bei erheblichen Rückständen, ein Recht zur Leistungsverweigerung oder – im Einzelfall – zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
Zusammenfassung
Das Arbeitsentgelt ist ein zentraler Begriff im deutschen Arbeitsrecht und bezeichnet jede auf Grund eines Arbeitsverhältnisses erbrachte Gegenleistung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer, mit Bedeutung für das Arbeitsvertrags-, Tarif-, Sozialversicherungs- und Steuerrecht. Die detaillierte Erfassung und Abgrenzung aller Arbeitsentgeltsbestandteile ist essenziell für eine korrekte rechtliche Beurteilung und Abwicklung des Arbeitsverhältnisses sowie für die Einhaltung der gesetzlichen, tariflichen und steuerlichen Pflichten.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Zahlung des Arbeitsentgelts in Deutschland?
Die Zahlung des Arbeitsentgelts ist in Deutschland insbesondere durch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das Handelsgesetzbuch (HGB), das Mindestlohngesetz (MiLoG) sowie durch kollektivrechtliche Regelungen wie Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen geregelt. Gemäß § 611a BGB ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer ein vereinbartes Arbeitsentgelt zu zahlen. Mindeststandards werden darüber hinaus durch das MiLoG definiert, welches einen verbindlichen Mindestlohn festlegt. Ergänzend können im anwendbaren Tarifvertrag weitere Regelungen zur Entgeltstruktur, zu Zuschlägen oder Sonderzahlungen bestehen. Betriebsvereinbarungen können ebenfalls individuelle Entgeltregelungen enthalten, die im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) getroffen werden. Das HGB spielt eine Rolle, wenn es sich um kaufmännische Angestellte handelt. Die genaue Fälligkeit und Höhe des Entgelts orientiert sich am Arbeitsvertrag und den genannten gesetzlichen bzw. kollektivrechtlichen Regelungen.
Wann gilt das Arbeitsentgelt als fällig und welche Fristen müssen Arbeitgeber beachten?
Die Fälligkeit des Arbeitsentgelts richtet sich primär nach der Vereinbarung im Arbeitsvertrag. Fehlt eine ausdrückliche Regelung, sieht § 614 BGB vor, dass die Vergütung nach Erbringung der Arbeitsleistung, also regelmäßig am Monatsende, zu zahlen ist. Wird allerdings eine andere Frist vertraglich, tariflich oder kraft betrieblicher Übung vereinbart, gilt diese vorrangig. Tarifverträge und betriebliche Übung können zum Beispiel vorsehen, dass das Gehalt jeweils zum 15. oder zum letzten Tag eines Monats gezahlt wird. Kommt der Arbeitgeber mit der Zahlung in Verzug, stehen dem Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen Verzugszinsen und ggf. eine Pauschale gemäß § 288 BGB zu. Bei verspäteter Gehaltszahlung kann zudem ein Zurückbehaltungsrecht oder unter Umständen auch das Recht zur fristlosen Kündigung bestehen.
Welche rechtlichen Ansprüche bestehen bei ausbleibender oder verspäteter Zahlung des Arbeitsentgelts?
Bleibt die Arbeitsentgeltzahlung aus oder verzögert sich diese, können Arbeitnehmer nach § 615 BGB und den auf Arbeitsverhältnisse anwendbaren arbeitsrechtlichen Grundsätzen ihren Anspruch auf Zahlung gerichtlich geltend machen. Neben dem Anspruch auf das fällige Gehalt können Arbeitnehmer auch Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 BGB beanspruchen. Bei vollständigem Zahlungsverzug besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, die Arbeit zu verweigern (§ 273 BGB, Zurückbehaltungsrecht). Bei wiederholtem oder erheblichem Rückstand ist zudem eine außerordentliche, fristlose Kündigung aus wichtigem Grund möglich (§ 626 BGB). Rechtliche Schritte können durch eine Klage vor dem Arbeitsgericht eingeleitet werden; viele Arbeitnehmer nutzen in diesem Zusammenhang auch den gerichtlichen Mahnbescheid nach §§ 688 ff. ZPO oder wenden sich an eine Gewerkschaft, soweit sie Mitglied sind.
Wer entscheidet, ob und in welcher Höhe Sonderzahlungen (z.B. Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld) zum Arbeitsentgelt gehören?
Die Gewährung und Höhe von Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld oder Prämien richten sich im Wesentlichen nach arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, einschlägigen Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder betrieblicher Übung. Ein Rechtsanspruch auf solche Zahlungen besteht nur, wenn eine entsprechende Regelung (explizit oder durch wiederholte vorbehaltlose Zahlung) vorhanden ist. Fehlt eine entsprechende Regelung, kann aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 242 BGB) ein Anspruch entstehen, wenn vergleichbare Arbeitnehmer Sonderzahlungen erhalten. Der Arbeitgeber kann die Zahlung von Sonderleistungen unter bestimmten Voraussetzungen von Bedingungen abhängig machen (z.B. Stichtagsregelungen, Rückzahlungsklauseln). Diese Bedingungen müssen jedoch rechtlich zulässig und ausreichend transparent sein, da andernfalls eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers im Sinne des § 307 BGB vorliegen kann.
Welche gesetzlichen Vorgaben gelten für die Berechnung und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts?
Das Arbeitsentgelt setzt sich typischerweise zusammen aus Grundlohn bzw. Grundgehalt und möglichen Zuschlägen (z.B. für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, Überstunden), Zulagen sowie Sonderzahlungen. Die Mindesthöhe des Entgelts regelt das Mindestlohngesetz (MiLoG). Tarifverträge können darüber hinaus weitergehende Rahmenbedingungen für die Entgeltberechnung schaffen. Bei der Entgeltabrechnung sind die Vorgaben der Entgeltabrechnungsverordnung (EntgAbRV) einzuhalten, welche die inhaltlichen und formalen Anforderungen an die Lohnabrechnung definiert. Bei Störfällen (Krankheit, Urlaub, Feiertage) gelten die Entgeltfortzahlungsgesetze (Entgeltfortzahlungsgesetz – EFZG) als spezielle Regelungen. Arbeitgeber sind verpflichtet, die Berechnungsgrundlagen und sämtliche Abzüge (z.B. Steuern, Sozialversicherungsbeiträge) transparent aufzuführen.
Welche Rolle spielen Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen für die Höhe und Struktur des Arbeitsentgelts?
Tarifverträge legen für zahlreiche Branchen Mindeststandards für die Höhe und die Differenzierung des Arbeitsentgelts fest. Sie enthalten häufig detaillierte Regelungen zu Grundlohn, Zuschlägen, Sonderzahlungen oder Gehaltssteigerungen. Sind Arbeitgeber tarifgebunden oder wenden diese die tariflichen Regelungen per Bezugsklausel an, sind diese zwingend verbindlich (§ 4 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz – TVG). Betriebsvereinbarungen regeln betriebsinterne Entgeltbestandteile und können ergänzend oder abweichend von Tarifverträgen spezifische Ausgestaltung zu Zulagen, Prämien oder Leistungsentgelt enthalten, soweit dies gesetzlich oder tarifvertraglich zulässig ist. Die Mitbestimmung des Betriebsrats im Rahmen des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ist dabei zwingend vorgeschrieben, sofern es um die betriebliche Lohngestaltung geht, sofern keine tarifliche Regelung besteht.
Inwieweit ist das Arbeitsentgelt vor einer Kürzung oder Einbehaltung (z.B. als Strafe, wegen Fehlern) geschützt?
Das Arbeitsentgelt unterliegt einem besonderen Schutz nach § 611a BGB als Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers. Eine Kürzung oder Einbehaltung von Arbeitsentgelt ist nur unter engen gesetzlichen Voraussetzungen zulässig. Abzüge vom Lohn dürfen grundsätzlich nur dann erfolgen, wenn eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung vorliegt (z.B. für Steuern, Sozialabgaben) oder der Arbeitnehmer schriftlich eingewilligt hat. Vertragsstrafen oder Schadensersatzforderungen des Arbeitgebers dürfen nur einbehalten werden, wenn dies vorher ausdrücklich und transparent im Arbeitsvertrag geregelt wurde und die Höhe angemessen ist (§ 307 BGB, Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen). Unwirksame oder unangemessen benachteiligende Klauseln sind nichtig. Unzulässig sind sogenannte „Eigenmacht“-Einbehalte („Lohnabzug zur Eigenvollstreckung“), ohne gerichtlichen Titel oder Einverständnis des Arbeitnehmers. Besondere Schutzmechanismen gelten zudem für das unpfändbare Einkommen (§ 850c ZPO).