Definition und Bedeutung der Arbeitsberatung
Unter Arbeitsberatung wird eine institutionalisierte, rechtlich geregelte Dienstleistung verstanden, die dem Zweck dient, Arbeitsuchende und Arbeitgeber umfassend zu Fragen des Arbeitsmarktes, der Berufswahl, der Ausbildung, der Weiterbildung sowie zu Eingliederungshilfen zu informieren, zu unterstützen und individuell zu beraten. Die Arbeitsberatung zählt zu den zentralen Aufgaben der öffentlichen Arbeitsverwaltung in Deutschland und ist ein elementarer Bestandteil der staatlichen Arbeitsförderung im Sinne des Sozialgesetzbuches (SGB). Sie dient insbesondere der Förderung der Chancengleichheit am Arbeitsmarkt sowie der Erleichterung der beruflichen Integration.
Rechtliche Grundlagen der Arbeitsberatung
Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)
Die rechtliche Grundlage der Arbeitsberatung findet sich vor allem im Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) – „Arbeitsförderung“. Nach § 29 SGB III gehört die Beratung Arbeitsuchender, Arbeitsloser und von Personen, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind, zu den gesetzlichen Pflichten der Bundesagentur für Arbeit. Diese Beratung umfasst alle Fragen, die mit der Aufnahme, Ausübung, Fortsetzung oder Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses in Zusammenhang stehen.
Leistungen der Arbeitsberatung (§§ 28 ff. SGB III)
Das SGB III unterscheidet zwischen verschiedenen Arten der Beratung, darunter:
- Berufliche Beratung (§ 30 SGB III)
- Beratung zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben (§ 31 SGB III)
- Beratung zu Förderleistungen (z. B. Vermittlungsbudget, Weiterbildung)
Die Beratung ist grundsätzlich ergebnisoffen, neutral und an den individuellen Bedürfnissen sowie den Eignungen der Ratsuchenden ausgerichtet.
Pflichten der Arbeitsverwaltungen
Die Träger der Arbeitsverwaltung, namentlich die Bundesagentur für Arbeit, haben eine umfassende Auskunfts- und Beratungspflicht. Diese besteht nicht nur gegenüber Arbeitsuchenden, sondern auch gegenüber Arbeitgebern hinsichtlich Arbeitsvermittlung, Personalbeschaffung und Fördermöglichkeiten nach dem SGB III.
Datenschutz und Schweigepflicht
Die im Rahmen der Arbeitsberatung erhobenen personenbezogenen Daten unterliegen den strengen Regelungen des Datenschutzes (§§ 67 ff. SGB X). Es besteht eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht, sodass Informationen ohne ausdrückliche Zustimmung der ratsuchenden Person nicht an Dritte weitergegeben werden dürfen.
Umfang und Inhalte der Arbeitsberatung
Beratung von Arbeitsuchenden
Im Rahmen der Arbeitsberatung erhalten Arbeitsuchende Unterstützung bei der Berufsorientierung, Stellensuche, Erstellung von Bewerbungsunterlagen sowie Hilfestellung beim Erwerb neuer Qualifikationen. Ebenfalls umfasst die Beratung Informationen über Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem Arbeitslosengeld, Sperrzeiten, Meldepflichten und Eigenbemühungen (§ 38 SGB III).
Beratung von Arbeitgebern
Für Arbeitgeber stellt die Arbeitsberatung eine wichtige Informationsquelle zu Möglichkeiten der Personalrekrutierung, arbeitsrechtlichen Anforderungen und Fördermaßnahmen dar (z. B. Eingliederungszuschüsse). Auch stehen Informationen zu befristeten Beschäftigungen, Probearbeitsverhältnissen und Förderprogrammen für spezielle Personengruppen (z. B. ältere Arbeitnehmer) im Mittelpunkt.
Besondere Beratungsformen
Berufsberatung für Jugendliche
Die frühzeitige Beratung von Schülerinnen und Schülern hinsichtlich der Berufswahl zählt zu den essentiellen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit und ist in § 30 SGB III ausdrücklich geregelt. Die Beratung orientiert sich an Eignung, Neigung und Leistungsfähigkeit der Jugendlichen und unterstützt so zielgerichtet den Übergang von Schule zu Beruf.
Beratung für Menschen mit Behinderung
Schwerbehinderte Menschen und ihnen gleichgestellte Personen erhalten gesonderte Beratung nach § 31 SGB III, um ihre Teilhabe am Arbeitsleben durch individuelle Maßnahmen und Förderangebote zu sichern.
Verfahren und Ablauf der Arbeitsberatung
Antrag und Anspruch
Ein Anspruch auf Arbeitsberatung besteht für alle Personen, die sich bei der Bundesagentur für Arbeit als arbeitsuchend melden beziehungsweise deren berufliche (Wieder-)Eingliederung erschwert ist. Die Beratung erfolgt nach persönlicher Vorsprache, telefonisch, digital oder in Gruppenveranstaltungen.
Dokumentation
Die Inhalte und Ergebnisse der Beratungsgespräche werden in einer gesetzlichen Integrationsakte zur Sicherstellung der Nachvollziehbarkeit sowie zur Planung weiterer arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen dokumentiert (§ 51a SGB II, § 51 SGB III).
Rechtsfolgen
Die Inanspruchnahme der Arbeitsberatung ist in gewissen Konstellationen Voraussetzung für den Bezug von Förderleistungen oder finanziellen Unterstützungen. Wird die Arbeitsberatung nicht wahrgenommen, kann dies nach § 159 SGB III sanktioniert werden (z. B. durch Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld).
Rechtsmittel und Kontrollmöglichkeiten
Gegen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Arbeitsberatung, insbesondere zu abgelehnten Fördermaßnahmen, bestehen die regulären sozialrechtlichen Widerspruchs- und Klagemöglichkeiten nach dem SGB X und der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Arbeitsberatung im Kontext der Europäischen Union
Arbeitsberatung ist auch europaweit als arbeitsmarktpolitisches Instrument anerkannt. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gewährleisten durch entsprechende Rechtsakte (u. a. Richtlinie 2016/2341/EU) die grenzübergreifende Zusammenarbeit der Arbeitsverwaltungen im Rahmen der europäischen Arbeitsvermittlung (EURES-Netzwerk).
Abgrenzungen und verwandte Begriffe
Die Arbeitsberatung ist von der allgemeinen Rechtsberatung, der Sozialberatung sowie der betrieblichen Personalberatung abzugrenzen. Während die allgemeine Rechtsberatung rechtliche Einzelfragen umfasst, bezieht sich die Arbeitsberatung schwerpunktmäßig auf Fragen des Arbeitsmarktes, der beruflichen Orientierung und der Vermittlung.
Weiterführende Rechtsquellen und Literatur
- Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III): §§ 1, 29 ff., 38, 51
- Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II): §§ 14, 15, 51a
- Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X): §§ 13, 67 ff.
- Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
- Richtlinien und Mitteilungen der Bundesagentur für Arbeit
Fazit
Die Arbeitsberatung bildet einen integralen Bestandteil des deutschen Arbeitsrechts und dient der Förderung der Chancengleichheit am Arbeitsmarkt sowie der Unterstützung arbeitsmarktpolitischer Ziele. Sie ist rechtlich umfassend im Sozialgesetzbuch geregelt und unterliegt weitreichenden Pflichten zu Datenschutz, Neutralität und Beratungsoffenheit. Die Beratung ist ein wesentliches Instrument zur Stärkung individueller Beschäftigungsfähigkeit, zur Unterstützung von Arbeitgebern und zur Integration bestimmter Personengruppen in den Arbeitsmarkt.
Häufig gestellte Fragen
Wer hat gesetzlichen Anspruch auf Arbeitsberatung und unter welchen Voraussetzungen?
In Deutschland besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Arbeitsberatung gemäß Sozialgesetzbuch (SGB) III, insbesondere nach § 29 SGB III. Dieser Anspruch richtet sich in erster Linie an Personen, die arbeitslos, arbeitssuchend oder von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Das umfasst sowohl Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bereits ihren Arbeitsplatz verloren haben, als auch solche, die Kündigungen erhalten haben oder deren Beschäftigungsverhältnis aus betrieblichen Gründen zu enden droht. Den Anspruch können aber auch Personen geltend machen, die sich beruflich neu orientieren wollen, etwa nach einer Elternzeit oder Krankheit. Die Arbeitsberatung umfasst dabei Information, Vermittlung und Unterstützung bei der Berufswegplanung. Voraussetzung ist die Meldung bei der zuständigen Agentur für Arbeit. Die Inanspruchnahme der Beratung ist grundsätzlich freiwillig, kann jedoch verpflichtend sein, wenn sie durch die Agentur für Arbeit angeordnet wird, etwa im Rahmen einer Eingliederungsvereinbarung.
Welche Pflichten haben Ratsuchende während des Beratungsprozesses?
Personen, die eine Arbeitsberatung in Anspruch nehmen, unterliegen bestimmten Mitwirkungspflichten, sofern sie Leistungen der Arbeitsagentur, wie Arbeitslosengeld oder Eingliederungsleistungen, beziehen oder beantragt haben. Zu diesen Pflichten zählen insbesondere die wahrheitsgemäße und vollständige Angabe von relevanten Daten, das aktive Mitwirken am Beratungsprozess sowie die Annahme von Gesprächsterminen. Nach § 60 SGB I müssen alle Tatsachen korrekt und vollständig angegeben werden, die für die Förderung oder Vermittlung relevant sind. Kommt eine Person diesen Pflichten nicht nach, kann dies zu Nachteilen führen, wie der Kürzung oder dem Wegfall von Leistungen. Darüber hinaus kann die Arbeitsagentur Sanktionen verhängen, falls ein Termin ohne wichtigen Grund versäumt wird. Ratsuchende sind außerdem verpflichtet, zumutbare Eigenbemühungen nachzuweisen, soweit dies im Beratungsgespräch oder in einer Eingliederungsvereinbarung festgelegt wurde.
Wie ist der Ablauf einer rechtlichen Arbeitsberatung geregelt?
Der Ablauf einer Arbeitsberatung beginnt üblicherweise mit einer persönlichen Kontaktaufnahme zur Agentur für Arbeit oder zum Jobcenter. Nach einer Terminvereinbarung findet ein Erstgespräch statt, in dem persönliche, berufliche und rechtliche Rahmenbedingungen ermittelt werden. In rechtlicher Hinsicht muss die Beratung den Grundsatz der Neutralität und Objektivität wahren (§ 17 SGB I). Die Beratung wird dokumentiert, und es wird gemeinsam mit dem Ratsuchenden ein individueller Förderplan bzw. eine Eingliederungsstrategie entwickelt. Die Beratungsinhalte, Vereinbarungen und weitere Schritte werden schriftlich festgehalten und sind für beide Seiten verpflichtend. Ratsuchende haben das Recht auf Akteneinsicht nach § 25 SGB X und können jederzeit Einspruch gegen Beratungsentscheidungen einlegen. Datenschutzrechtliche Vorgaben nach DSGVO und SGB X sind einzuhalten, und sämtliche personenbezogene Angaben dürfen nur im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen verarbeitet werden.
Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen bei Unzufriedenheit mit der Arbeitsberatung?
Sollten Ratsuchende mit der durchgeführten Arbeitsberatung unzufrieden sein, etwa weil sie sich nicht ausreichend beraten oder benachteiligt fühlen, bestehen mehrere rechtliche Möglichkeiten. Zunächst kann ein förmlicher Widerspruch gegen schriftliche Entscheidungen der Agentur für Arbeit eingelegt werden (§ 83 SGG). Dieser ist binnen eines Monats nach Zugang des Bescheids schriftlich oder zur Niederschrift einzureichen. Dabei muss konkret dargelegt werden, gegen welche Entscheidung oder gegen welches Vorgehen sich der Widerspruch richtet. Ist die Beschwerde nicht erfolgreich, kann nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens Klage beim Sozialgericht erhoben werden (§ 87 SGG). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, sich an den/die Dienststellenleiter*in, den Datenschutzbeauftragten oder die interne Beschwerdestelle zu wenden. Die Beratungsdokumentation kann zur Überprüfung angefordert werden.
Welche Rolle spielt der Datenschutz bei der Arbeitsberatung?
Der Datenschutz nimmt im Rahmen der Arbeitsberatung einen hohen Stellenwert ein und ist insbesondere durch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie ergänzend durch das SGB X geregelt. Personenbezogene Daten dürfen nur erhoben, verarbeitet und genutzt werden, soweit dies für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Arbeitsagentur erforderlich ist (§ 67a SGB X). Dazu zählen Angaben zur Person, beruflicher Werdegang, Qualifikationen und Vermittlungshemmnisse. Eine Weitergabe der Daten an Dritte, etwa potenzielle Arbeitgeber, darf nur nach ausdrücklicher Einwilligung der beratenen Person oder auf gesetzlicher Grundlage erfolgen. Ratsuchende sind nach Art. 13 und 15 DSGVO umfassend über die Verarbeitung ihrer Daten zu informieren und haben das Recht auf Auskunft, Berichtigung und Löschung unrichtiger oder nicht mehr benötigter Daten. Ein Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen kann von den Betroffenen bei der zuständigen Aufsichtsbehörde angezeigt werden.
Welche rechtlichen Folgen hat die Ablehnung eines Vermittlungsvorschlags?
Lehnt ein/e Arbeitsuchende/r einen zumutbaren Vermittlungsvorschlag der Agentur für Arbeit ab, kann dies gemäß § 144 SGB III (heute § 159 SGB III) eine Sperrzeit für das Arbeitslosengeld nach sich ziehen. Die Zumutbarkeit eines Vorschlags richtet sich nach den individuellen Umständen, wie Qualifikation, gesundheitlichen Einschränkungen, Entfernung zum Arbeitsort und familiären Verpflichtungen, und ist gesetzlich geregelt (§ 140 SGB III). Eine Ablehnung gilt nur dann nicht als Verstoß, wenn ein sogenannter „wichtiger Grund“ glaubhaft gemacht wird, etwa gesundheitliche Gründe oder unzumutbare Arbeitsbedingungen. Die Entscheidung über eine Sperrzeit wird schriftlich mit Begründung erlassen, wogegen Widerspruch und Klage möglich sind.
Sind Arbeitsberatungen grundsätzlich kostenfrei oder können Gebühren anfallen?
Arbeitsberatungen durch die Bundesagentur für Arbeit und die Jobcenter sind für Ratsuchende grundsätzlich kostenfrei, unabhängig davon, ob sie arbeitslos, arbeitssuchend oder von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Dies ergibt sich unmittelbar aus dem gesetzlichen Sozialstaatsprinzip und dem Auftrag der Bundesagentur für Arbeit, arbeitsmarktbezogene Dienstleistungen bereitzustellen (§ 1 und § 3 SGB III). Auch spezielle Förderinstrumente wie Bewerbungscoachings, Eignungsfeststellungen oder Profiling-Dienstleistungen werden unentgeltlich angeboten, sofern sie Teil der individuellen Integrationsvereinbarung oder des Beratungsergebnisses sind. Kommerzielle Leistungen durch privatwirtschaftliche Anbieter, die ergänzend zur staatlichen Beratung genutzt werden, können jedoch kostenpflichtig sein; hierüber müssen die Ratsuchenden im Vorfeld ausdrücklich informiert werden.