Legal Lexikon

Arbeitsamt

 

Begriff und Entwicklung des Arbeitsamts

Das Arbeitsamt ist eine umgangssprachliche Bezeichnung für die staatlichen Stellen, die in Deutschland für die Vermittlung von Arbeitsuchenden, die Leistungsgewährung im Zusammenhang mit Arbeitslosigkeit sowie für die Umsetzung der Arbeitsmarktpolitik zuständig sind. Rechtlich korrekt spricht man seit dem Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches Drittes Buch (SGB III) am 1. Januar 1998 von der Agentur für Arbeit. Historisch waren die Arbeitsämter als Bundesanstalt für Arbeit organisiert, welche nach mehreren Reformen in die heutige Bundesagentur für Arbeit überführt wurden.

Historische Entwicklung

Die gesetzlichen Grundlagen für das Arbeitsamt reichen bis in die Weimarer Republik zurück. In den Folgejahren wurde die Institution mehrfach umstrukturiert und im Zuge der Sozialgesetzgebung des Bundes weiterentwickelt. Das Bundesangestelltengesetz und insbesondere das Dritte Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bilden den rechtlichen Rahmen der heutigen Aufgaben und Organisation der Bundesagentur für Arbeit.

Rechtsrahmen und Organisation

Gesetzliche Grundlagen

Die Tätigkeit und Organisation der sogenannten Arbeitsämter sind im Wesentlichen im SGB III geregelt. Zentrale Normen enthalten u. a.:

  • §§ 3-6 SGB III: Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit
  • §§ 36-38 SGB III: Dienstleistungen rund um Vermittlung, Beratung und Förderung
  • §§ 136-163 SGB III: Leistungen bei Arbeitslosigkeit

Darüber hinaus ergeben sich aus weiteren Sozialgesetzbüchern, insbesondere dem SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende), wichtige Bestimmungen im Zusammenhang mit der Zusammenarbeit der Jobcenter.

Bundesagentur für Arbeit und Agenturen für Arbeit

Die Nachfolgeorganisation der klassischen Arbeitsämter ist die Bundesagentur für Arbeit (BA). Diese unterhält bundesweit regionale Agenturen für Arbeit sowie gemeinsame Einrichtungen mit kommunalen Trägern (Jobcenter).

Aufgabenbereiche

  • Arbeitsvermittlung und Arbeitsberatung (§ 35 ff. SGB III)
  • Berufsberatung und Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung (§ 29 ff. SGB III)
  • Leistungen der Arbeitsförderung, etwa durch Eingliederungszuschüsse (§ 88 ff. SGB III)
  • Zahlung und Verwaltung von Leistungen bei Arbeitslosigkeit (§ 136 ff. SGB III)
  • Durchführung von Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45 SGB III)

Verwaltungsstruktur

Die Bundesagentur für Arbeit ist eine rechtsfähige bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 367 SGB III). Sie steht unter der Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Die regionalen Agenturen für Arbeit und Jobcenter führen die operativen Aufgaben aus.

Rechtliche Aufgabenbereiche

Vermittlung und Beratung

Die zentrale Aufgabe der Agenturen für Arbeit umfasst die Arbeitsvermittlung (§ 35 SGB III). Sie sind verpflichtet, arbeitssuchende Personen zu beraten, offene Stellen zu vermitteln und Maßnahmen zur Beseitigung von Vermittlungshemmnissen anzubieten.

Gewährung von Leistungen

Arbeitslosengeld

Das Arbeitslosengeld I gemäß SGB III und das Arbeitslosengeld II (sog. Grundsicherung oder Hartz IV) nach SGB II stellen wesentliche Leistungsbereiche der Agenturen für Arbeit und der Jobcenter dar.

  • Voraussetzungen: Arbeitnehmer müssen die Anwartschaftszeit erfüllen und sich arbeitslos melden (§ 137 SGB III).
  • Dauer und Höhe: Die Dauer und Höhe des Arbeitslosengeldes richten sich nach dem SGB III und bemessen sich u.a. an der Dauer der versicherungspflichtigen Beschäftigung sowie am persönlichen Einkommen der letzten Beschäftigung.

Förderung der beruflichen Weiterbildung

Nach § 81 SGB III kann die Agentur für Arbeit Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung fördern, sofern die Voraussetzungen vorliegen (etwa drohende Arbeitslosigkeit oder fehlender Berufsabschluss).

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen haben Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Diese Regelungen finden sich in § 33 SGB IX i.V.m. SGB III.

Arbeitgeberservice

Die Agenturen für Arbeit sind zugleich Ansprechpartner für Arbeitgeber im Hinblick auf Stellenbesetzung, Unterstützung bei Personalsuche und Gewährung von Eingliederungszuschüssen (§§ 88 ff. SGB III).

Rechtsmittel und Rechtsschutz

Bescheide der Agenturen für Arbeit (z. B. Ablehnung oder Bewilligung von Leistungen) sind Verwaltungsakte, gegen die nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches X (SGB X) und dem Sozialgerichtsgesetz (SGG) Rechtsmittel (Widerspruch, Klage zum Sozialgericht) zulässig sind.

Pflichten und Mitwirkung der Betroffenen

Meldepflicht

Arbeitsuchende sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses oder unverzüglich nach Kenntnis der Beendigung bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden (§ 38 SGB III).

Mitwirkungspflichten

Beziehende von Leistungen müssen an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung teilnehmen und alle zumutbaren Möglichkeiten zur Beendigung der Arbeitslosigkeit ausschöpfen (§ 140 SGB III).

Sanktionen

Bei Pflichtverletzungen, etwa Meldeversäumnissen oder Ablehnung zumutbarer Arbeit, kann die Agentur für Arbeit Leistungskürzungen oder Sperrzeiten verhängen (§ 159 SGB III).

Datenschutz und Datenerhebung

Die Agenturen für Arbeit erheben nach § 67a SGB X Daten, die für die Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Die Verarbeitung unterliegt den datenschutzrechtlichen Vorgaben nach Bundesdatenschutzgesetz und SGB X.

Internationale Zusammenarbeit und europarechtliche Einflüsse

Die Bundesagentur für Arbeit nimmt an internationalen Netzwerken wie EURES teil und setzt Vorgaben der Europäischen Union hinsichtlich der Freizügigkeit von Arbeitnehmern und Anerkennung von Arbeitszeiten und Beschäftigungszeiten im EU-Ausland um.

Abgrenzungen und verwandte Begriffe

  • Jobcenter: Zuständig für die Grundsicherung nach SGB II, oft in Kooperation mit den kommunalen Trägern.
  • Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV): Spezialisierte Dienststelle der Bundesagentur für Arbeit für internationale Vermittlung und besondere Fachkräfte.
  • Berufsfachberatung und Jugendberufsagenturen: Weitere spezialisierte Einheiten im Bereich der beruflichen Orientierung und Integration junger Menschen.

Fazit

Der Begriff „Arbeitsamt“ bezeichnet heute im rechtlichen Sinn die Aufgabenbereiche und Organisationen der Bundesagentur für Arbeit, ihren regionalen Agenturen und der Jobcenter. Die gesetzlichen Grundlagen sind komplex und umfassen sowohl Aufgaben der Vermittlung und Beratung als auch die Gewährung vielfältiger Leistungen bei Arbeitslosigkeit oder zur Förderung der beruflichen Integration. Die Einhaltung der Mitwirkungs- und Meldepflichten, Datenschutzanforderungen und die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung sind zentrale Elemente der rechtlichen Ausgestaltung dieses Bereichs.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um Arbeitslosengeld I zu erhalten?

Um einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I gemäß §§ 136 ff. SGB III (Sozialgesetzbuch Drittes Buch) zu begründen, müssen mehrere rechtliche Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein. Zunächst ist die Arbeitslosigkeit gemäß § 138 SGB III verpflichtend; dies setzt insbesondere voraus, dass der Antragsteller weniger als 15 Stunden wöchentlich einer Beschäftigung nachgeht und den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht. Weiterhin ist eine Anwartschaftszeit zu erfüllen (§ 142 SGB III): Der Antragsteller muss innerhalb der vergangenen 30 Monate mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden haben. Zudem ist die persönliche Arbeitslosmeldung (§ 141 SGB III) erforderlich – dies bedeutet, dass sich die betroffene Person spätestens am ersten Tag der Arbeitslosigkeit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und ausdrücklich Arbeitslosengeld beantragt haben muss. Ferner spielt auch das Vorliegen von Sperrzeiten (§ 159 SGB III) eine Rolle; bei eigenem Verschulden der Arbeitslosigkeit oder mangelhafter Mitwirkung kann eine Sperrzeit und somit ein Ruhen des Leistungsanspruchs eintreten. Die Erfüllung aller dieser Voraussetzungen wird im Einzelfall von der Agentur für Arbeit geprüft.

Welche Mitwirkungspflichten bestehen während des Bezugs von Leistungen vom Arbeitsamt?

Bezieher von Leistungen – insbesondere Arbeitslosengeld I oder II – unterliegen gemäß §§ 60 bis 67 SGB I und ergänzend auch nach SGB II und SGB III diversen Mitwirkungspflichten. Dazu gehört insbesondere die Pflicht, sämtliche für die Leistungsgewährung relevanten Tatsachen wahrheitsgemäß und vollständig anzugeben, einschließlich Nebeneinkommen, Veränderungen im Wohn- oder Familienstand sowie der Aufnahme einer Beschäftigung. Weiterhin wird die Verpflichtung zur aktiven Mitarbeit im Vermittlungsprozess (§ 144 SGB III) gefordert, etwa durch Teilnahme an Bewerbungsgesprächen, Fortbildungen und Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung. Eine weitere zentrale Mitwirkungspflicht betrifft die Annahme von zumutbaren Arbeitsangeboten – wird diese verletzt, drohen Sanktionen bis hin zur Sperrzeit oder vollständigen Leistungskürzung (§ 159 SGB III). Die rechtliche Grundlage für die Mitwirkungspflichten sind auch in den einschlägigen Vorschriften der Datenschutz- und Schweigepflichtbestimmungen geregelt.

Unter welchen Umständen tritt eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld ein?

Die Sperrzeit ist im § 159 SGB III geregelt und führt zu einem temporären Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld I. Eine Sperrzeit tritt insbesondere dann ein, wenn die versicherte Person durch ihr eigenes Verhalten zum Eintritt der Arbeitslosigkeit beigetragen hat. Zu den häufigsten Fallgruppen zählen die Eigenkündigung ohne wichtigen Grund, die Lösung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag, die Ablehnung eines zumutbaren Arbeitsangebots oder die unterlassene Eigenbewerbung. Die Sperrzeit beträgt in der Regel 12 Wochen, kann aber unter bestimmten Umständen verkürzt oder verlängert werden. Während der Sperrzeit erhält der Betroffene keine Leistungen, zudem kann sich die Dauer der Bezugsberechtigung insgesamt verringern. Es ist stets eine Einzelfallprüfung durch die Agentur für Arbeit erforderlich; etwaige wichtige Gründe für das Verhalten des Antragstellers werden dabei berücksichtigt.

Welche rechtlichen Regelungen gelten für Ortsabwesenheit während des Leistungsbezugs?

Laut § 7 Abs. 4a SGB II und § 3 Abs. 3 SGB III ist während des Bezugs von Arbeitslosengeld eine sogenannte Verfügbarkeit unabdingbar. Empfänger von Leistungen müssen grundsätzlich dem Arbeitsmarkt fortlaufend zur Verfügung stehen und erreichbar sein. Eine Ortsabwesenheit – beispielsweise durch Urlaub oder aus familiären Gründen – muss im Vorfeld bei der Agentur für Arbeit beantragt und genehmigt werden. In der Regel dürfen Bezieher von Arbeitslosengeld sich pro Kalenderjahr bis zu drei Wochen vom Wohnort entfernen, ohne dass der Leistungsanspruch verloren geht. Nicht genehmigte oder ungenehmigt verlängerte Ortsabwesenheiten führen zur sofortigen Einstellung der Leistungen. Bei Arbeitslosengeld II gelten ähnliche, jedoch teilweise strengere Regelungen. In jedem Fall besteht eine Auskunfts- und Mitteilungspflicht.

Welche Rechte haben Antragsteller im Widerspruchsverfahren gegen Entscheidungen des Arbeitsamts?

Gegen einen ablehnenden Bescheid der Agentur für Arbeit – egal ob bezüglich Arbeitslosengeld, Vermittlungsvorschlägen oder Maßnahmen – steht dem Betroffenen ein Widerspruchsrecht nach §§ 83 ff. SGG (Sozialgerichtsgesetz) zu. Der Widerspruch muss innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids schriftlich oder zur Niederschrift bei der zuständigen Agentur für Arbeit eingelegt werden. Nach Einlegung des Widerspruchs wird der Sachverhalt von der Behörde in vollem Umfang überprüft und eine erneute Entscheidung getroffen, der sogenannte Widerspruchsbescheid. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens haben Antragsteller das Recht, Akteneinsicht zu nehmen und eigene Stellungnahmen oder Beweismittel einzureichen. Sollte auch nach dem Widerspruchsverfahren kein positiver Bescheid erfolgen, kann Klage vor dem zuständigen Sozialgericht erhoben werden. Rechtsbehelfsbelehrungen müssen jedem Bescheid beiliegen.

In welchen Fällen kann die Rückforderung bereits ausgezahlter Leistungen erfolgen?

Nach §§ 45, 50 SGB X hat die Agentur für Arbeit das Recht, bereits ausgezahlte Leistungen ganz oder teilweise zurückzufordern, wenn sich nachträglich herausstellt, dass diese zu Unrecht gezahlt wurden. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn der Antragsteller Sozialleistungen durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichen hat oder wenn sich seine persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse nachträglich geändert haben und dies nicht mitgeteilt wurde. Teilweise führen auch nachträglich eintretende Sperrzeittatbestände oder das Auftauchen bislang unbekannter Einkünfte zur Rückforderung. Die Behörde ist verpflichtet, jeweils eine Einzelfallprüfung vorzunehmen und gegebenenfalls anzuhören. Gegen einen Rückforderungsbescheid ist – wie bei allen Verwaltungsakten – ein Widerspruch möglich. Besondere Verjährungsfristen sind gemäß den Vorschriften des SGB X und SGB IV zu beachten.

Welche Konsequenzen hat unerlaubte Nebenbeschäftigung während des Leistungsbezugs?

Wer während des Bezugs von Leistungen der Agentur für Arbeit eine Nebenbeschäftigung aufnimmt, ist gemäß § 60 SGB I und den Vorschriften des SGB II oder III verpflichtet, diese Tätigkeit unverzüglich anzuzeigen. Bleibt die Anzeige aus oder werden Einkünfte verschwiegen, handelt es sich um einen Verstoß gegen die Mitwirkungspflichten und möglicherweise um Sozialleistungsbetrug nach § 263 StGB. Dies kann nicht nur zur vollständigen Rückzahlung der zu Unrecht bezogenen Leistungen führen, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen und Sperrzeiten nach sich ziehen. Zulässig ist grundsätzlich eine Nebenbeschäftigung bis zu 15 Wochenstunden, wobei ein Freibetrag bei den Verdiensten greift (derzeit 165 Euro/Monat bei ALG I). Überschreitet der Verdienst diesen Freibetrag, wird das Arbeitslosengeld entsprechend gekürzt. Bei wiederholtem Verstoß können weitergehende Sanktionen wie vollständiger Ausschluss von Leistungen folgen.