Begriff und rechtliche Grundlagen des Arbeitgeberwechsels
Der Arbeitgeberwechsel bezeichnet den formalen und tatsächlichen Wechsel eines Arbeitnehmers von einem Arbeitgeber zu einem anderen. Dies ist ein zentraler Vorgang im Arbeitsrecht und umfasst sämtliche rechtlichen sowie administrativen Schritte, die mit dem Beenden eines bestehenden Arbeitsverhältnisses und dem Eintritt in ein neues Arbeitsverhältnis verbunden sind. Im Folgenden werden die gesetzlichen Rahmenbedingungen, typische Verfahrensweisen sowie die Auswirkungen eines Arbeitgeberwechsels aus unterschiedlichen rechtlichen Blickwinkeln detailliert dargestellt.
Grundlagen des Arbeitsverhältnisses
Begründung und Beendigung von Arbeitsverhältnissen
Ein Arbeitsverhältnis wird durch Abschluss eines Arbeitsvertrags zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber begründet. Es endet durch Kündigung, Aufhebungsvertrag, Ablauf eines befristeten Vertrags oder Tod des Arbeitnehmers bzw. Arbeitgebers (bei Einzelunternehmen).
Kündigungsformen
- Ordentliche Kündigung: Fristgerechtes Beenden des Arbeitsvertrages unter Einhaltung der vertraglich oder gesetzlich vorgegebenen Fristen (§ 622 BGB).
- Außerordentliche Kündigung: Fristloses Beenden des Arbeitsvertrages aus wichtigem Grund (§ 626 BGB).
- Aufhebungsvertrag: Einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch schriftliche Vereinbarung (§ 623 BGB).
Ausschlussfristen und Formerfordernisse
Kündigungen bedürfen der Schriftform (§ 623 BGB). Tarifverträge oder Arbeitsverträge können zudem Ausschlussfristen für die Geltendmachung bestimmter Ansprüche vorsehen (§ 16 TzBfG, § 15 KSchG).
Ablauf und rechtliche Folgen eines Arbeitgeberwechsels
Kündigungsschutz
Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) regelt, unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung wirksam ist. Personen, die unter den Geltungsbereich des KSchG fallen (i. d. R. Beschäftigung > sechs Monate, Betriebsgröße > 10 Mitarbeitende), genießen besonderen Schutz vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen.
Besonderer Kündigungsschutz
Sonderkündigungsschutz gilt u.a. für:
- Schwangere und Elternzeitnehmende (§ 17 MuSchG, § 18 BEEG)
- Schwerbehinderte Menschen (§ 168 SGB IX)
- Betriebsratsmitglieder (§ 15 KSchG)
Die Zustimmung der jeweils zuständigen Stellen (z. B. Integrationsamt, Aufsichtsbehörde) ist hierfür in bestimmten Fällen erforderlich.
Zeugnisanspruch
Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat jede beschäftigte Person einen Anspruch auf ein qualifiziertes oder einfaches Arbeitszeugnis (§ 109 GewO). Dieses Zeugnis ist vom bisherigen Arbeitgeber zu erstellen und dient beim neuen Arbeitgeber als Nachweis über Beschäftigungsdauer und -inhalt sowie die Beurteilung der erbrachten Leistungen und des Sozialverhaltens.
Resturlaub und Urlaubsabgeltung
Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist offener Resturlaub grundsätzlich zu gewähren oder abzugelten (§ 7 BUrlG). Beim Arbeitgeberwechsel wird ein entsprechender Urlaubsbescheinigung für den Resturlaubsanspruch erstellt, um eine Doppelgewährung zu verhindern (§ 6 BUrlG).
Freistellung
Oft wird Beschäftigten während der Kündigungsfrist eine Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung gewährt. Der rechtliche Hintergrund, insbesondere das Konkurrenzverbot (§ 60 HGB), und die Regelungen zu Resturlaub sowie Überstundenabbau sind hierbei zu beachten.
Loyalitätspflichten und Verschwiegenheit
Verschwiegenheitsverpflichtungen
Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses enden grundsätzlich die arbeitsvertraglichen Pflichten. Allerdings bestehen nachvertragliche Pflichten fort. Insbesondere die Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen bleibt im Regelfall auch nach Arbeitgeberwechsel bestehen (§ 17 UWG, §§ 823, 826 BGB).
Wettbewerbsverbot
In Ausnahmefällen kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für die Dauer von bis zu zwei Jahren vereinbart werden (§ 74 ff. HGB). In solch einem Fall ist eine Karenzentschädigung vom bisherigen Arbeitgeber zu zahlen.
Datenschutz und Datenübertragung
Aufbewahrung und Löschung von Daten
Mit dem Wechsel zu einem neuen Arbeitgeber ist der bisherige Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, alle personenbezogenen Daten unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Vorgaben (DSGVO, BDSG) aufzubewahren, unzulässige Weitergaben an außenstehende Dritte zu unterlassen und Daten nach Ablauf gesetzlicher Fristen zu löschen.
Sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen
Sozialversicherungsrechtliche Meldungen
Beim Arbeitgeberwechsel müssen sozialversicherungsrechtliche Meldepflichten erfüllt werden. Der bisherige Arbeitgeber meldet das Ende des Beschäftigungsverhältnisses an die Sozialversicherungsträger. Der neue Arbeitgeber meldet den Beginn der Beschäftigung. Dabei werden Versicherungsverlauf und Entgeltbescheinigungen berücksichtigt.
Wartezeiten und Ansprüche
Wartezeiten bei Renten-, Kranken-, Pflege- oder Arbeitslosenversicherung werden beim Arbeitgeberwechsel nicht unterbrochen, sofern nahtlos ein neues Arbeitsverhältnis aufgenommen wird. Bei Unterbrechung besteht ggf. Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.
Steuerliche Aspekte
Der Arbeitgeberwechsel hat steuerliche Konsequenzen, insbesondere hinsichtlich der Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung (elektronisch ELStAM-Verfahren). Der neue Arbeitgeber erhält Zugriff auf die elektronischen steuerlichen Merkmale des Beschäftigten.
Besonderheiten beim Betriebsübergang
Betriebsübergang nach § 613a BGB
Bei einem Betriebsübergang gemäß § 613a BGB gehen die bestehenden Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten auf den Erwerber über. Beschäftigte haben jedoch ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses. Dies ist kein klassischer Arbeitgeberwechsel auf Initiative des Beschäftigten, er wird jedoch im Rahmen dieser Definition häufig mitbetrachtet.
Kündigungsschutzklage und Rechtsschutz
Arbeitnehmende können innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht erheben (§ 4 KSchG), um die Wirksamkeit der Kündigung überprüfen zu lassen und ggf. die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses oder eine Abfindung zu erreichen.
Fazit
Der Arbeitgeberwechsel ist ein komplexer Rechtsvorgang im Arbeitsleben, der eine Vielzahl arbeitsrechtlicher, sozialversicherungsrechtlicher, datenschutzrechtlicher und steuerlicher Aspekte umfasst. Eine rechtzeitige und sorgfältige Planung sowie die Beachtung gesetzlicher Regelungen und Fristen sind essenziell, um Nachteile im Zusammenhang mit dem Arbeitgeberwechsel zu vermeiden.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen bei einem Arbeitgeberwechsel beachtet werden?
Beim Wechsel des Arbeitgebers sind verschiedene rechtliche Voraussetzungen zu berücksichtigen. Grundlegend ist die Einhaltung der im Arbeitsvertrag festgelegten Kündigungsfristen, die sich entweder aus dem individuellen Vertrag, einem anwendbaren Tarifvertrag oder dem § 622 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergeben können. Der Arbeitnehmer muss demnach seine Kündigung schriftlich erklären; eine mündliche Kündigung ist unwirksam. Gleiches gilt für Aufhebungsverträge, die ebenfalls der Schriftform bedürfen. Darüber hinaus sind während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses gegebenenfalls nachvertragliche Wettbewerbsverbote oder Verschwiegenheitspflichten zu prüfen, da deren Missachtung zu Schadenersatzforderungen führen kann. Sollten besondere Schutzvorschriften zur Anwendung kommen – etwa bei Schwangeren, Schwerbehinderten oder Betriebsratsmitgliedern -, so bedarf die Kündigung unter Umständen zusätzlicher behördlicher Zustimmung. Auch ist ein nahtloser Übergang zum neuen Arbeitgeber unter Berücksichtigung bestehender Kündigungsfristen und etwaiger Freistellungsmöglichkeiten zu planen, um rechtliche Nachteile – beispielsweise durch eine Lücke im Versicherungsschutz – zu vermeiden.
Welche Ansprüche auf Resturlaub und Überstundenvergütung bestehen bei einem Arbeitgeberwechsel?
Beim Ausscheiden aus dem Unternehmen hat der Arbeitnehmer grundsätzlich Anspruch darauf, seinen noch bestehenden Resturlaub zu nehmen oder alternativ eine finanzielle Abgeltung des nicht gewährten Urlaubs gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG (Bundesurlaubsgesetz) zu erhalten, sofern eine Freistellung während der Kündigungsfrist nicht erfolgt ist. Ebenso kann der Arbeitnehmer einen Ausgleich für geleistete, aber noch nicht abgegoltene Überstunden verlangen, falls der Arbeitsvertrag bzw. ein anwendbarer Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung keinen anderen Ausgleich vorsieht. Um Streitigkeiten zu vermeiden, empfiehlt sich eine schriftliche Dokumentation der offenen Urlaubs- und Überstundenansprüche. Arbeitgeber sind verpflichtet, diese Ansprüche in der letzten Gehaltsabrechnung korrekt auszuweisen. Bei Zweifeln hinsichtlich Umfang oder Bestehen dieser Ansprüche können arbeitsgerichtliche Klärungen notwendig werden.
Was gilt bezüglich Zeugnisanspruch bei einem Arbeitgeberwechsel?
Nach § 109 Gewerbeordnung (GewO) hat jeder Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis. Hierbei kann der Arbeitnehmer ein einfaches Zeugnis, das rein Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit enthält, oder ein qualifiziertes Zeugnis verlangen, das zusätzlich die Leistung und das Verhalten während der Beschäftigung beurteilt. Das Zeugnis muss wohlwollend formuliert sein und darf dem beruflichen Fortkommen nicht unnötig schaden. Der Anspruch besteht unabhängig davon, aus welchem Grund das Arbeitsverhältnis endet. Der Arbeitnehmer kann ein Zwischenzeugnis verlangen, beispielsweise bei Ankündigung des Arbeitgeberwechsels, wobei hier häufig eine Begründung erforderlich ist. Der Zeugnisanspruch verjährt nach drei Jahren, empfohlen wird aber, das Zeugnis zeitnah anzufordern, um Beweisschwierigkeiten zu vermeiden.
Welche Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld können beim Arbeitgeberwechsel entstehen?
Beim freiwilligen Wechsel des Arbeitgebers, insbesondere nach eigener Kündigung oder Abschluss eines Aufhebungsvertrages, prüft die Bundesagentur für Arbeit, ob der Arbeitnehmer das Beschäftigungsverhältnis ohne wichtigen Grund beendet hat. Liegt kein vom Gesetz anerkannter wichtiger Grund vor, kann gemäß § 159 SGB III eine Sperrzeit für den Bezug des Arbeitslosengeldes von bis zu zwölf Wochen verhängt werden. Gründe, die eine Sperrzeit vermeiden können, sind etwa erhebliche Vertragsverstöße des Arbeitgebers, gesundheitliche Gründe oder Mobbing, die nachweislich eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen. Um eine Sperrzeit zu verhindern, empfiehlt sich vor Abschluss eines Aufhebungsvertrages eine rechtliche Beratung und die frühzeitige Meldung bei der Agentur für Arbeit.
Was ist beim Thema Wettbewerbsverbot nach Arbeitgeberwechsel zu beachten?
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist im deutschen Arbeitsrecht gemäß §§ 74 ff. HGB nur dann wirksam, wenn es schriftlich vereinbart sowie eine Karenzentschädigung vorgesehen ist, die mindestens 50 % des zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Entgelts beträgt. Das Wettbewerbsverbot darf maximal auf zwei Jahre nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses befristet werden und muss räumlich, zeitlich und nach Gegenstand angemessen sein, um die berufliche Entwicklung des Arbeitnehmers nicht unzulässig zu beeinträchtigen. Ein Verstoß gegen ein wirksam vereinbartes Wettbewerbsverbot kann eine Vertragsstrafe oder Schadenersatzpflicht nach sich ziehen. Arbeitnehmer sollten vor einem Arbeitgeberwechsel eine Prüfung etwaiger Wettbewerbsklauseln sowie gegebenenfalls eine rechtliche Beratung in Anspruch nehmen.
Wie ist mit Sozialversicherungen und Betriebsrenten beim Arbeitgeberwechsel rechtlich zu verfahren?
Beim Wechsel des Arbeitgebers läuft die gesetzliche Sozialversicherungspflicht in der Regel nahtlos weiter, sofern es sich um versicherungspflichtige Beschäftigungen handelt. Die Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung werden automatisch vom neuen Arbeitgeber abgeführt. Bestehende Ansprüche auf Betriebsrente (betriebliche Altersvorsorge) richten sich nach dem Betriebsrentengesetz (BetrAVG): Die Anwartschaften bleiben bei Erfüllung der gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen (in der Regel fünf Jahre Betriebszugehörigkeit und Mindestalter 21 Jahre) erhalten. Eine Übertragung der Betriebsrentenanwartschaften auf einen neuen Arbeitgeber ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich (Portabilität), muss aber im Detail geprüft werden. Der Arbeitnehmer sollte alle mit der betrieblichen Altersvorsorge zusammenhängenden Unterlagen sorgfältig aufbewahren und sich gegebenenfalls beim bisherigen Arbeitgeber oder Versorgungsträger über den Stand der Anwartschaften informieren.