Begriff und Grundgedanke
Als Anleitung zu Straftaten wird das Bereitstellen von Informationen verstanden, die darauf ausgerichtet sind, anderen Personen die Begehung rechtswidriger Taten zu ermöglichen oder zu erleichtern. Gemeint sind Inhalte mit „Gebrauchsanweisungscharakter“, die praktische Vorgehensweisen, Tricks, Methoden oder Abläufe vermitteln, um eine Tat vorzubereiten, durchzuführen oder Spuren zu verwischen. Der strafrechtliche Schutz zielt darauf ab, bereits im Vorfeld gefährlicher Taten die Verbreitung entsprechender Instruktionen zu unterbinden und dadurch die öffentliche Sicherheit zu wahren.
Tatbestandliche Merkmale
Gegenstand und Eignung der Anleitung
Rechtlich maßgeblich ist, ob der Inhalt nach seiner Art geeignet ist, die Begehung einer rechtswidrigen Tat zu fördern. Erforderlich ist ein konkreter Anleitungsgehalt: Der Inhalt muss typischerweise praktische Hinweise enthalten, die eine Umsetzung in der Realität ermöglichen oder erleichtern. Bloße Werturteile, allgemeine Meinungen oder abstrakte Diskussionen ohne Umsetzungsbezug genügen hierfür nicht.
Form der Verbreitung und Reichweite
Anleitungen können in jeder Darstellungsform auftreten: Text, Bild, Audio, Video, interaktive Formate oder Quellcodes. Erfasst sind sowohl die ursprüngliche Erstellung als auch das Verbreiten oder das sonstige Zugänglichmachen, etwa über soziale Netzwerke, Foren, Messenger, Druckwerke, Vorträge oder Veranstaltungen. Entscheidend ist die tatsächliche Bereitstellung gegenüber Dritten; interne Notizen ohne Weitergabe sind typischerweise nicht erfasst.
Bezug zur geplanten Tat
Die Anleitung muss sich auf rechtswidrige Taten beziehen. Die Bandbreite reicht von Vermögensdelikten bis hin zu Taten mit Gefahren für Leib, Leben oder die staatliche Ordnung. Je konkreter die Anleitung auf eine bestimmte Deliktsart zugeschnitten ist und je praktischer ihre Umsetzbarkeit, desto eher erfüllt sie den Unrechtsgehalt.
Abgrenzungen
Abgrenzung zur Aufforderung oder Billigung
Die Aufforderung zielt auf das „Ob“ einer Tat (Anstacheln), die Anleitung auf das „Wie“ (Vermittlung des Vorgehens). Die Billigung bewertet eine Tat positiv, ohne notwendigerweise praktikable Schritte zu vermitteln. Diese Erscheinungsformen können sich überschneiden, sind jedoch begrifflich und rechtlich unterscheidbar.
Abgrenzung zu Information, Kunst, Wissenschaft und Berichterstattung
Zulässige Inhalte können kritische Berichte, historische Darstellungen, wissenschaftliche Analysen oder künstlerische Auseinandersetzungen sein, sofern sie keinen praktischen Anleitungsgehalt aufweisen. Entscheidend sind Kontext, Inhalt und Zielrichtung. Reine Wissensvermittlung ohne Umsetzungshilfe ist anders zu beurteilen als detailgenaue Schritt-für-Schritt-Beschreibungen mit unmittelbarem Tatbezug.
Alltagssprache und Meinungsäußerung
Zuspitzungen, polemische Sprache oder bildhafte Metaphern sind für sich genommen keine Anleitung. Sobald jedoch aus Formulierungen eine konkrete, praktisch umsetzbare Vorgehensweise hervorgeht, kann der Charakter als Anleitung erreicht sein.
Subjektive Seite: Vorsatz und Zweck
Erforderlich ist in der Regel Vorsatz hinsichtlich der Bereitstellung eines anleitenden Inhalts. Maßgeblich ist, ob die Person weiß oder zumindest billigend in Kauf nimmt, dass der Inhalt zur Begehung rechtswidriger Taten geeignet ist. Begleitende Hinweise oder Distanzierungen können die Bewertung nicht automatisch ändern; ausschlaggebend bleibt, wie der Gesamtinhalt objektiv wirkt und welche Zielrichtung er erkennbar verfolgt.
Beteiligte und Verantwortlichkeit
Autoren und Ersteller
Wer anleitende Inhalte erstellt, kann verantwortlich sein, wenn die Inhalte den Anleitungscharakter tragen und zugänglich gemacht werden. Bereits die Ausgestaltung und die Zielrichtung der Darstellung sind für die rechtliche Einordnung bedeutsam.
Verbreiter und Vermittler
Auch das Verbreiten, Weiterleiten oder anderweitige Zugänglichmachen kann erfasst sein. Dies betrifft etwa das Hochladen, Versenden an Gruppen, Bereitstellen auf Webseiten oder das Verlinken, sofern dadurch der Zugriff auf den anleitenden Inhalt ermöglicht und gefördert wird. Die Verantwortung kann von der konkreten Rolle und dem Kenntnisstand abhängen.
Rechtsfolgen und Sanktionen
Strafen und Nebenfolgen
Je nach Schwere und Einordnung kommen Geld- oder Freiheitsstrafen in Betracht. Daneben sind Nebenfolgen möglich, etwa die Einziehung von Datenträgern, Geräten oder Veröffentlichungen. Bei mehrfachen oder systematischen Verstößen kann sich das Gewicht der Sanktionen erhöhen.
Maßnahmen gegenüber Inhalten
Ermittlungsbehörden können Inhalte sicherstellen, beschlagnahmen oder deren Löschung veranlassen. In digitalen Kontexten sind auch Sperrungen, Entfernung aus Suchindizes und Accountsperren typische Begleitmaßnahmen, um weitere Verbreitung zu unterbinden.
Beweis und Durchsetzung
Ermittlung und Beweissicherung
Typische Beweismittel sind gespeicherte Inhalte, Metadaten, Kommunikationsverläufe, Serverprotokolle, Zeugenangaben und technische Gutachten. Bei Online-Inhalten spielen Zeitstempel, Archivierungen und Zugriffsnachweise eine Rolle. Die Bewertung richtet sich nach dem Gesamteindruck, nicht nur nach isolierten Formulierungen.
Grenzüberschreitende Aspekte
Digitale Verbreitung überschreitet häufig Landesgrenzen. Zuständigkeits- und Kooperationsfragen zwischen Behörden verschiedener Staaten sowie Hosting im Ausland können die Durchsetzung beeinflussen. Internationale Zusammenarbeit ist in solchen Fällen bedeutsam.
Besondere Konstellationen
Digitale Plattformen und soziale Netzwerke
Plattformen sehen häufig eigene Gemeinschaftsstandards vor, die anleitende Inhalte untersagen. Meldesysteme, Moderation und technische Filter wirken präventiv und repressiv. Die Einordnung hängt von Inhalt, Kontext, Reichweite und Wiederholungsgefahr ab.
Lehre, Forschung, Sicherheitsanalyse
In Bildungs- und Forschungskontexten ist die Grenze zwischen Analytik und praktischer Anleitung besonders relevant. Entscheidend ist, ob die Darstellung über eine rein beschreibende oder evaluierende Ebene hinausgeht und konkrete Umsetzungsschritte vermittelt, die typischerweise Straftaten fördern.
Häufig gestellte Fragen
Was gilt rechtlich als „Anleitung“?
Als Anleitung gelten Inhalte, die praktische Schritte, Methoden oder Vorgehensweisen vermitteln, welche die Begehung einer rechtswidrigen Tat ermöglichen oder erleichtern. Maßgeblich ist der objektive Gebrauchswert als „Gebrauchsanweisung“ zur Tat.
Reicht eine allgemeine Meinungsäußerung für eine Strafbarkeit aus?
Nein. Meinungen, Bewertungen oder allgemeine Kritik sind für sich genommen keine Anleitung. Es bedarf eines konkreten, praktisch nutzbaren Anleitungsgehalts mit Bezug auf die Begehung rechtswidriger Taten.
Ist das Teilen eines Links bereits erfasst?
Das Teilen eines Links kann erfasst sein, wenn dadurch ein anleitender Inhalt zugänglich gemacht und die Verbreitung gefördert wird. Relevanz und Verantwortlichkeit hängen vom Kontext, vom Kenntnisstand und von der Funktion des Links ab.
Spielen Warnhinweise oder Distanzierungen eine Rolle?
Hinweise oder Distanzierungen ändern die Bewertung nicht automatisch. Entscheidend bleibt, ob der Gesamtinhalt objektiv zur Begehung rechtswidriger Taten anleitet oder diese erleichtert.
Ist eine satirische oder künstlerische Darstellung erfasst?
Satire und Kunst sind nicht per se ausgenommen. Wenn die Darstellung faktisch praktikable Schritte zur Tat vermittelt, kann sie als Anleitung eingeordnet werden. Kontext und Zielrichtung sind für die Abgrenzung wesentlich.
Gilt das auch für private Chats oder geschlossene Gruppen?
Ja. Auch in nichtöffentlichen Räumen kann das Bereitstellen von anleitenden Inhalten relevant sein. Maßgeblich ist die tatsächliche Zugänglichmachung gegenüber Dritten, nicht allein die Öffentlichkeit der Kommunikation.
Welche Maßnahmen drohen gegenüber Inhalten?
Möglich sind Sicherstellung, Beschlagnahme, Löschung, Sperrung von Zugängen und die Einziehung relevanter Datenträger oder Veröffentlichungen. Im Online-Bereich kommen auch Account- und Plattformmaßnahmen in Betracht.