Begriff und Definition: Anleitung zu Straftaten
Die Anleitung zu Straftaten ist ein zentraler Begriff im deutschen Strafrecht, insbesondere im Kontext der öffentlichen Sicherheit und des Schutzes der Rechtsordnung. Sie beschreibt das Verhalten, bei dem einer anderen Person – sei es individuell oder einer unbestimmten Vielzahl – konkrete Informationen, Methoden oder Anweisungen vermittelt werden, mit dem Ziel oder der Eignung, diese zur Begehung von Straftaten anzuleiten oder anzustiften. Die Anleitung zu Straftaten betrifft sowohl die mündliche und schriftliche Kommunikation als auch multimediale und digitale Formen der Informationsübertragung.
Gesetzliche Grundlagen
§ 111 Strafgesetzbuch (StGB) – Öffentliche Aufforderung zu Straftaten
Die Vermittlung von Anleitungen zu Straftaten ist insbesondere gesetzlich geregelt durch § 111 StGB. Dieser stellt das öffentliche Auffordern zu Straftaten und das öffentliche Anbieten von Anleitungen zur Begehung von Straftaten unter Strafe.
Absatz 1 dieses Paragraphen lautet:
„Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3), zu einer rechtswidrigen Tat auffordert, wird […] bestraft.“
Das Verbreiten von Schriften, die Anweisungen zur Begehung von Straftaten enthalten, ist nach § 111 StGB ebenso strafbar wie das öffentliche Werben für konkrete Tathandlungen.
§ 130a Strafgesetzbuch (StGB) – Anleitung zu Straftaten
Ergänzend dazu regelt § 130a StGB explizit die Strafbarkeit bezüglich der Anleitung zu bestimmten schweren Straftaten.
Dort heißt es:
„Wer eine Schrift, die Anleitungen zur Begehung einer in § 126 Abs. 1 genannten rechtswidrigen Tat enthält, verbreitet, öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst zugänglich macht, wird bestraft.“
Diese Bestimmung umfasst insbesondere schwere Gewaltdelikte wie Mord, Totschlag, Raub und vergleichbare Straftaten.
Tatbestandsmerkmale
1. Tathandlung
Die Anleitung zu Straftaten umfasst die folgende Handlung:
- Die Erstellung, Veröffentlichung oder Weitergabe von Schriften, digitalen Medien oder sonstigen Informationen, die gezielt erklären oder ermöglichen, wie eine Straftat begangen werden kann.
- Die Vermittlung von Täterwissen, beispielsweise durch ausführliche „How-To“-Anleitungen, Rezepte für Explosivstoffe oder Umgehungshinweise für Schutzmechanismen.
2. Bezug auf eine konkrete Straftat
Die Anweisung muss sich regelmäßig auf eine bestimmte Straftat oder eine Tat im Sinne der in § 126 Abs. 1 StGB genannten Delikte beziehen. Notwendig ist die potenzielle Eignung, eine rechtswidrige Tat gezielt zu vollziehen.
3. Öffentliche Zugänglichmachung oder Verbreitung
Voraussetzung ist regelmäßig die öffentliche Kommunikation der Anleitung, sei es durch Verbreitung im Internet, Druckwerke, E-Mail-Verteiler oder sozialen Netzwerken.
4. Subjektiver Tatbestand
Der Täter muss vorsätzlich handeln, also in Kenntnis und mit dem Willen, Anleitungen zur Begehung einer Straftat zu vermitteln, verteilen oder allgemein zugänglich zu machen.
Abgrenzung zu ähnlichen Straftatbeständen
Die Anleitung zu Straftaten ist abzugrenzen von verwandten Delikten wie der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten (§ 111 StGB) und der Verabredung zur Straftat (§ 30 StGB). Während die öffentliche Aufforderung auf die Motivation zur Tatbegehung abzielt, betrifft die Anleitung vornehmlich das Vermitteln von Know-how und Methoden. Sie unterscheidet sich ferner von der Beihilfe (§ 27 StGB), die konkret eine individuelle Unterstützung bei einer realen Straftat voraussetzt.
Rechtsprechung und Anwendungsbeispiele
Leitsätze und Urteile
Die Gerichte haben klargestellt, dass bereits das Bereitstellen von Informationen, die geeignet sind, Straftaten zu begehen oder zu erleichtern, für eine Strafbarkeit nach § 130a StGB ausreichend ist. Beispiele sind:
- Online-Stellen von Anleitungen zur Herstellung von Sprengstoffen
- Publikationen mit detaillierten Hinweisen zur Umgehung von Sicherungsmaßnahmen
- Verbreitung von „Hackertools“, wenn sie explizit eine unerlaubte Systemmanipulation ermöglichen
Nicht ausreichend für eine Strafbarkeit ist jedoch die bloße Darstellung oder Beschreibung einer Straftat, etwa im Rahmen der Berichterstattung oder aus dokumentarischem Anlass. Es bedarf stets des Anleitungscharakters, mithin der gezielten Hilfestellung zur Begehung der rechtswidrigen Handlung.
Besondere Aspekte und Abwägung zur Meinungs- und Pressefreiheit
Ein bedeutsamer Aspekt im Kontext der Anleitung zu Straftaten ist die Abwägung mit den Grundrechten, namentlich der Meinungs- und Pressefreiheit (Art. 5 GG). Die Strafbarkeit setzt voraus, dass die Anleitung über das bloße Informationsinteresse hinausgeht und eine konkrete, nachahmungsgeeignete Hilfeleistung zur Tatbegehung darstellt.
Publizistische Hinweise oder fiktive Handlungsschilderungen sind vom Schutzbereich der Meinungs- und Pressefreiheit umfasst, sofern keine Eignung oder Absicht zur Anleitung zu Straftaten vorliegt.
Typische Erscheinungsformen und Relevanz im digitalen Zeitalter
Mit der fortschreitenden Digitalisierung gewinnen Straftatbestände wie die Anleitung zu Straftaten an praktischer Bedeutung. Die Verbreitung von Schritt-für-Schritt-Anleitungen zur Begehung von Computerstraftaten, etwa im Darknet oder in einschlägigen Foren, stellt eine wesentliche Herausforderung für die Strafverfolgungsbehörden dar. Insbesondere die rasante Verbreitungsgeschwindigkeit und die internationale Reichweite digitaler Inhalte erschweren die Rechtsdurchsetzung erheblich.
Sanktionen und Rechtsfolgen
Die Anleitung zu Straftaten wird nach § 130a StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Die jeweiligen Strafandrohungen können je nach Schwere und Art der zugrunde liegenden Tat variieren und im Einzelfall weitergehende Maßnahmen wie Publikationsverbote oder Beschlagnahme der veröffentlichten Informationen nach sich ziehen.
Literatur und weiterführende Informationen
- Strafgesetzbuch (StGB), insbesondere §§ 111, 126, 130a
- Grundgesetz (GG), insbesondere Art. 5
- Rechtsprechungsdatenbanken zu Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) und anderer Gerichte zu §§ 111, 130a StGB
- Kommentarwerke zum deutschen Strafrecht mit Fokus auf mediale Delikte und Cyberkriminalität
Fazit:
Die Anleitung zu Straftaten ist ein vielschichtiger Begriff des Strafrechts, der sowohl den Schutz der öffentlichen Ordnung als auch die Abwägung zu grundlegenden Freiheitsrechten umfasst. Insbesondere in einer zunehmend digitalisierten und vernetzten Welt bleibt das Thema von hoher Relevanz für Gesetzgeber, Strafverfolgungsbehörden und Gesellschaft.
Häufig gestellte Fragen
Welche strafrechtlichen Konsequenzen drohen bei der Anleitung zu Straftaten?
Die Anleitung zu Straftaten ist gemäß § 130a StGB (Strafgesetzbuch) in Deutschland strafbar. Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften Anleitungen zu einer rechtswidrigen Tat gibt, macht sich strafbar. Das Strafmaß umfasst Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Dabei ist es unerheblich, ob die Tat tatsächlich begangen wird – allein das Anleiten zur möglichen Begehung reicht aus. Die Vorschrift greift sowohl beim Anstiften als auch bei der Vermittelung von Kenntnissen, die eine Nachahmung ermöglichen können. Bei einer gewerbsmäßigen oder bandenmäßigen Anleitung können zudem verschärfte Strafen verhängt werden. Gerichte prüfen im Einzelfall die Intensität und Reichweite der Anleitung, etwa ob sie konkret und geeignet ist, zu einer Tatbegehung anzuleiten.
Gilt das Verbot der Anleitung zu Straftaten auch im Internet?
Ja, die Verbreitung von Anleitungen zu Straftaten via Internet fällt ebenso unter § 130a StGB. Webseiten, Forenbeiträge, soziale Medien und andere Online-Plattformen werden als öffentliche Verbreitungswege betrachtet. Auch das Teilen von Links zu einschlägigen Inhalten oder das Hochladen von Videos, die explizit Strafhandlungen erklären, gelten als Verbreiten von Anleitungen. Die Strafbarkeit tritt bereits ein, wenn die Inhalte für die Allgemeinheit zugänglich gemacht werden, selbst wenn keine konkrete Tat erfolgt ist. Eine Ausnahme besteht lediglich bei wissenschaftlicher oder kunsthistorischer Aufbereitung mit entsprechendem Kontext, sofern keine konkrete Anleitungsabsicht besteht.
Was muss nachgewiesen werden, damit eine Anleitung zu Straftaten strafbar ist?
Für die Strafbarkeit der Anleitung zu Straftaten muss bewiesen werden, dass die übermittelte Information tatsächlich als Anleitung verstanden werden kann und geeignet ist, durch Nachahmung eine Straftat zu fördern. Dies erfordert nicht zwingend eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, jedoch muss eine hinreichende Konkretisierung vorliegen, sodass eine Person mit durchschnittlichem Verständnis die Tat umsetzen könnte. Die subjektive Komponente umfasst Vorsatz, d.h., der Täter muss wissentlich und willentlich handeln und die Förderung einer Straftat zumindest billigend in Kauf nehmen. Reine Meinungsäußerungen oder abstrakte Verherrlichungen reichen nicht aus, es muss eine praktische Handlungsanweisung erkennbar sein.
Sind auch Anleitungen zu Ordnungswidrigkeiten strafbar?
Die Vorschrift des § 130a StGB bezieht sich ausschließlich auf Anleitungen zu Straftaten und nicht auf Ordnungswidrigkeiten. Eine Ordnungswidrigkeit liegt vor, wenn gesetzwidriges Verhalten nicht strafrechtlich, sondern verwaltungsrechtlich verfolgt wird (z.B. Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung). Das Anleiten zu solchen Handlungen kann allenfalls gegen allgemeine Gesetze oder Nutzungsbedingungen von Plattformen verstoßen, ist aber nicht strafbar im Sinne des StGB. Allerdings können andere Vorschriften, etwa im Bereich Jugendschutz oder Geschäftsgeheimnisse, einschlägig sein.
Gibt es Ausnahmen für die Publikation von Anleitungen, beispielsweise zu Forschungszwecken?
Eine wichtige Ausnahme nach § 130a Abs. 2 StGB betrifft die wissenschaftliche oder kunsthistorische Bearbeitung von Anleitungen zur Begehung von Straftaten. Das bedeutet, dass beispielsweise die Analyse einer kriminellen Methode in einem wissenschaftlichen Aufsatz nicht strafbar ist, sofern das Ziel nicht die Anleitung, sondern die kritische oder forensische Auseinandersetzung ist. Allerdings muss die Darstellung so erfolgen, dass eine Nachahmung durch Unbefugte weitgehend ausgeschlossen ist und der wissenschaftliche Zweck im Vordergrund steht. Gerichte nehmen im Einzelfall eine sorgfältige Abwägung zwischen Wissenschaftsfreiheit und öffentlicher Sicherheit vor.
Wie unterscheiden sich die Begriffe „Anstiftung“ und „Anleitung“ im rechtlichen Sinne?
Anstiftung (§ 26 StGB) bezeichnet das gezielte Hervorrufen eines Vorsatzes zur Begehung einer konkreten Straftat bei einer bestimmten Person. Die Anleitung hingegen nimmt eine allgemeinere Form ein und hängt nicht von einer persönlichen Beeinflussung ab, sondern von der Verbreitung von Wissen und Techniken zur möglichen Begehung von Straftaten. Während die Anstiftung als Teilnahmeform unmittelbar an eine konkrete Tatkopplung gebunden ist, reicht die Anleitung schon dann aus, wenn nicht individuell, sondern insgesamt an einen potenziellen Täterkreis herangetreten wird. Beide Institute verfolgen schutzwürdige Rechtsgüter, jedoch mit unterschiedlicher Reichweite und Anforderungen an Vorsatz und Erfolgsbezug.
Kann bereits das Bereitstellen von Werkzeugen oder Materialien als Anleitung zu einer Straftat gelten?
Das bloße Bereitstellen von Werkzeugen oder Materialien ist grundsätzlich noch keine Anleitung im Sinne des § 130a StGB, sofern nicht gleichzeitig eine konkrete Anleitung oder Erklärung zur strafbaren Verwendung beiliegt. Ist jedoch erkennbar, dass die Bereitstellung mit einer gezielten Erklärung verbunden ist, wie mit den Materialien eine Straftat begangen werden kann, kommt eine Strafbarkeit in Betracht. Entscheidend ist, ob der Anbieter aktiv dazu beiträgt, das Handeln zur Begehung einer Straftat zu ermöglichen oder zu fördern. In der Praxis werden solche Fälle häufig in Kombination mit anderen Delikten wie Beihilfe (§ 27 StGB) oder Beiträgen zur Vorbereitung (z.B. §§ 149, 202c StGB) betrachtet.