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Amtsvergehen


Amtsvergehen

Begriff und Definition

Ein Amtsvergehen ist ein Sammelbegriff für Verhaltensweisen von Amtsträgern, die während der Ausübung ihres Dienstes vorsätzlich oder fahrlässig gegen ihre amtlichen Pflichten verstoßen und dadurch das öffentliche Interesse beeinträchtigen. Im rechtlichen Zusammenhang kann ein Amtsvergehen sowohl eine strafbare als auch eine disziplinarrechtlich relevante Handlung darstellen. Es unterscheidet sich begrifflich und inhaltlich von der Korruption, überschneidet sich aber teilweise mit Delikten wie Bestechung oder Bestechlichkeit im Amt.

Rechtliche Einordnung

Strafrechtliche Relevanz

Im Strafrecht werden verschiedene Verhaltensweisen von Amtsträgern, die als Amtsvergehen gewertet werden, insbesondere im Strafgesetzbuch (StGB) erfasst. Zu den wichtigsten Straftatbeständen zählen:

  • Bestechlichkeit und Bestechung im Amt (§§ 331-335 StGB): Hierunter fallen das Fordern, Sich-Versprechen-Lassen oder Annehmen von Vorteilen sowie die Gewährung oder das Versprechen solcher Vorteile durch Dritte.
  • Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung (§§ 331, 333 StGB): Erfasst Verhaltensweisen, bei denen ein Amtsträger für die Dienstausübung Vorteile erhält oder entgegen nimmt, ohne dass eine konkrete pflichtwidrige Handlung vorliegt.
  • Amtsmissbrauch (§ 339 StGB): Bestraft wird der vorsätzliche Missbrauch der Amtsgewalt durch einen Amtsträger, in der Absicht, einem anderen einen Vorteil oder Nachteil zu verschaffen.
  • Verletzung amtlicher Geheimnisse (§ 353b StGB): Beinhaltet die unbefugte Offenbarung von Geheimnissen, die einem Amtsträger während seiner Dienstausübung anvertraut wurden.
  • Falschbeurkundung im Amt (§ 348 StGB): Erfasst die bewusste Ausstellung unrichtiger öffentlicher Urkunden durch Amtsträger.
  • Rechtsbeugung (§ 339 StGB): Einschlägig für Richter, die sich wissentlich und vorsätzlich in der Rechtsanwendung zugunsten oder zum Nachteil einer Partei von Gesetz und Recht entfernen.

Disziplinarrechtliche Bedeutung

Neben der strafrechtlichen Betrachtung ist das Amtsvergehen auch im Disziplinarrecht bedeutsam. Dienstrechtliche Verfehlungen, die nicht zwangsläufig strafbar sein müssen, können disziplinarrechtliche Folgen nach sich ziehen:

  • Dienstvergehen: Nach Beamtengesetzen der Länder und dem Bundesbeamtengesetz liegt ein Dienstvergehen vor, wenn ein Beamter schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Jeder Verstoß gegen Dienstpflichten ist potenziell ein disziplinarrechtlich relevantes Amtsvergehen.
  • Disziplinarmaßnahmen: Je nach Schwere der Pflichtverletzung können nach einer disziplinarrechtlichen Überprüfung Verwarnung, Gehaltskürzung, Zurückstufung oder Entfernung aus dem Dienst als Sanktionen verhängt werden.

Verwaltungsrechtliche Aspekte

Im Verwaltungsrecht können Amtsvergehen als schwere Pflichtverletzungen die Rücknahme oder den Widerruf von Verwaltungsakten oder Ehrungen zur Folge haben. Zudem kann bei amtspflichtwidrigem Verhalten die Haftung der handelnden Behörde oder des Staates nach dem Staatshaftungsrecht, etwa aufgrund eines Amtshaftungsanspruchs (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG), ausgelöst werden.

Täterkreis: Wer ist Amtsträger?

Ob jemand ein Amtsvergehen begehen kann, hängt vom Status als Amtsträger ab. Die Legaldefinition nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB umfasst Beamte, Richter, Personen im öffentlichen Dienst sowie zur Mitarbeit im öffentlichen Bereich besonders verpflichtete Personen. Dies können neben klassischen Beamten auch z.B. Gemeinderäte, Angestellte im öffentlichen Dienst oder Notare sein.

Tatmodalitäten

Vorsatz und Fahrlässigkeit

Ein Amtsvergehen wird meistens vorsätzlich begangen, wobei Kenntnisse über die Amtspflicht und deren Verletzung erforderlich sind. In bestimmten Fällen genügen jedoch auch fahrlässige Pflichtverletzungen, etwa bei fahrlässiger Verletzung des Dienstgeheimnisses.

Tathandlung

Die konkrete Tathandlung kann unterschiedlich ausgestaltet sein. Sie umfasst sowohl aktives Tun (z.B. das willentliche Fälschen einer Urkunde) als auch Unterlassen (z.B. das Nichtverfolgen einer Straftat durch die Polizei, § 258a StGB).

Sanktionen und Rechtsfolgen

Strafrechtliche Sanktionen

Die strafrechtlichen Sanktionen bei Amtsvergehen reichen je nach Schwere der Tat von Geldstrafen bis zu Freiheitsstrafen. Besonders schwere Fälle, wie Rechtsbeugung oder schwere Bestechlichkeit, können mit mehrjährigen Freiheitsstrafen geahndet werden.

Disziplinarrechtliche Maßnahmen

Unabhängig von einer strafrechtlichen Verurteilung können disziplinarrechtliche Maßnahmen eingeleitet werden. Diese dienen der Aufrechterhaltung des Ansehens und der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes.

Zivilrechtliche Folgen

Durch ein Amtsvergehen kann ein Schaden bei Dritten entstehen. Nach § 839 BGB haftet die Anstellungskörperschaft dem Geschädigten für den durch das pflichtwidrige Verhalten eines Amtsträgers entstandenen Schaden.

Abgrenzung zu anderen Delikten

Nicht jedes Fehlverhalten eines Amtsträgers ist ein Amtsvergehen. Bagatellverstöße, leichte Unachtsamkeiten oder rein private Verfehlungen ohne Bezug zum Amt stellen kein Amtsvergehen dar. Klar von Amtsvergehen abzugrenzen ist das allgemeine Dienstvergehen, welches auch private Verstöße gegen die Dienstpflichten umfasst, ohne Bezug auf eine dem öffentlichen Interesse geschuldete Handlung.

Verfahren und Verfolgung

Ermittlungsverfahren

Amtsvergehen werden im Regelfall von der Staatsanwaltschaft von Amts wegen verfolgt, wenn ein Anfangsverdacht besteht. In besonders schweren und öffentlichen Fällen kann eine besondere Staatsanwaltschaft für Korruptionsdelikte zuständig sein.

Disziplinarverfahren

Nach Einleitung eines Disziplinarverfahrens kann der Dienstherr Sanktionen aussprechen. Dabei gilt das Grundsatzverfahren der Anhörung und das Prinzip des fairen Verfahrens.

Internationaler Vergleich

Auch in anderen Rechtssystemen existieren ähnliche Begriffe, z.B. “official misconduct” im US-amerikanischen Recht oder “malfeasance in office” im Common Law. Üblicherweise dienen die Regelungen dem Schutz der Integrität des öffentlichen Dienstes und der öffentlichen Verwaltung.

Literatur und Rechtsprechung

Die rechtliche Bewertung von Amtsvergehen ist Gegenstand zahlreicher Fachpublikationen und Urteile. Die Rechtsprechung der Obergerichte konkretisiert regelmäßig die Pflichtenkreise der Amtsträger und das Unrechtsgehalt einzelner Verhaltensweisen.


Zusammenfassung:
Das Amtsvergehen ist ein zentrales Element des öffentlichen Dienstrechts und Strafrechts. Es dient der Sicherung von Rechtstreue, Transparenz und Integrität im Handeln von Amtsträgern und ist durch eine Vielzahl von gesetzlichen Vorschriften umfassend geregelt. Die Verfolgung und Sanktionierung von Amtsvergehen sind bedeutende Instrumente zur Aufrechterhaltung von Vertrauen und Funktionsfähigkeit des öffentlichen Sektors.

Häufig gestellte Fragen

Welche strafrechtlichen Konsequenzen drohen bei einem Amtsvergehen?

Bei einem Amtsvergehen, das insbesondere durch Amtsträger während der Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit begangen wird, drohen im deutschen Recht vielfältige strafrechtliche Konsequenzen. Abhängig vom konkreten Tatbestand – etwa Bestechlichkeit (§ 332 StGB), Bestechung (§ 334 StGB), Vorteilsannahme (§ 331 StGB), Untreue (§ 266 StGB) oder auch Rechtsbeugung (§ 339 StGB) – reicht das Strafmaß von Geldstrafen bis hin zu mehrjährigen Freiheitsstrafen. Besonders schwerwiegende Delikte wie Rechtsbeugung können mit Freiheitsstrafen von einem Jahr bis zu fünf Jahren, in besonders schweren Fällen sogar bis zu zehn Jahren, geahndet werden. Daneben sind Nebenstrafen und Maßnahmen möglich, etwa ein Verbot der Ausübung öffentlicher Ämter (§ 45 StGB) oder die Aberkennung des Ruhegehalts im Beamtenrecht. Die strafrechtliche Bewertung richtet sich immer nach dem genauen Vorwurf, den Umständen der Tat und dem Grad des Verschuldens. Zudem ist zu beachten, dass Gerichte bei der Strafzumessung die Stellung des Täters, das Ausmaß des Vertrauensmissbrauchs sowie etwaige Folgen für das Gemeinwohl berücksichtigen.

Welche Rolle spielt die Beamteneigenschaft beim Amtsvergehen?

Im rechtlichen Kontext ist die Beamteneigenschaft bei Amtsvergehen von zentraler Bedeutung. Viele einschlägige Straftatbestände im Strafgesetzbuch (StGB), beispielsweise die Bestechlichkeit (§ 332 StGB) und die Vorteilsannahme (§ 331 StGB), setzen voraus, dass der Täter Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist. Hierunter fallen nicht nur Beamte im statusrechtlichen Sinne, sondern auch Richter, Soldaten und andere Personen, die öffentlich-rechtliche Aufgaben wahrnehmen. Die Beamteneigenschaft bewirkt, dass die strafrechtlichen Normen speziell auf diesen Personenkreis zugeschnitten sind und besonders strenge Sanktionsmechanismen greifen, die das besondere Vertrauensverhältnis zwischen dem Amtsträger und dem Staat schützen sollen. Zudem können disziplinarrechtliche Verfahren eingeleitet werden, bei denen zusätzliche Sanktionen im dienstrechtlichen Bereich erfolgen, wie zum Beispiel Entfernung aus dem Dienst.

Wie unterscheidet sich das Amtsvergehen vom Dienstvergehen?

Amtsvergehen und Dienstvergehen sind im rechtlichen Sinne zu unterscheiden. Ein Amtsvergehen bezeichnet eine strafbare Handlung im Zusammenhang mit der Ausübung eines öffentlichen Amtes und ist somit ein Begriff des Strafrechts; das Dienstvergehen hingegen ist ein Begriff des Disziplinarrechts und bezeichnet einen Verstoß gegen dienstrechtliche Pflichten. Während ein Amtsvergehen automatisch auch ein Dienstvergehen darstellen kann, führt nicht jede dienstrechtliche Pflichtverletzung zu einem Strafverfahren. Dienstvergehen werden vielmehr durch Disziplinarverfahren geahndet, die zum Beispiel mit einer Rüge, Geldbuße, Degradierung oder Entfernung aus dem Dienst enden können. Ein strafrechtlich relevantes Amtsvergehen zieht regelmäßig auch disziplinarische Maßnahmen nach sich, um das öffentliche Vertrauen in die Verwaltung sicherzustellen.

Können auch Nichtbeamte ein Amtsvergehen begehen?

Obwohl der Schwerpunkt von Amtsvergehen auf die Verfehlungen von Amtsträgern liegt, können auch Personen, die keine Beamten im statusrechtlichen Sinne sind, strafrechtlich wegen eines Amtsvergehens belangt werden, sofern sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Das Strafgesetzbuch (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB) zählt neben Beamten unter anderem auch Richter, Soldaten, Notare sowie Personen, die als Organ oder Mitglied eines Organs einer öffentlichen Behörde handeln, zu den Amtsträgern. Zudem kann im Einzelfall auch eine sogenannte Beauftragung mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben zur Einordnung als „Amtsträger” führen, etwa bei Privatpersonen, die hoheitliche Befugnisse ausüben. Allerdings muss immer die konkrete Funktion und der damit verbundene Aufgabenbereich betrachtet werden.

Welche prozessualen Besonderheiten existieren bei der Verfolgung eines Amtsvergehens?

Bei der Verfolgung von Amtsvergehen gibt es einige prozessuale Besonderheiten. In der Regel sind Ermittlungen wegen Amtsvergehen besonders sensibel, da sie das Vertrauen in den öffentlichen Dienst und staatliche Institutionen betreffen. Aus diesem Grund werden entsprechende Verfahren in der Regel von spezialisierten Sachbearbeitern der Staatsanwaltschaft geführt, oftmals mit Unterstützung von Sonderdezernaten für Korruptionsbekämpfung. Ist ein Richter oder ein Beamter betroffen, gelten je nach Position besondere Vorschriften, wie zum Beispiel eine verpflichtende Dienstaufsichtsanzeige oder die vorläufige Dienstenthebung bei hinreichendem Tatverdacht. Darüber hinaus ist auch das öffentliche Interesse am Strafverfahren überdurchschnittlich hoch, was den Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung nach sich ziehen kann. In Einzelfällen muss für die Strafverfolgung außerdem eine Zustimmung der vorgesetzten Behörde vorliegen (z.B. § 344 Abs. 2 StPO bei richterlichen Amtsträgern).

Welche Folgen hat ein Amtsvergehen für das Beamtenverhältnis?

Ein rechtskräftig festgestelltes Amtsvergehen hat meist erhebliche Konsequenzen für das Beamtenverhältnis. Abhängig von der Schwere der Tat kann dies zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, zur Aberkennung von Versorgungsansprüchen oder zu einer Degradierung führen. Nach § 41 Bundesbeamtengesetz endet das Beamtenverhältnis automatisch, wenn ein Beamter durch gerichtliches Urteil in einem Strafverfahren wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird. Auch geringere Strafen können disziplinarische Maßnahmen nach sich ziehen. Die zuständigen Disziplinarbehörden sind verpflichtet, das Strafurteil zu berücksichtigen und gegebenenfalls ein gesondertes Disziplinarverfahren einzuleiten, das zu weiteren dienstrechtlichen Sanktionen führen kann.

Verjährt ein Amtsvergehen und wie lange sind die Fristen?

Auch für Amtsvergehen gelten die allgemeinen strafrechtlichen Verjährungsvorschriften gemäß §§ 78 ff. StGB. Die Verjährungsfrist richtet sich nach der angedrohten Höchststrafe des jeweiligen Tatbestandes. Bei den meisten Amtsdelikten wie etwa Bestechlichkeit, Vorteilsannahme oder Rechtsbeugung beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre, kann in schwereren Fällen aber auch je nach Tatbestand zehn Jahre oder länger betragen. Die Verjährung beginnt grundsätzlich mit der Beendigung der Tat. Besonderheiten gelten, wenn durch bestimmte Handlungen (z.B. Aufnahme der Ermittlungen durch die Strafverfolgungsbehörden) die Verjährung unterbrochen wird, wodurch die Frist erneut zu laufen beginnt. Auch im Disziplinarrecht gibt es eigene Verjährungsfristen, die parallel zu den strafrechtlichen Fristen laufen.