Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO)
Das Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum ist die zentrale Einrichtung der Europäischen Union für die Eintragung und Verwaltung von Unionsmarken sowie eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmustern. Es hat seinen Sitz in Alicante (Spanien) und arbeitet als eigenständige Agentur der EU. Das EUIPO betreut Verfahren, Register und Rechtsmittelinstanzen für diese Schutzrechte mit unionsweiter Wirkung und stellt umfangreiche Informations- und Servicedienste bereit.
Aufgaben und Zuständigkeiten des EUIPO
Das EUIPO ist für die rechtliche Entstehung, Verwaltung und Publizität von zwei unionsweit geltenden Schutzrechtsarten zuständig: der Unionsmarke und dem eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Es führt Register, prüft Anmeldungen, veröffentlicht amtliche Mitteilungen und trifft Entscheidungen in streitigen Verwaltungsverfahren.
Unionsmarken
Anmeldung, Prüfung und Veröffentlichung
Eine Unionsmarke verleiht einheitlichen Markenschutz in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Anmeldungen können in einer EU-Amtssprache eingereicht werden. Das EUIPO prüft insbesondere formale Voraussetzungen und absolute Schutzhindernisse wie fehlende Unterscheidungskraft oder beschreibende Angaben. Nach erfolgreicher Prüfung erfolgt die Veröffentlichung, womit das Widerspruchsfenster eröffnet wird.
Widerspruchs- und Nichtigkeitsverfahren
Gegen die Eintragung einer Unionsmarke kann innerhalb einer festgelegten Frist Widerspruch eingelegt werden. Der Widerspruch stützt sich typischerweise auf ältere Kennzeichenrechte. Nach Eintragung kann die Unionsmarke in besonderen Verfahren gelöscht oder für nichtig erklärt werden, wenn beispielsweise ältere Rechte entgegenstehen oder absolute Schutzhindernisse vorliegen.
Schutzumfang und Dauer
Die Unionsmarke gewährt Inhabenden das ausschließliche Recht, das Zeichen für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen in der gesamten EU zu verwenden und Dritten die Benutzung zu untersagen, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Der Schutz gilt für zehn Jahre ab Anmeldetag und kann unbegrenzt in Zehnjahresschritten verlängert werden.
Gemeinschaftsgeschmacksmuster (Designs)
Eintragung und Prüfungsumfang
Das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster schützt die Erscheinungsform eines Erzeugnisses oder eines Teils davon in der gesamten EU. Das EUIPO prüft formale Anforderungen; die materiellen Schutzvoraussetzungen wie Neuheit und Eigenart werden überwiegend nicht im Eintragungsverfahren, sondern im Streitfall bewertet. Nach erfolgreicher Formalprüfung erfolgt die Eintragung und Veröffentlichung, gegebenenfalls mit Aufschub der Bekanntmachung.
Nichtigkeitsverfahren und Dauer
Die Gültigkeit eingetragener Gemeinschaftsgeschmacksmuster kann in gesonderten Verfahren beim EUIPO angegriffen werden, etwa wegen fehlender Neuheit oder Eigenart. Der Schutz gilt fünf Jahre ab Anmeldetag und kann in Fünfjahresschritten bis zu insgesamt 25 Jahren verlängert werden.
Verfahrenssprache und Kommunikation
Verfahren können in jeder Amtssprache der EU eingeleitet werden. Zusätzlich ist eine zweite Sprache aus dem Kreis der beim EUIPO verwendeten Arbeitssprachen zu wählen. Entscheidungen, Mitteilungen und Verfahrenshandlungen erfolgen in der gewählten Verfahrenssprache oder, je nach Verfahrenslage, in der zweiten Sprache. Das Amt stellt umfangreiche digitale Dienste zur elektronischen Einreichung, Akteneinsicht und Kommunikation bereit.
Verfahrensbeteiligte und Vertretung
Anmelderinnen und Anmelder mit Sitz oder Niederlassung im Europäischen Wirtschaftsraum können in der Regel selbst auftreten. Für Beteiligte ohne entsprechenden Sitz ist eine Vertretung durch zugelassene Vertreterinnen und Vertreter erforderlich. Vertretungsbefugte Personen sind beim EUIPO registriert; sie handeln im Namen der Beteiligten und wirken an allen Stadien der Verfahren mit, einschließlich Widerspruch, Löschung und Beschwerde.
Organisatorische Struktur und Aufsicht
Das EUIPO wird von Leitungsorganen geführt, die strategische und haushaltsrechtliche Entscheidungen treffen. Die laufende Verwaltung obliegt der Geschäftsführung. Das Amt finanziert sich überwiegend aus Gebühren. Interne Spruchkörper, insbesondere die Widerspruchs- und Nichtigkeitsabteilungen sowie die Beschwerdekammern, treffen Entscheidungen in jeweiligen Verfahrensarten. Übergeordnete Unionsgerichte überwachen die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen des EUIPO.
Verhältnis zu anderen Systemen und Behörden
Verhältnis zu nationalen Ämtern und zur WIPO
Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster bestehen neben nationalen Rechten. Nationale Ämter sind für Schutzrechte mit Wirkung im jeweiligen Mitgliedstaat zuständig. Das EUIPO wirkt mit der Weltorganisation für geistiges Eigentum zusammen. Bei internationalen Registrierungen von Marken und Designs prüft das EUIPO, soweit die Europäische Union benannt ist, die unionsrechtlichen Voraussetzungen.
Abgrenzung zu Patenten
Patente gehören nicht zum Zuständigkeitsbereich des EUIPO. Für Patente bestehen gesonderte Einrichtungen und Verfahren. Das EUIPO ist ausschließlich für Marken und Designs auf EU-Ebene zuständig.
Rechtsschutz und Rechtsmittel
Beschwerde beim EUIPO
Gegen Entscheidungen von Prüfungs-, Widerspruchs-, Nichtigkeits- oder Löschungsabteilungen kann innerhalb bestimmter Fristen Beschwerde bei den Beschwerdekammern des EUIPO eingelegt werden. Die Beschwerdekammern prüfen die angefochtenen Entscheidungen in rechtlicher und, je nach Fall, tatsächlicher Hinsicht.
Gerichtliche Überprüfung
Entscheidungen der Beschwerdekammern unterliegen der Kontrolle durch das Gericht der Europäischen Union und in weiterer Folge durch den Gerichtshof der Europäischen Union. Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich auf die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen. Das EUIPO kann zudem Streitbeilegungsangebote bereitstellen, die auf eine gütliche Lösung im Rahmen anhängiger Verfahren ausgerichtet sind.
Gebühren und Register
Gebührenprinzipien
Für Anmeldungen, Verlängerungen und verschiedene Verfahrenshandlungen fallen amtliche Gebühren an. Die Gebührenstruktur ist öffentlich bekanntgemacht und folgt dem Grundsatz der Kostendeckung. Die Zahlung ist Voraussetzung für die Fortführung der meisten Verfahren.
Register, Datenbanken und Veröffentlichungen
Das EUIPO führt öffentliche Register für Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Diese Register enthalten Angaben zu Anmeldern, Vertretung, Verfahrensstand, Waren- und Dienstleistungsverzeichnissen bei Marken, Abbildungen bei Designs sowie Rechtsbeständen. Darüber hinaus betreibt das EUIPO Such- und Informationsdienste, veröffentlicht Amtsblätter und stellt Werkzeuge zur Recherche und Beobachtung bereit.
Durchsetzung und Beobachtungsaufgaben
Die Durchsetzung eingetragener Rechte erfolgt nach den einschlägigen Regeln vor nationalen Gerichten und zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten. Das EUIPO selbst entscheidet nicht über Verletzungsstreitigkeiten. Es koordiniert und unterstützt jedoch mit dem Europäischen Observatorium für Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums die Zusammenarbeit, sammelt Daten, fördert Bewusstsein und stellt Plattformen zur Verfügung, die die praktische Rechtsdurchsetzung erleichtern können.
Häufig gestellte Fragen
Was ist das EUIPO und welche Aufgaben erfüllt es?
Das EUIPO ist die EU-Agentur für den unionsweiten Schutz von Marken und Designs. Es nimmt Anmeldungen entgegen, prüft formale und materielle Voraussetzungen im Rahmen seiner Zuständigkeit, führt Register, veröffentlicht amtliche Informationen und entscheidet in Widerspruchs-, Löschungs- und Beschwerdeverfahren.
Welche Rechte können beim EUIPO angemeldet werden?
Beim EUIPO werden Unionsmarken sowie eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster angemeldet. Beide Rechte wirken einheitlich in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
Prüft das EUIPO vor der Eintragung, ob ältere Rechte verletzt werden?
Bei Marken prüft das EUIPO von Amts wegen vor allem absolute Schutzhindernisse. Konflikte mit älteren Rechten werden regelmäßig im Widerspruchs- oder späteren Löschungsverfahren behandelt. Bei Designs erfolgt eine vorwiegend formale Prüfung; die materielle Gültigkeit wird üblicherweise in Nichtigkeitsverfahren geklärt.
Wie lange gelten Unionsmarken und eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster?
Unionsmarken gelten jeweils zehn Jahre ab Anmeldetag und können unbegrenzt um weitere zehn Jahre verlängert werden. Eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster gelten fünf Jahre und können in Fünfjahresschritten bis zu maximal 25 Jahren verlängert werden.
Welche Rechtsmittel gibt es gegen Entscheidungen des EUIPO?
Gegen Entscheidungen der erstinstanzlichen Stellen des EUIPO kann Beschwerde bei den Beschwerdekammern eingelegt werden. Deren Entscheidungen können vor den Unionsgerichten auf Rechtmäßigkeit überprüft werden.
In welchen Sprachen können Verfahren vor dem EUIPO geführt werden?
Anmeldungen sind in jeder EU-Amtssprache möglich. Zusätzlich ist eine zweite Sprache aus den beim EUIPO verwendeten Arbeitssprachen zu benennen, die im Verfahren ebenfalls maßgeblich sein kann.
Behandelt das EUIPO auch Patente?
Nein. Das EUIPO ist auf Marken und Designs mit unionsweiter Wirkung spezialisiert. Patente werden von anderen europäischen und nationalen Einrichtungen betreut.