Ambulantes Gewerbe: Rechtsgrundlagen und Abgrenzung
Das ambulante Gewerbe ist ein Begriff aus dem deutschen Gewerberecht und bezeichnet eine spezielle Form der gewerblichen Tätigkeit, die sich durch das Fehlen eines festen Geschäfts- oder Verkaufsstandorts auszeichnet. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind insbesondere in der Gewerbeordnung (GewO) geregelt und betreffen vielfältige Tätigkeiten wie den Verkauf von Waren, das Anbieten von Dienstleistungen oder Unterhaltungsdarbietungen außerhalb fester Betriebsstätten. Der folgende Beitrag beleuchtet umfassend die Definition, rechtlichen Grundlagen, Voraussetzungen, Besonderheiten sowie Pflichten und Ausnahmen des ambulanten Gewerbes.
Definition des ambulanten Gewerbes
Das ambulante Gewerbe unterscheidet sich vom stehenden Gewerbe dadurch, dass es keine feste Niederlassung nutzt, sondern mobil, etwa von einem Fahrzeug, Stand, Haus zu Haus oder auf öffentlichen Straßen und Plätzen betrieben wird. Nach § 55 GewO ist ein Gewerbe dann ambulant, wenn die Tätigkeiten außerhalb einer festen Betriebsstätte, regelmäßig ohne vorherige Bestellung oder außerhalb gewerblicher Räume durchgeführt werden.
Rechtliche Grundlagen
Gesetzliche Regelungen
Die maßgeblichen Vorschriften für das ambulante Gewerbe finden sich in den §§ 55 ff. der Gewerbeordnung (GewO). Dort werden die Voraussetzungen, Arten, Genehmigungen und Beschränkungen für ambulante Tätigkeiten definiert.
§ 55 GewO – Begriff und Zulässigkeit
§ 55 GewO beschreibt exakt, wann ein Gewerbetreibender als „ambulanter Gewerbetreibender“ gilt und unterscheidet dabei u. a.:
- das Feilbieten von Waren oder Leistungen außerhalb einer festen Verkaufsstelle,
- das Anbieten an verschiedenen Orten ohne dauerhafte Niederlassung,
- das Aufsuchen von Personen ohne vorherige Bestellung.
Abgrenzung zum stehenden Gewerbe
Das stehende Gewerbe (§§ 1-54 GewO) findet üblicherweise an einer festen Niederlassung statt, wohingegen das ambulante Gewerbe durch Mobilität und Ortswechsel gekennzeichnet ist. Entscheidend ist die Art der Ausübung, nicht der Standort des Gewerbetreibenden.
Arten des ambulanten Gewerbes
Wandergewerbe
Eine Unterform des ambulanten Gewerbes ist das Wandergewerbe. Laut Gewerbeordnung betreibt ein Wandergewerbetreibender gewerbliche Tätigkeiten ohne Niederlassung, insbesondere:
- Hausieren (Anbieten von Waren oder Dienstleistungen an der Haustür oder auf der Straße),
- Verkauf von Waren oder Dienstleistungen auf Märkten oder öffentlichen Straßen.
Reisegewerbe
Das Reisegewerbe umfasst den gewerbsmäßigen Verkauf und das Anbieten von Waren, Dienstleistungen oder Unterhaltungsleistungen, miteinander verwandt mit dem Wandergewerbe, jedoch mit spezifischen Regelungen zur Erlaubnispflicht (§ 55 Abs. 2 GewO).
Erlaubnispflicht und Anzeige
Reisegewerbekarte
Im Regelfall benötigen Gewerbetreibende, die ein ambulantes oder reisendes Gewerbe betreiben, eine so genannte Reisegewerbekarte gemäß § 55a GewO. Diese wird auf Antrag von der zuständigen Behörde erteilt und ist personenbezogen.
Erteilungsverfahren
- Antragstellung: Bei der zuständigen Ordnungsbehörde.
- Unterlagen: Personalausweis, Führungszeugnis, Auszug aus dem Gewerbezentralregister, Nachweis über geordnete Vermögensverhältnisse.
- Behördliche Prüfung: Einschätzung der Zuverlässigkeit nach § 57 GewO.
Besonderheiten
Die Karte kann mit Befristungen oder Bedingungen bzw. Auflagen erteilt werden, um den Schutz der Allgemeinheit, der Verbraucherinnen und Verbraucher oder einzelner Rechtsgüter sicherzustellen.
Ausnahmen von der Erlaubnispflicht
Nicht alle Tätigkeiten im ambulanten Gewerbe sind erlaubnispflichtig. § 55a GewO nennt zahlreiche Ausnahmen:
- Verkauf von Lebensmitteln auf Märkten oder Messen,
- Verkauf von Produkten aus Eigenherstellung,
- Vertrieb von Zeitungen, Zeitschriften,
- Dienstleistungen bestimmter Branchen wie Schausteller.
Diese Ausnahmen gelten jedoch nur bei Einhaltung spezifischer rechtlicher Voraussetzungen und oftmals nur dann, wenn die Tätigkeit in einem bestimmten Umfang oder an festgelegten Orten ausgeübt wird.
Pflichten und Rechtspflichten im ambulanten Gewerbe
Anzeige und Registrierung
Sowohl das ambulante als auch das stehende Gewerbe unterliegen grundsätzlich der Anzeigepflicht über die Aufnahme, Veränderung oder Aufgabe der gewerblichen Tätigkeit (§ 14 GewO).
Kennzeichnung und Kundeninformationen
Ein ambulant tätiger Gewerbetreibender ist verpflichtet, die erforderlichen Angaben zur Person und zum Gewerbe am Verkaufsstand oder während der Tätigkeit sichtbar zu machen, sodass die Kundschaft sich informieren kann.
Steuerrechtliche Pflichten
Ambulant tätige Gewerbetreibende unterliegen ebenso den steuerrechtlichen Verpflichtungen wie das stehende Gewerbe:
- Anmeldung und Abführung von Umsatzsteuer,
- Aufzeichnungspflichten,
- ggf. Kassenführungspflichten nach GoBD.
Überwachung und Sanktionsmöglichkeiten
Verstöße gegen gewerberechtliche Vorschriften im Zusammenhang mit ambulantem Gewerbe können von den Ordnungs- und Gewerbeaufsichtsbehörden verfolgt werden. Die Palette der Sanktionen reicht von Bußgeldern bis hin zu Untersagungsverfügungen. Bei schwerwiegenden oder wiederholten Verstößen kann die erteilte Reisegewerbekarte entzogen werden (§ 59 GewO).
Praxisrelevante Beispiele
- Markthandel: Der Verkauf von Obst, Gemüse oder anderen Waren auf Wochenmärkten.
- Imbisswagen: Mobiler Ausschank und Verkauf von Speisen und Getränken.
- Kleinunternehmer: Dienstleistungen wie Schlüsseldienst oder Rohrreinigung beim Kunden vor Ort, sofern keine festen Betriebsräume genutzt werden.
Fazit
Das ambulante Gewerbe ist ein bedeutender Bestandteil der gewerblichen Tätigkeit in Deutschland, unterliegt aber besonderen rechtlichen Regelungen und Pflichten. Die gesetzlichen Bestimmungen der Gewerbeordnung zielen dabei auf den Schutz der Verbraucher, der Allgemeinheit sowie auf die Rechtssicherheit der Akteure im Wirtschaftsleben. Grundsätzlich ist zwischen erlaubnispflichtigen und erlaubnisfreien Tätigkeiten zu unterscheiden. Wer ein ambulantes Gewerbe ausübt oder ausüben möchte, muss sich mit den einschlägigen rechtlichen Vorgaben, insbesondere nach der Gewerbeordnung, vertraut machen und diese beachten, um Sanktionen und Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Anforderungen gelten für die Anmeldung eines ambulanten Gewerbes?
Für die Aufnahme eines ambulanten Gewerbes in Deutschland ist grundsätzlich eine Gewerbeanmeldung nach § 14 GewO (Gewerbeordnung) erforderlich. Die Anmeldung muss vor Beginn der Tätigkeit bei der zuständigen Gemeinde- oder Stadtverwaltung erfolgen. Dabei ist anzugeben, welche Art von Tätigkeiten konkret ambulant ausgeübt werden sollen. Je nach Gewerbeart, insbesondere bei erlaubnispflichtigen Tätigkeiten (z. B. Handwerk, Bewachungsgewerbe, Gastgewerbe), sind zusätzliche Unterlagen wie Führungszeugnisse, Auszüge aus dem Gewerbezentralregister und gegebenenfalls spezielle gewerberechtliche Erlaubnisse vorzulegen. Nach erfolgreicher Anmeldung erhält der Gewerbetreibende eine Gewerbeanmeldebescheinigung, die bei der Ausübung der Tätigkeit mitzuführen ist. Zudem erfolgt eine automatische Mitteilung an weitere Behörden, etwa das Finanzamt, die Industrie- und Handelskammer sowie ggf. die Berufsgenossenschaft.
Welche besonderen Vorschriften gelten für die Ausübung eines ambulanten Gewerbes im öffentlichen Raum?
Die Ausübung eines ambulanten Gewerbes im öffentlichen Raum – beispielsweise auf Märkten, Straßen oder öffentlichen Plätzen – unterliegt zusätzlichen Regelungen. Insbesondere ist nach § 55 GewO eine Reisegewerbekarte erforderlich, wenn die Tätigkeit ohne festen Standort und ohne vorherige Bestellung durch den Kunden erfolgt. Darüber hinaus regeln kommunale Satzungen die Nutzung des öffentlichen Raumes. Oft sind für den Auf- und Abbau von Ständen, das Aufstellen von Fahrzeugen oder die Nutzung von Flächen spezielle Sondernutzungs- bzw. Sondergenehmigungen einzuholen. Zusätzlich können Hygienevorschriften (insbesondere bei Verkauf von Lebensmitteln), Lärm- und Umweltschutzbestimmungen sowie Sperrzeitenregelungen zu beachten sein.
Welche Inhalte und Pflichten umfasst eine Reisegewerbekarte?
Die Reisegewerbekarte dokumentiert die gesetzliche Erlaubnis zur Ausübung eines ambulanten, nicht ortsgebundenen Gewerbes. Sie muss bei sämtlichen Tätigkeiten stets mitgeführt und auf Verlangen den Kontrollbehörden (Ordnungsamt, Polizei) vorgezeigt werden. Die Karte enthält persönliche Angaben zum Gewerbetreibenden, die zugelassenen Tätigkeiten sowie eventuelle Auflagen oder Beschränkungen. Beantragt wird die Reisegewerbekarte bei der örtlich zuständigen Behörde des Wohnsitzes. Zu beachten ist, dass das Fehlen der Karte oder die Ausübung nicht genehmigter Tätigkeiten als Ordnungswidrigkeit nach § 146 GewO geahndet werden kann. Bei bestimmten Gewerbezweigen (z.B. Schausteller, fliegende Händler) ist die Reisegewerbekarte zwingend vorgeschrieben.
Welche steuerlichen Pflichten entstehen bei einem ambulanten Gewerbe?
Auch ambulante Gewerbetreibende sind verpflichtet, ihre Einkünfte steuerlich zu erfassen und entsprechende Steuererklärungen abzugeben. Neben der Anmeldung beim Finanzamt (auf Basis der Gewerbeanmeldung) entsteht die Pflicht zur Abgabe einer Einnahmenüberschussrechnung oder Bilanz, je nach Umsatzgröße. Es können Umsatzsteuerpflichten entstehen, sofern die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG nicht greift. Hinzu kommen ggf. Gewerbesteuerpflichten, abhängig vom erzielten Gewinn. Darüber hinaus sind branchenspezifische Anforderungen, zum Beispiel bei steuerlicher Erfassung von Kassenumsätzen (Registrierkassenpflicht, Belegausgabepflicht gemäß KassenSichV), zu beachten. Bei grenzüberschreitendem ambulantem Handel sind zudem die Regelungen zur Umsatzsteuer im Binnenmarkt zu berücksichtigen.
Welche gewerberechtlichen Meldepflichten bestehen bei Änderungen im ambulanten Gewerbe?
Jede wesentliche Änderung im ambulanten Gewerbe – beispielsweise Änderungen des Tätigkeitsumfangs, Verlagerung des Firmensitzes, Wechsel des Inhabers, Ausweitung oder Einschränkung der erlaubten Tätigkeiten – muss der zuständigen Gewerbebehörde unverzüglich angezeigt werden (§ 14 Abs. 1 Gewerbeordnung). Auch bei der Einstellung des Gewerbes ist eine Abmeldung erforderlich. Bei einer geplanten Erweiterung des Tätigkeitsfeldes kann gegebenenfalls eine neue Reisegewerbekarte oder eine Erweiterung der bestehenden Erlaubnis notwendig sein. Werden die Meldepflichten nicht beachtet, drohen ordnungsrechtliche Sanktionen.
Wie werden Verstöße gegen gewerberechtliche Vorschriften beim ambulanten Gewerbe sanktioniert?
Verstöße gegen die gewerberechtlichen Vorschriften – etwa das Fehlen einer notwendigen Reisegewerbekarte, fehlende Anmeldungen, Nichtbeachtung spezieller Auflagen oder die Überschreitung der genehmigten Tätigkeit – können als Ordnungswidrigkeiten nach § 146 GewO mit Bußgeldern geahndet werden. Je nach Schwere des Verstoßes sind auch gewerberechtliche Untersagungsverfügungen möglich, bis hin zur dauerhaften Untersagung der Gewerbeausübung (§ 35 GewO bei Zuverlässigkeitsmängeln). Im Einzelfall können zudem untersagte Aktivitäten strafrechtliche Folgen, insbesondere bei Betrug oder Steuerdelikten, nach sich ziehen.
Welche haftungsrechtlichen Besonderheiten sind beim ambulanten Gewerbe zu beachten?
Ambulante Gewerbetreibende haften grundsätzlich wie andere Gewerbetreibende nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen, insbesondere für Schäden, die Dritten durch die gewerbliche Tätigkeit entstehen. Besonderheiten ergeben sich bei Personenschäden im öffentlichen Raum, etwa infolge unsachgemäßer Aufstellung von Ständen oder durch Nichtbeachtung von Verkehrssicherungspflichten. Es wird empfohlen, eine Betriebshaftpflichtversicherung abzuschließen, da die Haftung für Sach-, Personen- und Vermögensschäden umfassend und teils existenzbedrohend sein kann. Weiterhin kann eine Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten auch zu ordnungsrechtlichen Ansprüchen der Kommunen oder Geschädigter führen.