Begriff und Definition der Altersvorsorgeaufwendungen
Altersvorsorgeaufwendungen stellen einen zentralen Begriff im deutschen Steuerrecht dar. Sie bezeichnen sämtliche finanziellen Beiträge, die einer Person für die Absicherung im Alter, bei Erwerbsminderung sowie im Todesfall und teilweise für Hinterbliebene dienen. Insbesondere im Zusammenhang mit der Einkommensteuer spielen Altersvorsorgeaufwendungen eine entscheidende Rolle, da sie als Sonderausgaben gemäß § 10 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerlich geltend gemacht werden können.
Altersvorsorgeaufwendungen umfassen dabei insbesondere Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, zu berufsständischen Versorgungswerken, zur landwirtschaftlichen Alterskasse, zu privaten zertifizierten Basisrenten (Rürup-Rente) sowie Beiträge zu bestimmten ausländischen Rentenversicherungen.
Gesetzliche Grundlagen
Einkommensteuergesetz (§ 10 EStG)
Das Einkommensteuergesetz (EStG) bildet die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen im deutschen Steuerrecht. Nach § 10 Absatz 1 Nr. 2 EStG werden die als „Vorsorgeaufwendungen“ bezeichneten Zahlungen in verschiedene Kategorien eingeteilt. Altersvorsorgeaufwendungen sind dabei eine Unterkategorie der Vorsorgeaufwendungen und genießen besondere steuerliche Berücksichtigung.
Abgrenzung: Altersvorsorgeaufwendungen und sonstige Vorsorgeaufwendungen
Neben den Altersvorsorgeaufwendungen unterscheidet das Gesetz folgende weitere Vorsorgeaufwendungen:
- Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung
- Beiträge zur Pflegeversicherung
- Beiträge zu Arbeitslosenversicherungen
- sonstige Versicherungen (beispielsweise Unfall- oder Haftpflichtversicherungen)
Nur bestimmte Vorsorgeaufwendungen werden als Altersvorsorgeaufwendungen anerkannt und unterliegen speziellen Höchstbeträgen und steuerlichen Vorteilen.
Arten der Altersvorsorgeaufwendungen
Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung
Hierzu zählen die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Ebenso gilt dies für die Beitragszahlungen von Selbständigen, die freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.
Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse
Für Landwirte und selbständige Landwirte gibt es eine eigenständige Versorgungseinrichtung, deren Beiträge ebenfalls als Altersvorsorgeaufwendungen anerkannt sind.
Beiträge zu berufsständischen Versorgungswerken
Viele Angehörige der sogenannten verkammerten Berufe (u.a. Ärzte, Zahnärzte, Rechtsanwälte, Architekten) sind Pflichtmitglieder in Versorgungswerken. Die hierzu geleisteten Zahlungen sind ebenfalls als Altersvorsorgeaufwendungen klassifiziert.
Beiträge zu privaten Basisrenten (Rürup-Rente)
Private Basisrentenverträge nach § 10 Absatz 1 Nr. 2b EStG, auch als sogenannte Rürup-Renten bekannt, sind explizit förderfähige Altersvorsorgelösungen. Im Vergleich zur Riester-Rente sind Basisrenten nicht staatlich gefördert, ihre Einzahlungen können jedoch steuermindernd berücksichtigt werden.
Beiträge zu weiteren Versorgungseinrichtungen
Ebenfalls zu den Altersvorsorgeaufwendungen zählen bestimmte Beiträge zu ausländischen Rentenversicherungsträgern, sofern sie mit der deutschen Rentenversicherung vergleichbar sind.
Steuerliche Behandlung
Abzugsfähigkeit als Sonderausgaben
Altersvorsorgeaufwendungen können in der Einkommensteuererklärung als Sonderausgaben steuermindernd angesetzt werden. Dabei gilt gemäß § 10 Absatz 3 EStG ein gesetzlicher Höchstbetrag, der jährlich angepasst wird. Für das Jahr 2024 beträgt der Höchstbetrag 26.528 Euro für Ledige bzw. 53.056 Euro für zusammen veranlagte Ehegatten oder Lebenspartner.
Anpassung und Übergangsregelungen
Die Abzugsfähigkeit von Altersvorsorgeaufwendungen wurde mit dem Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) ab 2005 grundlegend reformiert. Bis zum Jahr 2025 steigt der steuerlich abziehbare Anteil der geleisteten Altersvorsorgeaufwendungen sukzessive an. Im Jahr 2023 waren bereits 96 Prozent der Beiträge steuerlich abziehbar, ab 2025 sind es 100 Prozent.
Höchstbetragsregelung und Drittaufwendungen
Die steuerliche Abzugsfähigkeit ist beschränkt auf den vorgenannten Höchstbetrag und geltend in gleicher Weise für Beiträge zu verschiedenen Altersvorsorgeeinrichtungen kumuliert. Zusätzlich sind sogenannte Drittaufwendungen möglich, falls Beiträge von Dritten (zum Beispiel vom Ehepartner) für die Altersvorsorge geleistet werden.
Abgrenzung von Riester-Renten und Rürup-Renten
Riester-Rente
Beiträge zu Riester-Verträgen werden nicht den Altersvorsorgeaufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG zugerechnet, sondern fallen unter § 10a EStG und werden dort gesondert abgewickelt. Für die steuerliche Förderung von Riester-Renten sind spezielle Regelungen zu beachten, die sich von denen der Basisrente erheblich unterscheiden.
Rürup-Rente (Basisrente)
Die Rürup-Rente ist eine private, kapitalgedeckte Altersvorsorgeform, deren Beiträge in voller Höhe als Altersvorsorgeaufwendungen klassifiziert werden – vorbehaltlich des geltenden Höchstbetrags.
Praktische Umsetzung in der Steuererklärung
Eintragung der Altersvorsorgeaufwendungen
Die persönlichen Aufwendungen zur Altersvorsorge werden in der Anlage „Vorsorgeaufwand“ der Einkommensteuererklärung eingetragen. Arbeitnehmer erhalten jährliche Bescheinigungen von der Rentenversicherung oder vom Arbeitgeber über die entrichteten und angerechneten Beiträge. Selbständige sowie freiwillig Versicherte müssen ihre Zahlungen eigenständig nachweisen.
Nachweis und Prüfungsverfahren
Das Finanzamt prüft die geltend gemachten Aufwendungen im Rahmen der Veranlagung und fordert gegebenenfalls zusätzliche Belege oder Bescheinigungen an, vor allem bei besonderen Konstellationen wie Auslandstätigkeiten oder bei mehrfachen Versicherungspflichten.
Häufige Sonderfälle und weiterführende Aspekte
Doppelverbeitragung
Für bestimmte Rentenarten (beispielsweise Betriebsrenten) besteht die sogenannte Doppelverbeitragung, d.h. sowohl während der Ansparphase als auch während der Auszahlungsphase können sozialversicherungsrechtliche Beiträge anfallen. Im Rahmen der Altersvorsorgeaufwendungen betrifft dies in erster Linie die steuerliche Abzugsfähigkeit der Beiträge, während die ausgezahlten Leistungen nachgelagert besteuert werden.
Beitragsrückerstattungen und Erstattungen
Rückerstattete Beiträge zur Rentenversicherung oder eigenständig gezahlte freiwillige Mehrbeträge sind steuerlich gesondert zu betrachten und können unter Umständen zu einer Korrektur der abziehbaren Altersvorsorgeaufwendungen führen.
Bedeutung der Altersvorsorgeaufwendungen im Sozialversicherungs- und Steuerrecht
Altersvorsorgeaufwendungen stellen eine bedeutende Schnittstelle zwischen dem Sozialversicherungsrecht und dem Steuerrecht dar. Während sie die Voraussetzung für den Aufbau einer eigenen Altersversorgung bilden, sind sie zugleich in mehrfacher Weise steuerlich privilegiert. Die mit dem Alterseinkünftegesetz eingeführte sogenannte nachgelagerte Besteuerung sorgt dafür, dass während der Ansparphase steuerliche Entlastungen gewährt werden, während die späteren Rentenzahlungen sukzessive der Besteuerung unterliegen.
Übersicht relevanter Normen und Regelungen
- § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG – Abzugsfähigkeit von Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben
- § 10a EStG – Förderung der Altersvorsorge („Riester-Rente“)
- Alterseinkünftegesetz (AltEinkG)
- Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) – Grundsätze der gesetzlichen Rentenversicherung
- Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte
- Regelungen zu berufsständischen Versorgungswerken (landesrechtlich unterschiedlich)
Fazit
Altersvorsorgeaufwendungen sind ein steuer- und sozialrechtlich hochbedeutsamer Begriff. Sie beeinflussen unmittelbar die steuerliche Belastung während der Erwerbstätigkeit und regeln die Voraussetzungen für eine gesicherte Alterseinkünfte. Die rechtlichen Grundlagen unterliegen regelmäßigen Anpassungen und sind von einer Vielzahl von Einzelregelungen abhängig, die im Einkommensteuergesetz, in Spezialgesetzen und durch regelmäßig ergehende Verwaltungsanweisungen konkretisiert werden. Ein umfassendes Verständnis der gesetzlichen Regelungen ist für die korrekte steuerliche Geltendmachung und die Gestaltung der persönlichen Altersvorsorge unerlässlich.
Häufig gestellte Fragen
In welcher Höhe können Altersvorsorgeaufwendungen steuerlich geltend gemacht werden?
Altersvorsorgeaufwendungen sind in Deutschland begrenzt als Sonderausgaben abziehbar. Maßgeblich sind die Regelungen des § 10 Einkommensteuergesetz (EStG). Für Beiträge zur Basisversorgung (insbesondere zur gesetzlichen Rentenversicherung, berufsständischen Versorgungswerken und zu Basisrentenverträgen, sogenannten „Rürup-Renten“) gilt ein Höchstbetrag, der sich jährlich ändert. Für das Steuerjahr 2024 beträgt der Höchstbetrag 27.565 Euro für Ledige bzw. 55.130 Euro für zusammen veranlagte Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner. Seit 2023 können die Altersvorsorgeaufwendungen in voller Höhe (100 %) bis zum maximalen Höchstbetrag abgezogen werden. Zu beachten ist, dass Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Rentenversicherung bereits bei der Ermittlung des abziehbaren Höchstbetrags berücksichtigt werden („Bruttomethode“) und somit den Sonderausgabenabzug entsprechend verringern. Private Lebensversicherungen, Kapitallebensversicherungen oder Verträge der sogenannten „zweiten Schicht“ fallen nicht unter diese begünstigte Regelung, sondern unterliegen ggf. anderen steuerlichen Förderungen oder Abzugsbeschränkungen.
Welche Altersvorsorgeaufwendungen werden durch das Altersvorsorge-Verbesserungsgesetz besonders begünstigt?
Das Altersvorsorge-Verbesserungsgesetz (AltvVerbG) trat im Jahr 2013 in Kraft und zielte darauf ab, die Rahmenbedingungen für private Altersvorsorgeprodukte wie die Riester-Rente und die Basisrente (Rürup-Rente) zu verbessern. Unter den begünstigten Altersvorsorgeaufwendungen fallen insbesondere Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, Beiträge zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen sowie zu Rürup-Renten, die bestimmte Zertifizierungsvoraussetzungen erfüllen. Die steuerliche Förderung besteht hier vorrangig im Sonderausgabenabzug gemäß § 10 EStG und, bei der Riester-Rente, zudem durch direkte staatliche Zulagen nach dem Altersvorsorgezulagengesetz (AltZulG). Ferner wird seitdem verstärkt darauf geachtet, dass die Produkte eine lebenslange monatliche Leibrente als Hauptleistung sicherstellen und im Insolvenzfall geschützt sind. Nicht begünstigt werden hingegen kapitalbildende Lebensversicherungen oder private Altersvorsorgeaufwendungen ohne Leibrentenoption.
Welche Nachweise müssen gegenüber dem Finanzamt für Altersvorsorgeaufwendungen erbracht werden?
Um Altersvorsorgeaufwendungen steuerlich geltend machen zu können, verlangt das Finanzamt den Nachweis über die tatsächliche Zahlung der Beiträge im jeweiligen Steuerjahr. Im Regelfall werden für gesetzliche Rentenversicherungen und berufsständische Versorgungswerke die anzusetzenden Beiträge automatisch in den Lohnsteuerbescheinigungen aufgelistet bzw. als elektronische Datenübermittlung an das Finanzamt weitergegeben. Für private Altersvorsorgeverträge, wie die Basisrente (Rürup-Rente), ist die sogenannte Anbieterbescheinigung unverzichtbar, die der Versicherer jährlich ausstellt und an den Kunden sowie elektronisch an die Finanzverwaltung sendet. Bei Riester-Verträgen sendet der Anbieter ebenfalls eine elektronische Meldung an die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA). Beiträge ohne ordnungsgemäße Nachweise werden steuerlich nicht anerkannt.
Wie wirken sich Altersvorsorgeaufwendungen auf die Beitragsbemessung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung aus?
Altersvorsorgeaufwendungen, die im Rahmen der Basisversorgung (erste Schicht) steuerlich gefördert werden, spielen auch im Sozialversicherungsrecht eine Rolle. Insbesondere bei Rentnern sind die auf die gesetzliche Rentenversicherung gezahlten Beiträge als Bemessungsgrundlage für spätere Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung relevant, da die späteren Rentenleistungen grundsätzlich der Beitragspflicht unterliegen. Während der Erwerbsphase wirken sich Altersvorsorgeaufwendungen nicht unmittelbar auf die Beitragsbemessung in der Krankenversicherung aus, da sie nicht als beitragspflichtiges Einkommen gelten, jedoch im Rahmen der Steuerveranlagung zu einer Minderung des zu versteuernden Einkommens und damit indirekt auch zu einer Reduzierung der Krankenversicherungsbeiträge führen können – falls diese einkommensabhängig bemessen werden.
Was gilt für Altersvorsorgeaufwendungen bei zusammenveranlagten Ehegatten/Lebenspartnern?
Für Ehegatten und eingetragene Lebenspartner, die steuerlich zusammen veranlagt werden, verdoppelt sich der maximale Höchstbetrag für die steuerlich abziehbaren Altersvorsorgeaufwendungen gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 EStG. Das bedeutet für das Jahr 2024: Statt 27.565 Euro steht der doppelte Betrag, also 55.130 Euro, als absetzbarer Höchstbetrag zur Verfügung. Allerdings wird für jeden Ehegatten/Lebenspartner individuell überprüft, wie viel jeweils in die Basisversorgung eingezahlt wurde; die Beiträge eines Ehepartners können nicht auf den anderen übertragen werden. Diese Besonderheit ist insbesondere dann relevant, wenn ein Ehepartner sehr hohe Beiträge leistet und der andere geringere, da eine vollständige Ausschöpfung des gemeinsamen Höchstbetrags oft nicht möglich ist.
Welche Altersvorsorgeaufwendungen sind bei Selbständigen und Freiberuflern absetzbar?
Selbständige und Freiberufler können Altersvorsorgeaufwendungen primär in der Form von Beiträgen zu berufsständischen Versorgungswerken, zur gesetzlichen Rentenversicherung (soweit Versicherungspflicht oder freiwillige Versicherung besteht) oder zu zertifizierten Basisrentenverträgen (Rürup-Rente) als Sonderausgaben geltend machen. Anders als abhängig Beschäftigte erhalten sie keinen Arbeitgeberanteil, sodass der von ihnen gezahlte volle Beitrag anzusetzen ist. Die steuerlichen Abzugsmöglichkeiten und Höchstbeträge entsprechen dabei den Regelungen für Angestellte; d. h., sie sind an den jährlich neu festgelegten Maximalbetrag gemäß § 10 Abs. 3 EStG gebunden. Beiträge zu freiwilligen privaten Rentenversicherungen, insbesondere klassischen kapitalbildenden Lebensversicherungen oder anderen Produkten der „zweiten Schicht“, sind hingegen in der Regel nicht (mehr) als Altersvorsorgeaufwendungen im Sinne des § 10 EStG abzugsfähig, sondern ggf. als sonstige Vorsorgeaufwendungen mit erheblichen Einschränkungen zu behandeln.
Was geschieht mit zu hohen oder nicht abziehbaren Altersvorsorgeaufwendungen?
Werden im Laufe eines Kalenderjahres Altersvorsorgeaufwendungen geleistet, die den nach § 10 Abs. 3 EStG zulässigen Höchstbetrag überschreiten, so bleibt der den Höchstbetrag übersteigende Teil steuerlich unberücksichtigt, d.h., er kann nicht in andere Jahre vorgetragen oder mit anderen Einkünften verrechnet werden. Eine Übertragung des nicht genutzten Volumens auf andere Personen oder Zeiträume ist gesetzlich ausgeschlossen. Eine Ausnahme bilden lediglich Beiträge zu Riester-Versicherungen, die ggf. weitgehend unabhängig vom Höchstbetrag zusätzlich förderfähig sind, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Aufwendungen, die nach Auffassung des Finanzamts nicht der begünstigten Basisversorgung zugeordnet werden können, werden auch dann nicht berücksichtigt, wenn sie zur Altersvorsorge dienen – hier spielen vor allem die inhaltliche Ausgestaltung des Vertrages und die Einhaltung steuerrechtlicher Zertifizierungsvorgaben eine wesentliche Rolle.