Begriff und Zielsetzung des Altersteilzeitgesetzes
Das Altersteilzeitgesetz (AltTZG) ist ein deutsches Gesetz, das 1996 eingeführt wurde und zum 1. Juli 1996 in Kraft trat. Es regelt die rechtlichen Rahmenbedingungen der Altersteilzeitarbeit, um älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand zu ermöglichen. Ziel ist es, zum einen die Arbeitsbelastung im letzten Abschnitt des Berufslebens zu reduzieren, zum anderen den Weg für jüngere Arbeitskräfte auf den Arbeitsmarkt zu öffnen.
Gesetzliche Grundlagen und Anwendungsbereich
Entstehung und Entwicklung
Das Altersteilzeitgesetz wurde als eigenständiges Gesetz geschaffen, um bislang bestehende Regelungslücken im Bereich der vorzeitigen Arbeitszeitreduzierung für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schließen. Die gesetzlichen Bestimmungen traten mit dem Rentenreformgesetz 1996 in Kraft und wurden seither mehrfach modifiziert, insbesondere in Hinblick auf die Förderungsvoraussetzungen seitens der Bundesagentur für Arbeit.
Anwendungsbereich
Das Altersteilzeitgesetz findet Anwendung auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die das 55. Lebensjahr vollendet haben und in einem zumindest teilzeitbeschäftigten, sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis stehen. Das Gesetz gilt sowohl für die Privatwirtschaft als auch für das öffentliche Dienstverhältnis, wobei im öffentlichen Dienst teilweise abweichende tarifvertragliche Regelungen existieren.
Voraussetzungen und Anspruch auf Altersteilzeit
Persönliche Voraussetzungen
Altersteilzeit können Beschäftigte in Anspruch nehmen, die:
- das 55. Lebensjahr vollendet haben,
- innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeit mindestens 1.080 Kalendertage sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren,
- ein bestehendes Arbeitsverhältnis vorweisen können, das weitergeführt wird.
Ein gesetzlicher Anspruch auf die Einführung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses besteht grundsätzlich nicht. Die Zustimmung des Arbeitgebers ist erforderlich, es sei denn, ein einschlägiger Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung enthält einen Anspruch.
Betriebliche Voraussetzungen
Das Unternehmen muss regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen. Kleinbetriebe sind von der Verpflichtung zur Einführung von Altersteilzeit ausgenommen.
Ausgestaltung der Altersteilzeitarbeit
Blockmodell und Gleichverteilungsmodell
Das Gesetz unterscheidet zwischen zwei Hauptvarianten:
- Gleichverteilungsmodell: Die Arbeitszeit wird während der gesamten Altersteilzeit kontinuierlich auf die Hälfte der bisherigen Arbeitszeit reduziert.
- Blockmodell: Die Altersteilzeit wird in zwei Phasen gegliedert. In der Arbeitsphase arbeitet der Arbeitnehmer weiter in Vollzeit, sammelt dabei Zeitguthaben für die folgende Freistellungsphase, in der er vollständig von der Arbeit freigestellt ist.
Beide Modelle erfordern die schriftliche Festlegung der Bedingungen und unterliegen der Mitbestimmung durch den Betriebs- oder Personalrat, sofern vorhanden.
Rechtsanspruch auf Zusatzleistungen
Das Altersteilzeitgesetz sieht vor, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Aufstockungsleistungen haben. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, das verringerte Arbeitsentgelt um mindestens 20 Prozent des bisherigen Bruttoarbeitsentgelts (sog. Aufstockungsbetrag) zu erhöhen. Zusätzlich unterstützt der Arbeitgeber die gesetzliche Rentenversicherung durch Aufstockungsbeiträge, um Rentenlücken zu vermeiden.
Förderung der Altersteilzeit
Förderungsvoraussetzungen
Eine Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit war für die Jahre bis 2009 möglich. Arbeitnehmer, die vor dem 31. Dezember 2009 Altersteilzeit vereinbart haben, können unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin gefördert werden. Hierzu musste die frei gewordene Stelle durch eine zuvor arbeitslose oder eine Auszubildende/einen Auszubildenden besetzt werden (sog. Nachbesetzungsregelung).
Wegfall der Förderung
Mit Wirkung zum 1. Januar 2010 wurde die Förderung der Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit für neue Fälle eingestellt. Bereits genehmigte Förderungen laufen vertragsgemäß aus.
Sozialversicherungsrechtliche Aspekte
Beiträge zur Sozialversicherung
Während der Altersteilzeit besteht die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung fort. Die Bemessung der Beiträge orientiert sich am aufgestockten Bruttoarbeitsentgelt. Die Sonderregelungen zielen darauf ab, Nachteile für die spätere Rentenhöhe auszugleichen.
Rentenanspruch
Durch die Aufstockungsbeträge des Arbeitgebers zur Rentenversicherung werden Rentenminderungen, die durch die Reduzierung der Arbeitszeit entstehen können, teilweise kompensiert. Die Altersteilzeitarbeit kann auch als Voraussetzung für bestimmte rentenrechtliche Privilegierungen, insbesondere bei vorgezogenen Altersrenten, dienen.
Beendigung und Rechtsfolgen
Beendigungsgründe
Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis endet grundsätzlich mit Ablauf der vereinbarten Altersteilzeit, spätestens jedoch mit Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze für die Regelaltersrente oder anderer gesetzlicher Renteneintrittsgrenzen.
Kündigungsschutz
Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Altersteilzeit gelten die allgemeinen Kündigungsvorschriften. Ergänzend dazu sieht das Altersteilzeitgesetz einen besonderen Kündigungsschutz während der Freistellungsphase im Blockmodell vor (§ 8 AltTZG).
Tarifliche und betriebliche Regelungen
Viele Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen enthalten weitergehende Bestimmungen zur Altersteilzeit, etwa zu Beginn, Dauer, Modalitäten der Aufstockung und zum Kündigungsschutz. Die gesetzlichen Vorschriften des Altersteilzeitgesetzes bilden hierbei den Mindeststandard.
Steuerrechtliche Behandlung
Arbeitsentgelt, Aufstockungsbeträge und Sozialversicherungsbeiträge im Rahmen der Altersteilzeit unterliegen der Steuerpflicht, wobei die Aufstockungsbeträge steuerfrei gestellt sein können (§ 3 Nr. 28 EStG), jedoch dem Progressionsvorbehalt unterliegen.
Kritik, Evaluation und aktuelle Entwicklungen
Zwar hat die Altersteilzeit die Zielsetzungen eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand vielfach erreicht, jedoch wird kritisiert, dass oftmals keine dauerhafte Nachwuchsförderung durch Nachbesetzung erfolgte. Mit Wegfall der staatlichen Förderung 2010 werden Gestaltungsmöglichkeiten zunehmend nur noch tarif- oder betriebsvertraglich geregelt.
Literatur und Weblinks
- Gesetz über die Altersteilzeit (Altersteilzeitgesetz – AltTZG): gesetze-im-internet.de/altzg/
- Deutsche Rentenversicherung: Informationen zur Altersteilzeit
- Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS): Fakten zur Altersteilzeit
Hinweis: Dieser Beitrag stellt eine umfassende und sachbezogene Darstellung des Altersteilzeitgesetzes dar und dient der allgemeinen Information im Rahmen eines Rechtslexikons.
Häufig gestellte Fragen
Welche gesetzlichen Voraussetzungen müssen für den Anspruch auf Altersteilzeit erfüllt sein?
Um Altersteilzeit nach dem Altersteilzeitgesetz (AltTZG) in Anspruch nehmen zu können, müssen Arbeitnehmer bestimmte gesetzliche Voraussetzungen erfüllen. Sie müssen sich in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis befinden und das 55. Lebensjahr vollendet haben. Ferner ist es erforderlich, dass der Arbeitnehmer in den letzten fünf Jahren mindestens 1.080 Kalendertage in einer der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegenden Beschäftigung gestanden hat. Das Arbeitsverhältnis muss seit mindestens drei Jahren vor Beginn der Altersteilzeit ununterbrochen beim selben Arbeitgeber bestanden haben; Abweichungen sind durch tarifliche oder betriebliche Regelungen möglich. Zudem ist der Arbeitgeber nur dann verpflichtet, Altersteilzeit zu gewähren, wenn dies im Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag ausdrücklich vorgesehen ist. Soweit kein tariflicher Anspruch besteht, bedarf es einer individuellen Vereinbarung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen setzen voraus, dass durch die Reduzierung der Arbeitszeit entweder das Blockmodell oder das Gleichverteilungsmodell gewählt wird.
Wie wird die Arbeitszeit in der Altersteilzeit geregelt, und welche Modelle sind gesetzlich erlaubt?
Das Altersteilzeitgesetz sieht grundsätzlich zwei Arbeitszeitmodelle vor: das Gleichverteilungsmodell und das Blockmodell. Im Gleichverteilungsmodell wird die Arbeitszeit während der gesamten Altersteilzeit gleichmäßig reduziert, in der Regel auf die Hälfte der vorherigen Arbeitszeit. Das Blockmodell sieht hingegen eine Zweiteilung vor: Eine Arbeitsphase, in der der Arbeitnehmer weiterhin seine bisherige Arbeitszeit leistet, und eine Freistellungsphase, in der der Arbeitnehmer vollständig von der Arbeit freigestellt ist. Beide Modelle müssen mindestens bis zum frühestmöglichen Renteneintritt nach § 236 SGB VI reichen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben individuell vereinbaren, welches Modell zur Anwendung kommt, sofern keine tariflichen oder betrieblichen Regelungen entgegenstehen. Für beide Varianten gilt, dass sie im Voraus einvernehmlich vertraglich festgelegt werden müssen.
Welche Ansprüche auf Entgelt und Aufstockungsleistungen bestehen bei Altersteilzeit?
Nach dem Altersteilzeitgesetz besteht bei Inanspruchnahme von Altersteilzeit ein Anspruch auf das sogenannte Altersteilzeitentgelt, das sich aus der Hälfte des bisherigen Bruttoarbeitsentgelts ergibt. Zusätzlich hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine gesetzlich vorgeschriebene Aufstockung des gezahlten Entgelts, die laut AltTZG mindestens 20 Prozent des Regelarbeitsentgelts betragen muss. Außerdem besteht ein Anspruch auf einen pauschalen Aufstockungsbeitrag zur Rentenversicherung, der mindestens 80 Prozent des bisherigen Bruttoarbeitsentgelts abdeckt. Die genaue Höhe dieser Aufstockungen und Beiträge kann in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder im individuellen Arbeitsvertrag abweichend geregelt sein, sofern dies für den Arbeitnehmer mindestens ebenso günstig ist wie die gesetzliche Regelung.
Wie ist die sozialversicherungsrechtliche Behandlung der Altersteilzeit geregelt?
Während der Altersteilzeit sind Arbeitnehmer weiterhin sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Die Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bemessen sich dabei nicht nur nach dem tatsächlichen Altersteilzeitentgelt, sondern werden aufgestockt durch den pauschalen Arbeitgeberbeitrag, sodass für Zwecke der Rentenversicherung mindestens 80 Prozent des bisherigen Bruttoarbeitsentgelts als Beitragsbemessungsgrundlage dienen. Diese Regelung stellt sicher, dass die Rentenansprüche trotz reduzierter Arbeitszeit möglichst geringfügig sinken. Auch für die übrigen Sozialversicherungszweige ergibt sich durch die reduzierte Arbeitszeit eine geringere Beitragsbemessungsgrundlage, doch bleibt der Versicherungsschutz in vollem Umfang bestehen.
Welche Kündigungsvorschriften gelten während der Altersteilzeit?
Für das Arbeitsverhältnis während der Altersteilzeit gelten die allgemeinen gesetzlichen und ggf. tariflichen bzw. arbeitsvertraglichen Kündigungsvorschriften weiter. Das Altersteilzeitgesetz selbst enthält keinen besonderen Kündigungsschutz, jedoch kann der Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung als ein Indiz für einen erhöhten Bestandsschutz gewertet werden. Insbesondere ist bei betriebsbedingten Kündigungen unter bestimmten Voraussetzungen die Sozialauswahl zu beachten. Auch die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gemäß Betriebsverfassungsgesetz bleiben bestehen. Schließt der Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag im Rahmen der Altersteilzeit, empfiehlt sich eine genaue juristische Prüfung, um spätere Benachteiligungen, beispielsweise beim Anspruch auf Arbeitslosengeld, zu vermeiden. Besonderheiten gelten zudem für die Blockmodelle: Gerät das Arbeitsverhältnis während der Freistellungsphase in eine betriebsbedingte Beendigung, kann dies Auswirkungen auf Rentenansprüche und gegebenenfalls den Anspruch auf Insolvenzgeld haben.
Wie wirkt sich die Altersteilzeit auf die gesetzlichen Rentenansprüche aus?
Die Altersteilzeit kann sich auf die Höhe der gesetzlichen Rente auswirken, allerdings ist dieser Einfluss durch die Aufstockungsleistungen des Arbeitgebers begrenzt. Durch die gesetzlich verpflichtende Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen auf Basis von mindestens 80 Prozent des früheren Bruttoarbeitsentgelts bleibt der Verlust an Rentenansprüchen moderat. Dies gilt unabhängig davon, ob das Gleichverteilungs- oder das Blockmodell gewählt wurde. Jedoch kann durch die reduzierte Beitragszahlung trotz Aufstockung ein geringfügiger Nachteil entstehen. Es ist daher ratsam, dass Arbeitnehmer vor Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung individuelle Rentenauskünfte bei der Deutschen Rentenversicherung einholen und sich gegebenenfalls durch einen Fachanwalt beraten lassen.
Besteht während der Altersteilzeit ein Anspruch auf Urlaub, und wenn ja, in welchem Umfang?
Auch während der Altersteilzeit bleibt der arbeitsrechtliche Urlaubsanspruch grundsätzlich bestehen. Die Berechnung erfolgt analog zum vorherigen Beschäftigungsumfang, wobei im Blockmodell meist zwischen Arbeits- und Freistellungsphase unterschieden werden muss. In der Arbeitsphase entsteht grundsätzlich der volle Urlaubsanspruch, bezogen auf die im Altersteilzeitvertrag vereinbarte Teilzeit-Arbeitszeit. Während der Freistellungsphase im Blockmodell erlischt der Urlaubsanspruch, da keine Arbeitspflicht mehr besteht. Tarifverträge oder Einzelvereinbarungen können hiervon abweichende beziehungsweise günstigere Regelungen vorsehen. Auch Ansprüche auf Sonderurlaub oder Freistellungen, etwa für die Pflege naher Angehöriger, bleiben von einer Altersteilzeit grundsätzlich unberührt.